Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2013, Az. XII ZR 157/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 592

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BUN[X.]ESGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]ES VOLKES

URTEIL
XII ZR 157/12
Verkündet am:

4. [X.]ezember 2013

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§ 839 Satz 1 Ca, [X.], [X.], 1716 Satz 2, 1833 Abs. 1 Satz 1, 1915 Abs. 1 Satz 1; GG Art. 34 Satz 1
Zur Haftung des Jugendamtes bei Ausübung einer unterhaltsrechtlichen Beistand-schaft.

[X.], Urteil vom 4. [X.]ezember 2013 -
XII ZR 157/12 -
KG

LG [X.]

-
2
-
[X.]er XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 6.
November 2013
durch den
Vorsitzenden
Richter [X.]ose und [X.], [X.]r.
Günter, [X.]r.
Nedden-Boeger und [X.]r.
Botur
für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.]
wird das Urteil des 9.
Zivilsenats des [X.]s in [X.] vom 11.
Mai 2012
unter Zurückwei-sung der Revision im Übrigen aufgehoben, soweit das Berufungs-gericht die Klage der Klägerin zu 1 in Höhe eines Betrages von

und die Klage der Klägerin zu 2 in Höhe eines Betrages
von abgewiesen hat.
Zur Klarstellung wird das vorgenannte Urteil wie folgt neu gefasst:
Auf die Berufung
des Beklagten wird das Urteil des [X.]s [X.] vom 30. März 2011 wie folgt abgeändert:
[X.]er Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin
zu 1
einen Betrag von 2.191

e-weils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem [X.] seit dem 14. Juli
2009 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Be-rufung zurückgewiesen.
[X.]ie Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens
werden
der Klägerin zu 1 zu 40 %, der Klägerin zu 2 zu 37 % und dem [X.] zu 23 % auferlegt. [X.]ie im
erstinstanzlichen Verfahren ent-standenen außergerichtlichen Kosten des Beklagten und des Streithelfers werden der Klägerin zu 1 zu 40 % und der Klägerin -
3
-
zu 2 zu 37 % auferlegt. [X.]em Beklagten werden die im erstinstanz-lichen Verfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Klä-gerin zu 1
zu 27 % und die der Klägerin zu 2 zu 18 % auferlegt; im Übrigen haben die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
[X.]ie Gerichtskosten des Berufungsverfahrens werden den
Kläge-rinnen jeweils zu 32 %
und dem
Beklagten zu 36 % auferlegt. [X.]ie im Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beklagten und des Streithelfers werden den
[X.] je-weils
zu 32 % auferlegt. [X.]em Beklagten werden die im Beru-fungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Klä-gerin zu 1 zu 43
% und die der Klägerin zu 2 zu 28 %
auferlegt; im Übrigen haben die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.
[X.]ie Kosten des Revisionsverfahrens
werden den [X.] und dem Beklagten jeweils zu einem [X.]rittel auferlegt. [X.]ie im Revisi-onsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten des [X.] und des Streithelfers werden den [X.] jeweils zu einem [X.]rittel auferlegt. [X.]em Beklagten werden die im Revisions-verfahren entstandenen außergerichtlichen
Kosten der Klägerin zu 1 zu ein halb und die der Klägerin zu 2 zu 7 % auferlegt; im Übri-gen haben die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Von Rechts wegen
-
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-
Tatbestand:
[X.]ie [X.] begehren von dem beklagten Land Schadensersatz we-gen einer Pflichtverletzung im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Kindesunterhalt
durch das Jugendamt.
Im September 2004 übernahm das Jugendamt auf Antrag der Mutter der beiden minderjährigen [X.]
für diese die Beistandschaft, um [X.] gegen deren Vater (im Folgenden: Streithelfer) geltend zu machen. Erstmalig forderte das Amt den Streithelfer im September 2004 zur Auskunft und vorläufigen Unterhaltszahlung auf. [X.]er Streithelfer, der sich im [X.] mit einem Heizungs-
und Sanitärbetrieb selbständig gemacht hatte, erteilte dem Amt im Oktober 2004 Auskunft. [X.]ieses ermittelte ein monatliches Einkommen des Streithelfers von rund 3.165

forderte ihn im [X.]ezember 2004 auf, den [X.] ab Oktober 2004 170
% des jeweiligen Regelbetrags
zu zahlen; dies entsprach einem Tabellenbetrag von jeweils 339

,
abzüglich eines Kin-dergeldanteils von 77

Streithelfer mit notariellen
Urkunden
die Verpflichtung zur Zahlung eines statischen [X.]sbetrags
für die [X.] in Höhe von jeweils 262

und unterwarf sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Mit Ablauf dieses
[X.]-raums übersandte der Streithelfer weitere notarielle
Urkunden, mit denen er sich für die sich hieran anschließende [X.] zur Zahlung von Kindesunterhalt verpflichtete. Im Oktober 2008 wurde die Beistandschaft des [X.].
Auf die Klage, die die [X.] im Wesentlichen damit begründet ha-ben, sie hätten während der Beistandschaft keinen den Lebens-
und Einkom-mensverhältnissen des Streithelfers
entsprechenden Unterhalt erhalten, hat das [X.] das beklagte Land zur Zahlung von 5.130

1
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-
5
-
und 4.086

u-fung des Beklagten hat das [X.] die Zahlungsverpflichtung hinsicht-lich der Klägerin zu 1 auf 1.168

ägerin zu 2 auf 1.078

nebst Zinsen reduziert. Hiergegen wenden sich die [X.]
mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen
Revision, soweit zu ihrem Nachteil kein zusätz-licher Unterhalt für die [X.] vom 1.
Januar 2005 bis zum 30.
April 2006 berück-sichtigt worden ist.

Entscheidungsgründe:

[X.]ie Revision ist teilweise begründet.
I.
[X.]as [X.] hat seine Entscheidung bezogen auf den hier noch im Streit befindlichen [X.]raum von Januar 2005 bis 30.
April 2006 wie folgt [X.]:
[X.]as Jugendamt sei als Beistand der [X.]
mit dem Aufgabenkreis tätig geworden, Unterhaltsansprüche gegen den Streithelfer
geltend zu ma-chen. Zur Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehörten sämtliche [X.] der [X.]urchsetzung von vorbereitenden Auskunftsbegehren gemäß §
1605 BGB bis zu Vollstreckungsmaßnahmen. [X.]ie Mitarbeiter des [X.] hätten die Pflicht gehabt, den Unterhaltsanspruch der Klägerin zutreffend zu ermitteln, titulieren zu lassen und durchzusetzen. Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Streithelfers sei dieser auch zur Auskunft über seine Einkommens-
und Vermögensverhältnisse anzuhalten
gewesen. [X.]a Unterhalt für die Vergangen-4
5
6
-
6
-
heit grundsätzlich nicht verlangt werden könne, seien die Mitarbeiter des [X.] verpflichtet gewesen, den Streithelfer
sobald als möglich zur Zahlung eines höheren Unterhalts oder (qualifiziert) i.S.v. §
1613 Abs.
1 BGB zur [X.] aufzufordern.
Allerdings wäre ein Auskunftsverlangen bereits zum 31.
[X.]ezember 2004 oder auch einem anderen [X.]punkt vor Mai 2006 im
Hinblick auf die aus §
1605 Abs.
2 BGB folgende Sperrfrist verfrüht gewesen. Nach dieser Vorschrift könne nach einer erteilten Auskunft vor Ablauf von zwei Jahren erneut Auskunft nur verlangt werden, wenn glaubhaft gemacht werde, dass der zur Auskunft Verpflichtete später wesentlich höhere Einkünfte oder weiteres Vermögen er-worben habe. Falle ein Auskunftsverlangen in diese Sperrfrist und seien die Voraussetzungen für ein ausnahmsweise früheres Auskunftsverlangen nicht gegeben, liege kein wirksames Auskunftsverlangen im Sinne von §
1613 Abs.
1 BGB vor, so dass Unterhalt für die Vergangenheit gestützt auf dieses [X.]sverlangen nicht verlangt werden könne. Ein verfrühtes Auskunftsersuchen hätte daher nicht -
wie das [X.] meine
-
zur höheren Unterhaltsforde-rung ab Januar 2005 führen können. [X.]enn
die Sperrfrist des §
1605 Abs.
2 BGB komme auch im vorliegenden Fall zur Anwendung.

[X.]ie Mitarbeiter des Beklagten hätten für die Klägerin nicht glaubhaft ma-chen können, dass der Streithelfer
inzwischen wesentlich höhere Einkünfte er-zielt habe. Etwas anderes lasse sich auch im Falle einer vorauszusehenden atypischen Einkommensentwicklung bei Aufnahme einer selbständigen Tätig-keit entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts
Karlsruhe ([X.], 284)
mit dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzestextes nicht in Einklang brin-gen. [X.]a es sich um eine Ausnahmevorschrift handele, komme auch eine analo-ge Anwendung nicht ohne weiteres in Betracht. Es reiche danach gerade nicht aus, dass eine "atypische Einkommensentwicklung zu einer Überwindung der 7
8
-
7
-
Wesentlichkeitsschranke des §
323 ZPO führen kann".
Vielmehr müsse [X.] gemacht werden, dass der Unterhaltsschuldner später wesentlich höhere Einkünfte erworben habe. Schließlich gebe es auch keine allgemeine Lebenser-fahrung, wonach bei einer Unternehmensgründung stets oder auch nur regel-mäßig mit einer positiven Einkommensentwicklung gerechnet werden könne. Schwierigkeiten bei der Prognose der Leistungsfähigkeit des selbständigen [X.] dürften auf diese Weise nicht ausgeglichen werden. [X.] werde dieses Ergebnis, wenn man andere Entscheidungen der Recht-sprechung vergleichend heranziehe, in denen Ausnahmen vom Eingreifen der Sperrfrist gemäß §
1605 Abs.
2 BGB anerkannt worden seien.

II.
[X.]ie
angegriffene Entscheidung hält einer rechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand.
1. [X.]as [X.]
ist zutreffend davon ausgegangen, dass als [X.] für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch zum einen § 839 Satz 1 BGB i.V.m.
Art. 34 Satz 1 GG und zum anderen § 1716 Satz 2 BGB i.V.m. §§
1833 Abs. 1 Satz 1, 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht kommen (vgl. [X.] Urteil
vom
17.
Juni 1999 -
III ZR 248/98
-
FamRZ 1999, 1342, 1344; OLG Saarbrücken FamRZ 2012, 801; [X.]/[X.] 6. Aufl.
§ 1833 BGB Rn. 2). Eine Pflichtverletzung liegt danach in jedem [X.] gegen das Gebot treuer und gewissenhafter Amtsführung
([X.]/[X.] 6. Aufl.
§ 1833 BGB Rn. 3).
[X.]ie Frage, ob der mit der Ausübung der Aufgaben der Beistandschaft betraute Amtsträger seine dem Kind gegenüber bestehenden Pflichten verletzt hat, ist maßgeblich danach zu 9
10
-
8
-
beantworten, wie der Wirkungskreis der Beistandschaft beschaffen ist (vgl. [X.] Urteil vom 17. Juni 1999 -
III ZR 248/98 -
FamRZ 1999, 1342, 1344).
[X.]a dem Jugendamt gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 2 BGB
vorliegend die [X.] zugewiesen ist, im Rahmen der Beistandschaft Unterhaltsansprüche für minderjährige Kinder geltend zu machen, können diese darauf vertrauen, dass das Jugendamt
diese Aufgabe fachkundig erledigt. Grundsätzlich obliegt es der Behörde, durch geeignete organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass ihre mit der Sachbearbeitung betrauten Mitarbeiter die für die Erfüllung ihrer täglichen Aufgaben benötigten Rechtskenntnisse erwerben oder die Vorgänge in Zweifelsfällen einem Beschäftigten vorgelegt werden, der über die erforderli-chen Rechtskenntnisse verfügt (vgl. [X.]sbeschluss vom 27. Februar 2013 -
XII ZB 6/13 -
FamRZ 2013, 779 Rn. 8).
2. [X.]iesen Anforderungen wird das Berufungsurteil nur teilweise gerecht.
a) Soweit es allerdings die Frage anbelangt, ab wann das Jugendamt von dem Streithelfer erneut Auskunft hätte verlangen
müssen, sind die Voraus-setzungen für einen Schadensersatzanspruch nicht erfüllt.
[X.]abei kann dahinstehen, ob dem
Berufungsgericht
dahin zu folgen ist, dass die zweijährige Sperrfrist des §
1605 Abs. 2 BGB auch dann anzuwenden ist, wenn die frühere Auskunft nur den [X.]raum des Beginns einer selbständi-gen Tätigkeit umfasste.
Ebenso kann die Frage unbeantwortet bleiben, ob das Jugendamt als Beistand seinerzeit verpflichtet gewesen wäre, die anders lau-tende Entscheidung des [X.]
([X.], 284) zu beachten, wonach die zweijährige Sperrfrist des §
1605 Abs.
2 BGB nicht an-zuwenden sei, wenn die frühere Auskunft nur den [X.]raum des Beginns einer selbständigen Tätigkeit umfasst
habe
(vgl. insoweit [X.]/[X.]ose [X.]as [X.]srecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
1 Rn.
1174).
[X.]enn selbst 11
12
13
14
-
9
-
wenn das Jugendamt verpflichtet gewesen wäre, den Streithelfer unbeschadet der an sich gegebenen Sperrfrist des §
1605 Abs.
2 BGB erneut auf Auskunft in Anspruch zu nehmen, fehlte es für den [X.] von Januar 2005 bis [X.]ezember 2005 an einem Schaden. Für den nachfolgenden -
ebenfalls noch im Streit stehenden
-
[X.]raum von Januar 2006 bis einschließlich April 2006 wäre die
Nichtbeachtung der Entscheidung des [X.]
nicht für den von den [X.] geltend gemachten Schaden kausal.
aa)
Hätte der Streithelfer im [X.] auf entsprechende Anforderung des Jugendamtes Auskunft erteilt, hätte sich für ihn nach den von der Revision nicht angegriffenen und auch sonst revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen für das [X.] ein Jahresgewinn von 53.646,90

71.151,9

im [X.]) und damit ein unterhaltsrechtlich relevantes Ein-kommen von monatlich 2.746,89

im [X.]) ergeben. Einen höheren Unterhalt als den auf der Grundlage der Einkünfte im [X.] urkundlich anerkannten hätten die [X.] mit diesen Auskünften mithin für das [X.] nicht beanspruchen können.
bb)
Anderes gilt zwar für die Unterhaltsansprüche der [X.] in der [X.] von Januar bis April 2006 unter Berücksichtigung des Einkommens
des Streithelfers, das er im [X.]
erzielt hat. Insoweit hat das [X.]
aufgrund der im Nachhinein erteilen Auskünfte einen Jahresgewinn von 108.558,68

und damit ein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen von mo-natlich 5.670,51

ermittelt.
Jedoch wäre eine etwaige Pflichtverletzung durch die unterlassene [X.] zu einer aktuellen Auskunft unter Nichtbeachtung der Entscheidung des [X.] für einen im hier maßgeblichen Unterhalts-zeitraum bis einschließlich April 2006 möglicherweise eingetretenen Schaden 15
16
17
-
10
-
nicht kausal. [X.]enn das Jugendamt wäre auch ohne die
Sperrfrist
des §
1605 Abs. 2 BGB vor Ablauf des ersten Halbjahres 2006 nicht verpflichtet gewesen, den Streithelfer zur erneuten Auskunft aufzufordern.
Nach wohl einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung der Oberlan-desgerichte kommt ein Selbständiger seiner unterhaltsrechtlichen Verpflichtung, über sein Erwerbseinkommen Auskunft zu erteilen, rechtzeitig nach, wenn er den für die Ermittlung seines Einkommens erforderlichen Jahresabschluss
in-nerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Geschäftsjahres
dem Auskunfts-berechtigten übermittelt
([X.] FamRZ 1989, 423; [X.] 1992, 1207, 1208). Hieraus wird der Schluss gezogen, dass für sechs Monate nach Ablauf des letzten Geschäftsjahres noch keine Auskunftspflicht besteht ([X.]/[X.] [X.]as Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 8.
Aufl. §
1 Rn.
427)
und der Auskunftsanspruch mithin noch nicht fällig ist (vgl. OLG [X.]üsseldorf FamRZ 1993, 591, 592).
Ob dem
zu folgen ist, kann hier dahin stehen. [X.]enn jedenfalls kann dem Jugendamt angesichts dieser Rechtsprechung keine Pflichtwidrigkeit vorgewor-fen werden, wenn es davon abgesehen hat, vor Ablauf eines halben Jahres Auskunft zu verlangen und damit sogar möglicherweise ein Kostenrisiko einzu-gehen
(vgl. [X.] Urteil vom 5. Februar 1962 -
III ZR 218/60 -
BayVbl. 1962, 186).
b) Erfolg hat die Revision indes mit ihrer in der mündlichen Verhandlung erhobenen Rüge, wonach das Jugendamt nicht darauf hingewirkt hat, dass die Klägerin zu 1 mit Vollendung ihres sechsten Lebensjahres im April 2005 [X.] gemäß der zweiten Altersstufe der [X.]üsseldorfer Tabelle erhält und dass beide [X.] ab Juli 2005 mit der Geltung der [X.]üsseldorfer Tabelle 2005 einen höheren Unterhalt verlangen konnten.
18
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-
11
-
aa) Ausweislich der von den [X.] zur Akte gereichten
Geburtsur-kunde ist die Klägerin zu 1
am 9. April 1999 geboren.
[X.]amit hatte sie am 9. [X.] 2005 ihr sechstes
Lebensjahr vollendet, so dass sie gemäß §
1612 a Abs. 3 BGB bereits für diesen Monat Unterhalt aus der zweiten Altersgruppe hätte ver-langen können
(bei der [X.] der [X.]üsseldorfer Tabelle 2003

[X.]abei kann dahin stehen, ob die Pflichtverletzung schon darin zu sehen ist, dass sich das Jugendamt mit den
vom Streithelfer erstellten,
statischen Ur-kunden begnügt hat,
statt auf dynamische Titel zu bestehen. Jedenfalls hätte es rechtzeitig darauf hinwirken müssen, dass der Streithelfer den mit Vollendung des sechsten Lebensjahres der Klägerin zu 1 zustehenden erhöhten Unterhalt zahlt.
[X.]em steht eine etwaige Bindung aufgrund der bereits erstellten
Urkunde nicht entgegen. [X.]enn im Falle einer

wie hier

einseitig vom [X.] erstellten Urkunde kann der Unterhaltsberechtigte ohne Bindung hieran einen höheren Unterhalt verlangen ([X.]surteil [X.]Z 189, 284 = FamRZ 2011, 1041 Rn. 24 f.).
Unschädlich ist insoweit auch, dass der Streithelfer
im [X.] ein ge-genüber dem [X.] geringeres Einkommen erzielt hatte. [X.]enn der [X.] hätte sich nicht mit Erfolg auf diesen

wie sich im Nachhinein gezeigt hat

nur kurzfristigen Einbruch seiner Einnahmen berufen können, zumal der nach der Rechtsprechung für die Bewertung des Einkommens Selbständiger erfor-derliche [X.]reijahresdurchschnitt zu diesem [X.]punkt noch nicht ermittelt werden konnte.
bb) Ebenso wenig hat das Berufungsgericht
beachtet, dass die [X.]üssel-dorfer Tabelle zum 1. Juli 2005 geändert worden ist und die Unterhaltsbeträge 21
22
23
24
25
-
12
-
erhöht worden sind. [X.]emnach konnte die Klägerin zu 1
für die [X.] ab Juli 2005 (unter Berücksichtigung der zweiten Altersgruppe)

beanspruchen.
Auch insoweit trifft das Jugendamt eine Pflichtverletzung. [X.]er Schaden liegt in der nicht gezahlten [X.]ifferenz, die sich für die Klägerin zu 1 bezogen auf

-

[April bis Juni 2005]
=

-

Monate [Juli 2005 bis April 2006]
= ). [X.]ie [X.]ifferenz für die Klägerin zu 2
beläuft sich wegen der Änderung der [X.]üsseldorfer Tabelle
zum Juli 2005 auf 80

-

[Juli 2005 bis April 2006]).

26
-
13
-
3. Gemäß §
562 Abs. 1 ZPO ist das Urteil aufzuheben. [X.]er [X.] kann in der Sache selbst abschließend entscheiden, weil
die Sache zur Endentschei-dung gemäß §
563 Abs. 3 ZPO reif ist.
[X.]ose Schilling Günter

Nedden-Boeger Botur
Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 30.03.2011 -
86 [X.]/09 -

KG [X.], Entscheidung vom 11.05.2012 -
9 [X.] -

27

Meta

XII ZR 157/12

04.12.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2013, Az. XII ZR 157/12 (REWIS RS 2013, 592)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 592

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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6 UF 196/13 (Oberlandesgericht Hamm)


II-2 UF 249/04 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


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XII ZR 157/12

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