Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.12.2010, Az. IV R 69/07

4. Senat | REWIS RS 2010, 917

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Gegenstand

(Inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 01.12.2010 IV R 68/07 - Gewinn mindernde Berücksichtigung von Spielgewinnen bei einem nicht staatlichen Lotterieveranstalter - Treuhandverhältnis bei einem Lotterie-Dienstleistungsunternehmen - Bildung einer Lotteriesteuer-Rückstellung bei nicht genehmigter Lotterie)


Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, betrieb seit 1997 ein Lotto-Dienstleistungsunternehmen. Komplementärin war im [X.]treitjahr (1998) die im Jahr 1999 ausgeschiedene "[X.]" mit [X.]itz in den [X.], die im [X.] als Kommanditistin wieder in die Gesellschaft eingetreten ist. [X.] Direktor der Komplementärin war Herr [X.]. Zu den Kommanditisten der Klägerin zählte im [X.]treitjahr u.a. die beigeladene "[X.]" (vormals "[X.]"; ausgeschieden im [X.]).

2

Die Klägerin organisierte unter der Bezeichnung "…" [X.]pielgemeinschaften zur Teilnahme an wöchentlichen Ausspielungen des [X.] mit von ihr entwickelten [X.]ystemreihen (Zahlenkombinationen), die für die in [X.]pielgemeinschaften verbundenen Mitspieler einzusetzen sind. Die Mitspieler erteilten der Klägerin gemäß Ziff. 7 der Teilnahmebedingungen ([X.]) unter Befreiung von § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Vollmacht, im Namen der Mitspieler Gesellschaftsverträge zur Gründung von BGB-[X.]pielgemeinschaften, einen Treuhandvertrag für die [X.]pieler/die [X.]pielgemeinschaften mit einem Treuhänder und einen Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen dem [X.]pieler/den [X.]pielgemeinschaften und sich selbst abzuschließen.

3

Das Vertragsverhältnis mit dem [X.]pieler wurde mit der Einzahlung des [X.] auf ein Einzahlungskonto der Klägerin begründet. Nach § 2 Nr. 2 des [X.] hatte die Klägerin die auf dem Einzahlungskonto eingehenden Beträge wie folgt zu verwenden:

- 44,8 % zur Vertragserfüllung an die Treuhandgesellschaft,

- 36,0 % für die [X.]pielvermittlung an die Klägerin,

- 19,2 % für [X.]erviceleistung und Konzeption der [X.]pielmöglichkeit an die Klägerin.

4

Gemäß Ziff. 8 der Teilnahmebedingungen beauftragten die Mitspieler einen von der Klägerin bestellten Treuhänder, im eigenen Namen, aber für Rechnung der [X.]pielgemeinschaft den [X.] mit den Lottogesellschaften über deren Annahmestellen abzuschließen, die Lottoscheine in Verwahrung zu nehmen, etwaige Gewinne für die [X.]pielgemeinschaft gegenüber der Lottogesellschaft geltend zu machen, die Gewinne entgegenzunehmen und einem Treuhandkonto zuzuführen sowie die Gewinne schließlich an die Mitspieler auszuzahlen. Nach Ziff. 3 der Teilnahmebedingungen hatte die Klägerin das Recht, sich selbst an einer [X.]pielgemeinschaft zu beteiligen, wenn sich in einer [X.]pielgemeinschaft nicht genügend [X.]pieler zusammenfinden.

5

Treuhänder war nach dem Treuhandvertrag vom 8. Dezember 1997 die [X.], die bei Vertragsabschluss von [X.] vertreten wurde.

6

Eine bei der Klägerin durchgeführte [X.]teuerfahndungsprüfung gelangte zu der Feststellung, dass die Klägerin in ihren Gewinnermittlungen für das [X.]treitjahr von den [X.] lediglich die Anteile für [X.]pielvermittlung (36 %) und für [X.]erviceleistung und Konzeption (19,2 %), nicht aber den an den Treuhänder abzuführenden [X.]pieleinsatz-Anteil in Höhe von 44,8 % als Betriebseinnahmen erfasst hatte. Außerdem traf der Prüfer die Feststellung, dass nur in geringem Umfang tatsächlich Lottoscheine erworben wurden. Er vertrat die Auffassung, die bisher erklärten Einnahmen seien um die auf den [X.]pieleinsatz-Anteil entfallenden Einnahmen zu erhöhen. Die Höhe der Gesamteinnahmen ([X.]ervice- und [X.]pieleinsatz-Anteil) ermittelten der Prüfer und die Klägerin nach einem Vermerk vom 19. Februar 2002 übereinstimmend mit [X.]. Diese verminderten sie um einen Abschlag für tatsächlich gespielte Lottoscheine in Höhe von [X.]. Bei der Gewinnermittlung berücksichtigte der Prüfer aufgrund der Annahme, die Klägerin sei Veranstalter einer inländischen Lotterie und es bestehe daher eine Lotteriesteuerpflicht, eine Lotteriesteuer-Rückstellung.

7

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) legte den vom Prüfer ermittelten Gewinn dem gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung ([X.]) geänderten [X.] 1998 vom 4. Februar 2003 zu Grunde.

8

Mit ihrem Einspruch machte die Klägerin geltend, der [X.]pieleinsatz-Anteil von 44,8 % sei nicht zu den Betriebseinnahmen zu zählen. Die auf dem Treuhandkonto verwalteten Gelder seien immer im Vermögen der [X.]pieler (Treugeber) geblieben, unabhängig davon, ob die Gelder als [X.]pieleinsatz an eine nationale Lotteriegesellschaft weitergeleitet und entsprechend vom Treuhandkonto abgebucht worden seien, oder ob sie, weil z.B. eine [X.]pielgemeinschaft wegen einer zu geringen Teilnehmerzahl nicht zustande gekommen sei, auf dem Treuhandkonto verblieben seien.

9

Das [X.] wies den Einspruch als unbegründet zurück; weil die Klägerin trotz einer entsprechenden Aufforderung bezüglich der Behandlung des [X.]pieleinsatz-Anteils die Treuhandkonten nicht näher bezeichnet und Unterlagen nicht vorgelegt habe, könnten die der Klägerin zugerechneten [X.]pieleinsätze nicht als Fremdgelder behandelt werden.

Das Finanzgericht ([X.]) gab der Klage statt.

Es entschied, dass der Gewinn (1998) der Klägerin um den [X.]pieleinsatz-Anteil von 44,8 % abzüglich der Abschläge für tatsächlich gespielte Lottoscheine von [X.] (= [X.]) zu mindern sei. Zur Begründung führte das [X.] im Wesentlichen aus, es könne dahinstehen, ob --was im Hinblick auf die Rückübertragungsverpflichtungen des Treuhänders zweifelhaft sei-- der [X.]pieleinsatz-Anteil steuerlich als [X.] anzusehen sei. Der [X.]pieleinsatz-Anteil von 44,8 % des [X.] der Mitspieler abzüglich der genannten Abschläge habe bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (E[X.]tG) jedenfalls deshalb keine steuerlichen Auswirkungen, weil es sich bei den an den Treuhänder abgeführten Geldern um Betriebsausgaben i.[X.]. des § 4 Abs. 4 E[X.]tG gehandelt habe. Die Klägerin sei sowohl nach dem Geschäftsbesorgungsvertrag zur Abführung des [X.]pieleinsatz-Anteils an den Treuhänder als auch den Mitspielern gegenüber zur Weiterleitung der entsprechenden Gelder verpflichtet gewesen. Die zivilrechtliche Wirksamkeit des vertraglichen Regelungskonzepts der Klägerin sei gemäß § 41 Abs. 1 [X.] ohne Bedeutung. Auch die Besteuerung beim Empfänger (hier Treuhänder) sei für die steuerliche Behandlung beim Geber ohne Belang. Die betriebliche Veranlassung werde auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass im Regelfall keine Lottoscheine durch den Treuhänder erworben worden seien. Denn in diesen Fällen erhielten die Mitspieler in anderer Weise Ersatz; nach Maßgabe der im Rahmen der staatlichen Lotterie gezogenen Zahlen ermittelte [X.] seien aus dem [X.] zu erfüllen. Die Mitspieler hätten bei Ziehung der amtlichen Lottozahlen aufgrund der ihnen übermittelten Informationen den Gewinn der [X.]pielgemeinschaft und die auf die Mitspieler entfallende Quote ermitteln können. Anhaltspunkte, dass die Klägerin lediglich vorgetäuscht habe, das amtliche Lottosystem nachzubilden, lägen nicht vor. Auch bestünden keine Zweifel an der tatsächlichen Weiterleitung der [X.]pieleinsätze (44,8 % des [X.]) an den Treuhänder, selbst soweit dieser keine Lottoscheine erworben habe. Anhaltspunkte für ein [X.]cheingeschäft (§ 41 Abs. 2 [X.]) zwischen Klägerin und Treuhänder seien gleichfalls nicht ersichtlich.

Mit seiner Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts. Das [X.] trägt im Wesentlichen vor, die Klägerin habe den streitbefangenen [X.]pieleinsatz-Anteil von 44,8 % der [X.]pielerentgelte nicht in vollem Umfang zum Erwerb von Lottoscheinen des nationalen [X.] verwendet. Nach den Feststellungen der [X.]teuerfahndung seien weniger als 2 % der gesamten eingenommenen Entgelte für den Lottoscheinerwerb verwendet worden. [X.]oweit keine Lottoscheine erworben worden seien, habe sich die Klägerin lediglich an die staatliche Lotterie "angehängt" und sei damit selbst Lotterieveranstalter und lotteriesteuerpflichtig. Die Klägerin habe ihr eigenes Vertragswerk verletzt, indem sie den dort geregelten Ausnahmefall zum Regelfall gemacht habe. Der Treuhandvertrag laufe insoweit leer, er werde tatsächlich nicht durchgeführt. Eine betriebliche Veranlassung der Weiterleitung der Gelder an den Treuhänder sei insoweit nicht erkennbar. Auch sei ein Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen, wenn der [X.]teuerpflichtige davon Kenntnis habe, dass der Zahlungsempfänger vom [X.] abweiche; der [X.] habe als Geschäftsführer der Klägerin von der Nichteinhaltung des Vertragswerks durch den Treuhänder gewusst. Nur hinsichtlich der tatsächlich erworbenen und gespielten Lottoscheine seien deshalb Betriebsausgaben zu berücksichtigen. Auch das Treuhandverhältnis sei nicht anzuerkennen, denn die Mitspieler hätten dem sog. Treuhänder keine Weisungen erteilen können und die vertragliche Abwicklung nicht beherrscht. Ein Handeln des Treuhänders im fremden Namen sei nicht erkennbar. Im Übrigen seien die Teilnahmebedingungen in wesentlichen Teilen wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot nichtig.

Das [X.] beantragt, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

[X.]ie trägt im Wesentlichen vor, das Vertragswerk sei nicht nichtig, denn die Teilnahmebedingungen sähen Ersatzansprüche der Mitspieler vor, wenn es nicht zur Abgabe eines [X.]pielscheins komme. Auch wenn das [X.] die Frage der Anerkennung des [X.] nicht für entscheidungserheblich gehalten habe, so bestehe kein Grund, dem Treuhandverhältnis die steuerrechtliche Anerkennung zu versagen. Bei einer bloßen Verwaltungstreuhand müsse das [X.] nicht jederzeit zurückgefordert werden können. Auch scheide ein Betriebsausgabenabzug nicht wegen einer Mittelfehlverwendung aus, denn diese geschehe nicht auf [X.] der Klägerin, sondern auf [X.] des Treuhänders.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Das Urteil der Vorinstanz ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der erkennende Senat auf seine Entscheidung vom 1. Dezember 2010 in der Rechtssache IV R 68/07 Bezug. Die dortigen Ausführungen gelten entsprechend auch für das hier vorliegende Streitjahr (1998).

Meta

IV R 69/07

01.12.2010

Bundesfinanzhof 4. Senat

Urteil

vorgehend FG Düsseldorf, 18. Oktober 2007, Az: 14 K 7410/04 F, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.12.2010, Az. IV R 69/07 (REWIS RS 2010, 917)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 917

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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