Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2003, Az. XI ZR 21/03

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 797

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:11. November 2003Weber,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z: nein_____________________WpHG § 31a) [X.] können ihre Aufklärungspflichten grundsätzlich durch [X.] standardisierter Informationen an den Kunden bei Aufnahme [X.] erfüllen (Bestätigung von [X.], 345). Das gilt- jedenfalls solange die [X.] kein unvernünftiges Ausmaßerreicht - auch gegenüber Kunden, die Wertpapiere auf Kredit erwerben.b) Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen hat nicht die Aufgabe, seineKunden durch Begrenzung ihrer Entscheidungsfreiheit vor sich selbst zuschützen. Es darf daher grundsätzlich auch objektiv unvernünftige Auf-träge eines hinreichend aufgeklärten und gewarnten Kunden ausführen.[X.], Urteil vom 11. November 2003 - [X.] - [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 11. November 2003 durch den Vorsitzenden RichterNobbe und [X.] Bungeroth, [X.], [X.] undDr. [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des [X.] vom 18. Dezember 2002wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Die klagende Bank verlangt Ausgleich eines der Höhe nach un-streitigen [X.] auf einem [X.]. Der [X.] begehrt mit seiner Widerklage Schadensersatz wegen angeblicherPflichtverletzungen der Klägerin. Dem liegt folgender Sachverhaltzugrunde:Die Klägerin erbringt Wertpapierdienstleistungen als sogenannter[X.]. Sie beschränkt sich auf die Ausführung von Wertpa-pieraufträgen und lehnt jede Beratung und individuelle Aufklärung ihrerKunden [X.], ein damals dreißigjähriger Doktorand der Rhetorik,der als Werbetexter ein durchschnittliches Jahreseinkommen von [X.] erzielte, eröffnete im August 1998 bei der Klägerin ein Wert-papierdepot samt [X.]. Bei der Vertragsanbahnung füllte [X.] der Klägerin aus, in denen er sein zur freien Verfügung [X.] Nettovermögen auf 20.000 DM bezifferte und angab, er verfügeüber die notwendigen Kenntnisse für ausgewogene Anlageentscheidun-gen in der Risikoklasse 5 - die unter anderem den Handel mit ausländi-schen Aktien, insbesondere Nebenwerten, und Optionsscheinen umfaß-te - sowie über [X.] seit zwölf Jahren. Als Anlageziel [X.] sehr hohe Ertragserwartung und Risikobereitschaft bis zum Totalver-lust des eingesetzten Kapitals. Er unterzeichnete ferner Formblätter derKlägerin, in denen diese darauf hinwies, daß sie als [X.]keine Beratung und Aufklärung erbringe und der Kunde seine Geschäftein Eigenregie durchführe, und in denen er bestätigte, sich darüber im kla-ren zu sein, daß er nur solches Kapital für Spekulationen einsetzen soll-te, dessen Verlust seine Existenz nicht gefährde, und daß spekulativeKäufe niemals kreditfinanziert werden sollten. Außerdem erhielt der [X.] von der Klägerin die Informationsschrift "Basisinformationen überVermögensanlagen in Wertpapieren", in der unter anderem [X.] bei kreditfinanzierten [X.]Aber beachten Sie: kreditfinanzierte, spekulative Engagementssollten, selbst wenn Sie sehr risikofreudig sind, einen bestimmtenTeil der Anlage nicht übersteigen. Nur so bleibt gewährleistet, daßSie Wertpapiere nicht in ein Börsentief hineinverkaufen müssen,weil Sie das Geld benötigen oder die Börsenlage unsicher gewor-den ist."- 4 -Der [X.] tätigte bei der Klägerin zunächst Optionsschein-Geschäfte mit eigenen Mitteln. Im Dezember 1999 führte er seinem [X.] weitere 30.000 DM zu, die aus einem anderwärts aufgenommenenKredit stammten. Fortan tätigte er in steigendem Umfang Aktienkäufeund -verkäufe, wobei er sein Depotkonto zunehmend überzog und baldauch die von der Klägerin berechneten [X.]e seines Wertpa-pierdepots erheblich überschritt. Die Klägerin duldete zunächst die [X.], verlangte vom [X.] aber mit Schreiben vom17. Dezember 1999 sowie vom 26. Januar, 10. Februar, 2. März und17. März 2000 die Rückführung des durch den jeweiligen [X.] Depots nicht gedeckten Teils der Kontoüberziehung. Dabei [X.] den [X.] in allen genannten Schreiben auf, er möge beachten,daß eine negative Börsenentwicklung zu einer Verringerung des [X.] und damit zu einer Erhöhung der unbesicherten Überzie-hung führen könne.Der [X.] erwarb gleichwohl bis Ende März 2000 eine Vielzahlweiterer Aktien, insbesondere große Mengen der dem sogenannten [X.] zuzuordnenden [X.] Aktien [X.](im folgenden: [X.]). Dabei gelang es ihm zunächst, ungeachtet [X.] Verbindlichkeiten gegenüber der Klägerin ein [X.] Netto-Wertpapiervermögen aufzubauen.Im weiteren Verlauf des Jahres 2000 kam es infolge fallenderWertpapierkurse zu starken Wertverlusten im Depot des [X.], [X.] insbesondere die [X.]-Aktien eine drastische Entwertung erfuhren.Der [X.] begann Ende März 2000 mit dem Verkauf von [X.]. Der Umfang dieser Verkäufe reichte jedoch nicht aus, um die Ver-- 5 -bindlichkeiten des [X.] gegenüber der Klägerin zu tilgen. Im [X.] kündigte die Klägerin die Geschäftsbeziehung, verwertetealle im Depot des [X.] noch vorhandenen Wertpapiere und errech-nete zum 31. Oktober 2000 eine restliche Kreditverbindlichkeit des [X.]n in Höhe von 298.029,82 DM.Die Klägerin verlangt vom [X.] 152.380,23 und vorgerichtlichen Mahnkosten, der [X.] begehrt mit seiner Wi-derklage Schadensersatz in Höhe von 6.000 Klägerin habe sich schadensersatzpflichtig gemacht, weil sie sowohl einebesondere Aufklärung über die Risiken seiner [X.] unter-lassen als auch pflichtwidrig die Kontoüberziehungen über seine Lei-stungsfähigkeit hinaus geduldet habe. Insbesondere wirft er der Klägerinvor, die Käufe der [X.]-Aktien im März 2000 nicht verhindert zu haben,und behauptet, ohne diese Käufe hätte sich für ihn statt des von der Klä-gerin eingeklagten [X.] ein [X.] von mehr als 6.000 r-geben.Das [X.] hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben unddie Widerklage abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist erfolglosgeblieben. Mit der - zugelassenen - Revision verfolgt der [X.] seinevorinstanzlichen Anträge weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision ist nicht [X.] -I.Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung imwesentlichen ausgeführt:Dem [X.] stünden keine Schadensersatzansprüche gegendie Klägerin zu, die er der Klageforderung entgegenhalten oder auf [X.] die Widerklage stützen könnte. Die Klägerin habe keine Pflichten aus§ 31 WpHG gegenüber dem [X.] verletzt.Allerdings sei § 31 WpHG ungeachtet der aufsichtsrechtlichenNatur des Wertpapierhandelsgesetzes als Schutzgesetz im Sinne von§ 823 Abs. 2 BGB anzusehen. Darüber hinaus müsse der gesetzlichePflichtenkatalog des § 31 WpHG als Ausgestaltung derjenigen [X.] bei Vertragsanbahnung oder Auftragsausführung aufge-faßt werden, deren Verletzung nach den Grundsätzen der culpa in con-trahendo oder der positiven Vertragsverletzung haftungsbegründend zuberücksichtigen sei. Für einen [X.], der der Kundschaft ge-genüber deutlich mache, daß er weder zu einer Beratung noch zu einerauf die individuellen Verhältnisse des konkreten Anlegers zugeschnitte-nen Aufklärung bereit sei, ergebe sich jedoch auch unter Berücksichti-gung des § 31 WpHG sowie der dem Wertpapierhandelsgesetz zugrundeliegenden [X.] Richtlinie über Wertpapierdienstleistungen nurein reduzierter Pflichtenumfang. Er könne seine Informationspflichtenauch dadurch erfüllen, daß er den Kunden eine standardisierte Aufklä-rung zu den beabsichtigten Wertpapiergeschäften und deren Risiken [X.] [X.] -Im vorliegenden Fall habe die Klägerin dem [X.] [X.] mehrfache Hinweise verdeutlicht, daß sie allenfalls in reduziertemUmfang Aufklärung im Sinne von § 31 Abs. 2 Nr. 2 WpHG erbringenwerde, und dadurch ihren Pflichtenumfang im Verhältnis zum [X.]deutlich vermindert. Das demnach geschuldete Maß an Information habedie Klägerin mit den dem [X.] überlassenen Aufklärungsbroschü-ren erfüllt. Eine weitergehende Aufklärungsarbeit, insbesondere eine in-dividuelle Aufklärung des [X.], sei nach § 31 Abs. 2 WpHG nichterforderlich gewesen.Das gelte ebenfalls für die Kreditgewährung zu [X.]. Auch insoweit habe die Klägerin den [X.] auf der [X.] hinreichenden Ermittlung seiner Kenntnisse, Erfahrungen, Anlage-ziele und finanziellen Verhältnisse ausreichend informiert. Sie habe dem[X.] nicht nur zu Beginn der Geschäftsbeziehung in Aufklärungs-broschüren und Formularen allgemeine Hinweise auf die besonderenGefahren einer kreditfinanzierten [X.] erteilt, [X.] zusätzlich von der ersten den [X.] überschreitendenKontoüberziehung an wiederholt individuelle, auf den jeweiligen konkre-ten Vorgang bezogene Belehrungen zuteil werden lassen und dabei auchauf ihr Recht zur fristlosen Kündigung einer unbesicherten Kontoüber-ziehung hingewiesen. Darüber hinaus habe die Klägerin kein weiteresEingreifen geschuldet. Die Anlegerschutzvorschriften des § 31 [X.] keine Einschränkung des Rechts einer Bank, ihren [X.] einzuräumen, und des Rechts der Kunden, Kredit in Anspruch zunehmen. Die Klägerin sei daher nicht verpflichtet gewesen, die [X.] -rung ihr erteilter Wertpapierkaufaufträge zu verweigern oder die damitverbundenen Kontoüberziehungen nicht zuzulassen.[X.] Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung jedenfalls [X.] stand. Dabei kann offenbleiben, ob dem Berufungsgericht [X.] folgen ist, daß Verstöße gegen § 31 WpHG nicht nur unter den [X.] des Verschuldens bei Vertragsschluß und der positivenVertragsverletzung, sondern auch nach § 823 Abs. 2 BGB Schadenser-satzpflichten begründen können (offengelassen bereits im Senatsurteil[X.], 345, 356). Mit Recht hat das Berufungsgericht jedenfalls einePflichtverletzung der Klägerin gegenüber dem [X.] verneint.1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des [X.], daßder Klägerin gegenüber dem [X.] nur eingeschränkte [X.] oblagen. Da die Klägerin den [X.] vor Beginn der Ge-schäftsbeziehungen deutlich darauf hingewiesen hatte, daß sie als Dis-count-Broker keine individuelle Beratung und Aufklärung erbringe, [X.] [X.] sich als erfahren in Wertpapiergeschäften bezeichnet sowiebestätigt hatte, keine persönliche Beratung zu wünschen, gelten im [X.] der Parteien die Grundsätze des [X.] vom 5. Oktober1999 ([X.], 345, 353 ff.). Danach durfte die Klägerin auf die Anga-ben des [X.] vertrauen und eine individuelle Aufklärung und Bera-tung für entbehrlich halten. Ihre Pflichten aus § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2WpHG beschränkten sich darauf, dem [X.] geeignetes schriftliches- 9 -Material mit standardisierten Informationen über die in Aussicht genom-menen Wertpapiergeschäfte zur Verfügung zu stellen.2. Mit Recht ist das Berufungsgericht auch zu dem Ergebnis ge-langt, daß die Klägerin diese Pflichten gegenüber dem [X.] erfüllthat.a) Die Klägerin hat dem [X.] schriftliche Unterlagen [X.] gestellt, in denen über die Risiken von [X.] allgemeinen sowie von [X.] im besonderen [X.] informiert wurde und eindringliche Warnungen davor enthaltenwaren, [X.] auf Kredit zu betreiben. Sie durfte- insbesondere auch angesichts der akademischen Vorbildung des [X.]n und der von ihm angegebenen langjährigen [X.] -davon ausgehen, daß der [X.] diese Informationen und [X.] verstanden hatte und bei seinen Wertpapiergeschäften in der [X.], eigenverantwortliche Entscheidungen zu treffen.Zu Unrecht macht die Revision demgegenüber geltend, die Kläge-rin habe gegen § 31 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WpHG verstoßen, weil sie den[X.] nicht hinreichend gründlich, detailliert und konkret nach [X.] und Erfahrungen in Wertpapiergeschäften befragt habe. [X.], die die Klägerin vom [X.] verlangt und erhalten hat, [X.] konkret und deutlich genug, um ihn für einen kundigen, langjährigerfahrenen und in hohem Maße risikobereiten [X.] zuhalten, der über das standardisierte schriftliche Informationsmaterial hin-aus keine weitere Aufklärung und Beratung benötigte. Nach Einzelheiten,die sie in die Lage versetzt hätten, die Angaben des [X.] zu über-- 10 -prüfen, brauchte die Klägerin nicht zu fragen. Sie durfte vielmehr auf [X.] des [X.] vertrauen. § 31 Abs. 2 WpHG hat nicht denSinn, den Anleger vor sich selbst zu schützen (Senatsurteil vom5. Oktober 1999 aaO [X.]). Überdies ist weder festgestellt noch er-sichtlich, daß die Angaben des [X.] unrichtig waren.b) Auch im Zusammenhang mit der hohen Kreditaufnahme des [X.]n hat die Klägerin keine ihr ihm gegenüber obliegenden [X.]) Die [X.] auf Kredit bringt immer dann, wenn- wie in der Regel - die erworbenen Wertpapiere als Kreditsicherheit die-nen, besondere Gefahren für den Spekulanten mit sich, weil sie dazuführen kann, daß bei fallenden Kursen die Sicherheit nicht mehr [X.] und die kreditgebende Bank den Spekulanten zwingt, seine Papie-re in die Baisse hinein zu verkaufen und dadurch erhebliche Verluste zurealisieren. Das kann zum völligen Verlust des eingesetzten Kapitals unddarüber hinaus auch zur Überschuldung des Spekulanten führen.Gleichwohl ist es den Banken nicht verboten, ihren Kunden für [X.] Kredite zur Verfügung zu stellen. Das Wertpapierhandels-gesetz hat daran nichts geändert. Es geht im Gegenteil, wie sein § 2Abs. 3 a Nr. 2 zeigt, von der grundsätzlichen Zulässigkeit solcher Krediteaus und unterwirft sie als Wertpapiernebendienstleistungen den Wohl-verhaltensregeln des § 31.bb) Diesen hat die Klägerin genügt. Das Informationsmaterial, dassie dem [X.] bei Beginn der Geschäftsbeziehungen zur [X.] hat, enthielt alle notwendigen Informationen und Warnhinweise- 11 -über die Risiken der [X.]. Insbesondere die einschlägigenAusführungen in der Informationsschrift "Basisinformationen über [X.] in Wertpapieren" lassen an Deutlichkeit nichts zu wün-schen übrig. Besondere individuelle Warnungen des [X.] warenjedenfalls zu Beginn seiner Kreditaufnahme für Wertpapierkäufe [X.]) Die Frage, ob später das zunehmende Ausmaß der [X.] des [X.] die Klägerin zu besonderen Warnungen verpflichte-te, kann offenbleiben. Grundsätzlich kann auch ein [X.] zubesonderen Warnungen verpflichtet sein, wenn Kundenaufträge von [X.] erklärten Zielvorstellungen deutlich abweichen oder wenn erkenn-bar ist, daß Tragweite und Risiken eines [X.] (Siol, Festschrift Schimansky, S. 781, 789 m.w.Nachw.). Ob [X.] Voraussetzungen hier ungeachtet der vom [X.] bekundeten [X.] hohen Risikobereitschaft gegeben waren, braucht nicht ent-schieden zu werden, weil die Klägerin einer etwa bestehenden besonde-ren Warnpflicht in ausreichendem Maße nachgekommen ist. Auch eineGeschäftsbank anstelle der Klägerin hätte nicht mehr tun müssen.Jedenfalls solange die Kontoüberziehungen des [X.] [X.] seines Wertpapierdepots noch nicht überschritten hatten,bestand für die Klägerin kein Anlaß zu besonderen, über die in [X.] Informationsmaterial enthaltenen Warnhinweise hinausge-henden Warnungen. Da die in dem Depot des [X.] [X.] in den [X.] nur mit unterschiedlichen, nach [X.] abgestuften Teilen ihres Marktwertes eingingen und z.B. aus-ländische Aktien nur mit 50% sowie Optionsscheine überhaupt nicht be-- 12 -rücksichtigt wurden, brachte die Verschuldung des [X.], solangeder [X.] nicht überschritten wurde, keine Gefahren mit sich,die über das allgemeine Risiko jeder [X.], vor dem die Klä-gerin bereits hinreichend gewarnt hatte, hinausgegangen wären.Eine Verpflichtung der Klägerin zu besonderen Warnungen konntedaher allenfalls zu dem Zeitpunkt entstehen, als der [X.] durch im-mer neue Aktienkäufe seine Kontoüberziehungen über den Umfang des[X.]s seines Depots hinaus vergrößerte und sich damit derunmittelbaren Gefahr aussetzte, für zusätzliche Sicherheiten oder für ei-ne Reduzierung seiner Kreditschuld sorgen zu müssen. Sollte eine [X.] bestanden haben, so wäre die Klägerin ihr umfassendnachgekommen. Sie hat es, beginnend mit dem 17. Dezember 1999, anwiederholten Mahnungen zur Rückführung der Überziehungen nicht [X.] lassen, dabei auf die mit den hohen [X.] verbundenenGefahren hingewiesen und insbesondere auf ihr Recht zur fristlosenKündigung unbesicherter Überziehungen aufmerksam gemacht.dd) Wenn der [X.] gleichwohl alle Mahnungen und Warnun-gen der Klägerin bis Ende März 2000 in den Wind geschlagen und [X.] nur unzureichend befolgt hat, kann er die Klägerin nicht für dendadurch entstandenen Schaden verantwortlich machen. [X.] er ihr nicht vorwerfen, sie habe seine Kaufaufträge nicht ausführenund die damit verbundenen Kontoüberziehungen nicht zulassen dürfen.Die Interessenwahrungspflicht des § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG hat nicht [X.], hinreichend aufgeklärte und gewarnte Kunden durch Begren-zung ihrer Entscheidungsfreiheit vor sich selbst zu schützen. Die Ent-scheidung und Verantwortung, ob risikoreiche Spekulationsgeschäfte- 13 -trotz unzureichender Eigenkapitalausstattung abgeschlossen werdensollen, obliegt vielmehr auch nach dem Inkrafttreten des [X.] allein dem Kunden bzw. einem für ihn handelnden Vertre-ter. Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen darf daher auch objektivunvernünftige Aufträge hinreichend informierter Kunden ausführen (Se-natsurteil [X.]Z 147, 343, 349).ee) Daran vermag entgegen der Ansicht der Revision die [X.]/22/EWG des Rates der [X.] Gemeinschaften über Wertpa-pierdienstleistungen vom 10. Mai 1993 ([X.]. Nr. L 141/27 vom 11. Juni1993) nichts zu ändern. Auch im Lichte dieser Richtlinie ist § 31 WpHGnicht dahin auszulegen, daß er eine Pflicht des Wertpapierdienstlei-stungsunternehmens begründen könnte, sich über den erklärten [X.] ausreichend informierten Kunden hinwegzusetzen. Weder dem [X.] der Richtlinie, der den Mitgliedstaaten den Erlaß von [X.] über das Handeln der Wertpapierfirmen "im [X.] ihrer Kunden" vorschreibt, noch den der Richtlinie vorange-stellten Erwägungsgründen über den Anlegerschutz als eines der Zieleder Richtlinie läßt sich ein Anhaltspunkt dafür entnehmen, daß Wertpa-pierdienstleistungsunternehmen verpflichtet werden sollten, ihre [X.] bevormunden und die Ausführung von Aufträgen eines hinreichendinformierten Kunden mit der Begründung abzulehnen, sie entsprächennicht seinem wohlverstandenen Interesse. Für die von der Revision indiesem Punkt als notwendig angesehene Vorlage an den Gerichtshof der[X.] Gemeinschaften besteht kein Anlaß.Die von der Revision aufgeworfene Frage nach der europarechtli-chen Zulässigkeit einer völligen Freistellung der sogenannten [X.] von individuellen Hinweis- und Warnpflichten rechtfertigt die [X.] des Gerichtshofs der [X.] Gemeinschaften ebenfallsnicht. Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich, weil die Klägerin,wie oben dargelegt, dem [X.] wegen seiner ausufernden Kreditin-anspruchnahme alle erforderlichen individuellen Warnungen und [X.] erteilt hat.ff) Mit Recht hat das Berufungsgericht auch den Vorwurf des [X.]n, die Duldung seiner Kontoüberziehungen durch die Klägerin seiim Hinblick auf seine finanziellen Verhältnisse nicht banküblich gewesen,nicht durchgreifen lassen. Die Bonität ihrer Kunden ebenso wie dieWerthaltigkeit von ihnen gestellter Sicherheiten (vgl. dazu Senatsurteile[X.]Z 147, 343, 349 sowie vom 7. April 1992 - [X.], [X.] 1992,977 und vom 21. Oktober 1997 - [X.], [X.] 1997, 2301, 2302) [X.] grundsätzlich nur im eigenen Interesse sowie im Interesse [X.] des Bankensystems, nicht dagegen im Kundeninteresse zuprüfen. Eine Bank, die den [X.] eines Kunden über das nachbanküblichen Gepflogenheiten vertretbare Maß hinaus entgegenkommt,begeht damit keine Pflichtverletzung gegenüber dem Kunden.- 15 -III.Die Revision des [X.] konnte danach keinen Erfolg [X.] war zurückzuweisen.[X.] [X.]

Meta

XI ZR 21/03

11.11.2003

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.11.2003, Az. XI ZR 21/03 (REWIS RS 2003, 797)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 797

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