Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.08.2013, Az. XII ZB 233/13

12. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 3599

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Gegenstand

Betreuervergütung: Pauschalvergütung bei Betreuerbestellung für einen bestimmten Aufgabenkreis; Ende des maßgeblichen Zeitraums nach Abschluss der Aufgabe oder nach gerichtlicher Aufhebung der Betreuung


Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Beteiligten wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des [X.] vom 8. April 2013 aufgehoben.

Die Beschwerde des Betroffenen gegen den Beschluss des [X.] vom 20. Februar 2013 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.

[X.]: 1.386 €

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht bestellte am 28. Juni 2011 den Beteiligten als Betreuer für den Betroffenen mit dem Aufgabenkreis der Wahrnehmung seiner Rechte in einem [X.] einschließlich etwaiger Folge- und Rechtsmittelverfahren längstens bis zum 27. Juni 2013. Der Rechtsstreit wurde durch einen am 20. Juli 2011 geschlossenen Vergleich beendet. Am 21. November 2011 zeigte der Betreuer dem Amtsgericht an, dass das Verfahren abgeschlossen und der Vergleich erfüllt sei. Zugleich regte er die Aufhebung seiner Betreuung an, da seine Aufgabe erledigt sei. Erst mit Beschluss vom 31. Januar 2013 hob das Amtsgericht die Betreuung auf.

2

Für die [X.] vom 2. April bis 1. Oktober 2012 hat der Betreuer die Festsetzung seiner vom Betroffenen zu erstattenden pauschalen Betreuervergütung gemäß §§ 4, 5 [X.] beantragt. Das Amtsgericht hat die Vergütung des Betreuers antragsgemäß festgesetzt. Auf die Beschwerde des Betroffenen hat das [X.] den Beschluss aufgehoben und den Antrag auf Betreuervergütung für den beantragten [X.]raum zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Betreuers.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde ist begründet; sie führt zur Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts.

4

1. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Im maßgeblichen Antragszeitraum vom 2. April 2012 bis 1. Oktober 2012 habe der Betreuer keinerlei Betreuungstätigkeit geleistet. Sein Aufgabenkreis habe die Wahrnehmung der Rechte des Betroffenen in einem bestimmten Rechtsstreit umfasst, welcher durch Abschluss eines Vergleichs am 20. Juli 2011 beendet worden sei. Danach habe der Betreuer keine Mühewaltung mehr entfaltet und dies sei ihm auch nicht mehr möglich gewesen. Im Unterschied zu einer fehlerhaften oder einer zu lange aufrechterhaltenen Bestellung, bei der der Betreuer weiterhin tätig werde, sei hier schon die Möglichkeit einer weiteren Tätigkeit des Betreuers ausgeschlossen gewesen.

5

2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

6

Der Beteiligte zu 1 hat als Berufsbetreuer des Betroffenen für die Wahrnehmung von dessen Rechten in einem [X.] bis zur Aufhebung der Betreuung durch den Beschluss des Amtsgerichts vom 31. Januar 2013 einen Anspruch auf pauschale Vergütung nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1836 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB i.V.m. §§ 1 Abs. 2, 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 [X.]. Der Anspruch ist somit für den geltend gemachten [X.]raum vom 2. April bis 1. Oktober 2012 begründet.

7

a) Wie der Senat bereits entschieden hat, steht dem Betreuer für die Dauer der Betreuung gemäß §§ 1 Abs. 2, 4, 5 [X.] i.V.m. § 1908 i BGB ein Vergütungsanspruch in dem pauschal festgelegten Umfang zu, ohne dass der Rechtspfleger zu überprüfen hat, ob und in welchem Umfang der Betreuer tätig geworden ist und ob die Aufhebung der Betreuung früher hätte erfolgen müssen (Senatsbeschluss vom 11. April 2012 - [X.] 459/10 - FamRZ 2012, 1051 Rn. 22).

8

Mit der Einführung der Pauschalierung der Betreuervergütung durch das Zweite Betreuungsrechtsänderungsgesetz, deren Ziel es ist, Betreuer und Rechtspfleger von den zeitaufwändigen Abrechnungen zu entlasten, ist ein vom tatsächlichen Aufwand im konkreten Fall unabhängiges Vergütungssystem geschaffen worden. Die in § 5 [X.] anhand einer Mischkalkulation zwischen aufwändigen und weniger aufwändigen Fällen festgelegten Stundenansätze stehen von Beginn des Betreuungsverfahrens an fest (BT-Drucks. 15/2494 [X.]). Die Ausübung einer konkreten Betreuungstätigkeit wird bei der pauschalen Vergütung typisierend unterstellt; nicht erforderlich ist, dass der Betreuer in dem zu vergütenden [X.]raum auch tatsächlich für den Betreuten in dem vom Gesetz pauschalierend unterstellten Umfang tätig geworden ist (Senatsbeschlüsse vom 11. April 2012 - [X.] 459/10 - FamRZ 2012, 1051 Rn. 23 und vom 28. Mai 2008 - [X.] 53/08 - [X.], 1611 Rn. 30).

9

Der Vergütungsanspruch besteht in dem durch § 5 [X.] pauschal festgelegten Umfang für den gesamten [X.]raum der Betreuung. Diese endet gemäß § 1908 d BGB erst durch ausdrückliche gerichtliche Entscheidung. Die Regelung dient der Klarheit der Rechtsverhältnisse. Denn es ist vielfach zweifelhaft und erst durch gerichtliche Ermittlungen zu klären, ob die Voraussetzungen für eine Betreuung nicht mehr vorliegen (BT-Drucks. 11/4528, [X.]). Deshalb ist es hinzunehmen, dass zwischen dem Ende der Notwendigkeit der Betreuung und der Aufhebung der Betreuung eine gewisse noch mit dem pauschalen Stundenansatz nach § 5 [X.] zu vergütende [X.]spanne liegt, die auf gerichts- oder behördeninterne Abläufe und auf die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Aufhebung der Betreuung tatsächlich vorliegen, zurückzuführen ist (Senatsbeschlüsse vom 11. April 2012 - [X.] 459/10 - FamRZ 2012, 1051 Rn. 24 und vom 14. Dezember 2011 - [X.] 489/10 - FamRZ 2012, 295 Rn. 11 ff.).

Dem Rechtspfleger ist im [X.] lediglich die Prüfung übertragen, ob und wann die gemäß § 1908 d Abs. 1 BGB i.V.m. § 23 c Abs. 2 [X.], § 19 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 RPflG dem [X.] vorbehaltene Aufhebung der Betreuung erfolgt ist, nicht aber, ob die Aufhebung früher hätte erfolgen können.

b) Auch eine analoge Anwendung des § 6 [X.], der für die dort genannten Sonderfälle eine Berechnung der Vergütung nach tatsächlich aufgewandtem und erforderlichem [X.]aufwand zulässt, kommt nicht zur Anwendung. Denn § 6 [X.] ist als eng begrenzte Ausnahmevorschrift einer analogen Anwendung nicht zugänglich (vgl. Senatsbeschluss vom 11. April 2012 - [X.] 459/10 - FamRZ 2012, 1051 Rn. 14).

c) Ebenso musste der Rechtspfleger im [X.] auch keine Ermittlungen zur Feststellung eines etwaigen treuwidrigen Verhaltens des Beteiligten zu 1 durchführen (Senatsbeschluss vom 11. April 2012 - [X.] 459/10 - FamRZ 2012, 1051 Rn. 26).

Dose                                     Weber-Monecke                         Schilling

               Nedden-Boeger                                       Botur

Meta

XII ZB 233/13

07.08.2013

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Gießen, 8. April 2013, Az: 7 T 96/13

§ 4 VBVG, § 5 VBVG, § 1836 Abs 1 BGB, § 1908d BGB, § 1908i Abs 1 S 1 BGB, § 23c Abs 2 GVG, § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 RPflG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 07.08.2013, Az. XII ZB 233/13 (REWIS RS 2013, 3599)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 3599

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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