Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2014, Az. VI ZR 384/13

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 5420

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]
Verkündet am:

20. Mai 2014

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 237
Zur Frage der Zuständigkeit des Berufungsgerichts zur Entscheidung über ei-nen in der ersten Instanz gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist, über den das Eingangsge-richt nicht entschieden hat.

[X.], Urteil vom 20. Mai 2014 -
VI [X.] -
OLG [X.]

LG [X.] I

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
20.
Mai 2014
durch den Vorsitzenden [X.], die Richterin [X.], [X.], die Richterin von [X.] und den Richter Offenloch

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 15.
Zivilsenats des Oberlan-desgerichts
[X.] vom 24.
Juli 2013 wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte, eine in der [X.] ansässige [X.] Aktiengesellschaft, auf Schadensersatz wegen
von ihm
im Jahre 1999 als Kapi-talanlage gezeichneter nicht börsennotierter Aktien in Anspruch.
Nach Eingang der Klageschrift hat der Vorsitzende der Zivilkammer mit Verfügung vom 18.
Juni 2009 die Durchführung eines schriftlichen Vorverfah-rens angeordnet und der Beklagten mit Beschluss vom 23.
Juni 2009 gemäß §
184 Abs.
1 ZPO aufgegeben, innerhalb von vier Wochen ab Zustellung des Beschlusses einen Zustellungsbevollmächtigten mit Wohnsitz oder Geschäfts-raum im Inland zu benennen. Auf die anderenfalls eintretenden rechtlichen Fol-gen der Zustellung von Schriftstücken durch Aufgabe zur [X.] unter der [X.] hat der Vorsitzende hingewiesen. Diese Verfügung und 1
2
-

3

-

die Klageschrift sind der Beklagten im [X.] am 8.
Januar 2010 förm-lich zugestellt worden. Am 26.
März 2010 hat das [X.] auf Antrag des [X.] ein der
Klage stattgebendes Versäumnisurteil erlassen. Die Ein-spruchsfrist hat es auf vier Wochen festgesetzt. Das Versäumnisurteil ist am 8. April 2010 unter der Anschrift der Beklagten zum Zwecke der Zustellung zur [X.] aufgegeben worden, worüber die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
ei-nen in den Akten befindlichen Vermerk niedergelegt hat. Auf Antrag des [X.] ist das Versäumnisurteil am 28.
Januar 2011 im [X.] erneut an die Beklagte zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 25.
Februar 2011, bei [X.] eingegangen am 28.
Februar 2011,
hat die Beklagte Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt. Auf einen Hinweis des [X.] im Schriftsatz vom 12.
April 2011, an den damaligen Prozessbevollmächtigten der [X.] am 11.
Mai 2011, dass der Einspruch verfristet sei, weil bereits durch die erste Zustellung des Versäumnisurteils durch Aufgabe zur [X.] die Ein-spruchsfrist in Gang gesetzt worden und daher längst abgelaufen sei, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 24.
Mai 2011 erwidert. Sie hat die Auffassung ver-treten, dass nur die förmliche Zustellung im [X.] vom 28.
Januar 2011 wirksam sei. Jedenfalls sei der Beklagten Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand zu gewähren, weil ihr aufgrund des Vorbehalts der [X.] gegen die [X.]zustellung nicht vorgeworfen werden könne, dass sie in keiner Weise mehr nachvollziehen könne, welche gerichtlichen Schriftstücke sie auf dem [X.]weg aus [X.] überhaupt und zu welchem Zeitpunkt erhalten habe.
Das [X.] hat das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage ab-gewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht das Urteil des [X.]s aufgehoben und den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 26.
März 2010 als unzulässig verworfen. Mit der vom Be-rufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die
Zurückweisung der Berufung
und
die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
3
-

4

-

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht
hat ausgeführt: Aufgrund der zulässigen Berufung des [X.] sei auch ohne Rüge in der [X.] in der Be-rufungsinstanz die Zulässigkeit des Einspruchs von Amts wegen zu prüfen. Das
[X.] habe irrigerweise angenommen, dass die Einspruchsfrist gewahrt
sei, weil die zuständige Einzelrichterin den Vermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle über die Aufgabe der Abschrift des Urteils zur [X.] unter der Anschrift der Beklagten zum Zwecke der Zustellung übersehen habe. Über den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei deshalb noch nicht entschieden. Eine Wiedereinsetzung sei auch nicht stillschweigend gewährt
worden. Der
Einspruch sei am 28.
Februar 2011, als er eingelegt [X.] sei, verfristet
gewesen, weil das Versäumnisurteil am 8. April 2010 unter der Anschrift der Beklagten zum Zwecke der Zustellung zur [X.] aufgegeben worden
sei. Dies habe die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in einem Ver-merk dokumentiert. Das Versäumnisurteil gelte mithin am 22.
April 2010 als zugestellt,
so dass die auf vier Wochen festgesetzte Einspruchsfrist am 25.
Mai 2010 (richtig: 20.
Mai 2010) abgelaufen sei. Die von der Beklagten gegen die Wirksamkeit der Zustellung erhobenen rechtlichen Bedenken seien nicht durch-greifend. Auch die erneute förmliche Zustellung am 28.
Januar 2011 könne die bereits eingetretene Rechtskraft nicht durchbrechen. Über den Antrag auf [X.] könne trotz der Regelungen in §
237 ZPO und §
238 Abs.
3 ZPO das Berufungsgericht entscheiden, weil die Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist
nach Aktenlage
keinesfalls
gewährt werden könne.
Die Beklagte habe auf eigenes Risiko gehandelt, wenn sie nicht mehr nachvollziehen könne, welche und zu welchem Zeitpunkt sie gerichtliche Schriftstücke aus [X.] erhalten
habe. Obwohl die Beklagte mit der [X.] vom 4
-

5

-

29.
Mai 2013 darauf hingewiesen worden
sei, dass ein tragfähiger [X.] nicht dargelegt sei, habe sie sich
ausschließlich auf ihre unzu-treffende Rechtsauffassung von der fehlenden Wirksamkeit der Zustellung nach §
184 ZPO berufen.
Nach einhelliger Meinung sei es aus Gründen der Prozessökonomie
zwar nur
zulässig, dass das Rechtsmittelgericht über einen Wiedereinsetzungs-antrag entscheide, wenn darüber die Vorinstanz nicht befunden habe
und [X.] zu gewähren sei. Dies müsse aber auch gelten,
wenn aus Rechtsgründen eine positive Verbescheidung des [X.] nach Lage der Akten von vornherein ausscheide. Das Argument,
der [X.],
die eine Not-
oder Rechtsmittelfrist versäumt habe, müsse die Chance erhalten bleiben, dass das nach §
237 ZPO zuständige Gericht mit bindender Wirkung Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewähre, überzeuge nicht, wenn
das Wiedereinsetzungsgesuch eindeutig zurückzuweisen sei. Der Gesetzgeber ha-be die gewährte Wiedereinsetzung durch §
238 Abs.
3 ZPO einer Nachprüfung durch die höhere Instanz entzogen, um zu vermeiden, dass ein Verfahren der Vorinstanz, das nach positiver Entscheidung über ein Wiedereinsetzungsge-such zu einer Entscheidung in der Sache geführt habe, nachträglich dadurch entwertet werde, dass das Rechtsmittelgericht die Berechtigung des Wiederein-setzungsgesuches im Gegensatz zum Gericht der Vorinstanz nunmehr [X.]. Es solle damit das Vertrauen der [X.]en und des Erstgerichts, sich nach einer einmal ergangenen stattgebenden Wiedereinsetzungsentscheidung wie-der ausschließlich auf die inhaltliche Befassung mit dem Klagebegehren kon-zentrieren zu können, geschützt werden. Anhaltspunkte dafür, dass der Ge-setzgeber mit der Neuregelung des §
238 ZPO etwas an der zum damaligen Zeitpunkt einhelligen Rechtsprechung habe ändern wollen, wonach das Rechtsmittelgericht die Entscheidung über ein in erster Instanz nicht beschie-denes Wiedereinsetzungsgesuch in jedem Fall selbst zu treffen habe (vgl. [X.], 5
-

6

-

Beschluss vom 6.
Oktober 1952 -
III
ZR 369/51, [X.]Z 7, 280, 283 f.), ließen
sich aber den [X.] nicht entnehmen. Habe die Vorinstanz das Wiedereinsetzungsgesuch übergangen, trete eine
Bindungswirkung nach §
238 Abs.
3 ZPO nicht ein. Da dem Gericht für die
Entscheidung über die [X.] ein Ermessen nicht zustehe, sondern
diese
rechtlich gebunden
sei, sei ein
überzeugender Grund nicht dafür
gegeben, dass dem [X.] in einem klar auf der Hand liegenden Fall einer
Ablehnung des [X.] die Entscheidung verwehrt sein solle. Eine "rechtlich gesi-cherte Chance" auf die Herbeiführung einer
-
nach dem Ergebnis der Prüfung des Rechtsmittelgerichts
-
fehlerhaften Entscheidung durch die
Vorinstanz kön-ne es nicht geben.
Eine eigene Entscheidung durch das Berufungsgericht sei schließlich auch deshalb
rechtlich
geboten, weil ein Zurückverweisungsgrund gemäß §
538 Abs.
2 ZPO nicht gegeben sei und die Zivilprozessordnung sonst keine Handhabe biete, den Rechtsstreit an das [X.] zurückzuverweisen.

II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
Es
ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht über den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in die versäumte
Einspruchsfrist selbst ent-schieden und die Sache nicht an das [X.] zurückverwiesen hat.
1. Auf die Berufung des [X.] war das Berufungsgericht
zur Entschei-dung über das Urteil des [X.]s und mithin zur Prüfung der Rechtzeitig-keit des Einspruchs berufen.
Die Zulässigkeit des Einspruchs ist eine von Amts wegen zu prüfende Prozessvoraussetzung, von der das gesamte weitere Ver-fahren nach Einlegung des Einspruchs, auch das Verfahren in der Berufungs-instanz,
in seiner Rechtswirksamkeit abhängt (vgl. Senat, Beschluss vom 6
7
-

7

-

26.
Februar 2013 -
VI
ZR 374/12, [X.], 735 Rn.
3; [X.], Urteile vom 31.
Januar 1952
-
IV
ZR 104/51, [X.]Z 4, 389, 395
f.; vom 21. Juni 1976 -
III
ZR 22/75, NJW 1976, 1940,
und
vom 4. November 1981
-
IVb
[X.], [X.], 187, 188). Sie ist in allen Instanzen von Amts wegen zu prüfen, weil das rechtskräftige Versäumnisurteil dem weiteren Verfahren entgegen-steht.
Richtig
ist, dass im Streitfall der Einspruch verfristet ist,
weil das Ver-säumnisurteil vom 26.
März 2010 aufgrund der am 8.
April 2010 unter der [X.] erfolgten
Aufgabe zur [X.] zum Zwecke der Zustellung gemäß §
184 Abs.
2 Satz 1 ZPO am 22.
April 2010 als zugestellt gilt. Die auf vier Wochen festgesetzte Einspruchsfrist ist mithin am 20.
Mai 2010 abgelau-fen. Die Aufgabe zur [X.] ist bewiesen durch den Vermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (§
184 Abs.
2 Satz
4 i.V.m. §
418 Abs.
1 ZPO). In Überein-stimmung mit der Auffassung des erkennenden Senats teilt das Berufungsge-richt mit Recht die gegen die Wirksamkeit der Zustellung gemäß §
184 ZPO geäußerten rechtlichen Bedenken der Beklagten nicht. In einer Vielzahl von Entscheidungen
gegen die Beklagte hat der erkennende Senat sich hierzu um-fangreich geäußert. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird darauf Bezug genommen (vgl. etwa Senatsurteile vom 26. Juni 2012 -
VI
ZR 241/11, NJW 2012, 2588 = [X.], 1499; vom 3. Juli 2012 -
VI
ZR 239/11 und
VI
ZR 227/11, juris; vom 18. September 2012 -
VI
ZR 225/11, NJW-RR 2012, 1459 = [X.], 1306; vom 25.
September 2012 -
VI
ZR 230/11 und VI
ZR 287/11, juris; vom 15. Januar 2013 -
VI
[X.], NJW-RR 2013, 435,
sowie vom 5.
November 2013 -
VI
ZR 319/12, juris). Zutreffend hat das Berufungsgericht auch eine Durchbrechung der im Mai 2010 eingetretenen Rechtskraft des [X.] durch die nachträgliche förmliche Zustellung im Wege der Rechtshilfe am 28.
Januar 2011 abgelehnt (vgl. Senat, Urteil vom 15.
Januar 2013 -
VI [X.], aaO
Rn.
15 mwN).

8
-

8

-

2. Ist der Einspruch verfristet, war über den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in die Einspruchsfrist noch zu entscheiden.
a) Die Regelung in §
238 Abs.
3 ZPO steht dem nicht entgegen, weil das [X.], bei dem der Wiedereinsetzungsantrag gestellt worden ist, über den Antrag nicht entschieden
hat. Es
hatte aufgrund der
irrigen Rechtsauffas-sung, dass
die Einspruchsfrist eingehalten
sei, dazu keine Veranlassung.
[X.] weist das Berufungsgericht zutreffend hin. Eine Wiedereinsetzung in eine nicht versäumte Frist sieht das Gesetz nicht vor. Sie kann daher auch nicht ge-währt werden. Ein gleichwohl gestellter Wiedereinsetzungsantrag ist gegen-standslos (vgl. [X.], Beschluss vom 7. März 2012 -
XII
ZB 421/11, NJW-RR 2012, 755 Rn.
24) und muss nicht beschieden werden. Deshalb kann nicht [X.] werden,
dass der Beklagten durch die
Entscheidung in der Sache konkludent
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt worden wäre.
b) Das Berufungsgericht stellt nicht in Frage, dass
regelmäßig
über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß
§
237 ZPO das [X.] zu entscheiden
hat, dem die Entscheidung über die nachgeholte Prozess-handlung zusteht,
im Streitfall bei Versäumung der Einspruchsfrist also das [X.].
aa) Grundsätzlich ist nach der Rechtsprechung des [X.] das
Rechtsmittelgericht gehalten, die Entscheidung des nach §
237 ZPO für die Wiedereinsetzung zuständigen Gerichts herbeizuführen,
gegen die [X.] das nach §
238 Abs.
2
Satz 1
ZPO statthafte Rechtsmittel eingelegt wer-den kann. Das zuständige Gericht
muss
Gelegenheit haben, über den [X.] zu entscheiden (vgl. Senat, Beschluss vom 22. September 1992 -
VI [X.], [X.], 500, 501;
[X.], Urteil vom 3. Juni 1987 -
VIII
ZR 154/86, [X.]Z 101, 134, 141; Beschlüsse
vom 7. Oktober 1981 -
IVb 9
10
11
12
-

9

-

ZB 825/81, NJW 1982, 887 und vom 7. April 1982 -
VIII
ZB 11/82, [X.], 673; anderer Ansicht [X.], Beschluss vom 6. Oktober 1952 -
III
ZR 369/51, [X.]Z 7, 280, 283 f.
zum Rechtszustand vor Einführung des § 238 Abs. 3 ZPO).
bb) Als Ausnahmefall ist
anerkannt, dass anstelle des nach §
237 ZPO zuständigen Gerichts
das Rechtsmittelgericht die Wiedereinsetzung ausspre-chen kann, wenn die Wiedereinsetzung nach dem [X.] ohne weiteres zu gewähren ist (vgl. Senat, Beschluss vom 9.
Juli 1985 -
VI
ZB 8/85, NJW 1985, 2650, 2651; [X.], Urteil vom 4.
November 1981 -
IVb [X.], NJW 1982, 1873, 1874; Beschluss vom 19. Juni 1996 -
XII
ZB 89/96, [X.], 2581; [X.] NJW 2004, 2112, 2113; [X.]/[X.], 4.
Aufl.
§
237 Rn.
4; Hk-ZPO/[X.], 5.
Aufl., §
237 Rn.
3; BeckOK
ZPO/Wendtland
§
237 Rn.
6

(Stand: 15. März 2014); [X.]/[X.],
ZPO, 30. Aufl.,
§
237 Rn.
2). Auch in einem solchen Fall muss aber [X.] gegeben sein
(vgl. Senat, Beschluss vom 12.
November 2013 -
VI
ZB 4/13, NJW 2014, 700 Rn.
16). Eine Entscheidungsbefugnis des Rechtsmittelgerichts über einen Antrag auf Wieder-einsetzung wird schließlich abweichend von der Regelung in §
237 ZPO in dem Fall angenommen, dass die Vorinstanz verfahrensfehlerhaft eine Entscheidung über den bei ihm gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung unterlassen
(vgl. [X.], Beschluss vom 29. September 1993 -
XII
ZB 49/93, NJW-RR 1994, 127; [X.] [X.], 1620 Rn.
38)
oder die Berufung verworfen und dabei den Wiedereinsetzungsantrag abgelehnt hat ([X.], Urteil vom 12. Dezember 2000 -
X
ZB 17/00,
juris).
Das Rechtsmittelgericht kann außerdem ausnahmsweise selbst entscheiden, wenn die Entscheidung über das Rechtsmittel materiell-rechtlich zum selben Ergebnis wie eine Versagung der Wiedereinsetzung führt. Dann kann die Wiedereinsetzung zugunsten der fristsäumigen [X.] unterstellt werden (vgl. [X.] 4. Juni 2003 -
10
AZR 586/02,
AP [X.] §
209 Nr. 2 = EzA [X.] §
209 Nr.
1
und [X.], [X.], 1620 Rn.
39).
13
-

10

-

cc) Die Entscheidungsbefugnis des Rechtsmittelgerichts wird hingegen verneint, wenn dem Gesuch nicht stattgegeben werden soll. In einem solchen Fall sei die Sache an das Ausgangsgericht zurückzuverweisen, weil dem An-tragsteller
die Möglichkeit nicht entzogen werden dürfe, eine aufgrund der [X.] in §
238 Abs.
3 ZPO nicht anfechtbare Wiedereinsetzung durch das Ausgangsgericht zu erwirken (vgl. [X.], Urteil vom 3.
Juni 1987 -
VIII
ZR 154/86, aaO; Beschluss vom 7.
Oktober 1981 -
IVb
ZB 825/81, aaO;
vom 19.
Juni 1996 -
XII
ZB 89/96, aaO;
[X.] NJW 2004, 2112, 2113 Rn.
47; [X.]/[X.],
aaO; Hk-ZPO/[X.],
aaO; BeckOK
ZPO/
Wendtland,
aaO
Rn.
7).
c) Im Streitfall war die Entscheidungsbefugnis des Berufungsgericht über den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten jedenfalls deshalb gegeben, weil es
das [X.]
verfahrensfehlerhaft
unterlassen hat,
über den Antrag zu entscheiden. Es hat den in den Akten befindlichen Vermerk der [X.] der Geschäftsstelle, dass das Versäumnisurteil am 8. April 2010 unter der Anschrift der Beklagten zum Zwecke der Zustellung zur [X.] aufgegeben [X.] ist, nicht erkennbar zur Kenntnis genommen, obwohl der Kläger im [X.] vom 12. April 2011
ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass der [X.] sei
(Art.
103 Abs.
1 GG, §
286 ZPO). Infolgedessen hat es irri-gerweise verkannt, dass mit der Zustellung des Versäumnisurteils durch [X.] zur [X.] am 8. April 2010 die Einspruchsfrist in Gang gesetzt worden ist und diese daher bei Eingang des Einspruchs der Beklagten bei Gericht am 28. [X.] 2011 bereits abgelaufen war.
Mithin stand einem weiteren Fortgang des Prozesses die Rechtskraft des Versäumnisurteils vom 26. März 2010 entgegen.
d) Die Frage, ob das Berufungsgericht
an der Aufhebung des Urteils des [X.]s und Zurückverweisung zur Entscheidung über den Antrag der [X.] auf Wiedereinsetzung auch dadurch
gehindert
ist, weil
ein Grund zur 14
15
16
-

11

-

Zurückverweisung gemäß
§
538
Abs.
2
ZPO nicht gegeben wäre, bedarf im Streitfall
mithin
keiner Entscheidung.
Hierfür spricht allerdings, dass -
anders als für das Rechtsbeschwerde-
und Revisionsverfahren (vgl. §
577 Abs.
4 ZPO und §§
562, 563 ZPO)
-
das Zivilprozessreformgesetz vom 27.
Juli 2001 ([X.]
I S.
1887) im Interesse der Verfahrensbeschleunigung und einer effizienteren Prozessgestaltung die Möglichkeiten der Zurückverweisung durch das [X.] beschnitten
hat. Eine Zurückverweisung an das Gericht des ersten Rechtszugs ist nur ausnahmsweise unter den abschließend in §
538 Abs.
2 ZPO geregelten Voraussetzungen zulässig (Musielak/Ball ZPO, 11.
Aufl. §
538 Rn.
2; Hk-ZPO/[X.], 5.
Aufl., §
538 Rn.
1). Das von der Revision dage-gen geführte Argument, dass die Entscheidung, mit der die Wiedereinsetzung gewährt wird, nach §
238 Abs.
3 ZPO nicht anfechtbar sei und gegen die Ent-scheidungskompetenz des Berufungsgerichts die Regelung in §
237 ZPO spre-che, überzeugt
schon deshalb
nicht, weil die Entscheidung über die [X.] nicht ein Ermessen
eröffnet, sondern rechtlich gebunden ist. Darauf weist bereits das Berufungsgericht zutreffend hin. Außerdem ist eine "rechtlich garantierte Chance" auf die Herbeiführung einer
nach Auffassung des Rechtsmittelgerichts unrichtigen
unanfechtbaren
Entscheidung des Vorderrich-ters -
wie sie von den Befürwortern einer
ausschließlichen Zuständigkeitsrege-lung in §
237 ZPO
gesehen
wird
-
dem [X.] Rechtssystem fremd
(vgl.
zu §
60 VwGO: BVerwG,
NVwZ 1985, 484; [X.]/[X.]/Bier VwGO,
24. [X.] §
60 Rn.
71).

3.
Aus Rechtsgründen ist
danach
nicht zu beanstanden, dass das [X.] unter Ablehnung des Antrags auf Wiedereinsetzung in die [X.] Einspruchsfrist den Einspruch als unzulässig verworfen hat.
a) Die Regelung in §
236 Abs.
2 Satz
1 ZPO erfordert, dass alle Tatsa-chen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung erforderlich sind, innerhalb 17
18
-

12

-

der [X.] vorgetragen werden (vgl. Senat, Urteil vom 3. Juli 2012
-
VI
ZR 227/11, juris Rn.
34; Beschlüsse vom 29.
Januar 2002 -
VI
ZB 28/01, juris Rn.
4; vom 13.
November 2007 -
VI
ZB 19/07, juris Rn.
6; [X.], [X.] vom 19.
April 2011 -
XI
ZB 4/10, NJW-RR 2011, 1284 Rn.
7) und glaubhaft gemacht sind ([X.], Beschluss vom 19. Mai 1978 -
IV
ZB 90/77, [X.], 825, 826
und vom 20. Januar 1983 -
IX
ZR 19/82, [X.], 376; [X.], [X.], 1620 Rn.
46).
Solche Tatsachen hat die Beklagte nicht vorgetragen.
Geeigneten rechtzeitigen Vortrag
vermag auch die Revision nicht aufzuzeigen. Die von ihr erhobene Rüge eines fehlenden Hinweises durch das Gericht entbehrt der rechtlichen Grundlage, weil das Berufungsgericht in der [X.] vom 29. Mai 2013, die dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am selben Tag per Fax zugegangen ist, auf den Mangel im Vortrag ausdrücklich hingewiesen hat. In dem danach bei Gericht eingereichten [X.] beschränkte sich die Beklagte darauf,
ihre Rechtsauffassung von der Un-wirksamkeit einer Zustellung nach §
184 ZPO zu wiederholen.
b) Die Wiedereinsetzung kann nicht
deshalb gewährt werden, weil die Beklagte, obwohl sie über den Inhalt des Rechtsstreits informiert war,
aufgrund der förmlichen Zustellung der Klage und der Hinweise des Gerichts auf die [X.] eines Zustellungsbevollmächtigten,
infolge der von ihr vertretenen Rechtsauffassung untätig geblieben ist und eine Reaktion auf den nach dem Vortrag der Beklagten nicht zweifelhaften Zugang des [X.] nicht für erforderlich gehalten hat.
Entgegen der Darstellung der Revision hat die Beklagte innerhalb der [X.] nicht behauptet, dass ihr das im Inland unter der Anschrift der Beklagten zur [X.]
aufgegebene [X.] nicht zugegangen ist.
Sie hat lediglich vorgetragen, dass für sie in keiner Weise nachvollziehbar ist, ob das Versäumnisurteil tatsächlich durch Aufgabe zur [X.] zugestellt worden ist. Die
Zustellung im Inland durch die Aufgabe zur 19
-

13

-

[X.] ist aber nachgewiesen durch den Vermerk der Urkundsbeamtin der Ge-schäftsstelle (§
184 Abs.
2 Satz
4, §
418 Abs.
1 ZPO).
Galke
Diederichsen
[X.]

von [X.]
Offenloch

Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 15.05.2012 -
20 O 8099/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 24.07.2013 -
15 [X.] -

Meta

VI ZR 384/13

20.05.2014

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.05.2014, Az. VI ZR 384/13 (REWIS RS 2014, 5420)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5420

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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