Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2013, Az. VI ZR 100/12

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 9044

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI ZR 100/12
Verkündet am:

15. Januar 2013

Böhringer-Mangold

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom
15. Januar
2013
durch [X.], den
Richter Zoll,
die Richterin [X.], [X.] und die Richterin von Pentz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 18.
Zivilsenats des Oberlan-desgerichts Köln vom 16. Januar 2012
wird auf Kosten der [X.] zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger verlangt
Schadensersatz wegen am 1. Januar 1999 gekaufter Aktien der Beklagten.
Nach Eingang der Klage hat der Vorsitzende der mit der Sache befass-ten Zivilkammer des [X.] in Zusammenhang mit der Zustellung nach §
183 ZPO durch Verfügung vom 5. Januar
2010 angeordnet, dass der [X.] im Hinblick auf das angeordnete schriftliche Vorverfahren eine Notfrist von zwei Wochen zur Anzeige der [X.] gesetzt werde und dass sie innerhalb von zwei Wochen gemäß §
184 Abs.
1 Satz
1 ZPO einen im Inland ansässigen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen habe. Auf die an-derenfalls eintretenden rechtlichen Folgen der Zustellung von Schriftstücken durch Aufgabe zur Post unter der Anschrift der Beklagten hat der Vorsitzende 1
2
-

3

-

hingewiesen. Diese Verfügung und die Klageschrift sind der Beklagten am 30.
Juni 2010
nach Maßgabe des [X.] über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil-
und [X.] vom 15.
November 1965 ([X.] 1977 II S.
1452, 1453; im Folgen-den [X.]) zugestellt worden. Nach dem Ablauf der Frist zur Anzeige der Vertei-digungsbereitschaft hat das [X.] am 31. August 2010 die Beklagte durch Versäumnisurteil antragsgemäß verurteilt. Es hat die Einspruchsfrist auf drei Wochen festgesetzt. Eine vollstreckbare Ausfertigung des Urteils
ist nach dem Vermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle am 1. September
2010 unter der Anschrift der Beklagten zur Post aufgegeben worden. Auf Antrag des [X.] ist das Versäumnisurteil der Beklagten am 4. Juni 2011 erneut, nun-mehr
förmlich nach Maßgabe des [X.],
zugestellt worden. Dagegen hat die Beklagte mit am 10. Juni 2011 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 9.
Juni 2011 Einspruch eingelegt.
Mit Urteil vom 7.
Juli
2011 hat das [X.] den Einspruch als unzu-lässig verworfen. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Re-vision begehrt die Beklagte, das Berufungsurteil und das Urteil des Landge-richts vom 7.
Juli
2011 aufzuheben und den Rechtsstreit an das [X.] zurückzuverweisen.
3
-

4

-

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, das [X.] habe den [X.] gegen das Versäumnisurteil zu Recht gemäß §
341 Abs.
1 Satz
2 ZPO als unzulässig verworfen, weil er nicht rechtzeitig eingelegt worden sei.
Nach §
184 Abs.
2 Satz
1 ZPO gelte das Versäumnisurteil zwei Wochen nach der am 1. September
2010 erfolgten Aufgabe zur Post, mithin am 15.
September
2010, als zugestellt. Daher sei die
auf drei Wochen festgesetzte Einspruchsfrist bereits am 6.
Oktober
2010 abgelaufen. Die Regelungen in §
184 ZPO seien weder verfassungswidrig noch verletze ihre Anwendung das [X.]. Sowohl die Klageschrift als auch die vom Vorsitzenden getroffene Anord-nung zur Benennung eines Zustellungsbevollmächtigten nach §
184 Abs.
1 Satz
1 ZPO seien ordnungsgemäß zugestellt worden. Die Anordnung nach §
184 ZPO erfordere nicht zwingend die Form eines Gerichtsbeschlusses. Es genüge die Anordnung des Vorsitzenden. Das [X.] vom 25.
Juni 2001 ([X.]
I S.
1206), durch das §
184 ZPO an die Stelle des §
174 Abs.
1 ZPO a.F. getreten ist, habe lediglich die in §
20 Nr.
7 RPflG a.F. vorge-sehene Zuständigkeitsübertragung auf den Rechtspfleger aufgehoben; einen
Willen
des Gesetzgebers, den gesamten Spruchkörper mit der Entscheidung zu befassen, lasse die Gesetzesbegründung hingegen nicht erkennen. Angesichts des Schweigens der Gesetzesbegründung spreche viel dafür, dass sich der Gesetzgeber nicht damit auseinandergesetzt habe, wer in funktioneller Hinsicht anstelle des bisher zuständigen Rechtspflegers die in §
184 Abs.
1 Satz 1 ZPO vorgesehene Anordnung treffen und ob dies auch durch Verfügung geschehen dürfen solle. Da der Vorsitzende auch sonst Zustellungen richterlicher Ent-scheidungen alleine anordne, sei nicht ersichtlich, warum gerade in Fällen des 4
5
-

5

-

§
184 Abs.
1 Satz
1 ZPO der Spruchkörper entscheiden müsse. Auch wenn die Anordnung mangels einer Begründung der Ermessensausübung fehlerhaft wä-re, sei sie deswegen jedenfalls nicht nichtig.
Aus der Verfügung der Geschäftsstelle vom 1.
September
2010 ergebe sich, dass
eine Ausfertigung und nicht lediglich eine Abschrift des [X.]
vom 31. August 2010 zwecks Übersendung an die Beklagte am 1.
September
2010 zur Post aufgegeben worden sei. Bis zur Zustellung durch Aufgabe zur Post habe sich weder ein inländischer Zustellungsbevollmächtigter noch ein Prozessbevollmächtigter für die Beklagte bestellt.
Die auf Antrag des [X.] erfolgte nochmalige Zustellung des
Versäumnisurteils am 4. Juni
2011 habe die bereits verstrichene Einspruchsfrist nicht erneut in Lauf setzen [X.]. Dem stehe entgegen, dass ein formell rechtskräftiges Urteil durch eine erneute Zustellung seine formelle Rechtskraft nicht verliere. Daran ändere die Rechtsmittelbelehrung nichts, mit der das Versäumnisurteil bei der förmlichen Zustellung ohne klarstellenden Hinweis auf die bereits anderweitig erfolgte Zu-stellung, den daran anknüpfenden Fristlauf und die bereits eingetretene formel-le Rechtskraft der zugestellten Entscheidung versehen gewesen sei. Die von einer solchermaßen unzutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung eventuell [X.] Rechte der verurteilten [X.] aus Art.
2 Abs.
1 in Verbindung mit Art.
20 Abs.
3 GG könnten durch Anwendung der
Bestimmungen über die Wiederein-setzung ausreichend gewahrt werden.
Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen hier nicht vor.
Bei der Frage des Verschuldens sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte aufgrund der Zustellung
der Klageschrift und der Anordnung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, Kenntnis davon gehabt habe, dass Zustellungen künftig zu erwarten seien.
6
7
-

6

-

Der unzulässige Einspruch nach §
341 Abs.
1 Satz
2 ZPO sei ohne Sachprüfung und ohne Prüfung des ordnungsgemäßen Zustandekommens des mit dem Einspruch angefochtenen Versäumnisurteils zu verwerfen. Auf die von der Beklagten erhobene Rüge der fehlenden internationalen Zuständigkeit komme es nicht weiter an.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
1. Das [X.] hatte auf den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil gemäß §
341 Abs.
1 Satz
1 ZPO zunächst nur zu prüfen, ob der Einspruch an sich statthaft und in der ordnungsgemäßen Form und Frist eingelegt worden ist. Da die Beklagte die Einspruchsfrist nicht gewahrt hat, musste der Einspruch gemäß §
341 Abs.
1 Satz
2 ZPO ohne Sachprüfung und ohne Rücksicht auf das ordnungsgemäße Zustandekommen des [X.] verworfen werden ([X.], Beschluss vom 5.
März
2007 -
II
ZB 4/06, NJW-RR 2007, 1363 Rn.
9
ff.; [X.]/Pukall, ZPO, 4.
Aufl., §
341 Rn.
1).
Der beschränkte Prüfungsumfang schmälert nicht den Anspruch der [X.] auf rechtliches Gehör und auf wirkungsvollen Rechtsschutz in rechts-widriger Weise (vgl. zur Einspruchsfrist in Verfahren vor dem [X.] 36, 298, 301
ff.). Er beruht auf dem die rechtliche Ausgestaltung des [X.] prägenden Gedanken, im Interesse der Prozessbe-schleunigung eine -
auch durch ein fehlerhaftes
-
Versäumnisurteil gewarnte [X.] zu besonders sorgfältiger Prozessführung anzuhalten. Die mit dem [X.]sverfahren verbundenen allgemeinen Erschwernisse für die Inanspruch-nahme des rechtlichen Gehörs, die sich aus der Einhaltung der Einspruchsfrist ergeben, treffen die im Ausland ansässige [X.] -
wie die Beklagte
-
grundsätz-8
9
10
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-

7

-

lich nicht schärfer als die im Inland ansässige [X.]. Auch die inländische [X.] ist an die Einspruchsfrist gebunden. Ist -
wie hier
-
die Klageschrift als [X.] Schriftstück der beklagten [X.] ordnungsgemäß zugestellt und die in §
184 Abs.
2 Satz
3 ZPO vorgesehene Belehrung erteilt worden, [X.] die Situation der im Ausland ansässigen Beklagten keinen weitergehen-den Rechtsschutz. Das mit der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schrift-stücks entstehende Prozessrechtsverhältnis begründet eine Prozessförde-rungspflicht auch des Prozessgegners, die es im Interesse der klagenden [X.] an einem effektiven Rechtsschutz rechtfertigt, der im Ausland ansässigen [X.]
aufzuerlegen, eine inländische Zustellungsmöglichkeit zu schaffen. Die Wirk-samkeit der Verpflichtung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen, hängt allerdings von der wirksamen Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks ab (vgl. Senatsurteil vom 10. November 1998 -
VI
ZR 243/97, [X.], 510, 511; [X.], Urteil vom 26.
September 2011 -
5
U 166/10, juris Rn.
31; [X.]/[X.], ZPO, 29.
Aufl., §
183 Rn.
81). Im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes wird durch eine Inlandszustellung durch [X.] zur Post der Verfahrensverzögerung infolge den Verfahrensgang hem-mender Zustellungen im Ausland entgegengesteuert. Aufgrund des Hinweises auf die Folgen der Nichtbenennung eines Zustellungsbevollmächtigten ist der Adressat, dem Schriftstücke gemäß §
184 Abs.
1 Satz
2 ZPO durch Aufgabe zur Post zugestellt werden, hinreichend über die rechtlichen Folgen unterrichtet.
2. Rechtlich ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Zu-stellung des Versäumnisurteils im Inland durch Aufgabe zur Post für wirksam erachtet hat. Die Regelung des §
184 Abs.
1 Satz 2 ZPO, die eine Zustellung durch Aufgabe zur Post unter der Anschrift des außerhalb des Bundesgebiets und außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung ([X.]) Nr. 1393/2007 des [X.] und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil-
oder Han-12
-

8

-

delssachen in den Mitgliedstaaten ("Zustellung von Schriftstücken") und zur Aufhebung der Verordnung ([X.]) Nr. 1348/2000 ([X.]. 2007 L 324, S.
79; im Folgenden: [X.]) ansässigen Zustellungsadressaten erlaubt, ist im Streitfall weder durch völkerrechtliche Vereinbarungen ausgeschlossen noch verletzt sie Verfahrensgrundrechte der Beklagten oder verstößt gegen Art.
6 Abs.
1 [X.]. Zur Frage, auf deren Klärungsbedürftigkeit die Zulassung der Revision gestützt worden ist, ob -
wie im Streitfall
-
der Vorsitzende der zuständigen Kammer
oder der Spruchkörper die Anordnung nach §
184 Abs.
1 ZPO zu treffen habe, hat sich der erkennende Senat zwischenzeitlich in mehreren Urteilen gegen die Beklagte umfassend geäußert (vgl. Urteile vom 25. September 2012 -
VI
ZR 230/11 und -
VI
ZR 287/11, juris; vom 18. September 2012 -
VI
ZR 225/11, juris (insoweit nicht in [X.]); vom 26. Juni 2012 -
VI
ZR 241/11, [X.], 1499; vom 3. Juli 2012 -
VI
ZR 227/11 und -
VI
ZR 239/11 sowie vom 17. Juli 2012 -
VI
ZR 222/11, -
VI
ZR 226/11 und -
VI
ZR 288/11, juris). Insoweit wird auf die entsprechenden Ausführungen in den Urteilsgründen (so -
VI
ZR 226/11, juris Rn.
14 bis 22
und -
VI
ZR 288/11, juris Rn.
18 bis 27, vom 18. September 2012 -
VI
ZR 223/11) zur Vermeidung gleichlautender Wiederholungen Bezug ge-nommen.
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, dass das [X.] gemäß §
184 Abs.
2 Satz
1 ZPO als am 15.
September
2010 [X.] gilt.
a) Die für den Eintritt der [X.] erforderliche Aufgabe zur Post unter der Anschrift der [X.] ist durch den Zustellungsvermerk der Ur-kundsbeamtin der Geschäftsstelle bewiesen. Der Zustellungsvermerk nach §
184 Abs.
2 Satz
4 ZPO, in dem die Zeit und die Anschrift, unter der das Schriftstück zur Post gegeben wurde, zu vermerken ist, ersetzt die [X.] gemäß §
182 ZPO ([X.], Beschluss vom 13.
Juni 2001 -
V
ZB 20/01,
13
14
-

9

-

VersR 2003, 345). Ebenso wie die [X.] (vgl. BT-Drucks. 14/4554, S.
15) ist der Vermerk aber keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Zustellung, sondern dient lediglich deren Nachweis (vgl. [X.], Urteil vom 26.
September 2011 -
5
U 166/10, juris Rn.
54; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 3.
Aufl., §
184 Rn.
45; [X.] in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
184 Rn.
17; [X.]/Stöber, ZPO, 29.
Aufl., §
184 Rn.
9). Der [X.] muss das Schriftstück nicht selbst zur Post aufgeben; es reicht aus, wenn er aufgrund einer Erklärung des [X.] oder eines sonstigen Gehil-fen, der das Schriftstück zur Post aufgegeben hat, das Datum der Aufgabe und die Anschrift des Empfängers des Schriftstücks beurkundet (vgl. [X.], Urteil vom 15.
Januar 1953 -
IV
ZR 180/52, [X.]Z 8, 314, 315; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 3.
Aufl., §
184 Rn.
47; [X.] in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
184 Rn.
18). Er darf den Vermerk nachträglich anfertigen, sofern er die [X.] übernimmt. Unerheblich ist, ob zwischenzeitlich ein Rechtsmittel eingelegt worden ist, dessen Erfolg durch den Vermerk berührt wird (vgl. [X.], Beschlüsse vom 14.
Oktober 1982 -
III
ZB 23/82, [X.], 60; vom 24.
Juli 2000 -
II
ZB 20/99, [X.], 1050; [X.]/[X.], 4.
Aufl., §
184 Rn.
14; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 3.
Aufl., §
184 Rn.
49; [X.] in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
184 Rn.
18; Zöl-ler/Stöber, ZPO, 29.
Aufl., §
184 Rn.
12). Auch ist unschädlich, dass es sich nicht um ein und dieselbe Urkundsbeamtin handelte, die dem Leiter der Wachtmeisterei das Schriftstück zum Zwecke der Zustellung durch Aufgabe zur Post zugeleitet und die den Vermerk über die Aufgabe zur Post beurkundet hat
(Senat, Urteil vom 18. September 2012 -
VI
ZR 225/11, [X.] 2012, 1306
Rn.
15).
Nach diesen Grundsätzen ist im Streitfall die Tatsache der Aufgabe einer vollstreckbaren Ausfertigung des Versäumnisurteils vom 31. August 2010 zur Post
unter der Anschrift der Beklagten, an welche die [X.] [X.]
-

10

-

knüpft ist, durch die
Vermerke
der Urkundsbeamtinnen D. und
[X.] erwiesen.
Dass auch [X.] Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist, ergibt sich -
entgegen der Bedenken der Revision
-
zweifelsfrei aus dem in den Gerichtsakten enthal-tenen Schreiben der Geschäftsstelle des [X.]
an das Berufungsgericht
vom 15. November 2011, das auf der Anordnung durch [X.] als der bei der [X.] tätigen [X.] beruht. Auf der Grundlage der akten-mäßigen Niederlegung des Gangs der Zustellung konnte die Urkundsbeamtin [X.] den Beurkundungsvermerk fertigen, obwohl sie selbst die Briefsendung an die Beklagte nicht der Wachtmeisterei zur Aufgabe zur Post zugeleitet hatte. Mit der Beurkundung hat die Urkundsbeamtin die Verantwortung für die Erklärung übernommen. Dass sie den Vermerk unter dem Datum des 1. September 2010 nachgeholt hat, berührt dessen Beweiskraft nicht, weil der Vermerk nicht datiert zu sein braucht (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Oktober 1982 -
III
ZB 23/82, [X.], 60; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 3.
Aufl., §
184 Rn.
46; [X.] in [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
184 Rn.
18). Aus dem unterzeichneten Ver-merk des das Schriftstück aufgebenden [X.]
ergibt sich, dass eine Ausfertigung des Versäumnisurteils am 1. September 2010 unter der An-schrift der Beklagten
zur Post aufgegeben worden ist.
Dieser Vorgang wird durch die Urkundsbeamtin, die aufgrund des Vermerks die Verantwortung für diese Erklärung übernimmt, beurkundet.
b) Erfolglos macht die
Revision
geltend, es sei mangels eines [X.] davon auszugehen, dass
nur eine Abschrift und nicht eine Aus-fertigung des in vollständiger Form abgefassten Versäumnisurteils am 1. Sep-tember 2010
zur Post gegeben worden sei. In der die
Zustellung des Urteils an die [X.]en anordnenden
Verfügung vom 31. August 2010
wurde angeordnet, dass
eine Ausfertigung des Urteils an die Beklagte zu übersenden ist. Auch wird in dem von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle D. beurkundeten Vermerk über die Zuleitung der Briefsendung
an die Wachtmeisterei zur [X.]
-

11

-

be zur Post als deren Inhalt angegeben: "

".
Dass stattdessen lediglich eine Urteilsabschrift übermittelt worden wäre, folgt nicht schon aus dem
von der Revision angeführten
Umstand, dass sich ein Ur-teil
mit einem entsprechenden Ausfertigungsvermerk
nicht in den Akten befinde, wohingegen dies für die förmliche Zustellung der Fall sei. Da die vollstreckbare Ausfertigung der Beklagten übersandt worden ist, fehlt in den Akten lediglich die Niederlegung des Vermerks,
dass von der in den Akten verbliebenen Urschrift des Urteils eine Ausfertigung erteilt worden ist. Dadurch wird aber noch nicht widerlegt, dass eine Urteilsausfertigung übersandt worden ist. Der Beklagten hätte es allerdings zum Beweis ihrer Behauptung frei gestanden, die ihr
im Sep-tember 2010 zugegangene angebliche Urteilsabschrift vorzulegen.
4. Die erneute förmliche Zustellung am 4.
Juni
2011
vermag die bereits im September
2010 eingetretene Rechtskraft des Versäumnisurteils nicht zu durchbrechen. Die Anordnung der erneuten Zustellung lässt die Wirkung der zuvor erfolgten Zustellung gemäß §
184 Abs.
2 Satz 1 ZPO unberührt; sie setzt eine Frist nicht nochmals in Lauf (vgl. [X.], Beschlüsse vom 20.
Oktober 2005 -
IX
ZB 147/01, NJW-RR 2006, 563, 564; vom 20.
November 2006 -
NotZ
35/06, juris Rn.
7; Urteil vom 15.
Dezember 2010 -
XII
ZR 27/09, [X.], 522 Rn.
20; [X.], NJW-RR 2011, 1631, 1632; [X.], Ur-teile vom 10.
August 2011 -
I-8
U 3/11, juris Rn.
40 und -
8
U 31/11, NJW-RR 2012, 62, 64).
5. Der Beklagten
ist auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §
233 ZPO zu gewähren. Sie hat keine die Wiedereinsetzung begrün-denden Tatsachen vorgetragen. Solche sind auch nicht in der [X.], dass von Amts wegen Wiedereinsetzung gemäß §
236 Abs.
2 Satz
2 Halb-satz
2 ZPO gewährt werden müsste (vgl. [X.], Beschluss vom 8.
Dezember 2010 -
XII
ZB 334/10, NJW-RR 2011, 568 Rn.
6
f.).
17
18
-

12

-

Zwar kann grundsätzlich ein die Wiedereinsetzung hinderndes [X.] nicht bereits aus dem Verstoß gegen die Anordnung, einen Zustellungsbe-vollmächtigten zu benennen, hergeleitet werden ([X.], Beschluss vom 24. Juli 2000 -
II
ZB 20/99, [X.], 1050). Mit dem im [X.] wurzeln-den Grundsatz des fairen Verfahrens wäre es unvereinbar, einer im Ausland wohnenden [X.], die ein nach §
184 Abs.
2 Satz 1 ZPO als zugestellt gelten-des Versäumnisurteil wegen Verlustes auf dem Postweg überhaupt nicht erhält, den Rechtsbehelf des Einspruchs endgültig allein deshalb abzuschneiden, weil sie keinen Zustellungsbevollmächtigten benannt hat (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Juli 2000 -
II
ZB 20/99, aaO; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 3.
Aufl., §
233 Rn.
40). So liegt der Fall allerdings hier nicht.
Die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheidet zum einen mangels eines Wiedereinsetzungsantrags aus, weil der Prozessbe-vollmächtigte der Beklagten stets die Auffassung vertreten hat, die Zustellung durch Aufgabe zur Post sei aus Rechtsgründen unwirksam und der Einspruch rechtzeitig eingelegt (vgl. [X.], Beschluss vom 24. September 1952 -
III
ZB 13/52, [X.]Z 7, 194, 198). Die Regelung in §
236 Abs.
2 Satz
1 ZPO erfordert außerdem, dass alle Tatsachen, die für die Gewährung der Wiedereinsetzung erforderlich sind, innerhalb der [X.] vorgetragen werden (Senatsbeschlüsse vom 29.
Januar 2002 -
VI
ZB 28/01, juris Rn.
4; vom 13.
November 2007 -
VI
ZB 19/07, juris Rn.
6; [X.], Beschluss vom 19.
April 2011 -
XI
ZB 4/10, NJW-RR 2011, 1284 Rn.
7). Solche Tatsachen sind nicht gegeben. Die Wiedereinsetzung kann nicht deshalb gewährt werden, weil -
worauf die Revision hinweist
-
die Zustellung
des Urteils
am 15.
September 2010 nicht mit einer Übersetzung der Entscheidung verbunden war. Die [X.] war über den Inhalt des Rechtsstreits informiert. Trotz Kenntnis der gegen sie rechtshängigen Klage und der Hinweise des Gerichts auf die Folgen bei Nicht-benennung eines Zustellungsbevollmächtigten
ist die Beklagte
19
20
-

13

-

aber nach dem nicht zweifelhaften Zugang des Versäumnisurteils untätig ge-blieben.
[X.]
Zoll
[X.]

[X.]
von Pentz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 07.07.2011 -
22 O 621/09 -

O[X.], Entscheidung vom 16.01.2012 -
18 [X.] -

Meta

VI ZR 100/12

15.01.2013

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.01.2013, Az. VI ZR 100/12 (REWIS RS 2013, 9044)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 9044

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