Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.10.2016, Az. XII ZB 387/16

12. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 3764

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Gegenstand

Betreuungssache: Betreuungsvoraussetzungen bei Einrichtung und Fortsetzung einer Betreuung


Leitsatz

Sowohl bei der Einrichtung als auch bei der Fortsetzung einer Betreuung müssen die gesetzlichen Betreuungsvoraussetzungen vorliegen.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des [X.] vom 9. Mai 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.

[X.]: 5.000 €

Gründe

I.

1

Das Amtsgericht hatte im September 2013 eine Betreuung für den 41jährigen Betroffenen eingerichtet und den Beteiligten zu 3 zum Berufsbetreuer bestellt. Durch Beschluss vom 24. März 2015 hat das Amtsgericht die Betreuung aufgehoben, weil deren Voraussetzungen weggefallen seien; der Betroffene sei nach übereinstimmender Auffassung aller Beteiligten wieder in der Lage, seine Angelegenheiten selbst oder mit anderweitiger Hilfe wahrzunehmen.

2

Hiergegen hat der Betreuer wegen kurzfristig veränderter Umstände - der Betroffene befand sich nunmehr auf einer geschlossenen psychiatrischen Station - im eigenen Namen Beschwerde eingelegt. Der Beschwerde hat das Amtsgericht abgeholfen, indem es am 16. April 2015 beschlossen hat, dass "die Aufhebung der Betreuung ... rückgängig gemacht" werde; sie werde deshalb bis zu einer Überprüfung, die spätestens bis zum 5. September 2015 stattzufinden habe, unverändert fortgesetzt. Hiergegen hat der Betroffene Beschwerde eingelegt, die das [X.] zurückgewiesen hat. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].

4

1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Das Amtsgericht habe den Beschluss über die Aufhebung der für den Betroffenen bestehenden Betreuung auf die Beschwerde des Betreuers zu Recht wieder rückgängig gemacht. Mit der Einweisung des Betroffenen in die geschlossene Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses aufgrund auffälligen Verhaltens im Straßenverkehr und ihm drohender diverser belastender Verwaltungsentscheidungen seien Umstände eingetreten, die begründete Zweifel aufkommen ließen, ob die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Betreuung vorlägen. Auch das [X.] des Betroffenen wecke Zweifel daran, ob er in der Lage sei, seine aktuelle Situation [X.] zu erfassen und danach zu handeln. Die jüngste gesundheitliche Entwicklung des Betroffenen begründe einen "sorgfältigen Überprüfungsbedarf" hinsichtlich der Fortsetzung der Betreuung.

5

2. Die angefochtene Entscheidung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde schon deswegen nicht stand, weil die Voraussetzungen für eine weitere Betreuung des Betroffenen nicht festgestellt sind.

6

a) Bei der Einrichtung oder Fortsetzung einer Betreuung müssen die gesetzlichen Betreuungsvoraussetzungen vorliegen. Das ist in der angefochtenen Entscheidung nicht festgestellt. Diese beschränkt sich auf das Erheben von Zweifeln daran, ob die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Betreuung vorliegen, und ob der Betroffene in der Lage ist, seine aktuelle Situation [X.] zu erfassen und danach zu handeln. Weder enthält der angefochtene Beschluss konkrete Feststellungen zum Vorliegen der Betreuungsvoraussetzungen (§ 1896 Abs. 1 BGB) noch zur Fähigkeit des Betroffenen zur freien Willensbildung (§ 1896 Abs. 1a BGB) oder zum fortbestehenden Betreuungsbedarf (§ 1896 Abs. 2 BGB).

7

b) Es kann deshalb, nachdem die vom Betreuer im eigenen Namen eingelegte Beschwerde unzulässig war (vgl. [X.]sbeschlüsse vom 4. Dezember 2013 - [X.] 333/13 - FamRZ 2014, 470 Rn. 5 mwN und vom 5. November 2014 - [X.] 117/14 - FamRZ 2015, 249 Rn. 6 ff.), dahinstehen, ob das Amtsgericht zu einer Abhilfeentscheidung befugt war (so [X.]/Sternal FamFG 18. Aufl. § 68 Rn. 9 b; [X.]/Weinreich/[X.] FamFG 5. Aufl. § 68 Rn. 5 f.; [X.]/[X.]/[X.] FamFG 12. Aufl. § 68 Rn. 2; a.[X.]/[X.]/[X.] FamFG 3. Aufl. § 68 Rn. 6, 14; Bahrenfuss/[X.] FamFG 2. Aufl. § 68 Rn. 4; MünchKommFamFG/[X.] 2. Aufl. § 68 Rn. 12), oder ob die unzulässige Beschwerde nur zum Anlass genommen werden durfte, von Amts wegen ein neues Betreuungsverfahren einzuleiten und die Notwendigkeit einer Betreuung unter Wahrung der Verfahrensgarantien wie Anhörung des Betroffenen (§ 278 FamFG) und Einholung eines Sachverständigengutachtens (§ 280 FamFG) erneut zu prüfen.

8

3. Der angefochtene Beschluss hat daher keinen Bestand. Der [X.] kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da er die noch erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen kann.

Dose                            [X.]

              [X.]

Meta

XII ZB 387/16

19.10.2016

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Dresden, 9. Mai 2016, Az: 2 T 408/15

§ 1896 Abs 1 BGB, § 1896 Abs 1a BGB, § 1896 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.10.2016, Az. XII ZB 387/16 (REWIS RS 2016, 3764)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3764

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