Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.01.2024, Az. 4 StR 342/23

4. Strafsenat | REWIS RS 2024, 740

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Tenor

Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 27. April 2023 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass die Angeklagte unter Freisprechung im Übrigen wegen Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei tateinheitlich zusammentreffenden Fällen und in weiteren vier Fällen sowie wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt ist.

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat die Angeklagte ausweislich der Sitzungsniederschrift unter Freisprechung im Übrigen wegen Anstiftung zur Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei tateinheitlich [X.] Fällen und in weiteren vier Fällen sowie wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren und sechs Monaten verurteilt. Ferner hat es [X.] getroffen. Durch einen Berichtigungsbeschluss vom 7. Juni 2023 hat das [X.] den Tenor des angefochtenen Urteils auf die gleiche Formel gebracht, wie sie der [X.] nunmehr gefasst hat. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision der Angeklagten hat – abgesehen von der Berichtigungsmaßnahme – keinen Erfolg (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Die auf die Sachrüge veranlasste Überprüfung des Urteils führt zur Berichtigung der protokollierten Urteilsformel durch den [X.].

3

a) Der Beschluss des [X.]s vom 7. Juni 2023, mit dem es für die Fälle [X.]) bis [X.]) der Urteilsgründe den Schuldspruch von Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auf Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (in zwei tateinheitlich [X.] Fällen und in weiteren vier Fällen) berichtigt hat, ist unzulässig und damit unwirksam.

4

aa) Eine Berichtigung der Urteilsformel nach Abschluss der mündlichen Urteilsverkündung kommt nur bei einem offensichtlichen Schreib- bzw. [X.] in Betracht (vgl. [X.], Beschluss vom 11. November 2020 – 2 StR 48/20 Rn. 4 mwN). Insbesondere in Ansehung der überragenden Bedeutung der Urteilsformel, die – anders als die schriftlichen Urteilsgründe – bei Verkündung schriftlich vorliegen muss, ist bei einer Berichtigung der Urteilsformel ein strenger Maßstab anzulegen (vgl. [X.], Urteil vom 8. November 2017 – 2 [X.] Rn. 18). Ein der Berichtigung zugängliches offensichtliches [X.] kann nur angenommen werden, wenn sich der Fehler ohne Weiteres aus solchen Tatsachen ergibt, die für alle Verfahrensbeteiligten – auch ohne Berichtigung – klar zu Tage liegen, und der auch nur entfernte Verdacht einer späteren inhaltlichen Änderung des verkündeten Urteils ausgeschlossen ist; die Berichtigung also lediglich dazu dient, die äußere Übereinstimmung der Urteilsformel mit der tatsächlich beschlossenen herzustellen (vgl. [X.], Beschluss vom 14. März 2023 – 2 StR 265/22 Rn. 8).

5

bb) Gemessen hieran lagen die Voraussetzungen für die vom [X.] vorgenommene Berichtigung der Urteilsformel nicht vor. Die ausweislich der Sitzungsniederschrift verkündete Urteilsformel lässt einen offensichtlichen Fehler oder eine sonstige offensichtliche Unrichtigkeit bei der Bezeichnung der Straftatbestände nicht erkennen. Die Sitzungsniederschrift weist unter der Urteilsformel keine Liste der angewendeten Vorschriften aus (§ 260 Abs. 5 StPO), die ggf. einen Rückschluss auf die Anwendung des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG ermöglicht hätte (vgl. [X.], Beschluss vom 11. November 2020 – 2 StR 48/20 Rn. 5). Der [X.] vermag daher nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen, dass das Auseinanderfallen von Schuldspruch und Urteilsgründen auf einem bloßen [X.] beruht.

6

b) Der [X.] hat die protokollierte Urteilsformel wie aus der [X.] ersichtlich berichtigt. Zwar führt die Unwirksamkeit der Berichtigung des Urteilstenors durch das [X.] dazu, dass der Berichtigungsbeschluss im Revisionsverfahren unbeachtlich und maßgeblich allein die protokollierte Urteilsformel ist (vgl. [X.], Beschluss vom 14. März 2023 – 2 StR 265/22 Rn. 15 mwN). Einer Aufhebung des angefochtenen Urteils bedarf es im vorliegenden Fall jedoch nicht, weil die erschöpfenden tatsächlichen Feststellungen zu den Taten [X.]) bis [X.]) der Urteilsgründe einwandfrei den Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in zwei tateinheitlich [X.] und in vier weiteren Fällen ausweisen. Unter diesen Umständen besteht kein Hinderungsgrund, das Urteil von hier aus zu berichtigten.

7

2. Die Einzelstrafen und der Ausspruch über die Gesamtstrafe können bestehen bleiben. Denn der Irrtum des [X.]s über die Zulässigkeit des [X.] kann keinen Einfluss auf das Strafmaß gehabt haben. Wie sich aus den Urteilsgründen selbst ergibt, hat das [X.] in den Fällen [X.]) bis [X.]) der Urteilsgründe die Einzelstrafen nach Ablehnung von minder schweren Fällen ausdrücklich dem Strafrahmen des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge gemäß § 29a Abs. 1 BtMG entnommen.

8

3. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils keinen die Angeklagte [X.] Rechtsfehler ergeben.

[X.]     

      

Bartel     

      

Rommel

      

Maatsch     

      

Marks     

      

Meta

4 StR 342/23

16.01.2024

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Dortmund, 27. April 2023, Az: 37 KLs 3/23

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.01.2024, Az. 4 StR 342/23 (REWIS RS 2024, 740)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 740

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 StR 61/23 (Bundesgerichtshof)

Handlungseinheit bei der Beihilfe zum bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäubungsmitteln; Voraussetzungen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt


3 StR 131/12 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Mengenzurechnung und Mittäterschaft bei Bildung einer Einkaufsgemeinschaft


3 StR 487/16 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Bewertungseinheit bei Besitz mehrerer verschiedenartiger Rauschgiftmengen; tateinheitlicher Besitz von Rauschgiftteilmengen


4 StR 318/23 (Bundesgerichtshof)


5 StR 78/23 (Bundesgerichtshof)

Inverkehrbringen von Betäubungsmitteln als Strafschärfungsgrund


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 StR 265/22

2 StR 542/16

2 StR 48/20

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.