Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.07.2012, Az. 28 W (pat) 507/11

28. Senat | REWIS RS 2012, 4535

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "piktogrammartige Darstellung eines Fisches mit dunkelblauen Umrisslinien – eingebunden in einen weißen Kreis (Bildmarke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 009 319.6

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juli 2012 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.] und [X.] am [X.]

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das farbige (hellblau, dunkelblau, weiß) Bildzeichen 30 2010 009 319.6

Abbildung

2

ist am 15. Februar 2010 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für verschiedene Waren der Klassen 5, 29 und 30 angemeldet worden.

3

Mit Beschluss vom 16. November 2010 hat die Markenstelle für Klasse 29 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft teilweise zurückgewiesen, und zwar für die Waren der

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Klasse 5: aus tierischen Produkten gewonnene Eiweißpräparate für  medizinische Zwecke für die menschliche Ernährung; pharmazeutische Erzeugnisse; diätetische Erzeugnisse für Kinder und  Kranke für medizinische Zwecke; Babykost;

5

Klasse 29: aus tierischen Produkten gewonnene Eiweißpräparate für die  menschliche Ernährung; Fisch; Fischextrakte; Fertiggerichte und  Halbfertiggerichte, im Wesentlichen aus Fisch; Suppen; Fisch- Konserven und [X.]; Speiseöle und -fette; alle vorgenannten  Waren auch als Tiefkühlkost; alle vorgenannten Waren auch für  Diätzwecke und diätetische Zwecke, nicht für medizinische Zwecke;  diätetische Lebensmittel und/oder Nahrungsergänzungsmittel für  nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen und/oder  Fetten, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in  Klasse 29 enthalten.

6

Zur Begründung hat sie ausgeführt, bei dem angemeldeten Bildzeichen handle es sich insgesamt um eine einfache, werbeübliche und piktogrammartige zeichnerische Darstellung, bei der sich der Aussagegehalt „Fisch“ ohne weiteres Nachdenken erschließe. Im Zusammenhang mit den zurückgewiesenen Waren enthalte das Anmeldezeichen daher eine im Vordergrund stehende beschreibende Aussage. So würden die angesprochenen Verkehrskreise dem angemeldeten Zeichen in Bezug auf die Waren „Fisch; Fischextrakte; Fertiggerichte und Halbfertiggerichte, im Wesentlichen aus Fisch; Fisch-Konserven und [X.]; alle vorgenannten Waren auch als Tiefkühlkost; alle vorgenannten Waren auch für Diätzwecke und diätetische Zwecke, nicht für medizinische Zwecke“ entnehmen, dass diese Fische oder deren Bestandteile enthielten. Auch die beanspruchten Oberbegriffe „aus tierischen Produkten gewonnene Eiweißpräparate für die menschliche Ernährung; Suppen; Speiseöle und -fette; diätetische Lebensmittel und/oder Nahrungsergänzungsmittel für nicht medizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen und/oder Fetten, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 29 enthalten“ seien von der Eintragung auszuschließen, da einzelne, unter den jeweiligen Oberbegriff fallende Waren Fisch enthalten könnten. Entsprechendes gelte für die zurückgewiesenen Waren der Klasse 5, nämlich „aus tierischen Produkten gewonnene Eiweißpräparate für medizinische Zwecke für die menschliche Ernährung; pharmazeutische Erzeugnisse; diätetische Erzeugnisse für Kinder und Kranke für medizinische Zwecke; Babykost“, welche ausweislich der [X.] des [X.] aus Fischöl, Fischeiweiß bzw. [X.] bestehen bzw. solche Zutaten enthalten könnten (vgl. Anlagen zum o. g. Beschluss, [X.]. 47 – 53 VA). Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen eigne sich das Bildzeichen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis. Auch die Berufung der Anmelderin auf eine Vielzahl ihrer Erachtens vergleichbarer Voreintragungen von (Wort-)Bildmarken mit [X.] rechtfertige keine abweichende Beurteilung, zumal viele dieser Eintragungen bereits aus dem Jahre 2002 oder aus der [X.] davor stammten. Abgesehen davon verfügten viele der vorgehaltenen Marken – anders als das Anmeldezeichen - über eine hochgradige Stilisierung, aufgrund derer diesen zweifellos ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft zugebilligt werden könne.

7

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,

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den versagenden Teil des Beschlusses des [X.]s, Markenstelle für Klasse 29, vom 16. November 2010 aufzuheben.

9

AbbildungAbbildung

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist unbegründet.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden ([X.] 2012, 19, Rdnr. 8 - Link economy; [X.], 1100, Rdnr. 10 - [X.]!; [X.], 825, 826, Rdnr. 13 - [X.]; [X.], 850, 854, Rdnr. 18 - [X.]). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. [X.] [X.], 411, 412, Rdnr. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.], 943, 944, Rdnr. 24 - [X.] 2; [X.] - [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. [X.] [X.], 428, 431 Rdnr. [X.]; [X.], 1151, 1152 - marktfrisch; [X.] 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).

Die Unterscheidungskraft von Bildmarken bemisst sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Soweit die Elemente eines Bildzeichens nur die typischen Merkmale der in Rede stehenden Waren darstellen bzw. die beanspruchten Waren inhaltlich beschreiben und/oder sich in einfachen dekorativen Gestaltungsmitteln erschöpfen, an die sich der Verkehr etwa durch häufige Verwendung gewöhnt hat, wird einem Zeichen im Allgemeinen wegen seines bloß beschreibenden Inhalts die konkrete Eignung fehlen, die mit ihm gekennzeichneten Waren von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden. Weist das in Rede stehende Zeichen dagegen nicht nur die Darstellung von Merkmalen, die für die Ware typisch bzw. beschreibend oder lediglich von dekorativer Art sind, sondern darüber hinausgehende charakteristische Merkmale auf, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht, so kann die Unterscheidungskraft nicht verneint werden ([X.], 158 Rdnr. 8 – [X.]; [X.], 257, 258 – Bürogebäude; [X.], 683, 684 - Farbige Arzneimittelkapsel; [X.], 239, 240 – Zahnpastastrang; [X.], 1153 - antiKalk).

Nach diesen Grundsätzen verfügt das angemeldete Bildzeichen nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft, da es für die beschwerdegegenständlichen Waren lediglich eine bildliche Sachangabe darstellt, von der auch die gewählten grafischen Gestaltungselemente nicht wegführen.

Das verfahrensgegenständliche Zeichen zeigt die piktogrammartige Darstellung eines Fisches mit dunkelblauen Umrisslinien, der in einen weißen Kreis eingebunden wurde. Trotz einer gewissen zeichnerischen Vereinfachung sind die wesentlichen Merkmale eines Fisches, nämlich Schwanzflosse, Kiemenspalte und Auge deutlich zu erkennen. Der Aussagegehalt „Fisch“ ist für das angesprochene Publikum daher ohne Weiteres erkennbar. Den gezeichneten Fisch umgeben zwei konzentrische, dunkelblaue Kreisbögen, wobei die dazwischen liegende Fläche hellblau ausgestaltet wurde, weshalb sie wie eine breite Umrahmung wirkt. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin vermittelt diese nicht den Eindruck eines Rettungsrings, da ein solcher regelmäßig wegen der Signalwirkung in den Farben rot/weiß gehalten ist.

Die vom [X.] im Termin zur mündlichen Verhandlung überreichten [X.] zeigen beispielhaft, dass die Verwendung der Farben (Hell-) [X.]au und [X.] im Zusammenhang mit Fischen bzw. Fischprodukten wegen des Bezugs zum Wasser bzw. Meer durchaus gängig und werbeüblich ist (vgl. Anlagen 2, 6 b, 6 c zum Protokoll vom 18. Juli 2012). Auch eine kreisförmige Umrahmung zählt zu den gebräuchlichen und bekannten Mitteln der Hervorhebung ([X.] (pat) 135/05 - [X.]; 26 W (pat) 157/05 - [X.]; 26 W (pat) 186/03 - [X.] [X.]; 24 W (pat) 273/03 - [X.]; 24 W (pat) 180/02 - [X.]; 25 W (pat) 234/01 - BEST FOOD CATERING). In der gewählten Ausgestaltung der Umrahmung - zwei konzentrische, in hellblauer Farbe ausgefüllte Kreisbögen - ist noch kein prägnantes betriebskennzeichnendes Merkmal zu sehen. Der stilisierte Fisch ist in seiner Gestaltung stark an bereits geläufige Piktogramme angelehnt (vgl. [X.] des [X.], Anlagen 3 - 5 zum o. g. Protokoll). Abgesehen davon ist das Publikum an die vereinfachte und werbeübliche Darstellung von Fischen in der fraglichen Branche gewöhnt, wie die Mitglieder des [X.] als Angehörige der angesprochenen Verkehrskreise und aufgrund ihrer ständigen Befassung mit markenrechtlichen Verfahren wissen (vgl. hierzu auch die [X.] des [X.], Anlagen 6 - 8 zum o. g. Protokoll). Die farbige Ausgestaltung einer derartigen Darstellung begründet für sich gesehen noch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft, wenn sie – wie hier – den erkennbaren beschreibenden Aussagegehalt nicht nachhaltig verändert ([X.] 1997, 530, 531 – Rohrreiniger; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rdnr. 219 m. w. N.).

Auch die konkrete Zusammenstellung der oben aufgeführten verschiedenen Gestaltungsmittel, die für sich genommen jeweils einfach und werbeüblich sind, weist keine schutzbegründende Komplexität auf, die von dem beschreibenden Aussagegehalt der Abbildung wegführen würde. Insgesamt handelt es sich daher entsprechend den Feststellungen der Markenstelle um eine einfache, in ihrer beschreibenden Aussage unzweideutig erkennbare, versinnbildlichte zeichnerische Darstellung in werbeüblicher Gestaltung.

Hinsichtlich des im Vordergrund stehenden beschreibenden Aussagegehalts des angemeldeten Bildzeichens im Zusammenhang mit den beschwerdegegenständlichen Waren, die allesamt Fische oder deren Bestandteile enthalten können, wird auf die zutreffenden Ausführungen der Markenstelle im angefochtenen Beschluss samt der dort in Bezug genommenen Anlagen verwiesen. Dabei steht § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] einer Eintragung des [X.] auch dann entgegen, wenn zwar für einen Teil der unter die beanspruchten weiten Oberbegriffe fallende Waren die Unterscheidungskraft zu bejahen wäre, unter diese Oberbegriffe aber auch Waren – wie hier solche mit Fischen bzw. Fischbestandteilen – zu subsumieren sind, für welche das angemeldete Zeichen nicht unterscheidungskräftig ist ([X.], 261, 262 Rdnr. 13 [X.]; [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 8 Rdnr. 82 m. w. N.).

Da schon das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] vorliegt, kann aus Sicht des [X.] dahinstehen, ob das angemeldete Zeichen darüber hinaus für die fraglichen Waren freihaltungsbedürftig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ist.

3. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst. Weder war eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 82 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), noch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 82 Abs. 2 Nr. 2 [X.]). Der [X.] hat, wie ausgeführt, die Schutzfähigkeit des [X.] anhand der insoweit von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien beurteilt. Die Beschwerdeführerin hat auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht näher ausgeführt, zu welcher konkreten Rechtsfrage die Zulassung der Rechtbeschwerde angezeigt sein könnte.

Meta

28 W (pat) 507/11

18.07.2012

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.07.2012, Az. 28 W (pat) 507/11 (REWIS RS 2012, 4535)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4535

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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