Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2008, Az. IV ZR 325/07

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 474

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 325/07 Verkündet am:

3. Dezember 2008

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 -

Der IV. Zivilsenat des Bundes[X.]ichtshofes hat durch [X.], [X.], [X.], [X.] und Dr. [X.] auf die mündliche [X.] vom 3. Dezember 2008 für Recht erkannt: Auf die Revision des Klä[X.]s wird das Urteil des 7. Zi-vilsenats des Oberlandes[X.]ichts Köln vom 8. November 2007 aufgehoben und das Urteil der 20. Zivilkammer des Land[X.]ichts Köln vom 14. März 2007 geändert. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, bei der Berechnung der Startgutschrift des Klä[X.]s § 73 Abs. 2 Satz 4 [X.] anzuwenden. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Von Rechts wegen
Tatbestand:

[X.] Die beklagte Kirchliche Zusatzversorgungskasse ([X.]) hat die Aufgabe, Beschäftigten des kirchlichen und kirchlich-caritativen Dienstes in den Diözesen in der [X.] eine zusätzliche Al-ters-, [X.] und Hinterbliebenenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 24. Juni 2002 (Amtsblatt des [X.] 2002, [X.] ff.) hat die Beklagte ihr Zusatzversorgungssys-tem rückwirkend zum 31. Dezember 2001 ([X.]) [X.] - 3 -

stellt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertragsparteien des öffentli-chen Dienstes im Tarifvertrag Altersvorsorge vom 1. März 2002 ([X.]) vereinbart. Damit wurde das frühere endgehaltsbezogene Gesamtver-sorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell be-ruhendes [X.] ersetzt.
Die neue Satzung der Beklagten ([X.]) enthält [X.] zum Erhalt von bis zur Systemumstellung erworbenen [X.]. Diese werden wertmäßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften auf die neuen [X.] übertragen. Dabei werden Versicherte, deren Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, in [X.] und rentenferne Versicherte unterschie-den. [X.] ist, wer am 1. Januar 2002 das 55. Lebensjahr vollendet hatte und im Tarifgebiet West beschäftigt war oder [X.] in der Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997 vorweisen konn-te. Die Anwartschaften der [X.]n Versicherten werden weitgehend nach dem alten Satzungsrecht ermittelt und übertragen (§§ 72 Abs. 1 und 2, 73 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 [X.]), wohingegen sich die [X.] der rentenfernen Versicherten nach § 18 Abs. 2 [X.] be-rechnen (§§ 72 Abs. 1 und 2, 73 Abs. 1 Satz 1 [X.]). 2 Seit der Satzungsänderung vom 6. Oktober und 14. November 2003 (Amtsblatt des [X.] 2004, [X.] ff.), die auf dem [X.] zum [X.]/[X.] vom 12. März 2003 beruht, sieht die [X.] auch für schwerbehinderte Versicherte, die am 31. Dezember 2001 das 52. Lebensjahr vollendet hatten, unter den Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 Satz 4 [X.] eine Startgutschriftberechnung nach den für [X.] Versicherte geltenden Grundsätzen vor. § 73 Abs. 2 Satz 4 [X.] lautet: 3 - 4 -

Die Sätze 1 bis 3 gelten für Beschäftigte, die am 31. De-zember 2001 das 52. Lebensjahr vollendet haben und eine Rente für schwerbehinderte Menschen [X.] könnten, wenn sie zu diesem Zeitpunkt bereits das 60. Lebensjahr vollendet hätten, entsprechend mit der Maßgabe, dass an Stelle des 63. Lebensjahres das ent-sprechende, für sie individuell frühestmögliche Eintrittsal-ter in die abschlagsfreie Rente für schwerbehinderte Menschen maßgeblich ist.
Ein Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente für schwerbehinder-te Menschen setzte nach § 236a Abs. 4 Nr. 3 [X.] in der am [X.] geltenden Fassung insbesondere die Erfüllung einer War-tezeit voraus, die in den Fällen der von § 73 Abs. 2 Satz 4 [X.] betrof-fenen Versicherten 35 Jahre (420 Monate) betrug. Durch das [X.] ([X.] I 403) wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2002 die Höchstdauer der Anrechnungszeiten für schulische Ausbildung (§ 58 Abs. 1 Nr. 4 [X.]) von drei Jahren auf acht Jahre erhöht. 4 I[X.] Der am 9. August 1947 geborene und bei der Beklagten renten-berechtigte Klä[X.] ist spätestens seit dem 16. November 2000 schwer-behindert. Er begehrt von der Beklagten die Erteilung einer [X.] gemäß § 73 Abs. 2 Satz 4 [X.] nach den Grundsätzen für ren-tennahe Versicherte anstatt der erteilten Startgutschrift, die nach den Grundsätzen für rentenferne Versicherte berechnet wurde. 5 Von der Möglichkeit, für nicht an[X.]echnete Ausbildungszeiten freiwillige Nachzahlungen zu erbringen (§ 207 [X.]), machte der [X.] - 5 -

[X.] nach dem [X.] Gebrauch und zahlte für mindestens weitere 17 Monate Beiträge nach.
Der Klä[X.] behauptet, bis zum Ablauf des [X.]s in der gesetzlichen Rentenversicherung tatsächlich eine Wartezeit von 403 Monate zurückgelegt zu haben. Darüber hinaus habe er nach Vollendung seines 17. Lebensjahres mindestens weitere 35 Monate für schulische Ausbildung i.S. des § 58 Abs. 1 Nr. 4 [X.] verwendet, die in der Ren-tenauskunft der [X.] ([X.]) zum 31. Dezember 2001 wegen Überschreitung der [X.] nicht als Anrechnungszeiten berücksichtigt worden seien. 7 Der Klä[X.] ist der Auffassung, die erforderliche Wartezeit durch die Erweiterung der Anrechnungszeiten zum 1. Januar 2002 und die Nachzahlung erfüllt zu haben. Bei anderer, en[X.]er Auslegung des § 73 Abs. 2 Satz 4 [X.] wäre dieser unwirksam, soweit die Erfüllung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf gesetzliche Altersrente für schwerbehinderte Menschen bereits zum [X.] verlangt werde. 8 Die Beklagte geht dagegen davon aus, dass der Klä[X.] bis zum [X.] lediglich eine Wartezeit von 343 Monaten erfüllt [X.] habe. 9 Die Beklagte ist der Ansicht, die Voraussetzungen des § 79 Abs. 2 Satz 4 [X.] seien nicht erfüllt, da am 31. Dezember 2001 nach der zu diesem Zeitpunkt gültigen Rechtslage die Voraussetzungen eines ge-setzlichen Rentenanspruchs nicht vorgelegen hätten. 10 - 6 -

11 Land[X.]icht und Berufungs[X.]icht haben die Klage jeweils abge-wiesen. Mit der Revision verfolgt der Klä[X.] sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg. 12 [X.] Das Berufungs[X.]icht hat sich ausdrücklich der Auffassung des Oberlandes[X.]ichts Karlsruhe im Urteil vom 21. September 2006 (12 [X.]) das im Senatsurteil vom heutigen Tag im Verfahren IV ZR 251/06, ebenfalls Gegenstand der Überprüfung war, angeschlossen und [X.] entschieden, dass der Klä[X.] die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 Satz 4 [X.] nicht erfülle, da er am 31. Dezember 2001 noch keine Wartezeit von 420 Monaten erfüllt gehabt habe. Die nach dem [X.] erfolgte Nachzahlung ändere daran nichts, da es auf das tatsächliche Vorliegen der Voraussetzungen am [X.] an-komme. 13 I[X.] Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung - wie auch im Falle des genannten Urteils des Oberlandes[X.]ichts Karlsruhe durch Senatsurteil vom heutigen Tag im Verfahren IV ZR 251/06 entschieden - nicht stand. 14 1. Bei zutreffender Auslegung des § 73 Abs. 2 Satz 4 [X.] sind dessen Voraussetzungen erfüllt, wenn der Versicherte zum [X.] das 52. Lebensjahr vollendet hatte und spätestens zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen eines Anspruchs auf eine gesetzliche 15 - 7 -

Rente für schwerbehinderte Menschen einseitig hätte schaffen können - unterstellt, er hätte das Renteneintrittsalter bereits erreicht gehabt. Wie der Senat im Urteil vom heutigen Tag im Verfahren IV ZR 104/06 (zur [X.] vorgesehen) zu einer inhaltsgleichen Bestimmung in der Satzung der [X.] und der Länder ([X.]) er-kannt hat, setzt diese, am Maßstab des durchschnittlichen Versicherten entwickelte Auslegung insbesondere das Wartezeiterfordernis aus dem gesetzlichen Rentenversicherungsrecht in ein sach[X.]echtes Verhältnis zu dem in der Satzungsbestimmung vorausgesetzten Mindestlebensalter von 52 Jahren. Zudem wahrt sie die Vereinbarkeit der Bestimmung mit höherrangigem Recht, insbesondere dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Im Einzelnen wird auf die Ausführungen im genann-ten Senatsurteil verwiesen. Für die Auslegung der Satzung der [X.] gilt das dort Ausgeführte entsprechend.
Die Möglichkeit des Klä[X.]s, die Erfüllung der Wartezeit des § 236a Abs. 4 Nr. 3 [X.] am [X.] herbeizuführen, [X.] sich bereits aus der von der Beklagten vorgelegten Rentenauskunft der [X.] vom 27. August 2004. Diese weist für den Stichtag 31. Dezem-ber 2001 eine bereits erfüllte Wartezeit von 343 Monaten aus. Darüber hinaus weist die beigefügte Darstellung des Versicherungsverlaufs einen weiteren Zeitraum von 95 Monaten (1. August 1967 bis 26. Juni 1975) der Hochschulausbildung aus, der mit dem Vermerk "Höchstdauer über-schritten" nicht berücksichtigt wurde. Allein durch eine - nach § 207 Abs. 1 und 2 [X.] in der am 31. Dezember 2001 geltenden Fassung mögliche - Nachzahlung für diese 95 Monate hätte der Klä[X.] am [X.] eine Wartezeit von 438 Monaten erreichen können. 16 - 8 -

17 Nichts anderes ergibt sich aus dem vom Klä[X.] vorgelegten Be-scheid der [X.] vom 29. Dezember 2004. Die vorgenannten 95 weiteren Monate der schulischen Ausbildung finden sich - offenbar gekürzt um die seit dem 1. Januar 2002 erweiterten Anrechnungszeiten von fünf Jahren (60 Monate) - in der dort mitgeteilten Nachzahlungsmöglichkeit für 35 Monate (August 1972 bis Juni 1975) wieder. Dementsprechend weist die "Anlage 10" zu diesem Bescheid eine um diese 60 Monate erhöhte, be-reits erreichte Wartezeit von 403 Monaten aus.
2. Das Berufungsurteil ist auch nicht etwa deswegen im Ergebnis richtig, weil der Klä[X.] seine Einwendungen nicht innerhalb der [X.] von sechs Monaten nach Zugang der Mitteilung der [X.] (§ 72 Abs. 3 Satz 1 [X.]) geltend gemacht hat. Die [X.] wurde dem Klä[X.] zwar durch Schreiben der Beklagten vom 28. September 2002 mitgeteilt. § 73 Abs. 2 Satz 4 [X.] erhielt jedoch erst mit der Satzungsänderung vom 6. Oktober und 14. November 2003 eine Fassung, die den Klä[X.] vom Lebensalter her mit einbezog. Da der Klä[X.] seine Einwendungen, die er auf diese Bestimmung stützt, inner-halb der Ausschlussfrist somit noch nicht vorbringen konnte, kann sich die Beklagte auch nicht auf deren Verstreichen berufen. Eine weitere 18 - 9 -

Ausschlussfrist zur Geltendmachung von Einwendungen, die sich erst aus nach Mitteilung der Startgutschrift geänderten Bestimmungen der [X.] ergeben, ist dieser nicht zu entnehmen und auch sonst nicht er-sichtlich. [X.] [X.] [X.]

[X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 14.03.2007 - 20 O 57/06 - [X.], Entscheidung vom 08.11.2007 - 7 U 77/07 -

Meta

IV ZR 325/07

03.12.2008

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2008, Az. IV ZR 325/07 (REWIS RS 2008, 474)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 474

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.