Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2008, Az. IV ZR 105/06

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 484

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 105/06 Verkündet am:

3. Dezember 2008

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch [X.], [X.], [X.], [X.] und Dr. [X.] auf die mündliche [X.] vom 3. Dezember 2008 für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 10. März 2006 wird auf Kos-ten der Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen
Tatbestand:

[X.] Die beklagte [X.] und der Länder ([X.]) hat die Aufgabe, Angestellten und Arbeitern der an ihr beteiligten Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Wege privatrechtlicher Versi-cherung eine zusätzliche Alters-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebe-nenversorgung zu gewähren. Mit Neufassung ihrer Satzung vom 22. No-vember 2002 ([X.]. [X.] vom 3. Januar 2003) hat die Beklagte ihr [X.] rückwirkend zum 31. Dezember 2001 ([X.]) umgestellt. Den Systemwechsel hatten die Tarifvertrags-parteien des öffentlichen Dienstes im Tarifvertrag Altersversorgung vom 1. März 2002 ([X.]) vereinbart. Damit wurde das frühere - auf dem [X.] vom 4. November 1966 ([X.]) beruhen-de - endgehaltsbezogene Gesamtversorgungssystem aufgegeben und durch ein auf einem Punktemodell beruhendes Betriebsrentensystem er-setzt. 1 - 3 -

2 Die neue Satzung der Beklagten ([X.]S) enthält [X.] zum Erhalt von bis zur Systemumstellung erworbenen [X.]. Diese werden wertmäßig festgestellt und als so genannte Startgutschriften auf die neuen [X.] übertragen. Dabei werden Versicherte, deren Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, in [X.] und rentenferne Versicherte unterschie-den. [X.] ist, wer am 1. Januar 2002 das 55. Lebensjahr vollendet hatte und im Tarifgebiet West beschäftigt war bzw. dem Umlagesatz des [X.] unterfiel oder [X.] in der Zusatzversorgung vor dem 1. Januar 1997 vorweisen konnte. Die Anwartschaften der [X.]n Versicherten werden weitgehend nach dem alten Satzungsrecht ermittelt und übertragen (§§ 78 Abs. 1 und 2, 79 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 [X.]S), wohingegen sich die Anwartschaften der rentenfernen Versicherten nach § 18 Abs. 2 [X.] berechnen (§§ 78 Abs. 1 und 2, 79 Abs. 1 Satz 1 [X.]S). Seit der Satzungsänderung vom 26. Juni 2003 ([X.]. [X.]32 vom 19. Juli 2003), die auf dem [X.] zum [X.]/[X.]-K vom 12. März 2003 beruht, sieht die [X.]S auch für schwerbehinderte Versicherte, die am 31. Dezember 2001 das 52. Lebensjahr vollendet hatten, unter den Voraussetzungen des § 79 Abs. 2 Satz 4 [X.]S eine Startgutschriftberechnung nach den für [X.] Versicherte gelten-den Grundsätzen vor. § 79 Abs. 2 Satz 4 [X.]S lautet: 3 Die Sätze 1 bis 3 gelten für Beschäftigte, die am 31. De-zember 2001 das 52. Lebensjahr vollendet haben und eine Rente für schwerbehinderte Menschen [X.] könnten, wenn sie zu diesem Zeitpunkt bereits das 60. Lebensjahr vollendet hätten, entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des 63. Lebensjahres das entsprechende, für sie individuell frühestmögliche Ein-- 4 -

trittsalter in die abschlagsfreie Rente für schwerbehinder-te Menschen maßgeblich ist. Ein Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente für schwerbehinder-te Menschen setzte nach § 236a Abs. 4 Nr. 3 [X.] in der am [X.] geltenden Fassung insbesondere die Erfüllung einer War-tezeit voraus, die in den Fällen der von § 79 Abs. 2 Satz 4 [X.]S betrof-fenen Versicherten 35 Jahre (420 Monate) betrug. Durch das [X.] ([X.] I 403) wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2002 die Höchstdauer der Anrechnungszeiten für schulische Ausbildung (§ 58 Abs. 1 Nr. 4 [X.]) von drei Jahren auf acht Jahre erhöht. 4 I[X.] Der am 28. August 1948 geborene und bei der Beklagten [X.] ist spätestens seit dem 16. November 2000 schwerbehindert. Er begehrt von der Beklagten die Erteilung einer [X.] gemäß § 79 Abs. 2 Satz 4 [X.]S nach den Grundsätzen für [X.] Versicherte anstatt der erteilten Startgutschrift, die nach den Grundsätzen für rentenferne Versicherte berechnet wurde. 5 Bis zum Ablauf des [X.] legte der Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung 322 Monate an Beitragszeiten (§§ 54 Abs. 1 [X.], 55 [X.]) und weitere 33 Monate an Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit (§ 58 Abs. 1 Satz 1 [X.] bzw. Nr. 3 [X.]) zurück. Zudem verwendete er nach Vollendung seines 17. Lebensjahres mindestens 77 Monate für schulische Ausbildung i.S. des § 58 Abs. 1 Nr. 4 [X.], von denen in der Rentenauskunft der [X.] für Angestellte ([X.]) zum 31. Dezember 2001 wegen Überschreitung der [X.] von drei Jahren nur 6 - 5 -

35 Monate als Anrechungszeiten berücksichtigt wurden. Von der Mög-lichkeit, für nicht angerechnete Ausbildungszeiten freiwillige Nachzah-lungen zu erbringen (§ 207 [X.]), hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht.
Der Kläger ist der Auffassung, die erforderliche Wartezeit durch die Erweiterung der Anrechnungszeiten zum 1. Januar 2002 und die Möglichkeit der Nachzahlung erfüllt zu haben. Bei anderer, engerer Aus-legung des § 79 Abs. 2 Satz 4 [X.]S wäre dieser unwirksam, soweit die Erfüllung der Voraussetzungen eines Anspruchs auf gesetzliche Alters-rente für schwerbehinderte Menschen bereits zum [X.] verlangt werde. 7 Die Beklagte ist der Ansicht, die Voraussetzungen des § 79 Abs. 2 Satz 4 [X.]S seien nicht erfüllt, da am 31. Dezember 2001 nach der zu diesem Zeitpunkt gültigen Rechtslage die Voraussetzungen eines ge-setzlichen Rentenanspruchs nicht vorgelegen hätten. 8 Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat dagegen antragsgemäß festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, bei der Berechnung der Startgutschrift des Klägers § 79 Abs. 2 Satz 4 [X.]S n.F. anzuwenden. Die Beklagte begehrt Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. 9 Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg. 10 - 6 -

11 [X.] Das Berufungsgericht hat im Streitfall die Wartezeit des § 236a Abs. 4 Nr. 3 [X.] von 420 Monaten als erfüllt und damit § 79 Abs. 2 Satz 4 [X.]S als maßgeblich angesehen, weil die gesetzliche Altersrente des Klägers jedenfalls nach dem 1. Januar 2002 beginnen würde und daher auf die zu diesem Zeitpunkt erweiterte Höchstdauer der Anre-chungszeiten von acht Jahren (96 Monate) abzustellen sei (§ 58 Abs. 1 Nr. 4 [X.] in der ab dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung). Somit seien zu den Beitragszeiten und Anrechnungszeiten wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit die Monate, die in der Rentenauskunft der [X.] min-destens für schulische Ausbildung ausgewiesen seien, hinzuzurechen, weshalb der Kläger am 31. Dezember 2001 eine Wartezeit von [X.] 420 Monaten zurückgelegt gehabt habe.

I[X.] Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung nur im Ergebnis stand. Bei zutreffender Auslegung des § 79 Abs. 2 Satz 4 [X.]S sind dessen Voraussetzungen erfüllt, wenn der Versicherte zum [X.] das 52. Lebensjahr vollendet hatte und spätestens zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen eines Anspruchs auf eine gesetzliche Rente für schwerbehinderte Menschen einseitig hätte schaffen können - unterstellt, er hätte das Renteneintrittsalter bereits erreicht gehabt. Wie der Senat im Urteil vom heutigen Tag im Verfahren IV ZR 104/06 (zur Veröffentli-chung vorgesehen) erkannt hat, setzt diese, am Maßstab des durch-schnittlichen Versicherten entwickelte Auslegung insbesondere das [X.] aus dem gesetzlichen Rentenversicherungsrecht in ein sachgerechtes Verhältnis zu dem in § 79 Abs. 2 Satz 4 [X.]S vorausge-setzten Mindestlebensalter von 52 Jahren. Zudem wahrt sie die Verein-barkeit der Bestimmung mit höherrangigem Recht, insbesondere dem 12 - 7 -

Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Im Einzelnen wird auf die Ausführungen im genannten Senatsurteil verwiesen.
Der Kläger hatte die Möglichkeit, durch eine entsprechende [X.] nach § 207 [X.] seine Anrechnungszeiten für schulische Ausbildung so zu erhöhen, dass er bereits am 31. Dezember 2001 die Wartezeit des § 236a Abs. 4 Nr. 3 [X.] erfüllt gehabt hätte. Er hätte daher - das Erreichen des Renteneintrittsalters unterstellt - am [X.] die Voraussetzungen für eine gesetzliche Altersrente für schwerbehinderte Menschen schaffen und somit i.S. von § 79 Abs. 2 Satz 4 [X.]S beanspruchen können, weshalb seine Startgutschrift gemäß 13 - 8 -

dieser Bestimmung nach den für [X.] Versicherte geltenden Grundsätzen (§§ 78 Abs. 1 und 2, 79 Abs. 2 Sätze 1 bis 3 [X.]S) zu er-folgen hat. [X.] [X.] [X.]

[X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.05.2005 - 2 [X.] - [X.], Entscheidung vom 10.03.2006 - 6 S 23/05 -

Meta

IV ZR 105/06

03.12.2008

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.12.2008, Az. IV ZR 105/06 (REWIS RS 2008, 484)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 484

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