Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.03.2005, Az. V ZR 148/04

V. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 4671

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 4. März 2005 W i l m s, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

SachenRBerG § 7 Abs. 1 Bauliche Investitionen, die ein freischaffender Künstler aufgrund eines Pachtvertra-ges auf einem volkseigenen Grundstück vorgenommen hat, werden von § 7 Abs. 1 SachenRBerG nicht erfaßt.

[X.], [X.]. v. 4. März 2005 - [X.] - Brandenburgisches OLG

LG Potsdam
- 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2005 durch den Vizepräsidenten des [X.] Dr. [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das [X.]eil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 3. Juni 2004 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen Tatbestand:

Mit Vertrag vom 23. Februar/16. März 1979 pachtete der frühere Kläger zu 2, der nach Schluß der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] verstorben ist und dessen Alleinerbin die Klägerin ist, von dem damaligen Rechtsträger, dem Rat der Stadt [X.], das seinerzeit volkseigene [X.] [X.]in [X.] , das mit einer unter Denkmalschutz ste-henden Friedhofskapelle bebaut war. Der Pächter war nach dem [X.], die stark geschädigte Kapelle instand zu setzen, auszubauen und für seine Zwecke zu nutzen. Näheres regelte eine Vereinbarung vom 2. Juli 1979.

Mit ergänzendem [X.] trat die Klä-gerin dem Pachtvertrag auf seiten der Nutzer bei. Beide führten in den Jahren 1979 bis 1982 eine denkmalgerechte Sanierung durch und bauten die Kapelle - 3 - in ein Atelier mit Ausstellungs- und Verkaufsräumen für ihre Werke als Grafi-ker, Maler und Bildhauer aus. Hierfür wandten sie [X.] auf und wurden dabei in Höhe von [X.] vom Rat der Stadt aus Mitteln der Denkmalpflege unterstützt.

Nach einem mit der Stadt [X.]in einem Rechtsstreit am 4. August 1994 geschlossenen Vergleich wurde der Pachtvertrag bis Ende 2004 fortge-setzt. Die Beklagte ist aufgrund [X.] seit dem 20. August 1998 Eigentümerin des Grundstücks.

Die Kläger haben die Auffassung vertreten, ihnen stünden Ansprüche nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu. Das [X.] hat ihrer auf Feststellung der Anspruchsberechtigung gerichteten Klage stattgegeben, das [X.] hat sie abgewiesen. Mit der für beide Kläger eingelegten, von dem [X.] zugelassenen Revision wird die Wiederherstellung der landgerichtlichen Entscheidung angestrebt. Die Beklagte beantragt die Zu-rückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:
[X.]

Das Berufungsgericht verneint eine Anspruchsberechtigung nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz, weil die Kläger das Grundstück lediglich auf-grund Pachtvertrages genutzt hätten (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SachenRBerG) und eine nach § 7 SachenRBerG geschützte bauliche Investition nicht gegeben - 4 - sei (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a SachenRBerG). Zwar genüge die umfassende Renovierung der Friedhofskapelle den Anforderungen des § 12 Abs. 1 SachenRBerG; es fehle jedoch an den Voraussetzungen der von § 7 SachenRBerG geregelten Sachverhalte. Absatz 2 Nr. 6 der Norm greife nicht ein, weil die Kläger keiner gewerblichen oder handwerklichen Tätigkeit nach-gegangen seien, sondern sich künstlerisch betätigt hätten. Auf § 7 Abs. 1 SachenRBerG könne nicht zurückgegriffen werden, da hiervon rein schuld-rechtliche Nutzungsverhältnisse grundsätzlich nicht erfaßt würden. Erforderlich sei - und das fehle hier gerade -, daß nach dem Recht der [X.] eine über die vertragliche Regelung hinausgehende Sicherung der Rechtsposition des [X.] vorgesehen gewesen sei. Eine analoge Anwendung von § 7 Abs. 2 Nr. 6 SachenRBerG komme auch nicht in Betracht; private Handwerker und Gewer-betreibende seien vom Gesetzgeber bewußt begünstigt worden, Künstler und freiberuflich Tätige nicht. Diese Differenzierung, der sachliche Erwägungen zugrunde lägen, könne nicht durch eine entsprechende Anwendung der Norm aufgehoben werden.

I[X.]
Die Revision, die allein für die Klägerin eingelegt gilt, ist zulässig. Dem steht nicht entgegen, daß sie noch den früheren Kläger zu 2 mit als [X.] angibt. Zwar ist ein Rechtsmittel, das für eine nicht existente Partei eingelegt worden ist, grundsätzlich unzulässig (vgl. [X.] 146, 341, 357). Doch gilt es im Zweifel als für die Erben eingelegt ([X.] 121, 263, 265), legi-timiert durch die fortwirkende (§ 86 ZPO) vorinstanzliche Prozeßvollmacht, die - 5 - auch die Bevollmächtigung des [X.] deckt (vgl. [X.], [X.]. v. 8. November 1993, [X.], NJW 1994, 320 m.w.N.). So war es hier. - 6 - II[X.]
Das Rechtsmittel ist aber unbegründet.

Die Revision stellt nicht in Frage, daß die Voraussetzungen für eine un-mittelbare Anwendung des § 7 Abs. 2 Nr. 6 SachenRBerG nicht gegeben sind. Sie hält jedoch im konkreten Fall eine entsprechende Anwendung der Norm für geboten. Dem folgt der [X.] nicht.

1. Richtig ist, daß der Katalog des § 7 Abs. 2 SachenRBerG nicht er-schöpfend ist. Er enthält lediglich Regelbeispiele für eine der Sachenrechtsbe-reinigung unterfallende bauliche Nutzung fremder Grundstücke und versperrt daher nicht die Erfassung auch anderer Sachverhalte, und zwar über die als Auffangtatbestand ausgestaltete Regelung des Absatzes 1 (vgl. [X.], [X.] 134, 50, 53; [X.]. v. 25. September 1998, [X.] 166/97, Umdruck S. 5, nicht ver-öffentlicht). Es bedarf dann keiner Analogie zu einem der Regelbeispiele des Absatzes 2; andererseits liegt eine Anwendung des Absatzes 1 um so näher, je ähnlicher der nicht expressis verbis geregelte Sachverhalt einem der Regelbei-spiele ist.

2. Die Nutzung der Klägerin zu 1 und des verstorbenen früheren [X.] zu 2 wird von § 7 Abs. 1 SachenRBerG nicht geschützt.

a) Die Norm unterstellt der Sachenrechtsbereinigung bestimmte [X.] in bezug auf Grundstücke, die für land- oder forstwirtschaftliche sowie für gewerbliche Zwecke baulich verwendet worden sind (vgl. [X.] in [X.]/[X.], SachenRBerG, § 7 [X.]. 33). Sie setzt grund-- 7 - sätzlich eine bauliche Investition des Nutzers voraus, die nach dem Boden- und dem Wirtschaftsrecht der [X.] durch Verleihung eines Nutzungsrechts hätte abgesichert werden können, mag es auch im Einzelfall hierzu nicht ge-kommen sein ([X.], [X.] 134, 50, 53 f.). Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

b) Diesem Gedanken sind auch die Regelbeispiele des Absatzes 2 ver-haftet, in Nr. 6 allerdings nur ansatzweise. Die Nutzung volkseigener Grundstü-cke für privatwirtschaftliche Zwecke war zwar nicht verboten, genoß aber, da sie den Grundsätzen einer [X.] Wirtschaftsordnung nicht entsprach, keinen Schutz. Es gab daher bis März 1990 keine Rechtsvorschriften, die [X.] einer quasi dinglichen Absicherung einer solchen Nutzung boten oder die Entstehung von Privateigentum an gewerblich genutzten Gebäuden auf volkseigenen Grundstücken zuließen ([X.] aaO [X.]. 194). Wie das [X.] im einzelnen dargelegt hat, hat aber noch der [X.]-Gesetzgeber der [X.] Vorschriften erlassen, die darauf abzielten, ideologisch begrün-dete Benachteiligungen von Gewerbetreibenden in der [X.] zu korrigieren. Wenngleich dies nicht mehr den Erfolg hatte, daß Gewerbetreibenden zur Er-richtung eines gewerblichen Zwecken dienenden Gebäudes ein Nutzungsrecht verliehen werden konnte, so hat diese Entwicklung doch den Gesetzgeber des [X.] veranlaßt, die bauliche Nutzung volksei-gener Grundstücke durch Gewerbetreibende in den Katalog des § 7 [X.] mit aufzunehmen (vgl. [X.] aaO [X.]. 195 f.; [X.], [X.], § 7 SachenRBerG [X.]. 54).

Diese Entwicklung blieb aber auf Gewerbetreibende beschränkt. Nur insoweit bestand daher eine Grundlage für eine Nachzeichnung durch Auf-- 8 - nahme dieser Sachverhalte in das Regelungskonzept des [X.]. Darauf hat sich der Gesetzgeber konsequenterweise be-schränkt. Eine Ausweitung auf andere private Nutzer war weder angezeigt, noch ist sie ohne Verstoß gegen die Grundgedanken der Sachenrechtsbereini-gung möglich. Eine Anwendung des § 7 Abs. 1 SachenRBerG verbietet sich daher.

Soweit die Revision darauf hinweist, daß freischaffende Künstler den-selben Einschränkungen in der [X.] ausgesetzt gewesen seien wie Gewerbetreibende, verkennt sie, daß dies kein Anknüpfungspunkt für eine Gleichstellung sein kann. Anders als Gewerbetreibende sind sie von den in der [X.] eingeleiteten Privatisierungen nicht erfaßt worden. Für einen sachenrechtlich ausgerichteten Schutz im Wege der Nachzeichnung besteht daher keine Grundlage.

Daß diese Differenzierung weder willkürlich ist, noch die Nutzer voll-kommen schutzlos läßt, hat das Berufungsgericht im einzelnen zutreffend [X.]. Hierauf kann Bezug genommen werden.

- 9 - [X.]

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

[X.] Klein

Lemke

Schmidt-Räntsch

Meta

V ZR 148/04

04.03.2005

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.03.2005, Az. V ZR 148/04 (REWIS RS 2005, 4671)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 4671

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