Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.10.2015, Az. 4 B 44/15

4. Senat | REWIS RS 2015, 3172

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Gegenstand

Vorübergehende Beeinträchtigung des Denkmalschutzes; Verhältnis von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB zu landesrechtlichem Denkmalschutz


Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützten [X.]eschwerden haben keinen Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung, die ihr der [X.]eklagte und die [X.]eigeladene beimessen.

2

1. Der [X.]eklagte und die [X.]eigeladene halten die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob [X.]elange des [X.] (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 [X.]auG[X.]) einem privilegierten [X.] dann nicht entgegenstehen, wenn das Vorhaben auf eine zeitlich begrenzte, jedoch nicht unerhebliche Dauer angelegt ist und - so der [X.]eklagte ergänzend - das Denkmal von hoher [X.]edeutung ist und während dieser Zeit spürbar in seiner Denkmalwürdigkeit beeinträchtigt wird.

3

Die Frage geht so, wie sie gestellt ist, an dem [X.]erufungsurteil vorbei. Der Verwaltungsgerichtshof hat einen Rechtssatz des Inhalts, wie ihn der [X.]eklagte und die [X.]eigeladene in einem Revisionsverfahren auf den Prüfstand stellen wollen, nicht aufgestellt, sondern betont, dass es von den Umständen des Einzelfalls abhänge, ob sich der öffentliche [X.]elang des [X.] oder das Interesse eines Antragstellers an der Verwirklichung eines privilegierten [X.]s durchsetzt ([X.] Rn. 36 f.). Die Frage hat aber [X.], der sich in die Formulierung kleiden lässt, ob [X.]elange, bei denen sicher zu erwarten ist, dass sie durch ein Vorhaben nur vorübergehend beeinträchtigt werden, ein geringeres Gewicht bei der Abwägung haben als dauerhaft beeinträchtigte [X.]elange. Diese Frage lässt sich für den Regelfall ohne Weiteres bejahen (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 18. März 1983 - 4 C 17.81 - [X.] 406.11 § 35 [X.][X.]auG Nr. 199 S. 72). Die Antwort gilt nicht nur, wenn der öffentliche [X.]elang der Verunstaltung des Landschaftsbildes in Rede steht, sondern allgemein, wie sich dem amtlichen Leitsatz 4 zum Urteil vom 18. März 1983 (a.a.[X.]) entnehmen lässt. In welchen Fällen ausnahmsweise etwas anderes zu gelten hat, ist nicht grundsätzlich klärungsfähig.

4

2. Der [X.]eklagte wirft zusätzlich die Frage auf, ob bei der Entscheidung über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 35 Abs. 1 [X.]auG[X.] auch die denkmalschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach Landesrecht mit der Folge zu prüfen ist, dass [X.]elange des [X.] dem Vorhaben nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 [X.]auG[X.] bauplanungsrechtlich entgegenstehen, wenn eine nach Landesrecht erforderliche denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nicht erteilt werden kann. Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass speziell die in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 [X.]auG[X.] genannten öffentlichen [X.]elange des [X.] zwar in der Regel - positiv wie negativ - durch das Denkmalrecht der Länder konkretisiert werden, die Regelung aber dennoch keine bloße Verweisung auf Landesrecht enthält, sondern eine bundesrechtlich eigenständige Anforderung formuliert, die - unbeschadet einer Konkretisierung durch Landesrecht - unmittelbar selbst eingreift, wo grobe Verstöße in Frage stehen; § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 [X.]auG[X.] gewährleistet ein Mindestmaß an bundesrechtlich eigenständigem, von landesrechtlicher Regelung unabhängigem Denkmalschutz, der im Verhältnis zu den denkmalrechtlichen Vorschriften des Landesrechts, die nach § 29 Abs. 2 [X.]auG[X.] unberührt bleiben, eine Auffangfunktion zukommt ([X.]VerwG, Urteil vom 21. April 2009 - 4 C 3.08 - [X.]VerwGE 133, 347 Rn. 21; [X.]eschluss vom 26. Juni 2014 - 4 [X.] 47.13 - [X.] 2014, 773 Rn. 7). Unabhängig davon ist die Frage auch nicht entscheidungserheblich. Weil der Verwaltungsgerichtshof das nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO irrevisible Denkmalschutzrecht des [X.] nicht geprüft hat, hat er weder entschieden, dass nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 [X.] für das [X.] der Klägerin eine denkmalschutzrechtliche Erlaubnis erforderlich ist, noch sich zum Versagungsgrund des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 [X.] geäußert. Die Frage des [X.]eklagten wäre daher erst entscheidungserheblich, wenn der Verwaltungsgerichtshof nach einer Zurückverweisung der Sache das [X.] unter den [X.]egriff der Errichtung einer Anlage subsumierte und in Würdigung des Sachverhalts zu dem Ergebnis käme, dass gewichtige Gründe des [X.] für die unveränderte [X.]eibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. [X.]esteht lediglich die Möglichkeit, dass die Rechtsfrage nach erneuter [X.]efassung des [X.]erufungsgerichts entscheidungserheblich werden könnte, scheidet die Zulassung der Revision aber aus (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 28. Dezember 1998 - 9 [X.] 197.98 - juris Rn. 6 und vom 28. November 2005 - 4 [X.] 66.05 - [X.] 2006, 159). Wenn die Entscheidungserheblichkeit einer Frage offen ist, hätte eine revisionsgerichtliche Entscheidung, die die Frage klärt, den Charakter eines Rechtsgutachtens. Ein solches Gutachten zu erstellen ist jedoch nicht Aufgabe des Revisionsverfahrens.

5

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 B 44/15

28.10.2015

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 16. Juni 2015, Az: 15 B 13.424, Urteil

§ 35 Abs 3 S 1 Nr 5 BauGB, § 35 Abs 1 BauGB, § 29 Abs 2 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.10.2015, Az. 4 B 44/15 (REWIS RS 2015, 3172)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 3172

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15 ZB 21.105

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