Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2017, Az. XII ZB 72/16

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 7789

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:190717BXIIZB72.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
[X.] 72/16
vom

19. Juli 2017

in der Personenstandssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
EGBGB Art. 19, 20; BGB §§ 1594 Abs. 2, 1599 Abs. 2
a)
Führt von den nach Art. 19 Abs. 1
EGBGB
für die Feststellung der Vaterschaft alternativ berufenen Rechtsordnungen zum Zeitpunkt der Geburt allein das [X.] der Mutter zur rechtlichen Vaterschaft (hier: des geschiedenen Ehemanns nach [X.] Recht), so ist eine später von [X.] nach dem hierfür anwendbaren [X.] Recht erklär-te Anerkennung
der Vaterschaft unwirksam (Fortführung des [X.]sbeschlusses vom 3.
August
2016

[X.] 110/16

[X.], 1847).
b)
Die zum Zeitpunkt der Geburt kraft Gesetzes begründete Vaterschaft kann grund-sätzlich nur nach dem gemäß Art. 20 EGBGB
anwendbaren Anfechtungsstatut beseitigt werden (im [X.] an [X.]surteil vom 23. November 2011

[X.]/11

FamRZ 2012, 616).

[X.], Beschluss vom 19. Juli 2017 -
[X.] 72/16 -
KG [X.]

AG [X.]-Schöneberg

-
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-

Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 19. Juli
2017 durch den

Vorsitzenden
Richter Dose und [X.] Dr.
[X.], Schilling, Dr.
Nedden-Boeger und [X.]
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde
gegen den Beschluss des 1. Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 5. Januar 2016 wird auf Kosten des
Antragstellers
zurückgewiesen.

Gründe:
I.
Die Antragsteller, beide [X.] St[X.]tsangehörige, begehren
die Ein-tragung des
im Juli 2014 von der Antragstellerin geborenen Kindes und des Antragstellers
als dessen Vater im Geburtenregister. Der Antragsteller erklärte vier Tage nach der Geburt mit Zustimmung der Kindesmutter die Anerkennung
der Vaterschaft. Die Antragstellerin war seit 2006 mit dem Beteiligten zu 5, ei-nem
[X.]n St[X.]tsangehörigen, verheiratet. Die Ehe ist seit dem 17. Juni 2014 rechtskräftig geschieden.
Das Standesamt hat die Sache wegen Zweifeln an der Eintragung dem Amtsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Das Amtsgericht hat die beantragte Anweisung des Standesamts
abgelehnt. Das Beschwerdegericht hat die Be-schwerde
der Antragsteller zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antrag-1
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steller mit der zugelassenen
Rechtsbeschwerde, mit der er seine Eintragung als Vater weiterverfolgt.

II.
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Nach Auffassung des [X.], dessen Entscheidung in [X.], 922
veröffentlicht ist, ist der Beteiligte zu 5 seit der Geburt des Kindes dessen rechtlicher Vater. Diese Vaterschaft sei bisher nicht durch eine wirksame Rechtshandlung beseitigt worden.
Die in Art. 19 Abs. 1 EGBGB für das anwendbare Recht aufgeführten [X.] seien gleichrangig. Welches Recht berufen sei, beur-teile sich nach dem Günstigkeitsprinzip. Danach solle das Recht zur Anwen-dung kommen, das
für das Wohl des Kindes günstiger sei. Hier komme das [X.] Recht in Betracht, weil das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in [X.] habe und der Antragsteller [X.]r St[X.]tsangehöriger sei. [X.] könne aufgrund der St[X.]tsangehörigkeit des Beteiligten zu 5 [X.] Recht zur Anwendung kommen.
Nach [X.] Sachrecht (Art. 62
§ 1 Satz 1 des Familien-
und Vor-mundschaftsgesetzbuchs vom 25. Februar 1964

[X.]) werde vermutet, dass ein Kind, das vor Ablauf von 300 Tagen seit Beendigung der Ehe geboren [X.], vom (ehemaligen) Ehemann der Mutter abstamme.
Darauf, ob das polni-sche Recht auf das [X.] Recht zurückverweist, komme es an dieser Stelle nicht an, weil eine Rückverweisung, die den Kreis der für eine Abstammungs-bestimmung zur Verfügung stehenden Rechtsordnungen einschränkt, nach Art.
4 EGBGB nach dem Sinn der alternativen
Anknüpfung in Art. 19 EGBGB
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nicht zu beachten sei. Nach [X.]
Recht sei deshalb bei der Geburt die rechtliche Vaterschaft des Beteiligten zu 5 begründet
worden.
Bezogen auf den Zeitpunkt der Geburt sei die Vaterschaft nach [X.] Recht zu bestimmen gewesen, weil dies dem Wohl des Kindes entspre-che. Die Vaterschaft eines Mannes, der womöglich nicht der biologische Vater sei, sei für das Kind günstiger
als Vaterlosigkeit. Dies ergebe sich schon aus den unterhalts-
und erbrechtlichen Konsequenzen der Vaterschaft, auch wenn das [X.] Sachrecht bei einem reinen Inlandsfall Vaterlosigkeit in Kauf nähme. Eine andere Beurteilung sei auch dann nicht gerechtfertigt, wenn ein anerkennungswilliger Dritter zur Verfügung stehe, solange dieser die Anerken-nungserklärung nicht abgegeben habe. Die zukünftige Entwicklung, ob eine geplante und zugesagte Vaterschaftsanerkennung tatsächlich durchgeführt werde, sei nicht vorauszusehen. Aus Gründen der Rechtssicherheit könne bei der Bestimmung des [X.]s nicht auf derartige ungewisse zu-künftige Ereignisse
abgestellt werden.
Die Prüfung, welche Rechtsordnung für das Kind günstiger sei, könne nicht bezogen auf den Zeitpunkt der Eintragung der Geburt unter Berücksichti-gung einer zwischenzeitlichen Anerkennung
eines Dritten erneut durchgeführt werden. Die Anerkennung
sei nach § 1594 Abs. 2 BGB unwirksam, wenn be-reits die Vaterschaft eines anderen Mannes begründet sei, auch wenn sich [X.] Vaterschaft nur aus einer anderen Rechtsordnung ergebe. Selbst wenn die nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB gleichberechtigt nebeneinander berufenen [X.] jeweils isoliert für sich geprüft werden müssten, wäre zu berücksichtigen, dass eine Rechtsordnung, die
dem Kind zeitlich als erste einen Vater [X.], nicht durch eine spätere Anerkennungserklärung wieder verdrängt werden kön-ne,
und eine ex lege bestehende Vaterschaft sich nicht wieder verflüchtige, sondern nur auf dem gesetzlich dafür vorgesehenen Weg der nach dem inter-7
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nationalen Privatrecht berufenen Rechtsordnung wieder beseitigt werden kön-ne.
Die Vaterschaft des Beteiligten zu 5 sei bisher nicht beseitigt worden. Gemäß Art. 20 Satz 1 EGBGB
könne die Vaterschaft nur nach [X.] Recht angefochten werden, weil das Kind nach diesem
auch die [X.] St[X.]tsangehörigkeit habe. Eine Klage auf Anfechtung der Vaterschaft sei bisher nicht erhoben worden.
Auch eine gemäß Art. 20 Satz 2 EGBGB
nach [X.]m Recht mögli-che Anfechtung der Vaterschaft durch das Kind sei nicht durchgeführt worden. Eine Beseitigung der Vaterschaft des Beteiligten zu 5 entsprechend §
1599 Abs. 2 BGB komme nicht in Betracht. Denn für die qualifizierte Anerkennung
gelte auch hier Art. 20 EGBGB. Anfechtungsstatut
sei danach das [X.] Recht, welches eine § 1599 Abs. 2 BGB entsprechende Regelung nicht enthal-te. Auf Art. 20 Satz 2 EGBGB könne hier nicht zurückgegriffen werden, weil dieser ein zusätzliches Anfechtungsstatut nur für das Kind begründe, das an einer qualifizierten Anerkennung
nach § 1599 Abs. 2 BGB nicht beteiligt sei. Im Übrigen habe der Beteiligte zu 5 seine Zustimmungserklärung nicht in der §
1599 Abs. 2 iVm § 1597 Abs. 2 BGB entsprechenden Form abgegeben.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
a) Nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB unterliegt die Abstammung eines Kindes dem Recht des St[X.]tes, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufent-halt hat ([X.]). Sie kann gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des St[X.]tes bestimmt [X.]n, dem dieser Elternteil angehört (Personalstatut), oder, wenn die Mutter ver-heiratet ist, gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1 EGBGB nach dem Recht, dem die allgemeinen Wirkungen ihrer Ehe bei der Geburt nach Art. 14 Abs. 1 9
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EGBGB unterliegen ([X.]). Der [X.] hat bereits ausgesprochen, dass das Personalstatut und das [X.] dem [X.] grundsätzlich gleichwertige Zusatzanknüpfungen sind ([X.]sbeschlüsse
[X.]Z 210, 59 = [X.], 1251 Rn. 28 und vom 3. August 2016

[X.] 110/16

[X.], 1847 Rn. 8 [X.]).
[X.]) Ist
ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in [X.] nach der Scheidung der Ehe seiner Mutter geboren worden und könnte es deshalb nach [X.]m Recht von einem Dritten ohne weiteres anerkannt werden, kann dies zur Konkurrenz mit solchen über Art. 19 Abs. 2 Satz 2 und 3 EGBGB beru-fenen Rechtsordnungen führen, die das Kind als Abkömmling des (geschiede-nen) Ehemanns ansehen, wenn die Empfängniszeit noch in die [X.] fiel
([X.]sbeschluss vom 3. August 2016

[X.] 110/16

[X.], 1847 Rn. 9 [X.]).
Welchem der konkurrierenden [X.]e in diesen Fällen der Vorrang gebührt, ist umstritten (vgl. bereits [X.]sbeschluss vom 3. August 2016

[X.] 110/16

[X.], 1847 Rn. 10 ff. [X.]). Zum Teil wird ver-treten, das [X.] in solchen Fällen vorrangig an den [X.] Aufenthalt des Kindes anzuknüpfen, weil der Gesetzgeber Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB einerseits als Regelanknüpfung ausgestaltet habe und der ge-wöhnliche Aufenthalt des Kindes andererseits die engste Beziehung zum Sach-verhalt aufweise (vgl. [X.] Internationales Familienrecht 3. Aufl. § 5 Rn. 27 und 33 ff.; [X.] [X.] 2005, 326, 329 f.).

Die überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Literatur geht mit dem Beschwerdegericht
davon aus, dass diejenige Rechtsordnung maßgeblich sein soll, die dem Kind schon mit der Geburt zu einem Vater verhelfe ([X.]), wofür teilweise auf das sogenannte Günstigkeitsprinzip verwie-sen wird. Dem Wohl des Kindes entspreche es im Hinblick auf seine unterhalts-
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und erbrechtliche Absicherung am besten, wenn ihm schon zum frühestmögli-chen Zeitpunkt ein Vater zugeordnet werde (vgl. [X.], 686, 687; [X.] FamRZ 2002, 688, 689; [X.] FamRZ 2005, 1697, 1698 und [X.], 920,
922; [X.] FamRZ 2014, 1559, 1560 und [X.], 126, 128; [X.] 2013, 319, 320;
[X.], 200, 201
f.; [X.] StAZ 2017, 104, 107 f.; [X.]/[X.] 3. Aufl. Art. 19
EGBGB Rn. 24). Teilweise wird der [X.] nicht aus einem
kin-deswohlbezogenen Günstigkeitsprinzip, sondern aus dem formalen Ordnungs-kriterium hergeleitet, dass alle nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufenen Rechte gleichrangig seien (vgl. [X.] 2009, 65, 67) und diejenige Rechtsordnung, die dem Kind zeitlich als erste
einen Vater [X.], demzufolge nur durch eine Vaterschaftsanfechtung wieder verdrängt werden könne (vgl. [X.]/[X.] 6. Aufl. Art. 19 EGBGB Rn. 16).
Weisen alternativ berufene Rechtsordnungen dem Kind hingegen schon bei der Geburt verschiedene Väter zu, wird von der überwiegenden Auffassung nach dem Günstigkeitsprinzip derjenigen Rechtsordnung der Vorzug gegeben, n-ger/[X.] BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 38; [X.]/[X.] [Stand: März 2017] Art. 19 EGBGB Rn. 72 ff.).
Über die Fälle von schon bei Geburt des Kindes konkurrierenden [X.] hinausgehend wird von einer Ansicht der Gesichtspunkt der Abstammungswahrheit von vornherein als wesentliches Kriterium des Günstig-keitsprinzips angesehen und deshalb generell der Rechtsordnung der Vorzug gegeben, die dem Kind ohne Umwege möglichst schnell und ohne unnötige Kosten zu seinem wirklichen

Vater verhelfe ([X.] FamRZ 1998, 1401, 1402). Eine wirksame postnatale Vaterschaftsanerkennung durch den mutmaß-lichen Erzeuger soll sich gegenüber der auf einer geschiedenen Ehe gegründe-16
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ten Vaterschaftsvermutung nach ausländischem Recht durchsetzen können, wenn die Anerkennung der Vaterschaft "zeitnah" nach der Geburt angekündigt wird und die wirksame Vaterschaftsanerkennung im Zeitpunkt der Beurkundung der Geburt durch den Standesbeamten vorliegt (vgl. [X.] [11. Zivil-senat] FamRZ 2015, 1636, 1638; [X.] [X.], 1599; AG Karls-ruhe FamRZ 2007, 1585,
1586; [X.] FamRZ 2003, 1856, 1857; [X.]/[X.] BGB [2014] Art. 19 EGBGB Rn. 38, 43; [X.]/[X.] [Stand: März 2017] Art. 19 EGBGB Rn. 68; vgl. auch [X.] FamRZ 2002, 1722, 1724 f.).
bb) Der [X.] hat bislang offengelassen, in
welchem Verhältnis die An-knüpfungsalternativen zueinander stehen, wenn diese zu unterschiedlichen El-tern-Kind-Zuordnungen führen, und welcher Alternative im Konkurrenzfall der Vorrang gebührt (vgl. [X.]sbeschlüsse
[X.]Z 210, 59 = [X.], 1251
Rn. 29
[X.] und vom 3. August 2016

[X.] 110/16

[X.], 1847 Rn.
14). In der vorliegenden Fallkonstellation bedarf es einer Entscheidung der Frage, ob eine nach der Geburt nach [X.]m Recht erklärte Anerkennung
der Vaterschaft den bereits zum Zeitpunkt der
Geburt aufgrund einer anderen nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB
berufenen Rechtsordnung begründeten Status im Konkurrenzwege verdrängen kann. Die
Frage
ist
zu
verneinen.
(1) Die rechtliche [X.] ist bereits zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes festzustellen. Die Abstammung im Sinne von Art. 19
EGBGB ist
die rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung kraft Gesetzes ([X.]sbe-schluss [X.]Z 210, 59 = [X.], 1251 Rn. 27). Sinn und Zweck der durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16. Dezember 1997 ([X.]
I S.
2942) eingeführten mehrfachen Anknüpfung bestehen
wie bei der zuvor in Art. 20 Abs. 1 EGBGB
aF für die nichteheliche Kindschaft enthaltenen
Mehr-fachanknüpfung darin, dem Kind nach Möglichkeit zu einem rechtlichen Vater 18
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zu verhelfen ([X.] FamRZ 1998, 1401, 1402; zum früheren Recht vgl. [X.]/[X.] 3. Aufl. Art. 20 EGBGB
Rn. 4 [X.]). Da die sta-tusrechtliche Eltern-Kind-Zuordnung kraft Gesetzes erfolgt, ist diese
bereits mit Erlangung der Rechtsfähigkeit durch das Kind
festzustellen. Die
Rechtsfähigkeit tritt nach § 1 BGB (iVm Art. 7 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 4 Abs. 1 Satz 1 [X.]) mit Vollendung der Geburt
ein; eine Vaterschaftsfeststellung vor der Geburt des Kindes sieht das [X.] Abstammungsrecht nicht vor ([X.]sbeschluss vom 24. August 2016

[X.] 351/15

[X.], 1849 Rn. 28), was jedenfalls grundsätzlich auch für die kollisionsrechtliche Regelung des Art. 19 Abs. 1
EGBGB
gilt (zur möglichen analogen Anwendung vgl. [X.]sbeschluss vom 24.
August 2016

[X.] 351/15

[X.], 1849 Rn. 11 ff.).
Dementspre-chend kann auch (entgegen [X.] IPRax 2005,
326, 329 f.) nicht mit der
Vaterschaftszuordnung abgewartet werden, bis das [X.] nach Art.
19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB
ebenfalls eine rechtliche [X.] ergibt.
(2) Ist dem Kind schon bei der Geburt nach einer der von Art. 19 Abs. 1 EGBGB
alternativ berufenen Rechtsordnungen
nur
ein Vater zugeordnet, so steht dieser jedenfalls grundsätzlich als
rechtlicher Vater des Kindes
fest.
Eine erneute Beurteilung der [X.] zum Zeitpunkt der
Eintragung in das Geburtenregister ist nicht vorzunehmen, nachdem bereits eine [X.] kraft Gesetzes erfolgt ist. Denn die erstmalige recht-liche Festlegung der Vaterschaft darf nach Sinn und Zweck der alternativen An-knüpfung in Art. 19 Abs. 1 EGBGB
nicht bis zur späteren Eintragung der Geburt im Geburtenregister in der Schwebe bleiben. Anderenfalls bestünde für das Kind zunächst eine rechtliche Vaterlosigkeit, die durch Art. 19 Abs. 1 EGBGB
gerade
vermieden werden soll. Die Eintragung in das [X.] [X.] eignet sich als zeitlicher Anknüpfungspunkt der [X.] schon 20
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deswegen nicht, weil der Eintragung hinsichtlich der Eltern-Kind-Zuordnung keine konstitutive Wirkung zukommt
(vgl. [X.]/[X.] und [X.]. Rn. [X.]). Zwar werden mit der Eintragung vom Gesetz
zuweilen materiellrechtliche Wirkungen verknüpft, so etwa der Erwerb der St[X.]tsangehö-rigkeit mit der Eintragung der [X.] (vgl. [X.]sbeschluss [X.]Z 210, 59 = [X.], 1251 Rn. 18). Eine solche
Wirkung kommt nach [X.]m Recht dem Personenstandsregister bezüglich der Eltern-Kind-Zuordnung hin-gegen grundsätzlich nicht zu (vgl. [X.]sbeschluss [X.]Z 203, 350 = FamRZ 2015, 240 Rn. 22).
Das Beschwerdegericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass bei [X.] des Kindes zunächst ungewiss ist, ob eine Anerkennung der Vaterschaft
erfolgen wird (vgl. [X.]sbeschluss vom 3. August 2016

[X.] 110/16

[X.], 1847
Rn. 14; [X.] StAZ 2000, 33, 40). Dass der [X.], wie die Gegenauffassung anführt, in der Regel Vater ist, ist mangels entsprechender Überprüfung keineswegs gesichert
(vgl. [X.]surteil [X.]Z 197, 242 = [X.], 1209 Rn. 2). So hat der Umstand, dass gerade in grenzüberschreitenden Fällen Anerkennungen nicht selten zu gesetzesfremden Zwecken erklärt werden, jüngst zu Maßnahmen
des Gesetz-gebers geführt, durch die missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen unter-bunden werden sollen
(Entwurf eines Gesetzes
zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht,
BT-Drucks. 18/12415, Art. 4, § 1597a [X.]: Verbot der miss-bräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft; Art. 1,
§ 85a AufenthG-E).

Nicht zu verkennen ist allerdings, dass es in den Fällen, in denen
eine von Art. 19 Abs. 1 EGBGB berufene Rechtsordnung die Vaterstellung auch bei
Geburt des Kindes nach Rechtskraft der Scheidung noch dem geschiedenen Ehemann der Mutter zuweist, dieser in den meisten Fällen nicht der biologische Vater des Kindes sein und demzufolge regelmäßig ein Vaterschaftsanfech-22
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tungsverfahren erforderlich wird. Hiermit verbundenen Schwierigkeiten ist [X.] erst bei der Frage der Beseitigung der Vaterschaft Rechnung zu tragen.
(3) Aufgrund der bereits seit Geburt bestehenden rechtlichen
Vaterschaft ist die Anerkennung
durch [X.] nach § 1594 Abs. 2 BGB
ver-sperrt. Eine Anerkennung
der Vaterschaft wird mithin erst nach Beseitigung der rechtlichen Vaterschaft möglich.
Dabei ist auf die Anerkennung
im vorliegenden Fall gemäß Art. 19 Abs. 1 Satz 1 und 2 EGBGB
das [X.] Recht anzuwenden, weil sowohl der ge-wöhnliche Aufenthalt des Kindes als auch die St[X.]tsangehörigkeit des [X.] zu 4 zur Anwendbarkeit des [X.] Rechts führen.

Die rechtliche Vaterschaft
des Beteiligten zu 5 führt dazu, dass die sei-tens des Beteiligten zu 4 erklärte Anerkennung
nach § 1594 Abs. 2 BGB un-wirksam
ist (vgl. [X.], 200, 201).
Ob etwas anderes gelten könnte, wenn die auf die Anerkennung anwendbare Rechtsordnung im Unterschied zum [X.] Recht eine Anerkennungssperre nicht vorsieht und das auslän-dische Recht der Anerkennung eine die Vaterschaftsvermutung des Ehemanns verdrängende Wirkung zumisst (vgl. [X.]/[X.] und Personenstand 2. Aufl. Rn. V-201 ff.),
oder ob auch auf eine solche Folge vorrangig Art. 20 EGBGB anzuwenden ist, braucht hier nicht entschieden zu werden.
(4) Das Beschwerdegericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, dass auf den Zeitpunkt der Geburt abzustellen ist und zu diesem Zeitpunkt [X.] das Personalstatut des Beteiligten zu 5 eine Vaterschaftszuordnung ergibt. Bezüglich der Anwendung des [X.]n Rechts sind im Rechtsbeschwerde-verfahren keine Beanstandungen erhoben worden. Das Beschwerdegericht
hat eine etwaige im [X.]n Recht enthaltene Rückverweisung im Ergebnis zu-treffend dahingestellt sein lassen, weil eine solche mit dem Ergebnis der Vater-24
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losigkeit dem Sinn der alternativen Anknüpfung in Art. 19 EGBGB
zuwider liefe
(vgl. [X.] 2011, 1518, 1520; [X.] [X.], 126; OLG Nürn-berg FamRZ 2005, 1697; [X.]/[X.] 6. Aufl. Art. 19 EGBGB
Rn.
29 [X.]; [X.]/[X.] Aufl. Art. 19 EGBGB
Rn. 2; vgl. auch
[X.], 200, 201).
b) Eine nachträgliche Beseitigung der mit Geburt des Kindes entstande-nen rechtlichen Vaterschaft des Beteiligten zu 5 hat das Beschwerdegericht
zu Recht verneint.
Nach der Rechtsprechung
des [X.]s richtet sich die Beseitigung der Vaterschaftszuordnung auch dann nach Art. 20 EGBGB,
wenn diese
nicht durch ein gerichtliches Anfechtungsverfahren, sondern im Wege rechtsge-schäftlicher Erklärungen möglich ist ([X.]surteil vom 23. November 2011

[X.]/11

FamRZ 2012, 616
Rn. 19).
[X.]) Die Anwendung des Art. 20 Satz 1 EGBGB
führt im vorliegenden Fall zum [X.]n Recht als der Rechtsordnung, aus der sich die Vaterschaft ergibt. Das [X.] Recht sieht nach den nicht zu beanstandenden Feststel-lungen des [X.]
eine Beseitigung der Vaterschaft nur im Wege eines gerichtlichen
Anfechtungsverfahrens
vor, welches
im vorliegenden Fall nicht durchgeführt worden ist.
bb) Ob Art. 20 Satz 2 EGBGB
auch auf eine mögliche Beseitigung der Vaterschaft durch qualifizierte Anerkennung nach § 1599 Abs. 2 BGB anwend-bar ist (dafür etwa [X.]/[X.] und Personenstand 2.
Aufl.

Rn.
V-329
f.)
oder ob dies entsprechend der Auffassung des Beschwerdege-richts deswegen ausgeschlossen ist, weil das Kind an dem Verfahren nicht (unmittelbar) beteiligt ist, kann hier offenbleiben. Denn nach den Feststellungen 28
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des [X.]
fehlt es bereits an der nach § 1599 Abs. 2 BGB erfor-derlichen Zustimmungserklärung des Beteiligten zu 5.
Dose
[X.]
Schilling

Nedden-Boeger
[X.]
Vorinstanzen:
AG [X.]-Schöneberg, Entscheidung vom 24.04.2015 -
71 III 469/14 -

KG [X.], Entscheidung vom 05.01.2016 -
1 W 675/15 -

Meta

XII ZB 72/16

19.07.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2017, Az. XII ZB 72/16 (REWIS RS 2017, 7789)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7789

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XII ZB 72/16

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