Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2018, Az. XII ZB 369/17

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 7461

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:200618BXII[X.]369.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.] 369/17

vom

20.
Juni
2018

in der Personenstandssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
BGB § 1599 Abs. 2; EGBGB Art. 19 Abs. 1, 20 Satz 2
a)
Die von Art.
20 Satz
2 EGBGB für das Kind eröffnete Anfechtung der
Vater-schaft nach dem Recht des Staates, in dem es seinen gewöhnlichen Aufent-halt hat, umfasst auch den sogenannten scheidungsakzessorischen [X.] nach §
1599 Abs.
2 BGB (Fortführung von [X.]surteil vom 23.
November 2011
XII
ZR
78/11
mRZ 2012, 616).
b)
Der Statuswechsel kann auch dann gemäß §
1599 Abs.
2 BGB erfolgen, wenn das Kind erst nach Rechtskraft der Scheidung geboren wurde und nach der auf die (Erst-)Feststellung der Vaterschaft anwendbaren Rechts-ordnung noch als Kind des geschiedenen
Ehemanns der Mutter gilt.
[X.], Beschluss vom 20. Juni 2018 -
XII [X.] 369/17 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am
20.
Juni
2018
durch
den
Vorsitzenden
Richter Dose und die Richter Prof.
Dr.
Klinkhammer, Dr.
Nedden-Boeger, Dr.
Botur und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde
des weiteren Beteiligten zu
5
gegen den Beschluss
des 31.
Zivilsenats des [X.] vom 29.
Juni 2017 wird zurückgewiesen.
Das [X.] ist gerichtskostenfrei. [X.] Kosten sind nicht zu erstatten.
Wert: 5.000

Gründe:
A.
Die Beteiligten streiten über
den Geburtseintrag für die am 11.
April
2016 geborenen Kinder. Ihre Mutter, welche
die [X.] und die [X.] Staatsangehörigkeit
besitzt, war mit dem Beteiligten
zu
3, einem [X.]n Staatsangehörigen,
verheiratet. Die Ehe wurde durch Beschluss
des Amtsge-richts vom 15.
Februar 2016,
rechtskräftig
seit dem 16.
Februar 2016,
geschie-den. Der Lebensgefährte der Mutter
(Beteiligter zu
2), der ebenfalls [X.] Staatsangehöriger ist, erkannte
die Vaterschaft vor dem Standesamt am 21.
April
2016 mit Zustimmung der Mutter an. Der geschiedene Ehemann stimmte
der Vaterschaftsanerkennung
mit
Erklärung vom 10.
Mai 2016 vor dem Standesamt zu.
Sämtliche Erklärungen wurden vom Standesamt beurkundet.
1
-
3
-
Das Standesamt hat die Sache wegen bestehender Zweifel über den einzutragenden Vater dem Amtsgericht vorgelegt. Das Amtsgericht hat das Standesamt
angewiesen, den [X.] als Vater einzutragen. Das [X.] hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Standesamts zu-rückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Standesamtsaufsicht
(Beteiligte
zu
5).

B.
I.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig.
Dass die Rechtsbeschwerdebegründung keinen Antrag gemäß §
71 Abs.
3 Nr.
1 FamFG
enthält, ist unschädlich. Denn es bedarf bei der Anrufung der [X.] durch die Aufsichtsbehörde keiner formellen oder
materiellen Beschwer. Der Aufsichtsbehörde ist durch die Einräumung ei-nes von der Entscheidung der Vorinstanzen unabhängigen Beschwerderechts (§
53 Abs.
2 [X.]) eine verfahrensrechtliche Handhabe gegeben, um in wichti-gen und umstrittenen Fragen eine klärende obergerichtliche Entscheidung her-beizuführen. Das gilt auch für die [X.]. Die Aufsichtsbe-hörde braucht mithin kein bestimmtes Ziel ihres Rechtsmittels anzugeben. Es genügt, dass sie eine Gesetz und Recht entsprechende Entscheidung
erwirken will ([X.]sbeschluss vom 13.
September 2017

XII
[X.]
403/16

[X.], 1848 Rn.
5 [X.]).

2
3
4
-
4
-
II.
1. Nach Auffassung des [X.], dessen Entscheidung in [X.], 1691 veröffentlicht ist, ist zwischen dem
nach Art.
19 EGBGB
für die Vaterschaft alternativ in Betracht kommenden [X.]n Recht als [X.] (Art.
19 Abs.
1 Satz
1 BGB) und dem [X.]n Recht als Hei-matrecht des geschiedenen Ehemanns (Art.
19 Abs.
1 Satz
2 EGBGB) nach dem sogenannten Günstigkeitsprinzip zu entscheiden.
Demgegenüber scheitere der Lösungsansatz durch
Anwendung des Art.
20 EGBGB.
Da
die Kinder erst nach Scheidung der Ehe ihrer Mutter gebo-ren worden
seien, ergebe sich die Vaterschaft des geschiedenen Ehemanns nur aus dem [X.]n Recht, nicht aber zugleich auch aus dem [X.]n Recht. Deshalb richte
sich nicht nur die Anfechtung, sondern auch die Möglich-keit einer statusdurchbrechenden Anerkennung ausschließlich nach rumäni-schem Recht. Eine
solche
sei
aber im [X.]n Recht nicht vorgesehen.
Ob im Rahmen von Art.
19 EGBGB
unter Zugrundelegung des Günstig-keitsprinzips für die Bestimmung der Vaterschaft auf den Zeitpunkt der Geburt oder auf den Zeitpunkt der Eintragung ins Geburtenregister abzustellen sei, las-se
sich nicht generell festlegen. Vielmehr sei für jeden Einzelfall konkret unter Berücksichtigung aller Umstände zu prüfen, was dem Kindeswohl am meisten diene
und daher für das Kind am günstigsten sei. Die [X.] sei jedenfalls immer dann vorrangig zu berücksichtigen und damit auf den Zeitpunkt der Eintragung ins Geburtenregister abzustellen, wenn die Vaterschaftsanerkennung nach [X.]m (dem
ausländischen gleichrangigen)
Recht wirksam erfolgt sei, alle Beteiligten einschließlich des geschiedenen Ehemanns der Eintragung des biologischen Vaters zugestimmt hätten und eine Eintragung ins Geburtenregister bis
dahin nicht erfolgt sei. Bei dieser Sachlage 5
6
7
-
5
-
sei es weder aus erb-
oder unterhaltsrechtlichen Gründen noch unter dem Ge-sichtspunkt konkurrierender [X.] geboten, zuerst den nach rumäni-schem Recht vermuteten Vater und dann nach Durchführung eines [X.] den biologischen Vater einzutragen. [X.] des Günstigkeitsprinzips sei, dass das Recht zur Anwendung kommen solle, das für das Wohl des Kindes am günstigsten sei. Die Beurteilung des Kindeswohls könne
sich dabei nicht allein in der Beibringung unterhalts-
und erbrechtlicher Ansprüche zum Zeitpunkt der Geburt erschöpfen. Vielmehr sei gleichermaßen das Interesse des Kindes an der Berücksichtigung des biologisch wahrscheinli-cheren Vaters zu beachten. Das kollisionsrechtliche Günstigkeitsprinzip sei
am Kindeswohl ausgerichtet. Das Kindeswohl sei
daher kollisionsrechtlicher Prü-fungsmaßstab und es sei
nicht gerechtfertigt, sich allein auf die Kriterien der Rechtssicherheit und Statusklarheit zu beschränken.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Die nach §
49 Abs.
2 [X.] ergangene
Anweisung des Standesamts durch das Amtsgericht
ist rechtmäßig.
a) Entgegen der Auffassung des [X.] ist allerdings
das [X.] Recht auf die erstmalige Vaterschaftszuordnung nach Art.
19 EGBGB
im vorliegenden Fall nicht anwendbar.
aa) Wie der [X.] nach Erlass des angefochtenen Beschlusses ent-schieden hat, ist die rechtliche [X.] bereits zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes festzustellen. Die Abstammung im Sinne von Art.
19 EGBGB ist die rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung kraft Gesetzes. Sinn und Zweck der mehrfachen Anknüpfung bestehen darin, dem Kind nach Möglichkeit zu einem rechtlichen Vater zu verhelfen. Da die statusrechtliche Eltern-Kind-Zuordnung kraft Gesetzes erfolgt, ist die rechtliche Vaterschaft bereits mit der 8
9
10
-
6
-
Geburt festzustellen als dem Zeitpunkt, in dem das Kind die Rechtsfähigkeit erlangt (vgl. [X.]sbeschlüsse
vom 13.
September 2017

XII
[X.]
403/16

FamRZ
2017, 1848 Rn.
13
und vom 19.
Juli 2017

XII
[X.]
72/16

FamRZ
2017, 1687 Rn.
19 [X.]).
Ist dem Kind schon bei der
Geburt nach einer der von Art.
19 Abs.
1 EGBGB alternativ berufenen Rechtsordnungen nur ein Vater zugeordnet, so steht dieser jedenfalls grundsätzlich als rechtlicher Vater des Kindes fest. Eine erneute Beurteilung der [X.] zum Zeitpunkt der Eintragung in das Geburtenregister ist nicht vorzunehmen, nachdem bereits eine [X.] kraft Gesetzes erfolgt ist. Denn die erstmalige rechtliche Festlegung der Vaterschaft darf nach Sinn und Zweck der alternativen Anknüpfung in Art.
19 Abs.
1 EGBGB nicht bis zur späteren Eintragung der Geburt im [X.] in der Schwebe bleiben. Anderenfalls bestünde für das Kind [X.] eine rechtliche
Vaterlosigkeit, die durch Art.
19 Abs.
1 EGBGB gerade vermieden werden soll. Die Eintragung in das [X.] Geburtenregister eignet sich als zeitlicher Anknüpfungspunkt der [X.] schon deswe-gen nicht, weil der Eintragung hinsichtlich der Eltern-Kind-Zuordnung keine konstitutive Wirkung zukommt ([X.]sbeschlüsse
vom 13.
September 2017

XII
[X.]
403/16

[X.], 1848 Rn.
14
und vom 19.
Juli 2017

XII
[X.]
72/16

FamRZ
2017, 1687 Rn.
20
f.
[X.]).
Aufgrund der bereits seit Geburt bestehenden rechtlichen Vaterschaft ist die Anerkennung durch [X.] nach §
1594 Abs.
2 BGB grund-sätzlich versperrt. Eine Anerkennung der Vaterschaft wird mithin erst nach Be-seitigung der kraft Gesetzes zugewiesenen rechtlichen Vaterschaft möglich.
bb) In Anwendung dieser
Grundsätze auf den vorliegenden Fall führte bei Geburt der Kinder als dem maßgeblichen Zeitpunkt nur das [X.] 11
12
13
-
7
-
Recht zu einer rechtlichen Vaterschaft. Daher ist dieses das gemäß Art.
19 Abs.
1 Satz
2 EGBGB
auf die Vaterschaft anwendbare Statut. [X.] war
der Beteiligte zu
3 zum Zeitpunkt der Geburt nach den vom [X.] zum [X.]n Recht beanstandungsfrei getroffenen Feststel-lungen als rechtlicher Vater der Kinder anzusehen.
b) Die bei Geburt begründete rechtliche Vaterschaft des geschiedenen Ehemanns ist indessen nachträglich im Wege des scheidungsakzessorischen [X.] gemäß §
1599 Abs.
2 BGB beseitigt und durch eine solche des [X.] (Beteiligter zu
2)
ersetzt worden.
Nach Art.
20 EGBGB
kann die Abstammung nach jedem Recht ange-fochten werden, aus dem sich ihre Voraussetzungen ergeben. Das Kind kann die Abstammung in jedem Fall nach dem Recht des Staates anfechten, in dem es seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
aa) Die anwendbare Rechtsordnung ist nicht nur
dann nach Art.
20 EGBGB zu bestimmen, wenn die
Beseitigung der rechtlichen Vaterschaft durch ein gerichtliches Anfechtungsverfahren erfolgt, sondern
entsprechend dem Rechtsgedanken dieser Vorschrift auch, wenn die
Beseitigung der rechtlichen Vaterschaft
nach der betreffenden Rechtsordnung,
wie etwa nach §
1599 Abs.
2 BGB,
im Wege rechtsgeschäftlicher Erklärungen durchgeführt werden kann
(vgl. [X.]sbeschlüsse
vom 13.
September 2017

XII
[X.]
403/16

FamRZ
2017, 1848 Rn.
15 und vom 19.
Juli 2017

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[X.]
72/16

FamRZ
2017, 1687 Rn.
24, 28
ff. [X.] und [X.]surteil vom 23.
November 2011

XII
ZR
78/11

FamRZ 2012, 616 Rn.
19).
Damit übereinstimmend hat das [X.]
die Möglichkeit einer Vaterschaftsbeseitigung unter Anwendung des Art.
20 Satz
1
EGBGB
zu
Recht als nicht gegeben erachtet. Da sich die Vaterschaft allein aus dem [X.]n 14
15
16
17
-
8
-
Recht ergibt, könnte sich deren Beseitigung ebenfalls nur aus dem rumäni-schen Recht ergeben. Dieses sieht
nach den nicht zu beanstandenden Fest-stellungen des [X.] eine statusdurchbrechende Anerkennung
nicht vor.
bb) Nicht ausgeschlossen ist indessen eine entsprechende Anwendung des Art.
20 Satz
2
EGBGB, welche vom [X.]

aus seiner Sicht folgerichtig

nicht geprüft worden ist. Danach kann das Kind die Abstammung in jedem Fall nach dem Recht des Staates anfechten, in dem es seinen [X.] Aufenthalt hat.
(1) Ob der sogenannte scheidungsakzessorische Statuswechsel (qua-lifizierte
Vaterschaftsanerkennung) gemäß §
1599 Abs.
2 BGB
eine Anfechtung im Sinne von Art.
20 Satz
2
EGBGB darstellen kann, ist umstritten (dafür
Frank
[X.] 2009, 65, 68; [X.]/[X.] und Personenstand 2.
Aufl. Rn.
V329
ff.; dagegen
KG Berlin FamRZ 2016, 922, 924; [X.]/[X.]
7.
Aufl. Art.
20 EGBGB Rn.
8;
Wedemann
[X.]
2012, 225, 227; Freitag
[X.] 2013, 333, 338
f.; [X.] FPR 2002, 352, 358
f.). Der [X.] hat
die Frage bislang offengelassen ([X.]sbeschluss vom 19.
Juli 2017

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[X.]
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[X.], 1687 Rn.
31).
Nach richtiger Ansicht ist Art.
20 Satz
2
EGBGB auch auf den Fall des §
1599 Abs.
2 BGB
entsprechend anzu-wenden.
(a) Einer Anwendung der Vorschrift steht nicht entgegen, dass sich Art.
20
Satz 2
EGBGB wie auch Art.
20 Satz
1
EGBGB begrifflich auf die
An-fechtung der Abstammung bezieht. Wie der [X.] bereits entschieden hat, steht dem die Rechtsnatur des scheidungsakzessorischen [X.], der
auf rechtsgeschäftlichen Erklärungen beruht, nicht entgegen, weil
insoweit ent-scheidend auf die mit der Anfechtung übereinstimmende, die
Vaterschaft
besei-18
19
20
-
9
-
tigende Rechtswirkung abzustellen ist
([X.]surteil vom 23.
November 2011

XII
ZR
78/11

FamRZ 2012, 616 Rn.
17
ff.). Dementsprechend ist auch nicht ausschlaggebend, dass die Erklärungen des rechtlichen Vaters wie der Mutter in Form der Zustimmung abgegeben werden. Denn
die Beseitigung der Vater-schaft beruht in der Sache auf dem Konsens aller
Beteiligten. Deren Erklärun-gen
wird vom Gesetz sodann auch ohne eine gerichtliche Überprüfung der ge-netischen Abstammung des Kindes eine die rechtliche Vaterschaft des [X.]s beseitigende Wirkung
verliehen.
(b) Eine
fehlende (formelle) Beteiligung des Kindes
schließt die Anwen-dung von Art.
20 Satz
2
EGBGB auf den scheidungsakzessorischen [X.] gemäß §
1599 Abs.
2 BGB nicht aus. Das dagegen vorgebrachte
Ar-gument, das Kind sei an der Erklärung nicht beteiligt, trifft in dieser [X.] bereits nicht zu. Denn nach §§
1599 Abs.
2 Satz
2, 1595 Abs.
2 BGB be-darf die Anerkennung durchaus der Zustimmung des Kindes, wenn der Mutter insoweit die elterliche Sorge nicht zusteht. Daraus folgt zwar im Umkehrschluss, dass die Zustimmung des Kindes nicht erforderlich ist, wenn die Mutter das Sorgerecht innehat. Aus dem Zusammenhang der gesetzlichen Regelungen wird
aber deutlich, dass der Gesetzgeber mit der Regelung in §§
1599 Abs.
2, 1595 Abs.
2 BGB keine unterschiedlichen materiellen Schutzanforderungen hinsichtlich der Rechtsposition des Kindes treffen und diese insbesondere nicht davon abhängig machen wollte, ob die Mutter Inhaberin der elterlichen Sorge ist oder nicht. Dass der Gesetzgeber vielmehr nur eine Vereinfachung bezweckte, zeigt sich daran, dass er die anderenfalls bestehende Notwendigkeit von zwei Erklärungen der Mutter (im eigenen Namen und im Namen des Kindes) als sinnlosen Formalismus betrachtete (BT-Drucks. 13/4899 S.
84). Demzufolge ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers eine gleichwertige Interessenwah-rung
des Kindes in beiden Fällen bezweckt und auch gewährleistet, weil das Kind an der mehrseitigen Erklärung entweder selbst beteiligt ist oder seine [X.]
-
10
-
ressen durch seine Mutter kraft des ihr zustehenden Sorgerechts repräsentiert werden.
Der in dieser Form erfolgten Anerkennung der Interessenvertretung
durch die Mutter steht weder die an der Regelung in §
1599 Abs.
2 BGB geübte rechtspolitische Kritik noch
die Möglichkeit entgegen, dass die Mutter die [X.] nicht angemessen mit ihren eigenen Interessen abwägen könnte
(so aber Freitag [X.] 2013, 333, 339 [X.]).
Vielmehr ist

wie auch in anderen Bereichen (vgl. §
1629
Abs.
2 Satz
3
Halbsatz
2 BGB)

die bewusste Entschei-dung des Gesetzgebers zu respektieren, der die Interessenvertretung des [X.] hinsichtlich des [X.] der sorgeberechtigten Mutter anvertraut hat. Die denkbare
Gefahr eines
Missbrauchs des Sorgerechts durch die Mutter wird
im vorliegenden Zusammenhang weitgehend schon dadurch ausgeschlos-sen, dass neben der Anerkennung
auch die Zustimmung des rechtlichen Vaters vorliegen muss. Selbst ein verbleibendes Risiko, dass im Einzelfall eine von der genetischen Abstammung abweichende Vaterschaft etabliert werden könnte, wird schließlich dadurch begrenzt, dass der auf rechtsgeschäftlichen
Erklärun-gen beruhende scheidungsakzessorische Statuswechsel keine der
Rechtskraft einer gerichtlichen Statusentscheidung (vgl. §
184 Abs.
2
FamFG) vergleich-baren
Wirkungen zeitigt. Dass durch die vaterschaftsbeseitigende Wirkung
in die vom Auslandsrecht begründete [X.] eingegriffen wird (vgl. [X.]/[X.] 7.
Aufl. Art.
20 EGBGB Rn.
8), liegt schließlich in der vom [X.]n Recht für das Kind bewusst erweiterten Möglichkeit der Vaterschaftsbeseitigung
begründet (vgl. [X.]surteil vom 23.
November 2011

XII
ZR
78/11

FamRZ 2012, 616 Rn.
20).
(2) Nach diesen Grundsätzen ist der Beteiligte
zu
2 durch die von ihm er-klärten Anerkennungen rechtlicher Vater der Kinder
geworden, nachdem die mit 22
23
-
11
-
der Geburt kraft Gesetzes begründete Vaterschaft des geschiedenen [X.]s der Mutter gemäß §
1599 Abs.
2 BGB beseitigt worden ist.
(a) Aufgrund der vom [X.] beanstandungsfrei getroffenen Feststellungen haben die Kinder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in [X.], so dass auf die Beseitigung der Vaterschaft nach Art.
20 Satz
2
BGB
[X.]s Recht Anwendung findet.
(b) Neben der nach §
1599 Abs.
2 Satz
1 BGB fristgerecht erfolgten An-erkennung
liegen die Zustimmungen der sorgeberechtigten Mutter und des ge-schiedenen Ehemanns in der nach §
1597 Abs.
1 BGB erforderlichen Form vor. Die elterliche Sorge ergibt sich aus dem nach Art.
16 Abs.
1 KSÜ
anwendbaren [X.]n Recht
(vgl. [X.] FamRZ 2018, 797,
802
ff.). Sie steht
mithin ge-mäß §§
1626, 1626
a Abs.
3 BGB
allein der Mutter zu.
(c) Dass die Kinder erst nach Rechtskraft der Scheidung geboren [X.], steht der Wirksamkeit des scheidungsakzessorischen [X.] nicht entgegen. Zwar ist der Statuswechsel nach [X.]m Recht aufgrund §
1592 Nr.
1 BGB nur für zwischen Anhängigkeit des Scheidungsantrags und Rechtskraft der Scheidung geborene Kinder erforderlich
und ist demnach die Begründung zum Entwurf des Kindschaftsrechtsreformgesetzes (BT-Drucks. 13/4899 S.
86) davon ausgegangen, dass das Kind bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils geboren sein muss (vgl. [X.]/[X.] BGB
[2011] §
1599 Rn.
88). Abgesehen davon, dass §
1599 Abs.
2 BGB seinem Wortlaut nach eine zeitliche Begrenzung durch die Rechtskraft der Scheidung nicht [X.], ist die Regelung aber ersichtlich auf Inlandssachverhalte
zugeschnitten. Einer Regelung für nach Rechtskraft der Scheidung geborene Kinder bedarf
es bei Anwendbarkeit des [X.]n Rechts nicht, weil nach dem seit 1.
Juli 1998 geltenden Recht im Unterschied zur vorausgegangenen Rechtslage keine ge-24
25
26
-
12
-
setzliche Vaterschaft
des geschiedenen Ehemanns mehr begründet wird, so dass sowohl die Anerkennung
der Vaterschaft durch [X.] als auch
dessen gerichtliche Feststellung als Vater offenstehen. Dass eine sich aus dem anwendbaren Auslandsrecht noch ergebende gesetzliche [X.] auch bei Geburt nach Rechtskraft der Scheidung
vom
erleichterten Statuswechsel nach §
1599 Abs.
2 BGB etwa ausgeschlossen werden sollte, liegt fern. Nach Sinn und Zweck der Regelung muss der erleichterte [X.] vielmehr erst recht eröffnet sein, wenn sogar das nach Rechtskraft der Scheidung geborene Kind nach dem anwendbaren Auslandsrecht noch dem geschiedenen Ehemann als Vater zugeordnet wird. Denn in diesem Fall ist es mindestens genauso wahrscheinlich, eher besteht aber eine höhere Wahr-scheinlichkeit
als bei Geburt vor der Scheidung, dass der geschiedene [X.] nicht der genetische Vater des
Kindes ist.

Dose

Klinkhammer

Nedden-Boeger

Botur

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.09.2016 -
300 [X.] 28/16 -

OLG [X.], Entscheidung vom 29.06.2017 -
31 [X.] -

Meta

XII ZB 369/17

20.06.2018

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.06.2018, Az. XII ZB 369/17 (REWIS RS 2018, 7461)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7461

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 369/17

300 UR III 28/16

31 Wx 402/16

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