Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.11.2013, Az. 33 W (pat) 507/12

33. Senat | REWIS RS 2013, 1015

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der ursprünglichen Widersprechenden - zur Unterbrechung der Verfahren vor dem BPatG und dem DPMA - Ablehnung der Aufnahme des Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter - Abtretungsvertrag – Übertragung der Widerspruchsmarke auf die Inhaberin der angegriffenen Marke - Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs in das Register – Übernahme des Rechtsstreits - Rücknahme des Widerspruchs – Erledigung des Widerspruchsverfahrens – Wirkungslosigkeit des Beschlusses des DPMA, mit dem die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet wurde


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die angegriffene Marke ...

hat der 33. Senat ([X.]) des [X.] durch die Richterin [X.] als Vorsitzende, die Richterin [X.] und [X.] am 19. November 2013

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 36 des [X.] vom 2. November 2011 ist wirkungslos, soweit die Löschung der angegriffenen Marke ... aufgrund des Widerspruchs aus der Marke ... angeordnet worden ist.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 2. November 2011 hat die Markenstelle für Klasse 36 des [X.] die Löschung der angegriffenen Marke ... wegen des Widerspruchs aus der Marke ... angeordnet. Gegen diese Entscheidung hat die Markeninhaberin form- und fristgerecht Beschwerde eingelegt. Bereits zuvor, mit Beschluss vom 30. September 2011 ([X.] IN .../11) hat das [X.] das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Widersprechenden eröffnet und Herrn Rechtsanwalt R… zum Insolvenzverwalter bestellt.

2

Die Widerspruchsmarke ist zwischenzeitlich mehrfach übertragen worden und zwar nach dem Vortrag der Beteiligten zunächst auf die [X.], dann auf die [X.] und zuletzt mit [X.] auf die Inhaberin der angegriffenen Marke. Der Insolvenzverwalter hat mit Schreiben vom 9. Juli 2013 schriftsätzlich erklärt, dass er auf die „Führung des Verfahrens verzichtet (§ 85 Abs. 2 [X.])“. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat am 7. November 2013 beim [X.] einen Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs an der Widerspruchsmarke auf sie gestellt. Sie hat außerdem erklärt, dass sie das Verfahren übernehme und zugleich den Widerspruch zurück nehme.

II.

1.

3

Das Beschwerdeverfahren war infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der ursprünglichen Widersprechenden zunächst gem. § 240 ZPO unterbrochen.

4

§ 240 ZPO gilt in analoger Anwendung auch für das Widerspruchsverfahren vor dem [X.]. Der Eintritt der Unterbrechungswirkung nach § 240 S. 1 ZPO setzt voraus, dass das anhängige Verfahren die Insolvenzmasse betrifft (§§ 35, 36 [X.]), wobei ein mittelbarer Bezug genügt ([X.], 2213; [X.], [X.], 2. Aufl., Vor § 85 Rd. 23). Eine Unterbrechung findet deshalb nur statt, wenn und soweit der Gegenstand des anhängigen Verfahrens ein Vermögensgegenstand ist, der rechtlich zur Insolvenzmasse gehören kann. Zur Masse gehört das gesamte Vermögen des Schuldners zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sofern es der (Einzel-)Zwangsvollstreckung unterliegt und pfändbar ist ([X.], 1251). Nach überwiegender Ansicht wird daher auch ein Widerspruchsverfahren im Falle der Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines der Beteiligten nach § 240 ZPO unterbrochen, wenn die verfahrensgegenständlichen Marken zur Insolvenzmasse gehören ([X.] (pat) 17/06; [X.]/[X.] § 42 Rd. 70 m. w. N. in [X.]. 120; [X.], [X.] 2/2009, [X.]. 2). Ein Rechtsstreit, der dem Schutz eines zur Masse gehörenden gewerblichen Schutzrechts dient, berührt nämlich die Insolvenzmasse ([X.], [X.], 2. Aufl., Vor § 85 Rd. 37; vgl. Zum Löschungsverfahren nach §§ 51, 55 [X.]: [X.], 2213; für das Löschungsverfahren nach §§ 54, 50 [X.]: [X.] (pat) 149/03; vgl. zum [X.] bei Insolvenz des [X.]: [X.], 573; [X.] EWiR 2004, 519). Der gegenteiligen Auffassung des [X.] (vgl. [X.]. des Präsidenten Nr. 20/08, [X.] 2008, 413), wonach § 240 ZPO in [X.] vor dem [X.] generell nicht anzuwenden sei, kann im Hinblick auf das markenrechtliche Widerspruchsverfahren daher nicht gefolgt werden.

2.

5

Die Unterbrechung des Verfahrens nach § 240 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 82 Abs. 1 [X.] hat durch die Ablehnung der Aufnahme des Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter und die daraufhin erfolgte Übernahme des Rechtsstreits durch die Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Widersprechenden geendet.

6

Allerdings endet die Unterbrechung nicht bereits mit der Übertragung der zur Insolvenzmasse gehörenden Widerspruchsmarke nach §§ 398, 414 BGB. Der [X.] hat insoweit entschieden, dass das Gesetz keine automatische Beendigung der Unterbrechung des Verfahrens vorsieht, wenn der Massebezug einer Forderung während des Insolvenzverfahrens entfällt, sondern erst eine Aufnahme des Rechtsstreits durch eine dazu nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften befugte Partei (§ 85 [X.]) erforderlich ist ([X.] NJW-RR 2010, 1351). Die Unterbrechung endet daher, wenn der Insolvenzverwalter die Forderung freigegeben hat, erst mit der Aufnahme des Rechtsstreits ([X.] NJW-RR 2010, 1351; vgl. [X.]Z 36, 258).

7

Vorliegend hat der Insolvenzverwalters mit Schriftsatz vom 9. Juli 2013 erklärt, dass er die Aufnahme des Rechtsstreits nach § 85 Abs. 2 [X.] ablehnt und das Verfahren somit freigegeben. § 85 [X.] betrifft [X.] des Insolvenzschuldners und damit auch ein Verfahren aufgrund eines Widerspruchs aus einer Marke des Insolvenzschuldners ([X.], [X.] 2/2009, [X.]. 2). Nach § 85 Abs. 2 [X.] steht es dem Insolvenzverwalter generell frei, die Aufnahme eines bei Verfahrenseröffnung anhängigen [X.]s abzulehnen. In diesem Falle kann der Insolvenzschuldner oder sein Rechtsnachfolger den Rechtsstreit nach den dafür maßgeblichen Vorschriften aufnehmen, weil er das Verfügungsrecht (zurück) erlangt ([X.] EWiR 2004, 519).

8

Nachdem die Widerspruchsmarke mit [X.] gem. §§ 398, 414 BGB auf die Inhaberin der angegriffenen Marke übertragen worden ist und sie beim [X.] einen Antrag auf Eintragung des Rechtsübergangs in das Register gestellt hat, konnte die neue Inhaberin der Widerspruchsmarke den Rechtsstreit daher gemäß § 28 Abs. 2 [X.] übernehmen. Infolge der Übernahme des Verfahrens konnte die Widersprechende auch die Rücknahme des Widerspruchs erklären, was zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens führt ([X.] GRUR 1998, 818 ff. - [X.]; näher: [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 66 Rd. 68 f.). Gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. § 269 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 ZPO ist daher auszusprechen, dass der angefochtene Beschluss, mit dem die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet wurde, wirkungslos ist (vgl. [X.] GRUR 1998, 818 ff. - [X.]).

Meta

33 W (pat) 507/12

19.11.2013

Bundespatentgericht 33. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 240 ZPO § 269 Abs 3 S 1 ZPO § 269 Abs 4 ZPO § 35 InsO § 36 InsO § 85 InsO § 398 BGB § 414 BGB

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 19.11.2013, Az. 33 W (pat) 507/12 (REWIS RS 2013, 1015)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1015

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