Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.02.2015, Az. IV ZR 468/14

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 14988

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 468/14

Verkündet am:

25. Februar 2015

Schick

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterin [X.], die Richter Dr.
Karczewski, [X.] und die Richterin [X.] im schriftli-chen Verfahren, bei dem Schriftsätze bis zum 28.
Januar 2015 einge-reicht werden konnten,

für Recht erkannt:

Die Revision der Klägerseite gegen das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 11.
August 2011 wird als unzulässig verworfen, soweit der Anspruch nicht auf den gemäß §
5a [X.] a.F. erklär-ten Widerspruch gestützt ist.

Im Übrigen sowie im Kostenpunkt wird das Berufungsur-teil auf die Revision aufgehoben und die Sache zur [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.

Der Streitwert wird auf 12.598,43

festgesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerseite (Versicherungsnehmerin: im Folgenden d. [X.]) begehrt von dem beklagten Versicherer (im Folgenden Versicherer) 1
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Rückzahlung geleisteter Versicherungsbeiträge einer Kapitallebensversi-cherung.

Diese wurde aufgrund eines Antrags d. [X.] mit Vertragsbeginn zum 1.
Februar 1996 nach dem so genannten Policenmodell des §
5a [X.] in der bei Antragstellung gültigen Fassung (im Folgenden §
5a [X.] a.F.) abgeschlossen. Mit Schreiben vom 21.
Juli 2010 erklärte d. [X.] den "[X.] gem. §
5a [X.] a.F. bzw. den Widerspruch nach §
8 [X.], bzw. den Widerruf nach §
355 BGB höchstvorsorglich die Anfechtung nach §
119 I BGB, hilfsweise die Kündigung". Der Versicherer behandel-te
das
Schreiben
als Kündigung
und zahlte den Rückkaufswert aus.

Mit der Klage verlangt d. [X.] Rückzahlung aller auf die Verträge geleisteten Beiträge nebst Zinsen abzüglich des bereits gezahlten [X.], insgesamt 12.598,43

.

Nach Auffassung d. [X.] ist der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekommen. Auch nach Ablauf der Frist des

gegen Gemein-schaftsrecht verstoßenden

§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. habe der [X.] noch erklärt werden können.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen,
das [X.] die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision ver-folgt d. [X.] das Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist als unzulässig zu verwerfen, soweit der Anspruch nicht auf den gemäß §
5a [X.] a.F. erklärten Widerspruch gestützt ist. 2
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Im Übrigen führt sie zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur [X.] an das Berufungsgericht.

I. Dieses hat einen Prämienrückerstattungsanspruch aus unge-rechtfertigter Bereicherung verneint.
D. [X.] sei im Versicherungsschein über das Widerspruchsrecht gem. §
5a [X.] a.F. schriftlich und druck-technisch in ausreichend deutlicher Form belehrt worden. [X.] könne, ob diese Belehrung im Übrigen ausreichend sei. Der Vertrag sei jedenfalls gemäß
§
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie rückwirkend endgültig wirksam geworden. D. [X.] stehe auch kein Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung der vorver-traglichen Aufklärungspflicht zu.

[X.] Die Revision ist mangels Zulassung hinsichtlich des mit ihr [X.] Schadensersatzanspruchs unzulässig.

Sie ist nur statthaft, soweit das Berufungsgericht den Widerspruch nach §
5a [X.] a.F. für unwirksam erachtet hat. Es hat die Revision [X.], soweit die Rechtsfrage betroffen ist, ob die Vorschrift des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. den Regelungen der [X.] ent-sprochen habe. Diese im Tenor und in den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebrachte Beschränkung der Revisionszulassung auf den aus dem Widerspruch abgeleiteten Bereicherungsanspruch ist wirksam. Der diesem zugrunde liegende Sachverhalt kann in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht un-abhängig von dem für die Schadensersatzforderung maßgeblichen Pro-zessstoff beurteilt werden (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 -
IV ZR 76/11, [X.], 101 Rn.
11).
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I[X.] Die Revision ist, soweit sie zulässig ist, begründet.

1. Ein Anspruch auf Prämienrückzahlung aus §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB kann d. [X.] mit der vom Berufungsgericht gegebenen [X.] nicht versagt werden.

a) Nach dem
für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachver-halt ist davon auszugehen, dass der von d. [X.] erklärte Widerspruch

ungeachtet des Ablaufs der in §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. normierten Jahresfrist

rechtzeitig war und infolgedessen der zwischen den [X.] geschlossene Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande gekom-men ist.

aa) Das Berufungsgericht hat zwar angenommen, dass d. [X.] im Versicherungsschein über das
Widerspruchsrecht schriftlich und druck-technisch in ausreichend deutlicher Form belehrt worden
sei. Es hat aber dahinstehen lassen, ob diese Belehrung im Übrigen ausreichend war, und nicht festgestellt, ob d. [X.] mit dem Versicherungsschein die Versi-cherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation erhielt.

Wenn d. [X.]
-
was für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist -
die Versicherungsbedingungen und eine Verbraucherinformation nicht erhalten hat, bestand das Widerspruchsrecht nach Ablauf der Jahresfrist und noch im Zeitpunkt der Widerspruchserklärung fort.

Das ergibt die richtlinienkonforme Auslegung des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. auf der Grundlage der Vorabentscheidung des [X.] der [X.] vom 19.
Dezember 2013 ([X.], 225). Der Senat hat mit Urteil vom 7.
Mai 2014 (aaO
Rn.
17-34) entschieden und im Einzelnen begründet, die Regelung müsse richtli-10
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nienkonform teleologisch dergestalt reduziert werden, dass sie im An-wendungsbereich der [X.] und der Dritten Richtlinie
Lebensversiche-rung keine Anwendung findet und für davon erfasste Lebens-
und Ren-tenversicherungen sowie Zusatzversicherungen zur Lebensversicherung grundsätzlich ein Widerspruchsrecht fortbesteht, wenn d. [X.] nicht ord-nungsgemäß über das Recht zum Widerspruch belehrt worden ist und/oder

wie hier für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist

die Verbraucherinformation oder die Versicherungsbedingungen nicht erhal-ten hat.

bb) Die hilfsweise erklärte Kündigung des [X.] steht dem Widerspruch nicht entgegen (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
36 m.w.N.).

b) Die bereicherungsrechtlichen Rechtsfolgen der Europarechts-widrigkeit des §
5a Abs.
2 Satz
4 [X.] a.F. sind nicht auf eine Wirkung ab Zugang des Widerspruchs (ex nunc) zu beschränken, sondern nur ei-ne Rückwirkung entspricht dem [X.] (dazu im Einzelnen Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
42-44).

2. Der Höhe nach umfasst der [X.] nach §
812 Abs.
1 Satz
1 Alt.
1 BGB nicht uneingeschränkt alle gezahlten Prämien. Vielmehr muss sich d. [X.] bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwick-lung den jedenfalls bis zur Kündigung des Vertrages genossenen Versi-cherungsschutz anrechnen lassen. Der Wert des Versicherungsschutzes kann unter Berücksichtigung der
Prämienkalkulation bemessen werden; bei Lebensversicherungen kann etwa dem Risikoanteil Bedeutung [X.] (Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
45 m.w.N.).
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Da es auch hierzu an Feststellungen fehlt, ist der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück-zuverweisen. Es wird den Parteien Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag zu geben haben (vgl. Senatsurteil vom 7.
Mai 2014 aaO Rn.
46).

[X.]

[X.] Dr.
Karczewski

[X.] [X.]
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.03.2011 -
22 O 582/10 -

O[X.], Entscheidung vom 11.08.2011 -
7 [X.] -

19

Meta

IV ZR 468/14

25.02.2015

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.02.2015, Az. IV ZR 468/14 (REWIS RS 2015, 14988)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 14988

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IV ZR 76/11

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