Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2000, Az. XI ZR 277/99

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 939

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[X.] DES VOLKESURTEILXI ZR 277/99Verkündet am:10. Oktober 2000Herrwerth,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündlicheVerhandlung vom 10. Oktober 2000 durch den Vorsitzenden Richter[X.] und [X.] Siol, [X.], [X.] undDr. [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des [X.] wird, unter Zurückwei-sung des Rechtsmittels im übrigen, das Urteil des [X.] des 22. Zivilsenats in [X.] desOberlandesgerichts [X.] vom 30. August1999 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als esdie Klage betrifft.Auf die Berufung des [X.] werden, unter Zu-rückweisung des Rechtsmittels im übrigen, das [X.] 10. Zivilkammer des [X.]s [X.] vom13. März 1997 abgeändert und die Klage abgewiesen.Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz werdender Klägerin auferlegt. Von den Kosten der [X.] haben die Klägerin 86,2% und der [X.] 13,8% zu tragen.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die Parteien streiten um gegenseitige Ansprüche im [X.] mit einem Darlehensvertrag. Dem liegt folgender Sachverhalt zu-grunde:Der Beklagte unterhielt im Jahre 1995 bei der klagenden [X.] ein Girokonto. [X.], damals als Kassierer bei der Klägerin [X.] mit dem [X.] befreundet, hatte aus der Kasse der Klägerin inerheblichem Umfang Geld veruntreut. Er fürchtete im [X.] einer bevorstehenden Kassenprüfung die Aufdeckung der Fehlbe-träge und wandte sich deshalb am 10. Juli 1995 an den [X.]. [X.] spiegelte er vor, er sei dadurch in eine schwierige Lage geraten,daß er einem guten Kunden der Bank trotz fehlender [X.] herausgegeben habe; das Geld werde zwar kurzfristig [X.] auftauchen, wegen einer unmittelbar bevorstehenden Kassenprü-fung drohe aber die Feststellung des [X.], was zu seiner [X.] führen könne. Daraufhin unterschrieb der Beklagte auf [X.] einen [X.] über 60.000 DM zu Lasten seinesKontos, ohne jedoch Geld erhalten zu haben. Noch am selben Taghändigte [X.] dem [X.] Reiseschecks im Betrag von 45.000 US-Dollar aus, die dieser unterzeichnen und sodann auf seinem Konto gut-schreiben lassen sollte, um es auf diese Weise wieder auszugleichen.Dem kam der Beklagte auch nach.Dem Girokonto des [X.] wurden von der Klägerin zunächstaufgrund des von ihm unterzeichneten [X.] 60.000 [X.] und sodann für die Reiseschecks 62.721 DM gutgeschrieben.Da [X.] jedoch die Reiseschecks bei [X.] als zu Lasten [X.] ausgegeben deklariert hatte, wurde dessen Konto Ende [X.] -1995 wieder mit dem Gegenwert der Reiseschecks belastet. [X.] sich ein buchungsmäßiger [X.] von 58.624,48 DM.Die Klägerin verlangte von dem [X.] Ausgleich des [X.]. Dieser berief sich darauf, daß ihm am 10. Juli 1995 entgegen [X.] des [X.] kein Geld ausgezahlt worden sei, [X.] aber keinen Beweis erbringen, weil [X.] inzwischen verschwundenwar. Um die Belastung seines Girokontos mit Überziehungszinsen zuvermeiden, schloß er am 4. August 1995 mit der Klägerin einen Darle-hensvertrag über 60.000 DM, die dem Girokonto gutgeschrieben [X.].Nachdem der Beklagte zunächst die vereinbarten [X.] von jeweils 700 DM für Zinsen und Darlehenstilgung regelmäßigentrichtet hatte, focht er den Darlehensvertrag an und stellte [X.] Zahlungen ein. Daraufhin kündigte die Klägerin das Darlehen.Die Klägerin verlangt mit der Klage Rückzahlung des noch [X.] von 56.621,76 DM nebst Zinsen. Mit der [X.] Instanz erhobenen Widerklage begehrt der Beklagte von derKlägerin die Rückzahlung der von ihm gezahlten Raten in Höhe voninsgesamt 9.100 DM nebst Zinsen.Das [X.] hat der Klage stattgegeben, das Berufungsge-richt hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen und seine Wider-klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seine [X.] Instanz gestellten Anträge [X.] 5 -Entscheidungsgründe:Hinsichtlich der Klage ist die Revision begründet und führt zurKlageabweisung. Hinsichtlich der Widerklage ist die Revision dagegenunbegründet.A. Zur [X.] Berufungsgericht hat einen Darlehensrückzahlungsanspruchder Klägerin bejaht und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:Der Darlehensvertrag vom 4. August 1995 sei durch die Anfech-tung seitens des [X.] nicht unwirksam geworden. Ein [X.] im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB liege nicht vor, weil der [X.] von der Klägerin weder durch arglistige Täuschung noch durchwiderrechtliche Drohung zum Abschluß des Kreditvertrags bestimmtworden sei. Auch eine Irrtumsanfechtung nach § 119 BGB scheide aus,weil der Beklagte sich bei dem Abschluß des Vertrages in keinem [X.] oder Inhaltsirrtum befunden habe. Bei einem etwaigen Irrtumdes [X.] über seine Verpflichtung zum Ausgleich des [X.] es sich allenfalls um einen rechtlich unbeachtlichen Motivirrtumgehandelt haben.Gegenüber dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerinstehe dem [X.] auch kein bereicherungsrechtliches oder sonsti-ges Leistungsverweigerungsrecht zu, weil der [X.] des [X.], zu dessen Ausgleich das Darlehen verwandt worden sei, zu- 6 -Recht bestanden habe. Aufgrund des vom [X.] am 10. Juli 1995unterzeichneten [X.] sei nämlich dessen Girokonto trotzfehlender Barauszahlung mit Recht belastet worden. Dem [X.] dem [X.] und der dadurch veranlaßten Kontobela-stung entsprechender Gegenwert in Form eines Auszahlungsanspruchsgegen die Klägerin zugeflossen, über den er in der Weise verfügt habe,daß er auf die Auszahlung verzichtet und das Buchgeld zugunsten sei-nes Freundes [X.] habe stehen lassen, um auf diese Weise den von [X.]zu vertretenden Fehlbestand in der Barkasse auszugleichen.Aus den Vorgängen um die Reiseschecks ergebe sich nichts [X.]. Entgegen der Auffassung des [X.] könne nicht davon aus-gegangen werden, daß die 60.000 DM, über die der Beklagte den [X.] vom 10. Juli 1995 unterzeichnet habe, dem Ankauf [X.] hätten dienen sollen. Das Hin- und Hergeschiebe [X.] stelle sich vielmehr als eine von [X.] veranlaßte nachträglicheVerschleierungsaktion dar, durch die dem [X.] eine Absicherungdes von ihm dem [X.] zur Verfügung gestellten Buchgeldes habe vorge-spiegelt werden sollen.[X.] Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung im [X.] Punkt nicht stand.1. Fehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings die [X.] durch den [X.] als unwirksam angesehen.Seine Ausführungen über das Fehlen von [X.] im [X.] 7 -ne der §§ 119, 123 BGB lassen keinen Rechtsfehler erkennen und wer-den von der Revision auch nicht angegriffen.2. Zuzustimmen ist dem Berufungsgericht entgegen der [X.] Revision auch darin, daß die Vorgänge vom 10. Juli 1995 nicht imSinne eines Ankaufs von Reiseschecks gegen Barzahlung gedeutetwerden können. Dem [X.] kam es damals nicht darauf an, von derKlägerin Reiseschecks zu erwerben, sondern allein darauf, seinemFreund [X.] dabei zu helfen, einen (angeblich) vorübergehenden [X.] vor der Kassenprüfung zu verbergen. Die [X.] der Reiseschecks konnte aus seiner Sicht daher nur den Sinn ha-ben, ihn gegen die mit der Unterzeichnung des [X.]verbundenen Risiken abzusichern und dabei auch zu verhindern, daßsein Girokonto formal einen Sollsaldo aufwies, der die Gefahr einerBelastung mit Zinsen begründete.3. Aus der Unrichtigkeit der Deutung, die der Beklagte den [X.] vom 10. Juli 1995 zu geben versucht, folgt jedoch nicht, daßdie vom Berufungsgericht für richtig gehaltene Deutung zutreffend wä-re. Diese steht im Widerspruch zu den vom Gericht selbst festgestelltenTatsachen.Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ging der [X.] am 10. Juli 1995 davon aus, er müsse seinem Freund [X.] dabeihelfen, eine lediglich vorübergehende Überziehung eines [X.] vor den Augen der unmittelbar bevorstehenden Kassenprüfungzu verbergen. Der tatsächliche Ausgleich der Überziehung sollte nachdem, was [X.] dem [X.] vorgespiegelt hatte, später durch die [X.] zu erwartende Rückzahlung des "guten Kunden" erfolgen. [X.], daß die Unterzeichnung eines [X.] ohne [X.] -lung nicht den Sinn haben konnte, dem [X.] tatsächlich irgendwelcheGeldmittel zur Verfügung zu stellen, sondern aus der Sicht des [X.]n dazu dienen sollte, mit Hilfe eines unrichtigen Buchungsbelegseine von [X.] eigenmächtig zugelassene Überziehung eines [X.] für die Kassenprüfung unsichtbar zu machen. Mit der Unter-zeichnung des [X.] hat der Beklagte daher keine Verfü-gung über sein Girokonto vorgenommen, sondern lediglich eine inhalt-lich unrichtige Urkunde hergestellt. Die Verbuchung der angeblich [X.] 60.000 DM auf dem Girokonto des [X.] war daher eineFalschbuchung, die keine Forderung der Klägerin gegen den [X.]entstehen ließ.4. Da eine Kontoforderung der Klägerin gegen den [X.] [X.] nicht bestand, führte die Gutschrift des Darlehens vom4. August 1995 auf dem Girokonto nicht zum Ausgleich eines [X.] von 58.624,48 DM, sondern zu einem Kontoguthaben von mehr [X.]. Diesen Betrag schuldet die Klägerin dem [X.].Damit steht dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Klägerinein Anspruch des [X.] auf Auszahlung des [X.] ge-genüber. Da der Beklagte nicht vorgetragen hat, sein Kontoguthabengegen seine Darlehensschuld aufgerechnet zu haben, kann der erken-nende Senat zwar nicht von einem Erlöschen des [X.] ausgehen. Dem Verlangen der Klägerin nach Darle-hensrückzahlung steht jedoch der Einwand der unzulässigen Rechts-ausübung entgegen. Sie kann von dem [X.], der sich ihr gegen-über auf die Unrichtigkeit ihrer Buchungen auf dem Girokonto beruft,nicht eine Zahlung verlangen, obwohl sie sogleich verpflichtet wäre,dem [X.] einen noch höheren Betrag [X.] 9 -Dem steht nicht entgegen, daß der Beklagte mit der Unterzeich-nung des unrichtigen [X.] unredlich gehandelt hat. Füreinen daraus entstandenen Schadensersatzanspruch - der angesichtsder Tatsache, daß der Schaden bereits durch die zuvor erfolgten Ver-untreuungen des [X.] entstanden war und das Verhalten des [X.] lediglich zu einer unbedeutenden Verzögerung der Aufdeckung [X.] [X.]s beigetragen hat, keineswegs nahe liegt - hat dieKlägerin nichts vorgetragen.B. Zur WiderklageI.Einen Anspruch des [X.] auf Rückzahlung seiner auf [X.] vom 4. August 1995 gezahlten Raten hat das Berufungsge-richt mit der Begründung verneint, es komme allein ein [X.] Rückzahlungsanspruch in Betracht. Ein solcher sei indesnicht gegeben, weil der streitgegenständliche [X.] zustande gekommen und auch nicht durch Anfechtung in [X.] sei.[X.] Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung stand.Wie oben bereits dargelegt wurde, ist das Berufungsgericht ohneRechtsfehler von der Unwirksamkeit der Anfechtung des Darlehensver-trages durch den [X.] ausgegangen. Da der Beklagte auf eine- 10 -tatsächlich bestehende Darlehensschuld gezahlt hat, sind [X.] aus ungerechtfertigter Bereicherung nicht gegeben.Der Umstand, daß der Beklagte, wie ebenfalls oben bereits [X.] wurde, nicht nur Schuldner eines [X.] der Klägerin, sondern zugleich auch Gläubiger einer deutlichhöheren Kontoforderung gegen die Klägerin ist, ist insoweit ohne Be-lang. Mit seiner Widerklage hat er nicht diese Kontoforderung oder [X.], um den sie seine verbleibende Darlehensschuld übersteigt,sondern ausdrücklich nur seine angeblichen Ansprüche auf Rückzah-lung der einzelnen auf das Darlehen gezahlten Raten geltend gemacht.[X.] [X.] [X.] [X.] Dr. Müller

Meta

XI ZR 277/99

10.10.2000

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.10.2000, Az. XI ZR 277/99 (REWIS RS 2000, 939)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 939

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