Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2011, Az. KZR 7/10

Kartellsenat | REWIS RS 2011, 2075

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
KZR 7/10
Verkündet am:

24. Oktober 2011

Bürk

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

[X.]enkündigung
[X.] § 20 Abs. 1
Eine nach §
20 Abs.
1 [X.] verbotene Diskriminierung liegt nur vor, wenn sich die beanstandete Ungleichbehandlung nachteilig auf die [X.]position des anspruchstellenden Unternehmens auswirkt.
[X.], Urteil vom 24. Oktober 2011 -
KZR 7/10 -
[X.]-Holsteinisches OLG

[X.]

-
2
-
Der [X.]ellsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom
24.
Mai 2011 durch den Präsidenten des [X.] Prof.
Dr.
Tolksdorf und [X.]
Raum, Dr.
Strohn, Dr.
Kirchhoff und Dr.
Bacher

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des [X.]ellsenats des [X.] vom 28.
Januar 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 350.000

t-gesetzt.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, ein sogenannter Pressegrossist, verlangt von der beklagten Vertriebsgesellschaft der [X.] weiterhin mit Presseerzeugnissen des [X.]-Konzerns, eines der führenden [X.] und [X.], beliefert zu werden.

1
-
3
-
In [X.] werden nahezu alle Zeitungen und Zeitschriften, die über den stationären Einzelhandel mit Ausnahme des [X.] werden, auf [X.] von insgesamt 73
[X.] ver-trieben. Neben 15
[X.]en mit unterschiedlicher [X.] gibt es 58
verlagsunabhängige [X.]en, zu denen auch die Klägerin zählt. Grund-sätzlich versorgt
jeweils nur ein einziger [X.]
ein bestimmtes Gebiet mit den Publikationen sämtlicher Verlage. Lediglich in [X.] und [X.] besteht ein sogenanntes [X.] mit [X.], wobei zwei [X.]en jeweils die Produkte bestimmter Verlage ausschließlich vertreiben. Einer der beiden [X.]en in [X.] ist die Pressevertrieb Nord KG ([X.]), ein hundertpro-zentiges Konzernunternehmen der [X.].

Die [X.]en kaufen die Zeitungen und Zeitschriften von den Verlagen und verkaufen sie zu gebundenen Preisen an die Einzelhändler in ihrem Gebiet weiter. Nicht verkaufte Exemplare werden von den Verlagen rückvergütet (Re-missionsrecht). Die Handelsspannen
der [X.]en
werden zwischen ihnen und den Verlagen jeweils für mehrere Jahre vereinbart. Für die
verlagsunab-hängigen [X.]en
werden diese
Verhandlungen vom [X.], Zeitungs-
und Zeitschriften-[X.]en e.V. ([X.]) geführt.

Am 19.
August 2004 unterzeichneten der [X.] ([X.]), dessen Mitglied die [X.] ist, der [X.] ([X.]) und der [X.] eine "Gemeinsame Er-klärung", in der es
auszugsweise
heißt:

Verlage und [X.]en bekennen sich einmütig zum bewährten Grosso-Vertriebssystem zugunsten der Überallerhältlichkeit und Vielfalt
des Pressean-gebots in [X.]. Dies beinhaltet auch die Akzeptanz der gegenwärtigen Grosso-Struktur, die aus einer Mischung von mittelständischen [X.]en (ca. 85% Umsatz-Anteil) und [X.]en mit vielfältigen [X.]en be-steht. Eine Ausweitung der [X.] mit [X.] ist nicht ge-plant.

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4
-

Einhergehend mit diesem Bekenntnis für eine partnerschaftliche und langfristige Zusammenarbeit sehen [X.]en und Verlage keine Notwendigkeit, das Grosso-System gesetzlich zu
sichern. Die Geschäftsbeziehungen sollen, unter Berücksichtigung der [X.], marktwirtschaftlichen Bedingungen unterlie-gen.

Zwischen der Klägerin und dem [X.]-Verlag
wurden
mit Vertrag vom 12./17.
November 1965 Allgemeine Lieferungs-
und Zahlungsbedingungen ver-einbart, die wesentliche Regelungen des Grosso-Vertriebs enthalten, die [X.] der Parteien allerdings nicht vollständig wiedergeben.

Mit Schreiben vom 30.
Mai 2008 wies die [X.] die Klägerin darauf hin, dass die geltende Handelsspannenvereinbarung zum 28.
Februar 2009 auslaufe und sich nicht automatisch verlängere; die [X.] kündigte deshalb
"vorsorglich und zur Klarstellung die bestehenden Regelungen"
zu diesem Termin. Mit Schreiben vom 20.
Oktober 2008 teilte sie der Klägerin mit, dass ihr [X.] wegen der ausdrücklichen Befristung und Kündigung der [X.] zum 28.
Februar 2009 ende,
und kündigte den
[X.]
zudem vorsorglich zu diesem Datum. Zum 1.
März 2009 beauftragte die [X.] die [X.] mit dem Vertrieb der Zeitungen und Zeitschriften der [X.] [X.] im Gebiet der Klägerin. Ebenso verfuhr sie gegenüber zwei anderen [X.]en in der Nähe von [X.].

Die Klägerin meint, sie habe einen vertraglichen Anspruch auf Weiterbe-lieferung, da die [X.] im Hinblick auf die [X.] nicht zur Kündigung berechtigt gewesen sei. Außerdem behandele die [X.] sie ohne rechtfertigenden Grund gegenüber den übrigen Presse-[X.]en, mit denen die [X.] die [X.] fortsetze, ungleich und behindere dabei nicht nur
sie, sondern auch andere Verlage und den Einzelhandel.

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7
-
5
-
Die Klägerin hat beantragt,

die [X.] zu verurteilen, ausschließlich die Klägerin im Vertriebsgebiet der Klägerin mit sämtlichen Presseerzeugnissen der [X.]n zur Abgabe an den stationären Einzelhandel mit Ausnahme des [X.] zu den Be-dingungen zu beliefern, die die [X.] am 13.
Mai 2009 mit dem [X.] vereinbart hat;

hilfsweise,

die [X.] zu verurteilen, die Klägerin zu den Bedingungen des bisherigen
[X.]-Vertriebsvertrags im Vertriebsgebiet der Klägerin mit sämtlichen Presseerzeugnissen der [X.]n zur Abgabe an den stationären Einzelhandel mit Ausnahme des [X.] zu beliefern.

Das [X.] hat der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben. Auf die Berufung der [X.]n hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.] begehrt.

Entscheidungsgründe:

A. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet gehalten und [X.] ausgeführt:

Es könne dahingestellt bleiben, ob der zwischen den Parteien abge-schlossene [X.] nach §
34 [X.] in der bis zum 31. Dezember 1998 geltenden Fassung (§ 34 [X.] aF)
formnichtig sei. Jedenfalls sei er durch das Schreiben der [X.]n vom 20.
Oktober 2008 mit einer Frist von sechs Mona-ten zum 30.
April 2009 wirksam gekündigt worden, ohne dass es dafür beson-derer Kündigungsgründe bedurft habe.

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11
-
6
-
Vertragliche Vereinbarungen stünden der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen. Die [X.] sei nicht Bestandteil des zwischen den Parteien geschlossenen Vertriebsvertrags geworden. Für eine vertragliche Bindung der [X.]n reiche nicht aus, dass ihre
Konzernmuttergesellschaft
Mitglied im [X.] sei. Aus der [X.]
könnten sich auch
keine einklagbaren Pflichten
unter dem Aspekt einer Branchenübung ergeben, weil es sich
dabei lediglich
um eine branchenpolitische Absichtserklärung
handele.

Die Klage sei auch nicht aus §
20 Abs.
1 [X.] begründet. [X.]ellrecht greife im Streitfall schon nicht ein, weil durch die Tätigkeit der [X.] im bisheri-gen [X.]
der Klägerin überhaupt erst ein gewisser Wettbewerb eröff-net werde. Allerdings sei die [X.] [X.] in einem Geschäftsver-kehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich sei. Eine [X.] oder ungerechtfertigt unterschiedliche Behandlung der Klägerin auf dem insoweit relevanten Markt sei aber nicht zu erkennen. Sachlich rele-vanter Markt sei der [X.], während räumlich relevant nur das Gebiet sei, in dem die Klägerin (bislang ausschließlich) tätig
gewesen sei. Unter dem im Rahmen des [X.] allein maßgeblichen wettbewerblichen Aspekt sei nicht zu beanstanden, wenn in dem bisherigen [X.] nun der Wettbewerb (zunächst) zweier Vertriebsorganisationen um die Verlage, deren Produkte sie vertreiben, angestoßen werde. Auch eine sachlich ungerechtferti-ge Ungleichbehandlung liege nicht vor. Der Übergang zur Eigenversorgung nach angemessener Frist sei mit §
20 Abs.
1 [X.] vereinbar. Die Klägerin habe keinen Anspruch darauf, dass das bisherige Monopolsystem perpetuiert werde. Auch im Hinblick auf Art.
5 Abs.
1 Satz
2 GG und
bei
allem -
durchaus nach-vollziehbaren
-
Gemeinwohlinteresse an der Aufrechterhaltung des bisherigen [X.] ergebe sich keine Bindung der [X.]n hinsichtlich der Wahl
ihres Vertriebspartners.

12
13
-
7
-
B. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat kei-nen
Erfolg. Der
[X.]
der Parteien konnte von
der [X.]n
or-dentlich
gekündigt
werden, ohne dass es dazu der Darlegung eines sachlichen Grundes bedurfte. Eine Verpflichtung der
[X.]n,
neben der [X.] auch die
Klägerin
weiter
mit den Presseerzeugnissen der [X.] zu [X.], besteht ebenfalls nicht.

I. Dahinstehen
kann, ob der Vertrag dem Schriftformerfordernis des §
34 [X.] aF nicht genügte, weil er die Vereinbarungen der Parteien nicht [X.] wiedergab, und ob es
der [X.]n gegebenenfalls nach §
242 BGB ver-wehrt
war, sich auf einen etwaigen Mangel der Schriftform zu berufen (vgl. [X.], Urteil vom 20.
Mai 2003 -
KZR
29/02, [X.], 1448, 1450
-
Apollo-Optik; [X.] in [X.]/Bunte, [X.]ellrecht, 11.
Aufl., [X.]. zu §
34a
[X.] Rn.
40
ff.; [X.], [X.], 784, 790
f.).
Denn die [X.] hat den [X.] jedenfalls wirksam gekündigt. Auf unbestimmte Zeit abge-schlossene Dauerverträge können grundsätzlich auch ohne ausdrückliche [X.] mit angemessener Kündigungsfrist ordentlich beendet werden. Unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Streitfalls gilt dies auch im Verhältnis der Parteien.
Insbesondere ergibt sich aus der
Gemeinsamen
Erklä-rung vom 19.
August 2004 nichts anderes.

1.
Ob und gegebenenfalls mit welchem Inhalt die [X.] rechtliche Bindungen der beteiligten Berufsverbände begründet hat, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Jedenfalls entfaltet sie keine Rechtswirkungen gegenüber den
einzelnen
Verlagen. Dafür wäre es erforderlich gewesen, dass der einzelne Verlag entweder individuell der [X.] beigetre-ten wäre
oder deren Inhalt im Wege der Änderung seines jeweiligen [X.] als verbindlich anerkannt
hätte. Beides ist -
jedenfalls seitens der [X.]
-
nicht geschehen.
14
15
16
-
8
-

a) Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der [X.] aufgrund allgemeiner oder gesonderter Vollmacht berechtigt war, in der [X.] als Vertreter
Rechtswirkungen
für die ihm angeschlossenen Verlage
oder jedenfalls
für
die [X.]
zu begründen.
Die [X.] ist der Ge-meinsamen Erklärung auch weder ausdrücklich beigetreten, noch hat sie ihren Inhalt in den Vertrag mit der Klägerin übernommen. Der Vertrag wurde vielmehr nach der [X.] unverändert fortgeführt.

b) Zwar lässt sich dem Schlusssatz der [X.] wie auch verschiedenen von der Klägerin vorgelegten Dokumenten entnehmen, dass die [X.] der branchenweiten Selbstregulierung zur Vermeidung gesetzgeberischer Eingriffe dienen sollte
und von der Bundesre-gierung angeregt worden war
(vgl. etwa Schreiben der Beauftragten der [X.], St[X.]tsministerin Dr.
[X.], vom
21.
September 2004,
die
Antworten des [X.]. St[X.]tssekretärs Dr.
[X.] vom 1.
Dezember 2004 -
Deutscher [X.], 15.
Wahlperiode, 144.
Sitzung, S.
13407
-
und des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, St[X.]tsminister [X.] vom 5.
September 2006 -
BT-Drucks.
16/2552, S.
1
-, jeweils auf Anfragen des Abgeordneten [X.], sowie
Medi-en-
und Kommunikationsbericht der Bundesregierung 2008, S.
163).

Politische Appelle, Erwartungen und Bewertungen sind aber als solche
ungeeignet, unmittelbar rechtsverbindliche Pflichten einzelner Bürger oder Un-ternehmen zu begründen. Sie können auch im Streitfall keine Verbindlichkeit
der [X.] für die Verlage herbeiführen.
Etwas anderes ergibt sich hier auch nicht
aus der verbandspolitischen Entscheidung der [X.], im Hinblick auf die [X.]
davon Abstand zu nehmen, 17
18
19
-
9
-
auf
eine in ihrem Vorfeld erwogene gesetzliche Absicherung des [X.] hinzuwirken.

2.
Die [X.] ist an der ordentlichen
Kündigung des [X.]s
nicht durch eine Branchenübung gehindert. Die Klägerin hat
dazu
lediglich
aus-geführt, in den letzten 40 Jahren sei es zu keinen Kündigungen von [X.]en gekommen.
Das kann indes auf ganz unterschiedlichen
Umständen
und [X.] beruhen. Der Umstand, dass [X.] über einen längeren Zeit-raum nicht gekündigt worden sind, lässt deshalb nicht den Schluss zu, dass eine ordentliche Kündigung solcher Verträge kraft Branchenübung ausge-schlossen wäre.

3.
Die ordentliche Kündigung des [X.]s mit der Klägerin ohne Nachweis eines sachlich gerechtfertigten Grundes ist auch kein mit §
242 BGB unvereinbares, widersprüchliches und daher unbeachtliches Verhalten der [X.]n.

Der Umstand, dass die [X.] von den Verhandlungen, die zu der [X.] führten, Kenntnis haben musste und ein [X.] von ihr weder festgestellt noch vorgetragen ist, reicht nicht aus, zu-gunsten der
Klägerin einen rechtlich beachtlichen Vertrauenstatbestand zu schaffen, dass die [X.] den [X.] nicht ohne sachlich gerechtfer-tigten
Grund kündigen werde.
Soweit aus dem Verhalten der [X.] geschlossen werden könnte, dass sie dem Inhalt der Gemeinsamen Er-klärung bei deren Abschluss zustimmte, wäre sie mangels für sie [X.] Bindungen grundsätzlich nicht gehindert gewesen, ihre Haltung später zu ändern.
Die Klägerin hatte keine Grundlage darauf zu vertrauen, dass eine sol-che Änderung der Haltung nicht erfolgen werde. Insbesondere
hatte die [X.] gegenüber der Klägerin
insoweit
weder ein vertrauensbegründendes Verhal-20
21
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-
10
-
ten gezeigt noch entsprechende Erklärungen abgegeben.
Sie hat der [X.]n nicht zugesagt, ihr Kündigungsrecht nur aus sachlichem Grund auszuüben (vgl. [X.],
NJW-RR 1992, 1038).

Es
ist
auch
weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Klägerin
im Hinblick auf die
[X.] auf den Fortbestand ihres Vertrags vertraut und in diesem Vertrauen besondere Dispositionen getroffen hat.
Die verbandspolitische Entscheidung des [X.], sich nicht um eine gesetzliche Absicherung des [X.] zu bemühen, stellt keine für § 242 BGB rele-vante Vertrauensbetätigung der Klägerin dar.

II.
Die Klägerin kann ihren
Hauptantrag auch nicht auf
§
20 Abs.
1 [X.] stützen.

1.
§ 20 Abs. 1 [X.] käme von vornherein nicht als Anspruchsgrundlage in Betracht, wenn der von der Klägerin hauptsächlich verfolgte ausschließliche Belieferungsanspruch auf die Aufrechterhaltung eines kartellrechtlich unzuläs-sigen [X.]s gerichtet wäre. Denn ein kartellrechtlich unzulässiges Verhalten verdient im Rahmen des § 20 Abs. 1 [X.] keinen Schutz. Bei der gebietsbezogenen [X.], die Grundlage des Grosso-Systems ist, handelt es sich um eine [X.]beschränkung, die nur zulässig ist, wenn sie die Freistellungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 1 [X.] erfüllt.

2.
Es bedarf im Streitfall aber keiner Entscheidung, ob das System des [X.] nach § 2 Abs. 1 [X.] freigestellt ist. Denn
selbst wenn die Frei-stellung zugunsten der Klägerin
unterstellt wird,
scheidet ein Anspruch nach §
20 Abs. 1 [X.] bereits aus anderen Gründen aus.

23
24
25
26
-
11
-
a) Die [X.] ist allerdings [X.] des §
20 Abs.
1 [X.]. Als Tochtergesellschaft der [X.], deren Verlage die Preise ihrer Zeitschriften binden, ist auch die [X.] als preisbindendes Unternehmen im Sinne von §
30 Abs.
1 Satz
1 [X.] anzusehen.
Die Klägerin kann sich, auch wenn sie selbst in das Preisbindungssystem der [X.]n einbezogen war, auf diese [X.]eneigenschaft berufen
(vgl. [X.], Urteil vom 9. November 1967, [X.]/E [X.] 886, 888 f. -
Jägermeister; B[X.]A,
[X.]/[X.] 1441, 1442 -
Bürsten).

b) Die Klägerin begehrt Zugang zu einem gleichartigen Unternehmen üb-licherweise zugänglichen Geschäftsverkehr.
Maßgeblicher Geschäftsverkehr im Sinne dieses Tatbestandsmerkmals, das
nach ständiger Rechtsprechung nur einer verhältnismäßig groben Sichtung dient ([X.], Urteil vom 8. Mai 2007

[X.], [X.]/[X.] 1983 -
Autoruf-Genossenschaft II, Rn. 11, mwN), ist hier der Großhandel mit Presseerzeugnissen.

Dieser Geschäftsverkehr
ist
üblicherweise zugänglich, weil
mit der Kläge-rin gleichartige Unternehmen, nämlich die anderen [X.] Pressegrossis-ten, in ihrem jeweiligen Gebiet Zugang zum Großhandelsvertrieb für das ge-samte in [X.] angebotene Zeitungs-
und Zeitschriftensortiment haben.
Dass bei der gebietsbezogenen [X.]
regelmäßig nur ein [X.] für ein bestimmtes Gebiet zugelassen wird, steht der Zugänglichkeit des [X.] nicht entgegen. Denn üblicherweise zugänglich
ist ein Ge-schäftsverkehr auch dann, wenn der Zugang quantitativ begrenzt ist und in be-stimmten Gebieten
nur wenige oder sogar nur ein Anbieter
tätig sind (vgl. [X.], Urteil vom 7.
März 1989 -
KZR
15/87, [X.]Z 107, 273, 278
-
Lotterie-bezirksstelle; Urteil vom 14.
Juli 1998 -
KZR
1/97, [X.]
DE-R 201, 203 -
Schilderpräger im Landratsamt; [X.] in [X.]/Bunte, [X.], 11.
Aufl., §
20 Rn.
104 [X.], 106 [X.]; [X.] in [X.], Handbuch des [X.]ellrechts, 27
28
29
-
12
-
2. Aufl., § 27 Rn. 4 [X.]).
Andernfalls würde das Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 [X.] regelmäßig nicht gegenüber Unternehmen gelten, die ihre Erzeug-nisse über [X.] absetzen, was mit der auf die Freiheit des [X.] gerichteten Zielsetzung des [X.] nicht vereinbar wä-re (vgl. Sommerlad, [X.], 269).

c) Eine Ungleichbehandlung der
Klägerin
gegenüber gleichartigen Unter-nehmen im Sinne des § 20 Abs. 1 [X.] liegt jedoch nicht vor.

[X.]) Die Klägerin kann sich unter dem Aspekt der Ungleichbehandlung nicht darauf berufen, dass die [X.] sie nicht mehr beliefert, wohl aber die [X.]. Die [X.] bildet als Konzernunternehmen der [X.] mit der [X.]n eine wirtschaftliche Einheit. Sie kann deshalb gegenüber der Kläge-rin nicht als gleichartiges Unternehmen angesehen werden (vgl. [X.], Urteil vom 24. September 2002 -
KZR 4/01, [X.]/[X.] 1003, 1004 -
Kommunaler Schilderprägebetrieb; Urteil vom 10. Februar 1987 -
KZR 6/86, [X.]/E [X.] 2360, 2365 -
Freundschaftswerbung).

[X.]) Aber auch in Bezug auf die anderen [X.]en fehlt es an
einer
nach § 20 Abs. 1 [X.] unzulässigen
Ungleichbehandlung. Die Klägerin vertreibt zwar ihre Presseerzeugnisse in weiten Teilen des [X.]s weiter über verlagsunabhängige [X.] mit [X.]. Das Diskriminie-rungsverbot
des § 20 Abs. 1 [X.] richtet sich aber nicht gegen
jede Ungleich-behandlung als solche, sondern gegen die sich
hieraus
ergebende Beeinträch-tigung der wettbewerblichen
Chancengleichheit gleichartiger Unternehmen.
Der
Normzweck ist auf den Schutz der [X.]möglichkeiten
anderer Unter-nehmen
vor Beeinträchtigungen durch den [X.]en gerichtet. Eine als
Ungleichbehandlung
beanstandete Bevorzugung
muss sich
daher
nachteilig auf die [X.]position
des anspruchstellenden
Unternehmens
auswirken 30
31
32
-
13
-
(vgl. [X.] in [X.]/Mestmäcker, [X.], 4. Aufl. 2007, § 20 Rn.
121; MünchKomm.[X.]/[X.], § 20 Rn. 72; Benisch in [X.] zum [X.], 4.
Aufl., § 26 Abs. 2 und 3 Rn. 83).

Das ist im Streitfall jedoch nicht der Fall. Die Belieferung der anderen [X.] in ihren jeweiligen [X.]sgebieten beeinträchtigt
nicht die wettbewerblichen Chancen der nicht mehr belieferten
Klägerin. Auf-grund der [X.]e im Grosso-System steht sie
mit ihnen nicht im
Wettbewerb. Wirkt sich die Besserstellung der anderen [X.]en aber nicht nachteilig auf die [X.]stellung der
Klägerin
aus, so kann diese sich auf kein schutzwürdiges Interesse an der Beseitigung der unterschiedlichen [X.] berufen (vgl. [X.], Urteil
vom
19. Juni 1975, [X.], [X.]/E [X.] 1405, 1410 -
Grenzmengenabkommen).

Diese Beurteilung steht nicht in Widerspruch zu der Regelung der Preis-spaltung in § 19 Abs. 4 Nr. 3 [X.]. Nach dieser Vorschrift kann
zwar
die Un-gleichbehandlung eines Abnehmers gegenüber gleichartigen Abnehmern auch auf anderen räumlichen Märkten den Missbrauch einer marktbeherrschenden
Stellung begründen. § 19 Abs. 4 Nr. 3 [X.] ist aber ein besonders geregelter Fall des [X.] und erfüllt damit eine andere Funktion als das Diskriminierungsverbot des § 20 Abs. 1 [X.]. Zweck des in
§
19 Abs. 4 Nr.
3 [X.] vorgesehenen Preisvergleichs ist es, eine
Ausbeutung der Abneh-mer im beherrschten Gebiet durch Preisspaltung aufzudecken und insoweit missbräuchliche
Marktergebnisse allein wegen der unangemessenen preisli-chen Belastung der Marktgegenseite zu verhindern (vgl. [X.] in [X.], Handbuch
des [X.]ellrechts, 2. Aufl., § 23 Rn. 51).

d) Auch eine unbillige Behinderung im Sinne von §
20
Abs.
1 [X.] ist nicht gegeben.
33
34
35
-
14
-

Die
Klägerin
wird
zwar
dadurch objektiv behindert, dass sie von der [X.]n nicht mehr beliefert wird. Diese Behinderung ist jedoch nicht unbillig.

Ob eine
Behinderung unbillig ist, bestimmt sich
anhand einer Gesamt-würdigung und Abwägung aller beteiligten Interessen
unter Berücksichtigung
der auf die Freiheit des [X.] gerichteten Zielsetzung des Gesetzes, die auf die Sicherung des [X.] und insbesondere die Offenheit der [X.] gerichtet ist
(st. Rspr.; vgl. [X.],
Urteil vom 12. März 1991

[X.], [X.]/E [X.] 2707, 2716 -
Krankentransportunternehmen II;
Urteil vom 24.
Juni 2003 -
KZR
32/01, [X.] DE-R 1144, 1146 -
Schülertransporte, mwN).
Danach kommt ein Anspruch der Klägerin auf ausschließliche Beliefe-rung mit den Presseerzeugnissen der [X.]n nicht in Betracht.

[X.]) Ausgangspunkt der im Rahmen des §
20 [X.] vorzunehmenden Abwägung ist der in
ständiger Rechtsprechung des Senats hervorgehobene, aus der unternehmerischen Handlungsfreiheit abzuleitende Grundsatz, dass das [X.] des §
20 Abs.
1 [X.]
den [X.]en grundsätz-lich nicht daran
hindert, seine geschäftliche Tätigkeit und sein Absatzsystem nach eigenem Ermessen so zu gestalten, wie er dies für wirtschaftlich sinnvoll und richtig erachtet. Das umfasst das Recht des [X.]en, seine
Waren statt wie bisher über unabhängige Absatzmittler künftig
über Tochtergesell-schaften zu vertreiben.
Da
die mit der [X.]n als [X.]en verbun-dene [X.] im Hinblick auf die
bestehende wirtschaftliche Einheit nicht als
mit der Klägerin
gleichartiges Unternehmen anzusehen ist, ist ihre Bevorzugung durch die [X.] für sich genommen nicht unbillig (vgl. [X.], [X.]/[X.] 1003, 1005
-
Kommunaler Schilderprägebetrieb; [X.], Urteil
vom 13. Juli 2004

[X.], [X.] DE-R 1377, 1378 f. -
Sparberaterin I).

36
37
38
-
15
-
[X.]) Gegen den von der Klägerin geltend gemachten [X.] spricht vor allem auch
von vornherein, dass die auf die Freiheit des [X.]
gerichtete Zielsetzung des Gesetzes gegen [X.]-beschränkungen grundsätzlich einem System der [X.] entgegen-steht, das jeden Wettbewerb auf [X.] ausschließt. Es erscheint deshalb schwer vorstellbar, der auf die Kontrolle von Marktmacht durch Förde-rung von Wettbewerb zielenden Vorschrift des
§ 20 Abs. 1 [X.]
die Verpflich-tung eines Verlages zu entnehmen, sämtliche Presseerzeugnisse über einen einzigen, auch von seinen
Wettbewerbern beauftragten etablierten Gebiets-grossisten zu vertreiben, auf dessen Auswahl er
praktisch keinen Einfluss hat.

cc) Eine Unbilligkeit der Beauftragung der [X.] mit dem
Vertrieb
der Presseerzeugnisse der [X.]n
könnte sich daher allenfalls
aufgrund beson-derer Umstände ergeben. Solche Umstände hat die Klägerin, die dafür die Dar-legungs-
und Beweislast trägt ([X.], Urteil vom 12.
November 1991, [X.]/E [X.] 2762, 2767 f. -
Amtsanzeiger mwN), jedoch nicht aufzuzeigen vermocht.

(1) Das Interesse der Klägerin, ihren Status als Alleinauslieferer für Pres-seerzeugnisse auf [X.] in ihrem Gebiet zu behalten, ist als [X.] im Rahmen des § 20 Abs. 1 [X.] nicht geschützt.

(2) Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass es auf unsachlichen Erwägun-gen der [X.]n beruhte, das an [X.] angrenzende Vertriebsgebiet der Klägerin für die Ausdehnung der Geschäftstätigkeit der [X.] auszuwählen. Ohne
entsprechenden, substantiierten Vortrag ist das nicht anzunehmen, weil aus Sicht der [X.]n logistische Gründe dafür sprechen konnten, ihrer [X.] allein in [X.] tätigen Schwestergesellschaft [X.] zunächst nur den Vertrieb im [X.]er Umland zusätzlich zu übertragen.
Die Klägerin [X.] auch nicht, dass ihr [X.] gekündigt wurde, weil sie Forderungen 39
40
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42
-
16
-
nach einer Bevorzugung der Presseerzeugnisse der [X.]n nicht
nachge-kommen sei. Die abstrakte Möglichkeit, dass künftig marktstarke Verlage ihr ordentliches Kündigungsrecht zu einem solchen Zweck als Druckmittel miss-brauchen könnten, kann eine präventive Beschränkung des Kündigungsrechts der nach dem festgestellten Sachverhalt insoweit bisher unverdächtigen [X.]n nicht begründen.

dd) Ist somit davon auszugehen, dass die [X.] die für die Ausdeh-nung des Tätigkeitsgebiets der [X.] bestimmten Gebiete nicht mit wettbe-werbswidriger Zielsetzung sondern kaufmännisch nachvollziehbar ausgewählt hat, kann sich das Interesse der Klägerin
an einer ausschließlichen Belieferung
gegenüber dem Interesse der [X.]n an der autonomen Gestaltung des ei-genen Vertriebs nicht als vorrangig erweisen.
Eine Beeinträchtigung weiterer abwägungsrelevanter Interessen, die diesem Interesse
der [X.]n
entge-genstehen, ist im Streitfall nicht erkennbar.

(1) Allerdings ist im Rahmen der nach §
20 [X.] erforderlichen Abwä-gung zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit der [X.]
nach einer Entscheidung des [X.] aus dem Jahre 1988
in den Schutzbereich der Pressefreiheit (Art.
5 Abs.
1 GG) einbezogen ist ([X.] 77, 346, 354
f). Das [X.] ist
deshalb
kartellrechtlich jedenfalls inso-weit privilegiert,
als die dort seit langem praktizierte vertragliche Bindung der [X.]en und Einzelhändler an den vom Verlag vorgegebenen Verkaufspreis vom Verbot
wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen
freigestellt ist (§
30 [X.]). Machen die Verlage von dieser Möglichkeit Gebrauch, sind sie den Bin-dungen des §
20 [X.] unterworfen. Aus diesem Zusammenhang der Normen
folgt, dass der gesetzliche Freistellungszweck der Preisbindung, der maßgeb-lich in der Gewährleistung der Pressefreiheit zu sehen ist (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zu einem Gesetz zur Regelung der Preisbindung bei Ver-43
44
-
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lagserzeugnissen, BT-Drucks. 14/9196,
S.
14,
zu dem im Wesentlichen inhalts-gleichen §
15 [X.] 1999), bei der Abwägung im Rahmen des §
20 [X.] zu berücksichtigen ist
([X.], [X.]O, §
20 Rn.
147).
Gleiches gilt für die Interessen des
Einzelhandels
mit Zeitungen und Zeitschriften, soweit sie mit dem Ziel, die Pressefreiheit zu fördern, gleichgerichtet sind.

Der Gesetzgeber
ist
davon ausgegangen, dass die Preisbindung für [X.] und Zeitschriften im Rahmen des historisch gewachsenen Grosso-Systems dazu geeignet ist, die Überallerhältlichkeit dieser Presseerzeugnisse sicherzustellen, die die Voraussetzung dafür ist, dass sich die Bürger in allen Teilen des [X.] unter den gleichen Voraussetzungen eine eigene Meinung bilden können (BT-Drucks. 14/9196 S.
14). Er
konnte dabei auf die Rechtspre-chung des [X.] Bezug nehmen, das die Bedeutung des Grosso-Systems insbesondere für neue, finanzschwache und minderheitenori-entierte Presseunternehmen hervorgehoben hat, die zum Aufbau eines eigenen Vertriebsnetzes außerstande sind
und ihr Publikum allein durch [X.]en zu erreichen vermögen ([X.],
[X.]O).
Soweit die Gesetzesbegründung des Buchpreisbindungsgesetzes im Zusammenhang mit der Beibehaltung der ver-traglichen Preisbindung für Zeitungen und Zeitschriften
auf das "historisch ge-wachsene zeitungs-
und zeitschriftenspezifische Vertriebssystem"
Bezug nimmt (BT-Drucks. 14/9196 S.
14), schließt dies allerdings das in [X.] und [X.] schon zu dieser Zeit praktizierte [X.] mit [X.] ein. Dieser Aussage kann deshalb keine Festlegung des Gesetzgebers auf eine gebietsbe-zogene [X.] entnommen werden.

(2) Auch unter Berücksichtigung der Pressefreiheit und
der vom [X.] zu ihrer Förderung erlaubten Preisbindung für Zeitungen und Zeitschrif-ten kann aus §
20 [X.]
aber
keine Verpflichtung der [X.]n
abgeleitet wer-45
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-
den, die Klägerin als
(bisherigen) [X.] weiterhin mit der alleinigen Auslieferung ihrer Presseerzeugnisse zu beauftragen.

Die Preisbindung, die der St[X.]t zum Schutz der Pressefreiheit erlaubt, wird weder unmöglich
gemacht
noch unzumutbar erschwert, wenn nicht alle Verleger denselben [X.]en beauftragen. Ein notwendiger Zusammenhang zwischen gebietsbezogener [X.] und Preisbindung ist weder
vor-getragen noch
ersichtlich.

Es ist
auch nicht erkennbar, dass sich der von der [X.]n beabsichtig-te Übergang zum [X.] im Gebiet der Klägerin in relevanter Weise nachteilig auf die Erhältlichkeit von sowie den Wettbewerb zwischen Presseer-zeugnissen auswirken könnte. Zwar ist nicht gänzlich auszuschließen, dass einige Einzelhändler (zur Berücksichtigung der Interessen der Einzelhändler im Zusammenhang mit dem Übergang von Wettbewerb im Großhandel zum Sys-tem der Alleingebietsgrossisten vgl. Urteil vom 10. Oktober 1978 -
KZR 10/77, [X.]/E [X.] 1527, 1529 -
Zeitschriften-[X.]en) sich im Interesse der Rati-onalisierung und einer einfachen Remission für die Belieferung nur durch einen [X.]en entscheiden und dadurch der unmittelbare Wettbewerb zwischen Presseerzeugnissen in den einzelnen Verkaufsstellen beeinträchtigt würde. Es ist aber zu erwarten, dass zumindest ein erheblicher Teil der Einzelhändler sich im Interesse eines vollständigen Sortiments von beiden [X.]en beliefern lassen wird, so dass weiterhin für die Bevölkerung alle Presseerzeugnisse leicht erreichbar blieben.

Dementsprechend ist auch weder festgestellt noch vorgetragen, dass in den Städten
[X.] und [X.], in denen ein System des [X.] mit [X.] besteht, die Zeitschriftenversorgung schlechter als im sonstigen [X.] ist. Auch wenn sich dies bei einem [X.] im ländlichen 47
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Raum nicht zwangsläufig ebenso verhalten muss, liegen jedenfalls im Streitfall auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts und des Vortrags der Klägerin keine [X.]altspunkte dafür vor, dass es bereits zu relevanten Be-einträchtigungen des [X.] zwischen den Presseerzeugnissen oder der Versorgungsmöglichkeiten der Verbraucher im Gebiet der Klägerin gekommen ist oder noch dazu kommen könnte.

Eine abweichende Beurteilung ist auch nicht deshalb geboten, weil das Grosso-System geeignet ist, die Vertriebskanäle für auflagenschwache Presse-erzeugnisse offen zu halten und ihnen den Marktzutritt zu erleichtern. Die Of-fenhaltung der Märkte entspricht zwar dem Zweck des [X.]. Es ist aber nicht zu erwarten,
dass der Marktzugang auflagenschwacher Presseerzeugnisse und kleiner Zeitschriftenverlage infolge der Kündigung des [X.]s der Klägerin erschwert wird. Denn die Klä-gerin bleibt beim Vertrieb von Presseerzeugnissen in ihrem Gebiet marktbe-herrschend. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts entfielen im Ge-schäftsjahr 2007 nur 12,6% ihres Umsatzes auf die von der [X.]n bezoge-nen Produkte. Es ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass sich dieser Anteil zwischenzeitlich erheblich verändert haben könnte. Die Klägerin ist dann grundsätzlich weiterhin nach § 20 Abs. 1 [X.] verpflichtet, allen Presseerzeug-nissen in ihrem Gebiet Marktzugang zu gewähren.

ee) Soweit die Klägerin geltend macht, die [X.] verletze bei ihrer [X.], etwa weil sie bei Einzelhändlern auf eine bevorzugte Platzierung von [X.]-Zeitschriften dränge, verschiedene Titel in stark über-höhten Mengen liefere oder Remissionen nur schleppend abwickele, hat das Berufungsgericht diesen Vortrag zu Recht als im Rahmen des § 20 Abs. 1 [X.] unerheblich angesehen. Es obliegt den Kunden der [X.] sowie den Wettbe-werbern der [X.], deren Interessen gegebenenfalls durch solche 50
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Verhaltensweisen beeinträchtigt werden, dagegen vorzugehen. Dabei handelt es sich aber um keine im Rahmen des § 20 Abs. 1 [X.] abwägungsrelevanten Interessen. Denn diese Verhaltensweisen sind weder zwangsläufig mit der Kündigung des [X.]s der Klägerin verbunden noch auch nur deren wahrscheinliche Folge. Deshalb vermag auch das Spannungsverhältnis, das grundsätzlich zwischen der Neutralitätsverpflichtung auf Grosso-Ebene und der (teilweisen) Übernahme der [X.] durch verlagsabhängige Grossis-ten bestehen mag, für sich allein ohne gesetzliche oder vertragliche Bindungen die Absatzgestaltungsfreiheit der Zeitschriftenverlage nicht zu beschränken.

III. Der Hilfsantrag der Klägerin auf nicht ausschließliche Belieferung mit den Presseerzeugnissen der [X.]n ist ebenfalls abzuweisen.
Die Klägerin wird weder ohne sachlich gerechtfertigten Grund gegenüber gleichartigen Un-ternehmen ungleich behandelt noch unbillig behindert, wenn sie in ihrem Gebiet anders als die [X.] die Zeitschriften der [X.]n nicht vertreiben kann.

1.
Die [X.], eine Tochtergesellschaft der [X.]n, ist kein mit der Klä-gerin gleichartiges Unternehmen (vgl. [X.], [X.]/[X.] 1003, 1005 -
Kom-munaler Schilderprägebetrieb).
Auch darin, dass die [X.] in weiten Teilen des [X.]s weiterhin die [X.] beliefert, liegt keine für § 20 Abs. 1 [X.] relevante Ungleichbehandlung
der Klägerin (vgl. o. Rn. 33).

2. Die Klägerin kann
ferner nicht geltend machen, von den [X.] der [X.]n in der Weise [X.] abhängig zu sein, dass ohne den Vertrieb dieser Produkte ihre weitere erfolgreiche Teilnahme am Wettbewerb gefährdet
wäre. Denn solange die Klägerin weiterhin in ihrem Ge-biet alleiniger [X.] für alle übrigen oder jedenfalls sehr viele Presseerzeug-nisse bleibt, kann zumindest
ein erheblicher Teil der Einzelhändler in diesem Gebiet nicht auf eine Belieferung durch sie verzichten.
Solange
[X.] bei weitem 52
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nicht alle Zeitschriften vertreiben
kann, ist
die Klägerin

mit ihrem nunmehr be-schränkteren
Angebot

auch nicht dem Wettbewerb eines Vollsortimenters ausgesetzt.

3. Die Klägerin
kann sich
für das Begehren, neben der [X.] mit den [X.] und Zeitschriften der [X.]n beliefert zu werden, auch sonst auf kei-ne
abwägungsrelevanten
Interessen berufen, die
das berechtigte Interesse der [X.]n an autonomer Gestaltung ihres Vertriebs
überwiegen.

Die nicht ausschließliche Weiterbelieferung der Klägerin hätte aus Sicht der Zeitschrifteneinzelhändler zwar den Vorteil, eine Bezugsalternative für die Zeitschriften der [X.]n und die Möglichkeit zum Bezug aller Zeitschriften von einem Lieferanten,
nämlich der Klägerin, zu eröffnen.
Entscheidendes Ge-wicht kann diesem Umstand aber nicht beigemessen werden. Die Praktikabilität der Remission wird durch einen Übergang zum [X.] nicht in Frage gestellt. [X.] eine Gefährdung des Remissionsrechts und damit der Funkti-onsfähigkeit des Grosso-Systems insgesamt aus, kann die Schaffung einer Be-zugsalternative für die nachgeordnete Marktstufe aber jedenfalls in der [X.] Konstellation nicht als für die Prüfung der Unbilligkeit in § 20 Abs. 1 [X.] erheblicher Gesichtspunkt
angesehen werden. Andernfalls wäre es Norm-adressaten des § 20 Abs. 1 [X.] von vornherein unmöglich, einen Direktver-trieb ihrer Produkte aufzunehmen oder beizubehalten. Das aber wäre eine durch den
nur gegen unbillige Behinderungen gerichteten Zweck des
§ 20 Abs.
1 [X.] nicht gerechtfertigte Beschränkung der unternehmerischen Hand-lungsfreiheit der [X.]en. Im vorliegenden Fall gilt das umso mehr, als
die [X.] die [X.]möglichkeiten ihrer
auf ein Teilsortiment be-schränkten
Tochtergesellschaft [X.] erheblich beeinträchtigen würde, wenn die Klägerin dieser als Vollsortimenter gegenübertreten könnte.
Wie oben
Rn.
48
f. dargelegt, werden
auch
die Interessen der Einzelhändler
nicht
in abwägungsre-55
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-
22
-
levanter Weise beeinträchtigt, wenn sie künftig von zwei statt bisher von einem Lieferanten beziehen müssen.

4.
Im Übrigen gelten die Ausführungen zur mangelnden Unbilligkeit beim Hauptantrag (oben Rn. 37
f.
und Rn.
40
ff.)
für den Hilfsantrag entsprechend.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Tolksdorf
Raum
Strohn

Kirchhoff
Bacher
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.08.2009 -
14 O 3/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 28.01.2010 -
16 U ([X.]) 55/09 -

57
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Meta

KZR 7/10

24.10.2011

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.10.2011, Az. KZR 7/10 (REWIS RS 2011, 2075)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 2075

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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