Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.02.2018, Az. XI ZR 551/16

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 13681

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:200218U[X.]551.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
XI ZR 551/16
Verkündet am:

20.
Februar 2018

Weber

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche
Verhandlung vom 20.
Februar
2018 durch
den Vizepräsidenten Prof.
Dr.
Ellenberger, die [X.] Dr.
Grüneberg
und
Maihold
sowie
die [X.]innen Dr.
Menges
und
Dr.
Dauber
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8.
Zivilsenats des [X.] vom 23.
September 2016 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] erkannt worden ist.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 5.
Zivilkammer des [X.] vom 14.
März 2016 in der Fassung des [X.] vom 3.
Mai 2016 wird insgesamt zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen

-
3
-
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Widerruflichkeit einer Willenserklärung der Klägerin.
Die Parteien
schlossen am 23.
März 2006 einen [X.] über ein endfälliges Darlehen in Höhe von 172.305,36

fünf Jahre festen Nominalzinssatz in Höhe von 4,65% p.a. Die Klägerin war [X.], jederzeit Sondertilgungen bis zu 172.305,36

r-trag vom 22.
März 2010 einigte sich
die Klägerin mit der Beklagten dahin, das endfällige Darlehen solle in ein Annuitätendarlehen umgewandelt werden. Den für nunmehr zehn Jahre festen Nominalzinssatz legten die Parteien mit
4,15% p.a. fest. Zur Sicherung der Ansprüche der Beklagten dienten zwei Grundpfand-rechte über 175.000

März 2010 belehrte die Beklagte die Klägerin über ein Widerrufsrecht wie folgt:
1
2
-
4
-

-
5
-
Mit Schreiben vom 29.
September 2014 widerrief die Klägerin ihre auf Abschluss der Vereinbarung
vom 22.
März 2010 gerichtete Willenserklärung.
Ihre Klage auf Feststellung und Freigabe
der Sicherheiten Zug um Zug gegen Zahlung des von ihr errechneten Saldos zugunsten der Beklagten aus dem [X.], weiter auf Erstattung vorgerichtlich veraus-lagter Anwaltskosten hat das [X.] abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin, mit der sie schließlich noch verlangt
hat festzustellen, der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag aus dem [X.] habe sich in ein [X.] umgewandelt, die Beklagte zu verurteilen, die Sicherheiten Zug um Zug gegen Zahlung "freizugeben", und die Beklagte
zu verurteilen, vorgerichtlich verauslagte
Anwaltskosten zu erstatten, hat das [X.] das landgerichtliche Urteil teilweise abgeändert. Es hat die begehr-te Feststellung getroffen und außerdem festgestellt, die Beklagte sei "Zug um Zug gegen Zahlung des von der Klägerin aus dem Rückabwicklungsverhältnis geschuldeten Betrages"
zur Freigabe der Sicherheiten verpflichtet. Weiter hat es die Beklagte verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlich verauslagten Anwalts-kosten nebst Zinsen freizustellen. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewie-sen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihr Begehren auf vollständige Zurückweisung der Beru-fung der Klägerin weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Beklagten hat Erfolg.

3
4
5
-
6
-
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner
Entscheidung im [X.] ausgeführt, die Klage auf Feststellung, die Vereinbarung "vom 15.
März 2010"
(gemeint: vom 22.
März 2010) habe sich "in ein Rückgewähr-schuldverhältnis umgewandelt", sei zulässig, weil von der Beklagten als einer Bank zu erwarten sei, dass sie auf ein rechtskräftiges Feststellungsurteil leisten werde. Die Klägerin habe
ihre auf Abschluss der Vereinbarung
vom 22.
März 2010 gerichtete Willenserklärung widerrufen
können, weil
die Beklagte unklar über die Länge der Widerrufsfrist belehrt habe.
Das Widerrufsrecht der Klägerin sei nicht verwirkt. Allerdings könne die Klägerin neben der begehrten Feststel-lung nur die Feststellung beanspruchen, dass die Beklagte Zug um Zug gegen Zahlung zur Herausgabe der Sicherheiten verpflichtet sei, weil die Parteien über die Höhe des "Zug um Zug gegen die Freigabe zu zahlenden [X.]"
stritten. Weiter könne die Klägerin auch nur Freistellung von vorgerichtlich verauslagten Anwaltskosten nebst Zinsen beanspruchen.

II.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
1. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, die Klage auf Feststellung der Umwandlung der Vereinbarung von März 2010
in ein [X.] sei zulässig. Dem Feststellungsantrag fehlt, wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils näher ausgeführt hat (Senatsurteile vom 24.
Januar 2017 -
XI
ZR
183/15, WM
2017, 766 Rn.
11
ff., vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
467/15, WM
2017, 906 Rn.
13
ff., vom 14.
März 2017

XI
ZR
442/16, WM
2017, 849 Rn.
19, vom 16.
Mai 2017

XI
ZR
586/15, WM
2017, 1258 Rn.
16, vom 4.
Juli 2017

XI
ZR
741/16, WM
2017, 1602 6
7
8
-
7
-
Rn.
16
f. und vom 23.
Januar 2018

XI
ZR
359/16, [X.]), das Feststellungsin-teresse. Die Feststellungsklage ist auch nicht nach den Maßgaben des Senats-urteils vom 24.
Januar 2017 (aaO, Rn.
16) abweichend von der Regel aus-nahmsweise zulässig, weil hier nicht feststeht, dass der Rechtsstreit die [X.] der Parteien endgültig bereinigt.
Das Berufungsgericht hat im Gegenteil ausdrücklich festgestellt, die Parteien stritten über die [X.].
2. Rechtsfehlerhaft ist weiter die Annahme des Berufungsgerichts,
die Beklagte habe die Klägerin gemäß §
355 Abs.
2 BGB in der nach Art.
229 §
9 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, §
22 Abs.
2, §
32 Abs.
1, §
38 Abs.
1 EGBGB hier
noch maßgeblichen, bis zum 10.
Juni 2010 geltenden Fassung (künftig: aF) unrichtig über das ihr nach §
495 Abs.
1 BGB zustehende Widerrufsrecht belehrt, so dass die Klägerin ihre auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willens-erklärung im September
2014 noch habe widerrufen können. [X.] zugunsten der Beklagten unterstellt, die Parteien hätten im März
2010 lediglich den Zins-
und Tilgungsanteil der Darlehensraten ohne Einräumung eines neuen Kapitalnutzungsrechts neu geregelt (vgl. Senatsbeschluss vom 7.
Juni 2016

XI
ZR
385/15, WM
2016, 1727, 1728), bestand schon kein Widerrufsrecht, über das die Klägerin hätte belehrt werden müssen. Aber selbst wenn der Klä-gerin im März
2010 ein neues Kapitalnutzungsrecht eingeräumt worden und die von ihr
im März
2010 abgegebene Willenserklärung grundsätzlich widerruflich gewesen
wäre, war die Widerrufsfrist im September 2014 abgelaufen, weil die Widerrufsbelehrung der Beklagten den gesetzlichen Vorgaben
entsprach.
9
-
8
-
Soweit die Beklagte in das Belehrungsformular mit dem 15.
März 2010 das dem Vertragsschluss vorgelagerte Datum der Erstellung des [X.] eingefügt hat, war die Zuordnung der Widerrufsbelehrung zu der auf Abschluss der Vereinbarung vom 22.
März 2010 gerichteten Willenserklärung der Klägerin dadurch nicht beeinträchtigt. Der Zusatz verunklarte auch nicht die am Wortlaut des §
355 Abs.
2 Satz
3 BGB aF orientierten und damit [X.] deutlichen Angaben zu den Voraussetzungen für das Anlaufen der [X.] (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25.
April 2017

XI
ZR
264/16,

XI
ZR
279/16 und

XI
ZR
280/16, jeweils juris).
Dem inhaltlichen Deutlichkeitsgebot genügten auch die Angaben der [X.] zur Länge der Widerrufsfrist. Wie der Senat nach Erlass des Beru-fungsurteils mit Senatsurteilen
vom 14.
März 2017 (XI
ZR 442/16, [X.], 849 Rn.
23) und vom 28.
November 2017 (XI
ZR 432/16, [X.], 50 Rn.
8) entschieden hat, macht der Verwender
einer Widerrufsbelehrung mittels der erkennbar an den Verbraucher gerichteten Fußnote: "Die Widerrufsfrist beträgt gemäß §
355 Abs.
2 Satz
2 BGB [aF] einen Monat, wenn die Widerrufsbeleh-rung erst nach Vertragsschluss in Textform dem Kunden mitgeteilt wird
bzw. werden kann"
im [X.] an die Angabe "zwei
Wochen (einem
Monat)"
hin-reichend deutlich, von welchen Voraussetzungen die Geltung einer der beiden im Text alternativ genannten Fristlängen abhängt. Seine Belehrung über die Länge der Widerrufsfrist erfüllt mithin die
gesetzlichen Anforderungen. Das gilt auch mit Rücksicht auf das gestalterische Deutlichkeitsgebot (Senatsurteil vom 28.
November 2017, aaO).
Dem Deutlichkeitsgebot entsprachen außerdem die Ausführungen der Beklagten unter den
Überschriften
"Widerrufsfolgen"
und "Finanzierte Geschäf-te"
(Senatsurteil vom 28.
November 2017

XI
ZR 432/16, [X.], 50
Rn.
9
f.).
10
11
12
-
9
-
3. Schließlich weist der
Ausspruch des Berufungsgerichts zu den Rechts-folgen Rechtsfehler auf. Das gilt aus den mit Senatsbeschluss vom 17.
Januar 2017 (XI
ZR
170/16, BKR
2017, 152 Rn. 7) dargelegten Gründen zum einen, soweit die Klägerin

auslegungsbedürftig und auslegungsfähig

die "Freigabe"
von Grundpfandrechten "Zug um Zug"
gegen Zahlung des von ihr zugunsten der Beklagten ermittelten Saldos aus einem [X.] [X.] hat. Zum anderen wäre die Beklagte

die fortbestehende Widerruflichkeit der auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten Willenserklärung der Klä-gerin unterstellt

zum Zeitpunkt der Mandatierung des von der Klägerin vorge-richtlich beauftragten Rechtsanwalts nicht in Verzug gewesen. Ein
Anspruch auf "Freistellung"
von vorgerichtlich verauslagten Anwaltskosten bestand unter kei-nem rechtlichen Gesichtspunkt (Senatsurteile vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
467/15, WM
2017, 906 Rn.
25
ff., 34
f., vom 25.
April 2017

XI
ZR
314/16, BKR
2017, 373 Rn.
15 und vom 23.
Januar 2018

XI
ZR
397/16, [X.]; zu der beantragten Verzinsung vgl. überdies Senatsurteil vom 14.
März 2017

XI
ZR
508/15, WM
2017, 808 Rn.
34; [X.], Urteil vom 12.
Oktober 2017

IX
ZR
267/16, WM
2017, 2324 Rn.
28
f.).

III.
Das Berufungsurteil unterliegt mithin der Aufhebung (§
562 ZPO), weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist (§
561 ZPO).
Da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO), weist der Senat die Berufung der Klägerin

soweit durch das Berufungsgericht noch nicht geschehen
zurück.
Das gilt auch für den Feststellungsantrag, für den es damit bei der Abweisung als unbegründet durch das [X.] bleibt. Das Feststel-lungsinteresse gemäß §
256 Abs.
1 ZPO ist nur für ein stattgebendes Urteil echte Prozessvoraussetzung. Ein Feststellungsbegehren, das das Berufungs-gericht für zulässig erachtet hat, kann bei tatsächlich fehlendem Feststellungs-13
14
15
-
10
-
interesse in der Revisionsinstanz aus sachlichen Gründen abgewiesen werden (st.
Rspr., zuletzt etwa Senatsurteile vom 4.
Juli 2017

XI
ZR
741/16, [X.], 1602 Rn.
31 und vom 10.
Oktober 2017

XI
ZR
457/16, WM
2017, 2256 Rn.
29).

Ellenberger
Grüneberg
Maihold

Menges
Dauber
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.03.2016 -
5 O 114/15 -

OLG Koblenz, Entscheidung vom 23.09.2016 -
8 [X.] -

Meta

XI ZR 551/16

20.02.2018

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.02.2018, Az. XI ZR 551/16 (REWIS RS 2018, 13681)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 13681

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