Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2018, Az. XI ZR 674/16

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 6279

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[X.]:[X.]:[X.]:2018:100718UXIZR674.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM
NAMEN
[X.]S
VOLKES
URTEIL
XI ZR 674/16
Verkündet am:
10.
Juli 2018
Weber
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat gemäß §
128 Abs.
2 ZPO im schriftlichen Verfahren, in dem Schriftsätze bis zum 28.
Juni
2018 eingereicht werden konnten, durch den Vizepräsidenten Prof.
Dr.
Ellenberger, [X.]
Grüneberg und [X.] sowie die Richterinnen Dr.
Menges und Dr.
Derstadt

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Kläger und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wird das Urteil des 14.
Zivilsenats des [X.] vom 24.
Oktober 2016 mit [X.] der Entscheidung über die Zahlung von vorgerichtlichen [X.] nebst Zinsen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

3
-
Tatbestand:
Die Kläger nehmen
die Beklagte auf Feststellung und Zahlung nach [X.] ihrer auf Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags gerichteten Wil-lenserklärungen
in Anspruch.
Die Parteien

die Kläger zwecks Finanzierung einer Immobilie

schlos-sen im Juni 2008 in den Geschäftsräumen der Beklagten einen Darlehensver-trag über ein grundpfandrechtlich gesichertes Darlehen in Höhe von 252.000

zu einem auf zehn Jahre festen Nominalzinssatz von 4,83% p.a. Bei Vertrags-schluss belehrte die Beklagte die Kläger über das ihnen
zustehende Widerrufs-recht anhand einer Widerrufsbelehrung, die im Wesentlichen der entsprach, die Gegenstand des [X.] vom 16.
Mai 2017
(XI
ZR
586/15, WM
2017, 1258 Rn.
2) war, und wie folgt lautete:
1
2

4
-

5
-
Die
Kläger erbrachten
Zins-
und Tilgungsleistungen. Zum 1.
August 2012 führten die Kläger das Darlehen gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädi-gung vollständig
zurück. Mit Schreiben des vorinstanzlichen Prozessbevoll-mächtigten der Kläger vom 6.
August 2014
verlieh der
Kläger zu
2 seiner
Über-zeugung Ausdruck, die von der Beklagten verwandte Widerrufsbelehrung ge-nüge den gesetzlichen Anforderungen nicht. Die Beklagte wies die [X.] zurück.
Ihre der Beklagten am 28.
November 2014 zugestellte Klage, mit der sie den Widerruf ihrer auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichteten [X.]klärungen erklärt
haben, weiter die Feststellung begehrt haben, dass sie "ihre u-fen haben", sowie beantragt haben die Beklagte zu verurteilen, an sie den zu ihren Gunsten berechneten Saldo aus dem [X.] zu zahlen und vorgerichtlich verauslagte Anwaltskosten zu erstatten, hat das [X.] abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Berufungs-gericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zuge-lassene Revision der Kläger, mit der sie ihre Klageanträge vollumfänglich wei-terverfolgen.

Entscheidungsgründe:
Die Revision der Kläger hat teilweise Erfolg. Sie führt in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Im Übrigen ist die Revision der Kläger zurückzuweisen.

3
4
5

6
-
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung

im Wesentlichen ausgeführt:
Bei der Feststellungsklage der Kläger handele es sich um eine Zwi-schenfeststellungsklage, die

so vom Berufungsgericht ohne weitere Begrün-dung unterstellt

zulässig sei. Das Begehren der Kläger sei indessen in Gänze unbegründet. Ein [X.] sei mangels eines wirksamen Widerrufs nicht
entstanden, weil die von der Beklagten erteilte Belehrung über den Beginn der Widerrufsfrist in Anbetracht des konkreten Ablaufs der [X.] nicht zu beanstanden gewesen sei. Auch die Angaben zur [X.], zur Form der erteilten Widerrufsbelehrung und zu den [X.] seien hinreichend deutlich gewesen.

II.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, die Feststellungsklage sei zulässig.
Ein Antrag im Wortsinne festzustellen, die Kläger
hätten ihre
"[X.]", wäre nicht nur mangels Angabe der maßgeblichen Widerrufserklärung unbestimmt (§
253 Abs.
2 Nr.
2 ZPO), sondern auch als auf die Klärung einer nicht [X.] bloßen Vorfrage und nicht auf das Bestehen
oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet unzulässig
(Senatsurteile vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
467/15, WM
2017, 906 Rn.
12 und vom 10.
Oktober 2017 6
7
8
9
10

7
-

XI
ZR
457/16, WM
2017, 2256 Rn.
18; Senatsbeschlüsse vom 14.
Oktober 2008

XI
ZR
173/07,

XI
ZR
248/07 und

XI
ZR
260/07, juris).
Für Zwischen-feststellungsklagen gilt insoweit nichts anderes ([X.], Urteile vom 3.
Mai 1977

VI
ZR
36/74, [X.]Z
68, 331, 332, vom 9.
Oktober 1991

XII
ZR
170/90, NJW
1992, 364, 366
und vom 15.
Juni 2005

XII
ZR
82/02, NZM
2005, 704).
Auch
eine Feststellungsklage des vom [X.] im Wege der Ausle-gung ermittelten, im Berufungsverfahren indessen nicht in diesem Sinne [X.] Inhalts, der Darlehensvertrag habe sich aufgrund des Widerrufs der Kläger in ein [X.] umgewandelt, wäre unzulässig. In-soweit fehlte den Klägern, wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils nä-her ausgeführt hat (Senatsurteile vom 24.
Januar 2017

XI
ZR
183/15, WM
2017, 766 Rn.
11
ff., vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
467/15, WM
2017, 906 Rn.
13
ff., vom 14.
März 2017

XI
ZR
442/16, WM
2017, 849 Rn.
19, vom 16.
Mai 2017

XI
ZR
586/15, WM
2017, 1258 Rn.
16 und vom 4.
Juli 2017

XI
ZR
741/16, WM
2017, 1602 Rn.
16
f.), das nach §
256 Abs.
1 ZPO erfor-derliche Feststellungsinteresse. Eine Feststellungsklage dieses Inhalts wäre nicht nach den Maßgaben des [X.] vom 24.
Januar 2017 (aaO, Rn.
16) abweichend von der Regel ausnahmsweise zulässig, weil nicht fest-steht, dass der Rechtsstreit die Meinungsverschiedenheiten der Parteien end-gültig bereinigt. Im Gegenteil haben sich die Parteien in den Vorinstanzen auch über die Höhe der von den Klägern geltend gemachten Ansprüche auseinander gesetzt. Eine
mangels Feststellungsinteresses unzulässige Klage auf Feststel-lung der Umwandlung des Darlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhält-nis gemäß §
256 Abs.
1 ZPO kann, wie der Senat ebenfalls nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat (Senatsurteil vom 17.
April 2018

XI
ZR
446/16, [X.]), nicht in eine zulässige Zwischenfeststellungsklage gemäß §
256 Abs.
2 ZPO umgedeutet werden.

11

8
-
2. Außerdem weisen die Ausführungen des Berufungsgerichts
revisions-rechtlich
erhebliche Rechtsfehler auf, soweit es
auf der Grundlage des nach Art.
229 §
9 Abs.
1 Satz
1 Nr.
2, §
22 Abs.
2, §
32 Abs.
1, §
38 Abs.
1 EGBGB maßgeblichen Rechts davon ausgegangen ist, die Beklagte habe die Kläger hinreichend deutlich über das ihnen zukommende Widerrufsrecht belehrt.
Wie der Senat mit Urteil vom 16.
Mai 2017 (XI
ZR
586/15, WM
2017, 1258 Rn.
20
ff.; vgl. auch Senatsurteil vom 10.
Oktober 2017

XI
ZR
450/16, juris Rn.
17) ausgeführt hat, waren sowohl
die Wendung "der schriftliche Vertragsan-trag"
als auch die außerhalb des Anwendungsbereichs fernabsatzrechtlicher Vorschriften gebrauchte Wendung "aber nicht vor dem Tag
des Vertragsschlus-ses"

schon jeweils für sich, aber auch in ihrer Kombination

bei der Umschrei-bung der Voraussetzungen für das Anlaufen der Widerrufsfrist unklar und wi-dersprachen den Vorgaben des §
355 Abs.
1 und
2 BGB in der hier maßgebli-chen, bis zum 10.
Juni 2010 geltenden Fassung. Auf die Umstände der Ertei-lung der Widerrufsbelehrung kommt es, anders als das Berufungsgericht ge-meint hat, nicht an (Senatsurteile vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
381/16, WM
2017, 806
Rn.
16
ff., vom 21.
November 2017

XI
ZR
106/16, WM
2018, 51 Rn.
14 und vom 20.
Februar 2018

XI
ZR
127/16, juris Rn.
17).

III.
Das Berufungsurteil stellt sich nur insoweit aus anderen Gründen als richtig dar, als das Berufungsgericht im Ergebnis in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteile vom 21.
Februar 2017

XI
ZR
467/15, WM
2017, 906 Rn.
31, 34
f., vom 25.
April 2017

XI
ZR
314/16, BKR
2017, 373 Rn.
15 und vom 23.
Januar 2018

XI
ZR
397/16, juris Rn.
13) einen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlich verauslagter Anwaltskosten ver-12
13

9
-
sagt hat (§
561 ZPO). Diese Kosten können die Kläger weder aus dem Ge-sichtspunkt des Schadensersatzes noch aus Verzug beanspruchen.
Im Übrigen unterliegt das Berufungsurteil der Aufhebung (§
562 ZPO), weil es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt (§
561 ZPO). Insbesondere kann
der Senat einer Subsumtion des Tatrichters unter §
242 BGB nicht vorgreifen.

IV.
Da die Sache, soweit das Berufungsurteil der Aufhebung unterliegt, nicht zur Endentscheidung reif ist (§
563 Abs.
3 ZPO), verweist sie der Senat zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO).
Das Berufungsgericht wird den Klägern zunächst Gelegenheit zu geben haben, zu einem zulässigen Antrag überzugehen (Senatsurteile vom 4.
Juli 2017

XI
ZR
741/16, WM
2017, 1602 Rn.
34 und vom 10.
Oktober 2017

XI
ZR
456/16, WM
2017, 2254
Rn.
15).
Es
wird sodann als dazu zuvörderst berufener Tatrichter anhand der vom Senat präzisierten Maßstäbe der Frage nachzugehen haben, ob sich die Kläger
unter Verstoß gegen §
242 BGB auf ihr
Widerrufsrecht berufen
(vgl. Senatsur-teile vom 12.
Juli 2016

XI
ZR
501/15, [X.]Z
211, 105 Rn.
14
ff., 38
ff. und

14
15
16
17

10
-

XI
ZR
564/15, [X.]Z
211, 123 Rn.
31
ff.; Senatsbeschluss vom 23.
Januar 2018

XI
ZR
298/17, WM
2018, 614
Rn.
10 ff.).

Ellenberger
Grüneberg
[X.]

Menges
Derstadt
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 30.04.2015 -
10 O 7630/14 -

OLG [X.], Entscheidung vom 24.10.2016 -
14 U 1009/15 -

Meta

XI ZR 674/16

10.07.2018

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2018, Az. XI ZR 674/16 (REWIS RS 2018, 6279)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 6279

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XI ZR 674/16

10 O 7630/14

14 U 1009/15

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