Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.01.2012, Az. VII B 187/11

7. Senat | REWIS RS 2012, 9676

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Gegenstand

Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des FG; Verfahrensrüge bei kumulativer Begründung des FG


Leitsatz

1. NV: Die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung des FG ist unzulässig, weil diese nicht mit ordentlichen Rechtsmitteln angefochten werden kann. Das gilt auch, wenn das Rechtsmittel in der Hauptsache --wie im Streitfall die Nichtzulassungsbeschwerde-- keinen Erfolg hat (§ 145 FGO), und zwar selbst dann, wenn in Bezug auf die Kostenentscheidung Revisionszulassungsgründe hinsichtlich der Kostenentscheidung der Sache nach vorliegen.

2. NV: Bezieht sich die Rüge mangelnder Sachaufklärung nur auf eine ergänzende Begründung des FG, so fehlt es an einer hinreichenden Darlegung eines Zulassungsgrundes. So liegt es, wenn das FG die einen Duldungsbescheid begründende Gläubigerbenachteiligung von Grundstücksübertragungen aufgrund einer Gesamtwürdigung sämtlicher Übertragungsvorgänge bejaht, die Verfahrensrüge sich aber gegen die ergänzende, den Wert der einzelnen Grundstücke in den Blick nehmende Begründung des FG richtet.

Tatbestand

1

I. Gegen den Vater der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wird wegen erheblicher Abgabenrückstände vollstreckt. Im Verlaufe des [X.] übertrug er das Eigentum an seinem gesamten, teilweise mit erheblichen Grundschulden belasteten Grundbesitz auf die Klägerin. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt --[X.]--) erließ nach Anhörung der Klägerin den streitigen [X.] wegen der mit der Übertragung des Grundbesitzes eingetretenen Benachteiligung des [X.]. Die Grundstücke seien nicht wertausschöpfend belastet gewesen, so dass die Zwangsvollstreckung in die Grundstücke als Erfolg versprechend anzusehen sei.

2

Im Einspruchsverfahren hob das [X.] den [X.] hinsichtlich der mit Grundschulden von Kreditinstituten belasteten Grundstücke auf. Die erfolgreiche Vollstreckung in ein weiteres, mit einer Sicherungshypothek belastetes Grundstück sei wegen der ungeklärten Höhe der Valutierung nicht auszuschließen. Bei den übrigen handele es sich um lastenfreie und nach der [X.] werthaltige Grundstücke.

3

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage ab, nachdem das [X.] in einem Änderungsbescheid ein Grundstück, das nicht Gegenstand des Übertragungsverfahrens war, von der Duldung ausgenommen hatte. Die Klägerin habe die Grundstücke --selbst bei Einbeziehung aller übertragenen [X.] ohne angemessene Gegenleistung erhalten. Dem Gesamtwert der Grundstücke von 150.000 € stünden Zahlungen bzw. die Übernahme von Belastungen in Höhe von insgesamt ca. 90.450 € gegenüber. Demnach bleibe, selbst bei Einbeziehung von für den Vater übernommenen Ratenzahlungen an das [X.], die Gegenleistung unter dem "tatsächlichen" Wert der Grundstücke.

4

Mit der Nichtzulassungsbeschwerde macht die Klägerin mangelnde Sachaufklärung des [X.] geltend, weil dieses ohne Feststellung der Einzelwerte der Grundstücke von einem von dem Notar ohne jegliche Wertermittlung zu Grunde gelegten Gesamtwert ausgegangen sei, obwohl das [X.] einzelne Grundstücke im Wege der Abhilfe von der Duldung ausgenommen habe. Sie, die Klägerin, habe keinen "Mehrwert" erhalten. Ein Verfahrensmangel liege auch darin, dass das [X.] ihr die gesamten Kosten auferlegt habe, obwohl sie nach dem Ergehen des Änderungsbescheides die Teilerledigung erklärt habe.

Entscheidungsgründe

5

II. Die Beschwerde ist unzulässig.

6

1. Soweit die Klägerin als Verfahrensmangel einer unzureichenden Sachaufklärung rügt, das [X.] habe keine Feststellungen über den Wert der --nach der mehrfachen [X.] noch im Streit stehenden unbelasteten Grundstücke getroffen, verkennt sie, dass es nach der für die Prüfung eines Verfahrensfehlers maßgeblichen Rechtsauffassung des [X.] auf die Einzelwerte der übertragenen Grundstücke nicht ankam. Die nach Auffassung der Klägerin unterlassene Aufklärung bezieht sich nur auf die ergänzende Begründung des [X.], dass eine Gläubigerbenachteiligung auch bei Vornahme einer Einzelbetrachtung der Grundstücke vorliege.

7

Da das [X.] bereits bei Würdigung des [X.] die Gläubigerbenachteiligung bejaht hat, war die zusätzliche Begründung nicht entscheidungserheblich (vgl. zur kumulativen Begründung einer Entscheidung Beschluss des [X.] --BFH-- vom 30. Januar 2003 VIII B 155/02, [X.] 2003, 881, m.w.N.).

8

Das [X.] hat die Gläubigerbenachteiligung bejaht, weil die Klägerin bei "Betrachtung des [X.]" die Grundstücke ohne angemessenen Gegenwert erhalten habe. Insofern rügt die Klägerin --ohne dies näher zu [X.] nur, der vom [X.] zu Grunde gelegte Gesamtwert beruhe nicht auf einer Wertermittlung, sondern einer bloßen Annahme des Notars. Mangels dazu erhobener Verfahrensrügen ist der Senat aber an diese vom [X.] seiner Entscheidung zu Grunde gelegte tatsächliche Feststellung gebunden (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

9

2. Mit der Rüge der unterlassenen Beweiserhebung zu den subjektiven Voraussetzungen ihrer Duldungspflicht kann die vor dem [X.] anwaltlich vertretene Klägerin im Beschwerdeverfahren nicht gehört werden. Der Verfahrensfehler mangelhafter Sachaufklärung ist nur dann ordnungsgemäß dargelegt, wenn zusätzlich vorgetragen wird, dass die Nichterhebung der angebotenen Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2003 [X.]/03, [X.] 2004, 529, m.w.N.). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge verzichten kann (§ 155 [X.]O i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die Unterlassung der rechtzeitigen Rüge den endgültigen [X.] --z.[X.] auch zur Begründung einer [X.] zur Folge (vgl. z.[X.] Senatsbeschluss vom 28. März 2011 [X.]/10, [X.] 2011, 1370). So liegt es im Streitfall.

3. Soweit sich die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung richtet, ist sie unzulässig, weil die Kostenentscheidung des [X.] als solche nicht mit ordentlichen Rechtsmitteln angefochten werden kann. Das gilt auch, wenn das Rechtsmittel in der Hauptsache --wie im Streitfall die [X.] keinen Erfolg hat (§ 145 [X.]O), und zwar selbst dann, wenn in Bezug auf die Kostenentscheidung Revisionszulassungsgründe hinsichtlich der Kostenentscheidung der Sache nach vorliegen ([X.] vom 14. Oktober 1999 [X.]/98, [X.] 2000, 345, unter Hinweis auf den [X.] vom 12. Oktober 1988 [X.]/84, [X.], 489, [X.] 1989, 110, zur früheren zulassungsfreien Revision).

Meta

VII B 187/11

30.01.2012

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 22. September 2011, Az: 6 K 2623/10 Z, Urteil

§ 145 FGO, § 115 Abs 2 Nr 3 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 30.01.2012, Az. VII B 187/11 (REWIS RS 2012, 9676)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9676

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