Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.08.2003, Az. 3 StR 231/03

3. Strafsenat | REWIS RS 2003, 1972

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[X.]/03vom5. August 2003in der Strafsachegegenwegen schweren Raubes u. [X.] 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 5. August 2003 gemäߧ 349 Abs. 2 StPO einstimmig beschlossen:Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 10. Dezember 2002 wird verworfen; jedoch wird [X.] dahin neu gefaßt, daß der Angeklagte wegenschweren Raubes und versuchten Diebstahls verurteilt ist.Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tra-gen.Gründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen "gemeinschaftlichenschweren Raubes und wegen versuchten besonders schweren Falls des Dieb-stahls" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Die Gesamt-strafe wurde gebildet aus der [X.] für den schweren Raub von sechsJahren, einer Einzelstrafe für den versuchten Diebstahl von zehn Monaten so-wie aus zwei einbezogenen Einzelstrafen von zwei Jahren sechs Monaten undzwei Jahren aus einer früheren Entscheidung. Die Nachprüfung des Urteils [X.] der [X.] hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil [X.] ergeben. Der [X.] hat lediglich den Schuldspruch neu gefaßt,weil die Bezeichnung einer Tat als gemeinschaftlich begangen sowie das [X.] gesetzlicher Regelbeispiele für besonders schwere Fälle nicht in [X.] aufzunehmen ist ([X.], [X.]. § 260 Rdn. 25m. w. N.).- 3 -1. [X.] Erörterung bedarf nur die Rüge, das [X.] habe gegenden Grundsatz des fairen Verfahrens verstoßen, weil es den Angeklagten undseinen Verteidiger über den Inhalt einer verfahrensbeendenden Absprache [X.] gelassen habe. Ihr liegt folgender von der Revision vorgetragenerund insoweit durch die dienstliche Erklärung des Vorsitzenden der [X.] bestätigter Sachverhalt zugrunde:Vor der Hauptverhandlung hatte es mehrere Telefonate zwischen [X.] und dem Vorsitzenden darüber gegeben, ob das Verfahren "einver-nehmlich" beendet werden könnte. Dabei wurde eine Einigung dahingehenderzielt, daß der Angeklagte wegen der beiden angeklagten Taten ([X.] und versuchter Diebstahl) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von höchstensvier Jahren und neun Monaten verurteilt werden würde, sofern er umfassendgeständig sei. In diesen Gesprächen, in denen sich die Beteiligten der [X.], weitere Strafen einzubeziehen, noch nicht bewußt waren, wurdeauch erörtert, ob der Angeklagte die beiden Mitangeklagten belasten werde.Dieser Aussageinhalt war erneut Gegenstand eines Telefonats kurz vor [X.] sowie eines Gesprächs unmittelbar vor Beginn [X.], bei dem der Vorsitzende den Verteidiger fragte, ob "[X.] bleibe". In der Hauptverhandlung hat der Angeklagte sodann, [X.] zuvor die Gespräche zwischen dem Verteidiger und dem [X.] Gegenstand der Erörterung gemacht worden waren, (teil)geständige An-gaben gemacht. Nach Abschluß des ersten [X.]es hat derVorsitzende dem Verteidiger mit den Worten, "auch im Strafrecht" gebe es "[X.] der Geschäftsgrundlage", mitgeteilt, er fühle sich nicht mehr an dievorherige Absprache [X.] 4 -Der [X.], es sei von Seiten der [X.] nachgefragtworden, ob auch eine Belastung der Mitangeklagten erfolgen würde, worauf dieVerteidigung mit dem Hinweis reagiert habe, der Angeklagte könne aus eige-nem Wissen dazu wenig sagen, wird durch die dienstliche Erklärung des [X.] nicht bestätigt. Dieser hat erklärt: Es sei der Verteidiger gewesen,der auf die Mitteilung, die [X.] nehme bei [X.] Einlassung des [X.] eine Strafobergrenze von fünf bis fünfeinhalb Jahren in Aussicht,nachgefragt habe, ob eine weitere Strafmilderung in Betracht käme, wenn [X.] auch die Mitangeklagten belaste. Daraufhin habe die [X.] für denFall einer Belastung auch der Mitangeklagten im Umfang des [X.] von vier Jahren und neun Monaten in Aussicht gestellt. [X.] Folgezeit hätten die Informationen des Verteidigers, ob eine solche Dritt-belastung erfolgen werde, mehrfach gewechselt, das Gespräch mit dem [X.] unmittelbar vor Beginn der Hauptverhandlung habe er, der Vorsitzende,so verstanden, daß ein volles Geständnis und eine Drittbelastung im Sinne [X.] erfolgen werden. Wegen der gleichwohl bestehenden Unsicherheitüber den Inhalt der Aussage habe er aber eine abgesprochene Verständigungin der Hauptverhandlung nicht protokolliert.Der [X.], der Angeklagte habe gleich zu Beginn der [X.] umfassend gestanden, wird durch die dienstliche Erklärung [X.] ebenfalls nicht bestätigt. Darin heißt es: Der Angeklagte habe amersten [X.] weder die ihm vorgeworfene Tat umfassend ein-geräumt noch die Mitangeklagten belastet. Unter dem Eindruck dieser Einlas-sung habe der Verteidiger gegenüber ihm, dem Vorsitzenden, Verständnis [X.] geäußert, daß die [X.] an die Strafrahmenobergrenze nicht mehr ge-- 5 -bunden sei. Erst nach der Vernehmung der Geschädigten habe der [X.] späteren [X.]en ein volles Geständnis abgelegt.Die Revision rügt, der Grundsatz des fairen Verfahrens sei dadurchverletzt, daß das [X.] nicht klargestellt habe, welche inhaltlichen Anfor-derungen es an das Geständnis gestellt hatte. Auf diese Weise habe sich [X.] in Erwartung einer Strafe von vier Jahren und neun Monaten für dieangeklagten Taten mit seinem Geständnis zu Beginn der Hauptverhandlungjeder weiteren Verteidigungsmöglichkeit [X.] Die Rüge bleibt ohne Erfolg. Der Grundsatz des fairen Verfahrens istnicht verletzt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Angeklagte auch hin-sichtlich seines eigenen Tatbeitrags ein Geständnis erst abgelegt hat, nach-dem eine Beweisaufnahme durchgeführt worden war, also die auch aus [X.] vereinbarte Leistung nicht erbracht hat.a) Der Angeklagte kann sich - wie der [X.] bereits in einer anderenSache ([X.], 555) entschieden hat - im Hinblick auf die [X.] (Einzelstrafen von sechs Jahren und von zehn Monaten für die [X.]) schon deshalb nicht auf die mit dem [X.]vorsitzendengeführten Gespräche berufen, weil die Mindestbedingungen, die der [X.] im Strafverfahren aufgestellt hat ([X.]St 43,195), nicht gewahrt sind. Danach muß eine Verständigung unter [X.] Verfahrensbeteiligten in öffentlicher Hauptverhandlung stattfinden. DasErgebnis der Absprache ist - da es sich um einen wesentlichen Verfahrensvor-gang handelt - im Protokoll über die Hauptverhandlung festzuhalten ([X.], 195, 206; 45, 227). Da dies nicht geschehen ist, kann der Angeklagte [X.] des Vorsitzenden nichts für sich herleiten (vgl. auch [X.] StV- 6 -2000, 3; [X.], 495 mit [X.]. [X.] [X.], 540; [X.]/[X.] Jahre [X.], [X.], 659). Ein Vertrauenstatbestand ergibt sich [X.] einer in öffentlicher Hauptverhandlung protokollierten Zusage einer Straf-obergrenze (vgl. [X.] StV 2003, 268).b) Auch dadurch, daß der [X.]vorsitzende das (Teil)Geständnisdes Angeklagten entgegennahm, ohne zuvor die Gespräche zwischen ihm unddem Verteidiger offenzulegen, ist das Gebot fairer Verfahrensführung nichtverletzt worden. Zwar wäre der [X.]vorsitzende verpflichtet gewesen,die Gespräche zum Gegenstand der Hauptverhandlung zu machen: Wie sichaus seiner Erklärung gegenüber dem Verteidiger nach dem ersten Verhand-lungstag ergibt, wonach er sich aufgrund des Einlassungsverhaltens des [X.] nicht mehr an die Verständigung gebunden fühle, ging der [X.] zu Beginn der Verhandlung davon aus, sich mit dem Verteidiger ver-ständigt zu haben. Allein die Unsicherheit des Vorsitzenden "hinsichtlich der zuerwartenden Aussage" (wie es in seiner dienstlichen Äußerung wörtlich heißt)bzw. seine Unsicherheit über den genauen Inhalt der getroffenen Abrede inBezug auf den Umfang des Geständnisses und das Ausmaß der Belastung derMitangeklagten konnte die Verpflichtung, die Gespräche zum Gegenstand [X.] in der öffentlichen Hauptverhandlung zu machen, entgegen [X.] Einschätzung nicht beseitigen; diese Zweifel drängten im Gegenteil zu [X.] klärenden Erörterung. Indes durfte sich - wie in der Rechtsprechung aner-kannt ist (vgl. [X.] [X.], 3) - der Angeklagte insoweit nicht allein aufdas Verhalten des Vorsitzenden verlassen, sondern hätte durch seinen [X.] - ggf. durch Anrufung des Gerichts gem. § 238 Abs. 2 StPO - eine Offen-legung herbeiführen müssen. Dies hätte dann zu einer Aufdeckung des zwi-schen dem [X.]vorsitzenden und dem Verteidiger möglicherweise be-- 7 -stehenden [X.] und im Anschluß daran entweder zu einer unterEinschluß aller Verfahrensbeteiligten erfolgten und nach den Mindestbedin-gungen der Entscheidung [X.]St 43, 195 in der Hauptverhandlung protokol-lierten Verständigung geführt oder dem Angeklagten erlaubt, über sein Vertei-digungsverhalten neu zu entscheiden.[X.]

Meta

3 StR 231/03

05.08.2003

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.08.2003, Az. 3 StR 231/03 (REWIS RS 2003, 1972)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 1972

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