Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2009, Az. VIII ZR 312/08

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 1199

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[X.] [X.] ZR 312/08 vom 13. Oktober 2009 in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat am 13. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] Frellesen, die Richterin [X.], [X.] [X.] sowie die Richterin [X.] beschlossen: Der [X.] beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der [X.] durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen. Gründe: 1. Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht mehr. Die vom Berufungsgericht als grundsätzlich angesehene Frage der Einordnung der Klä-ger als Tarif- oder Sondervertragskunden ist durch die inzwischen ergangene Rechtsprechung des [X.]s geklärt. 1 Der [X.] hat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden, dass es für die Beurteilung, ob es sich bei öffentlich bekannt gemachten [X.] und Preisen um Tarif- bzw. Grundversorgungsverträge mit allgemeinen Tarif-preisen (§ 6 Abs. 1 EnWiG), [X.] (§ 10 Abs. 1 [X.] 1998) oder [X.] im Sinne von § 36 Abs. 1 [X.] 2005 handelt, dar-auf ankommt, ob das betreffende Versorgungsunternehmen die Versorgung zu den öffentlich bekannt gemachten Bedingungen und Preisen - aus der Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers - im Rahmen einer Versorgungspflicht nach den genannten Vorschriften oder unabhängig davon im Rahmen der [X.] Vertragsfreiheit anbietet ([X.]surteile vom 15. Juli 2009 - [X.] ZR 225/07, [X.], 2662, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen, [X.]. 14, und [X.] ZR 56/08, [X.], 2667, zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen, [X.]. 13, jeweils m.w.[X.]). 2 - 3 - 2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. 3 4 a) Wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, war die [X.] nicht unmittelbar nach § 4 Abs. 1 und 2 [X.] zur Preisänderung befugt. Bei den Klägern handelte es sich nach den in den [X.] vom 15. Juli 2009 (aaO) aufgestellten Abgrenzungskriterien nicht um [X.] im Sinne von § 1 Abs. 2 [X.], so dass die zur [X.] der umstrittenen [X.] (1. Oktober 2005) noch geltenden Vorschriften der [X.] nicht direkt auf die abgeschlossenen Gaslieferungsverträge anwendbar waren. Aus § 1 der [X.] der [X.] (Stand 1. Mai 2005) ergibt sich, dass es sich bei den Preisangeboten "G.

-Vario", "[X.]" und "G.

-Fix" nicht um Angebote zum Abschluss von Tarif-verträgen im Sinne von § 10 Abs. 1 [X.] 1998 ([X.] nach § 36 Abs. 1 [X.] 2005), sondern um - an Haushaltskunden gerichtete - Angebote zum Abschluss von Sonderverträgen handelt. Die Beklagte unter-scheidet in ihren Lieferbedingungen ausdrücklich zwischen [X.] (§ 1 Nr. 1 der Geschäftsbedingungen) und "Kunden mit [X.]" (§ 1 Nr. 2 der Geschäftsbedingungen). Während sie - so § 1 Nr. 1 ihrer [X.] - jeden Kunden, der "faktisch Gas aus dem Versorgungsnetz (...) entnimmt, ohne zuvor (...) einen Erdgasversorgungsver-trag zu Sonderkonditionen abgeschlossen zu haben", als [X.] auf der Grundlage der [X.] beliefert, sollen - so § 1 Nr. 2 der [X.] - für den Abschluss eines Erdgasversorgungsvertrages mit [X.] die Bestimmungen der [X.] nur ergänzend zu den vorrangigen Geschäftsbedingungen gelten. Die Preisangebote "[X.]", "[X.]" und "[X.]-Fix" hat die Beklagte dabei ausdrücklich als [X.] bezeichnet (vgl. auch [X.]surteil vom 15. Juli 2009, [X.] ZR 225/07, aaO, [X.]. 17, dem gleichlautende [X.] - 4 - bedingungen zugrunde lagen). Die in den Lieferbedingungen zum Ausdruck gekommene Unterscheidung zwischen [X.] und Sondervertragskunden wird entgegen der Auffassung der Revision nicht dadurch in Frage gestellt, dass damit im Ergebnis nur diejenigen Kunden, die ausschließlich Kochgas zum Kleinverbrauchstarif - nur dieser wird in den Preisangeboten der [X.] als "gesetzlicher Tarif" bezeichnet - als [X.] anzusehen sind. Auch wenn der Gesetzgeber in § 10 Abs. 1 [X.] 1998 und in § 36 Abs. 1 [X.] 2005 den Versorgungsunternehmen die Möglichkeit eingeräumt hat, mehrere Allgemeine Tarife oder Allgemeine Preise zu bilden, ändert dies angesichts des eindeutigen Wortlauts von § 1 der [X.] nichts daran, dass die Angebote "G.
-Vario", "[X.] -Aktiv" und "[X.] -Fix" aus der - maßgeblichen - Sicht eines durchschnittlichen Abnehmers auf den Abschluss von Sonderverträgen und nicht auf die Eingehung eines Tarifkun-denvertrages mit unmittelbarer Geltung der Vorschriften der [X.] gerichtet sind. b) Dem [X.]surteil vom 15. Juli 2009 ([X.] ZR 225/07, aaO) lag die Feststellungsklage eines Kunden gegen Gaspreiserhöhungen der [X.] zugrunde, die ebenfalls auf deren - erneut in Frage stehende - [X.] in § 3 der [X.] gestützt worden waren. Der [X.] hat darin entschieden, dass die genannte [X.] als Preisnebenabrede der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB unterliegt und dieser nicht standhält. Entgegen der Ansicht der Revision enthält die Klausel keine unveränderte Übernahme des Preisänderungsrechts nach § 4 [X.] in die Sonderverträge der Kläger, sondern weicht - jedenfalls bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung - zum Nachteil der Kunden der [X.]n davon ab; sie ist daher nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam (siehe dazu im Einzelnen [X.]surteil vom 15. Juli 2009 - [X.] ZR 225/07, aaO, [X.]. 18, 25 ff. m.w.[X.]). § 4 [X.] trägt dem Umstand Rechnung, dass eine [X.] - 5 - sungsbefugnis das Äquivalenzverhältnis wahren muss und dem Berechtigten nicht die Möglichkeit geben darf, über die Abwälzung konkreter [X.] hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätz-lichen Gewinn zu erzielen ([X.]surteil vom 15. Juli 2009, aaO, [X.]. 26 m.w.[X.]). Weiter geht ein Preisänderungsrecht des [X.] nach § 4 [X.] mit der Rechtspflicht einher, bei einer [X.] ebenso zu berücksichtigen wie Kostenerhöhungen und den [X.]-punkt einer Tarifänderung so zu wählen, dass Kostensenkungen nicht nach für den Kunden ungünstigeren Maßstäben umgesetzt werden als Kostenerhöhun-gen ([X.]surteil vom 15. Juli 2009, aaO, [X.]. 28, m.w.[X.]). Diesen Anforderun-gen wird die von der [X.] verwendete [X.] nicht ge-recht. Zum einen ermöglicht sie der [X.] eine Preiserhöhung wegen [X.] Gasbezugskosten auch dann, wenn sich ihre Kosten insgesamt nicht erhöht haben, zum anderen ist der Klausel nicht mit der erforderlichen Eindeu-tigkeit eine Verpflichtung der [X.] zur Herabsetzung des Gaspreises bei sinkenden Gasbezugskosten zu entnehmen ([X.]surteil vom 15. Juli 2009, aaO, [X.]. 27 ff.). c) Die hierin liegende unangemessene Benachteiligung der Sonderver-tragskunden wird auch nicht durch die Einräumung eines Rechts zur Lösung vom Vertrag aufgewogen. Ein solcher Ausgleich scheitert schon deswegen, weil im Hinblick auf die öffentliche Bekanntmachung der [X.] (§ 3 Nr. 2 der [X.]) nicht sichergestellt ist, dass die Kunden von ihrem bei den Preisangeboten "[X.]" und "[X.]-Fix" in Anlehnung an § 32 Abs. 2 [X.] eingeräumten Sonderkündigungsrecht (vgl. § 14 Nr. 3, § 17 Nr. 3 der Besonderen Geschäftsbedingungen [X.] -Aktiv und [X.] -Fix) rechtzeitig Gebrauch machen können (vgl. [X.]surteil vom 15. Juli 2009, aaO, [X.]. 32 f.). Zudem nahm die Beklagte nach den Fest-7 - 6 - stelllungen der Vorinstanzen auf dem [X.]Markt im fraglichen [X.]raum eine Monopolstellung ein, so dass ein Sonderkündigungsrecht für die Mehrzahl der Kunden der [X.] ohnehin keine echte Alternative darstellte (vgl. [X.]sur-teil vom 15. Juli 2009, aaO, [X.]. 34). 8 d) Entgegen der Ansicht der Revision kann die Beklagte ein [X.] auch nicht aus § 4 Abs. 1 und 2 [X.] in Verbindung mit § 306 Abs. 2 BGB herleiten. Zwar bestimmt § 306 Abs. 2 BGB, dass sich der Inhalt eines Vertrages im Falle unwirksamer Klauseln nach den gesetzlichen Bestim-mungen richtet. Bei den Regelungen der [X.] handelt es sich aber im Verhältnis der Parteien nicht um gesetzliche Vorschriften in diesem Sinne, weil die Kläger - wie bereits unter a ausgeführt - keine [X.] nach § 1 Abs. 2 [X.] sind. e) Der [X.] ist auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsaus-legung ein Preisanpassungsrecht zuzubilligen. Sind Allgemeine Geschäftsbe-dingungen nicht Vertragsbestandteil geworden oder unwirksam, bleibt der [X.] grundsätzlich nach § 306 Abs. 1 BGB im Übrigen wirksam und richtet sich sein Inhalt gemäß § 306 Abs. 2 BGB nach gesetzlichen Vorschriften. Eine er-gänzende Vertragsauslegung kommt daher nur dann in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Klausel entstehende Lücke nicht durch [X.] Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt (vgl. [X.]surteil vom 15. Juli 2009, aaO, [X.]. 36 m.w.[X.]). Das ist hier bei sämt-lichen im Streitfall maßgeblichen Sonderpreisangeboten nicht der Fall. 9 aa) Nach § 14 Nr. 2 der "Besonderen Geschäftsbedingungen [X.]" steht der [X.] bei diesem Vertragstyp das Recht zu, sich jeweils mit 10 - 7 - einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Ablauf der [X.] von 18 Monaten und sodann zum Ablauf der um je zwölf Monate verlängerten Laufzeit vom [X.]. Wenn sie bis zu diesem [X.]punkt an den ver-traglich vereinbarten Preis gebunden bleibt, so führt dies nicht ohne weiteres zu einem unzumutbaren Ergebnis (vgl. [X.]surteil vom 15. Juli 2009, aaO, [X.]. 37). Entsprechende Regelungen sind in § 17 der "Besonderen Geschäfts-bedingungen [X.] -Fix" enthalten. Auch für den Vertragstyp "[X.]" gilt im Ergebnis nichts anderes. Bei diesem Tarif kann sich die Beklagte sogar nach § 1 Nr. 2 ihrer [X.] in Verbindung mit § 32 Abs. 1 [X.] nach einer anfänglichen Vertragslaufzeit von einem Jahr mit einer Kündigungsfrist von einem Monat auf das Ende des Kalendermonats vom Vertrag lösen. [X.]) Auch der Einwand der [X.], die mit der Unwirksamkeit der [X.] verbundene Unmöglichkeit, Bezugskostensteigerun-gen an die Kunden weiterzugeben, sei unzumutbar und führe zu [X.] in Millionenhöhe, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Es kann offen bleiben, ob ein sich aus dem Abschluss einer Vielzahl gleich lauten-der Verträge ergebender wirtschaftlicher Nachteil überhaupt geeignet sein kann, eine nicht mehr hinnehmbare einseitige Verschiebung des im Individual-prozess zu beurteilenden konkreten Vertragsgefüges zu Lasten des [X.] zu begründen (vgl. [X.]surteil vom 15. Jul 2009, aaO). Denn jedenfalls fehlt es insoweit an hinreichend konkretem Tatsachenvortrag der [X.]. Die Revision führt Vortrag der [X.] in der Berufungsbegründung an, in dem aber, wie die Revisionserwiderung mit Recht rügt, lediglich pauschal [X.] wird, dass sämtliche Kunde mit vergleichbaren Vertragsbedingungen die Erstattung [X.] erfolgter Zahlungen verlangen könnten, was [X.] auch in einer Vielzahl von Fällen geschehen sei. Infolgedessen drohten der [X.] Verluste im mehrstelligen Millionenbereich, durch die die [X.] - 8 - tenz- und Leistungsfähigkeit der [X.] insgesamt in Frage gestellt sei. [X.] dieses vom Berufungsgericht zutreffend als nicht ausreichend erachteten [X.] lässt sich nicht beurteilen, ob die Unwirksamkeit der [X.] zu einer nicht mehr hinnehmbaren einseitigen Verschiebung des Vertragsgefüges zu Lasten der [X.] führt. 12 f) Aus den vorstehend unter e) dargestellten Gründen fehlt es auch an hinreichendem Tatsachenvortrag der [X.] für die Annahme, das Festhal-ten am Vertrag stelle eine unzumutbare Härte für die Beklagte dar, so dass der Vertrag insgesamt unwirksam sei (§ 306 Abs. 3 BGB) und - wie die Revision meint - ein Bereichungsausgleich zwischen den Parteien stattzufinden habe. 3. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses. 13 Ball Dr. Felllesen [X.] Dr. [X.] [X.] Hinweis:Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss erledigt worden. Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 19.06.2006 - 34 [X.]/05 - [X.], Entscheidung vom 28.10.2008 - 21 U 160/06 -

Meta

VIII ZR 312/08

13.10.2009

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.10.2009, Az. VIII ZR 312/08 (REWIS RS 2009, 1199)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 1199

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