Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.08.2015, Az. 1 StR 178/15

1. Strafsenat | REWIS RS 2015, 6423

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
StR 178/15

vom
19. August
2015
in der Strafsache
gegen

1.
2.

wegen
Steuerhinterziehung

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 19. August
2015
gemäß §
349 Abs. 4 StPO
beschlossen:

1.
Auf die Revisionen
der Angeklagten K.

und G.

wird das Urteil des [X.] vom 5.
November 2014, soweit es sie betrifft, mit den Feststellun-gen aufgehoben.
2.
Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der [X.], an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten K.

wegen Steuerhin-terziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 240 Tagessätzen zu je 30 Euro und den Angeklagten G.

wegen Steuerhinterziehung in fünf Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 240 Tagessätzen zu je 40 Euro ver-Tagessätze der Gesamtgeldstrafe für vollstreckt erklärt. Die jeweils mit der Sachrüge begründeten Revisionen der Angeklagten haben Erfolg.
1. Nach den Feststellungen des [X.] waren die Angeklagten in unterschiedlichen Positionen in ein System unzutreffender Rechnungs-
und Gegenrechnungslegung zur Ermöglichung mehrerer Subventionsbetrugstaten durch nichtrevidierende Mitangeklagte eingebunden. Im Rahmen monatlicher Umsatzsteuervoranmeldungen sollen der Angeklagte K.

als Vor-1
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-
stand der A.

AG und der Angeklagte G.

als [X.] der O.

GmbH

jeweils zu Unrecht Vorsteuer aus .

in Anrechnung gebracht und so Umsatzsteuer verkürzt haben.
Zur Höhe der in den einzelnen Monaten verkürzten Umsatzsteuer verhält sich das Urteil nicht ausdrücklich. Im Rahmen der Feststellungen wird lediglich zum einen dargelegt, welche Abschlags-
und Schlussrechnungen durch die einzelnen Firmen gestellt wurden und dass es sich bei den Rechnungen der Firma M.

um Scheinrechnungen über insgesamt knapp 700.000 Euro netto gehandelt habe, die entweder nicht erbrachte Leistungen zum Gegenstand hatten oder für erbrachte Leistungen einen weit überhöhten Preis nannten. Zum anderen heißt es im Urteil bei der Darlegung der einzelnen Hinterziehungstaten jeweils pauschal, bei der Berechnung der Vorsteuern seien die Zahlungen auf die den zwei Gesellschaften gestellten Rechnungen berück-sichtigt worden, obgleich die Vorsteuern den Gesellschaften nicht in voller Hö-he zugestanden hätten.
Welche Vorsteuerbeträge konkret in den einzelnen Umsatzsteuervoran-meldungen zu Unrecht geltend gemacht worden sein sollen, ergibt sich auch aus dem Gesamtzusammenhang des Urteils nicht. Vielmehr heißt es unter der Schadensberechnung nicht möglich, weil sich der Umfang der in geringem Um-fang ausgeführten, förderfähigen Arbeiten nicht mehr rekonstruieren lasse. Das [X.] hat deshalb für die Schadensbestimmung lediglich diejenigen Rechnungen herangezogen, bei denen nachweislich überhaupt keine Leistung Höhe von jeweils 16 % dieser Rechnungsbeträge durch die Anmeldung dieser 3
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Rechnungspositionen bei der monatlichen Umsatzsteuervoranmeldung in Höhe von insgesamt 8.251,68 Euro bei der A.

AG und in Höhe von insge-samt 24.155,35
Euro bei der O.

GmbH

angenommen.
2. Den Anforderungen an eine nachvollziehbare Steuerberechnung [X.] der festgestellten Besteuerungsgrundlagen (vgl. hierzu [X.] in [X.], AO,
12. Aufl., § 370 Rn. 461 ff. [X.]) wird das Urteil demnach nicht gerecht. Der [X.] kann anhand der Urteilsgründe nicht nachvollziehen, ob und in welcher Höhe es bei jeder Umsatzsteuervoranmeldung durch die unberechtigte Gel-tendmachung
von Vorsteuern aus Scheinrechnungen zu einer Steuerverkür-zung gekommen ist. Unklar bleibt insbesondere auch, ob das [X.] letzt-lich den Hinterziehungsumfang anhand der kompletten in den Scheinrechnun-gen der Firma M.

ausgewiesenen Umsatzsteuer berechnet
[X.] angesehen hat. Zudem ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb es auf die Zahlungen der Gesellschaften auf die zu Unrecht gestellten [X.] ankommen soll und nicht auf die Rechnungen selbst (vgl. demgegen-über § 15 Abs. 1 UStG).
3. Hinzu kommt Folgendes:
a) Das Urteil enthält keine konkreten Feststellungen dazu, weshalb
dem Angeklagten G.

die Unterzeichnung der Umsatzsteuervoranmel-dungen der O.

GmbH

für die
Monate Juni und Juli 2003 durch den Nichtrevidenten H.

zugerechnet wird.
b) Hinsichtlich der Umsatzsteuervoranmeldungen der O.

GmbH

für die Monate Juni, Juli und September 2003 fehlt es an Feststellungen dazu, ob das Finanzamt angesichts des verbleibenden Über-5
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schusses seine Zustimmung nach § 168 Satz 2 AO erteilt hat. Der [X.] kann deshalb nicht nachprüfen, ob diese Taten vollendet worden sind (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Juli 2014

1 [X.], [X.], 282).
c) Zwar hat die [X.] im Rahmen der rechtlichen Würdigung zu-treffend darauf abgestellt, dass der [X.] der Steuerhinterziehung nicht ent-fällt, wenn die [X.] aus ihrerseits zum Schein erstellten [X.] (vgl. § 14c
Abs. 2 UStG) durch die unberechtigte Geltendmachung von bei der Strafzumessung ist ihr dieser Gesichtspunkt aber nicht in den Blick ge-raten, obwohl dies in der vorliegenden Konstellation geboten gewesen wäre.
d) Zudem hat das [X.] Art und Ausmaß der von ihm angenom-menen rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung nicht benannt (vgl. dem-gegenüber [X.], Großer [X.] für Strafsachen, Beschluss vom 17. Januar 2008

1 GSSt
1/07, [X.]St 52, 124, 146).
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4. Die dargelegten Mängel bedingen eine Aufhebung der zugehörigen Feststellungen (§ 353 Abs. 2 StPO). Um dem neuen Tatgericht widerspruchs-freie neue Feststellungen zu ermöglichen, hebt der [X.] die Feststellungen insgesamt auf.

Ri[X.] Prof. Dr. [X.] ist

im Urlaub und deshalb an

der Unterschriftsleistung

gehindert.

Raum Graf

Raum

Cirener Mosbacher
11

Meta

1 StR 178/15

19.08.2015

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.08.2015, Az. 1 StR 178/15 (REWIS RS 2015, 6423)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 6423

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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