Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2016, Az. IV ZB 38/15

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 11545

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:110516BIVZB38.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 38/15

vom

11. Mai 2016

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], die Richterin [X.], den Richter Dr.
Karczewski und die Richterin Dr.
Bußmann

am 11. Mai 2016

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Be-schluss des 20. Zivilsenats des [X.] vom 30.
September 2015 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

[X.]: 37.974,85

Gründe:

I. Der Kläger
erstrebt die
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung.

Das klageabweisende Urteil des [X.] ist dem Prozessbe-vollmächtigten des Klägers
am 15. Mai 2015 zugestellt worden. Nach rechtzeitiger Berufungseinlegung hat er mit Schriftsatz vom 13. Juli 2015 die Berufung begründet. Dieser Schriftsatz ist am 15. Juli 2015 per Tele-fax bei der
gemeinsamen
Fernkopierstelle des [X.] und des Amtsgerichts und erst am 16. Juli 2015 beim [X.] einge-gangen.
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Nach Hinweis des Berufungsgerichts hat der Prozessbevollmäch-tigte des Klägers mit
am 5.
August 2015 eingegangenem
Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Berufungsbegründung
beantragt.
Hierzu hat er ausgeführt,
die zuständi-ge Kanzleimitarbeiterin habe versehentlich die Faxnummer des Landge-richts in den Schriftsatz eingefügt und ihn per Telefax an diese Nummer versandt. Entgegen der Anweisung, die den Kanzleimitarbeitern erteilt worden sei,
habe sie nach der Übermittlung
nicht überprüft, ob die [X.] des Gerichts korrekt gewesen sei.

Das Berufungsgericht hat den Wiedereinsetzungsantrag zurück-gewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, es lasse sich nicht ausschließen, dass den [X.] ein Verschulden an der Fristversäumung treffe.
Die in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten erteilte Anwei-sung, bei einer Versendung fristwahrender Schriftsätze per Fax die Rich-tigkeit der Faxnummer des Gerichts nach der Übermittlung zu prüfen, genüge nicht den an die Sorgfalt eines Rechtsanwalts zu stellenden An-forderungen. Die Kontrolle des [X.] dürfe sich nicht darauf be-schränken, die auf diesem ausgedruckte Nummer mit der zuvor aufge-schriebenen, z.B. bereits in den Schriftsatz eingefügten Nummer zu ver-gleichen, sondern der Abgleich müsse anhand einer zuverlässigen [X.] erfolgen. Dem Vorbringen des Klägers lasse sich nicht entnehmen, dass in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten Vorkehrungen getrof-fen worden wären, um dies sicherzustellen. Das Fehlen einer solchen Vorkehrung lasse sich daher als Ursache für das geschehene [X.] nicht ausschließen.

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Gegen den Beschluss des Berufungsgerichts wendet sich der Klä-ger mit seiner Rechtsbeschwerde.

[X.] Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr. 1, §
522 Abs.
1 Satz 4, § 238 Abs.
2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des §
574 Abs.
2 ZPO fehlt. [X.] Entscheidung des [X.] ist nicht zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Die angefochtene Ent-scheidung verletzt nicht die Verfahrensgrundrechte des Klägers
auf ein faires Verfahren und effektiven Rechtsschutz
(Art. 2 Abs. 1
GG
in [X.] mit dem Rechtsstaatsprinzip).

1. Rechtsfehlerfrei war
das Berufungsgericht der Auffassung, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht erfolgen kann, weil
sich
ein Verschulden des
Prozessbevollmächtigten
des Klägers
als [X.] für die Versäumung der Frist
nicht ausschließen lässt
und
der Kläger
sich dessen Verschulden nach § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss.

a) Zwar darf ein Rechtsanwalt Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem durch Fax erfolgenden Versand fristgebundener Schriftsätze grund-sätzlich dem geschulten und zuverlässigen Kanzleipersonal eigenver-antwortlich überlassen und braucht die Ausführung eines solchen [X.] nicht konkret zu überwachen oder zu kontrollieren (Senatsbeschluss vom 7. November 2012 -
IV ZB 20/12, NJW-RR 2013, 305
Rn. 7). Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] genügt ein Rechts-anwalt
seiner Pflicht zur wirksamen [X.] fristwahrender Schriftsätze aber nur dann, wenn er seine Angestellten
anweist, nach ei-5
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ner Übermittlung per Telefax anhand des [X.] zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist (aaO
Rn. 9;
ebenso
[X.], Beschlüsse vom 27. März 2012
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VI
ZB 49/11, NJW-RR 2012, 744
Rn. 7; vom 4. Februar 2010
-
I ZB 3/09, [X.], 1543 Rn. 14). Dabei darf sich die Kontrolle des [X.] nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte [X.] mit der zuvor aufgeschriebenen, z.B. bereits in den Schriftsatz eingefügten Nummer zu vergleichen ([X.] aaO). Vielmehr muss der [X.] anhand eines zuverlässigen Verzeichnisses oder einer anderen geeigneten Quelle
erfolgen,
um auch Fehler bei der Ermittlung auf-decken zu können ([X.] aaO).

b) Nach diesem Maßstab war
das Berufungsgericht zutreffend
der Ansicht, dass
dem Prozessbevollmächtigten des Klägers ein [X.] bei der [X.] anzulasten ist.
Die nach dem glaubhaft gemachten Vortrag des Prozessbevollmächtigten
erteilte An-weisung, die Richtigkeit der Faxnummer nach der Versendung zu über-prüfen, genügt den [X.] nicht, da in dieser Anweisung
kein Abgleich
der im Sendebericht angegebenen Faxnummer
anhand ei-ner zuverlässigen Quelle verlangt wird.
Die Anweisung beschränkt sich ohne weitergehende Anforderungen darauf, die Richtigkeit der [X.] zu prüfen.

c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das [X.] auch zutreffend entschieden, dass sich das schuldhafte Un-terlassen
einer ausreichenden Anweisung
zur [X.]
als Ur-sache für die Fristversäumung nicht ausschließen lässt. Das [X.] des Prozessbevollmächtigten steht der Wiedereinsetzung dann nicht entgegen, wenn er alle erforderlichen Schritte unternommen hat, die bei 9
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einem normalen Ablauf der Dinge mit Sicherheit dazu führen würden, dass die Frist gewahrt werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 29.
Mai 1974

[X.], [X.], 1001, 1002).
Verbleibt aber die [X.], dass die Einhaltung der Frist durch ein Verschulden des [X.] versäumt worden ist, ist der Antrag auf [X.] unbegründet ([X.], Beschluss vom 27. Januar 2011

III ZB 55/10, NJW 2011, 859 Rn. 11).

So liegt der Fall hier. Eine Ursächlichkeit der unzureichenden An-weisung des Prozessbevollmächtigten für die Fristversäumung lässt sich nicht ausschließen. Auch wenn die zuständige Mitarbeiterin die erteilte Anweisung zur Prüfung der Richtigkeit der Faxnummer beachtet hätte, stünde ein rechtzeitiger Eingang der
Berufungsbegründung nicht fest. Bei pflichtgemäßer Abarbeitung der Anweisung zur [X.] hätte die Mitarbeiterin die Richtigkeit der im Sendebericht angezeigten Faxnummer in beliebiger Weise überprüfen können, d.h. auch auf dem schnellsten Weg durch einen Vergleich mit der in den Schriftsatz einge-fügten Nummer. Da es sich dabei aber um die falsche Nummer handelte
und ein Abgleich mit einer zuverlässigen Quelle
nicht verlangt wurde, wäre auch dann die Übermittlung an den falschen Empfänger nicht [X.] worden.
Es entlastet den Prozessbevollmächtigten entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keineswegs, dass die Mitarbeiterin auch eine ausreichende Anweisung zur Kontrolle der Faxnummer in [X.] nicht beachtet hätte. Da eine fristgerechte Versendung des Schriftsatzes an die richtige Faxnummer nur durch eine entsprechende Anweisung des Prozessbevollmächtigten in Verbindung mit der Befol-gung dieser Anweisung durch die Mitarbeiterin sichergestellt worden wä-re,
hat auch der Prozessbevollmächtigte eine Ursache für die Fristver-säumung gesetzt.

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2. Die Rechtsbeschwerde ist nach alledem auch insoweit ohne [X.], als sie sich gegen die Verwerfung der Berufung richtet.

[X.]

[X.]

[X.]

Dr.
Karczewski

Dr. Bußmann

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.05.2015 -
26 O 373/14 -

O[X.], Entscheidung vom 30.09.2015 -
20 [X.] -

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Meta

IV ZB 38/15

11.05.2016

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.05.2016, Az. IV ZB 38/15 (REWIS RS 2016, 11545)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 11545

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IV ZB 38/15

IV ZB 20/12

I ZB 3/09

III ZB 55/10

20 U 93/15

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