Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2017, Az. XI ZB 16/17

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 324

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:191217BXIZB16.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XI ZB 16/17

vom

19.
Dezember 2017

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat durch den Vizepräsidenten
Prof.
Dr.
Ellenberger,
[X.]
Grüneberg und [X.] sowie die
Richterinnen Dr.
Menges und Dr.
Derstadt

am 19.
Dezember 2017

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der [X.] zu 1) gegen den Beschluss des 17.
Zivilsenats des [X.] vom 1.
Juni 2017 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.
Der Gegenstandswert beträgt 5.563,34

Gründe:
I.
Die Klägerin, eine Bank, nimmt die Beklagte zu 1) (im Folgenden: [X.]) auf Erstattung einer [X.] in Anspruch. Das [X.] hat der Klage mit Urteil vom 31.
Januar 2017 stattgegeben. Das Urteil ist den Pro-zessbevollmächtigten der [X.] am 2.
Februar 2017 zugestellt worden. Hiergegen hat sie rechtzeitig Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 3.
April 2017 haben die Prozessbevollmächtigten der [X.] die Berufung begrün-det. Der an das [X.] adressierte Schriftsatz ist am selben Tag, einem Montag, per Telefax beim Amtsgericht

Registergericht

und am 4.
April 2017 beim [X.] eingegangen. Nach einem Hinweis des [X.]
-
3
-
fungsgerichts haben die Prozessbevollmächtigten der [X.]
mit am 18.
April 2017 eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung beantragt. Sie haben dies damit begründet, dass die [X.] am 3.
April 2017 fertiggestellt und unterzeichnet worden sei. Wegen der noch am selben Tag ablaufenden Begründungfrist sei ihre ansonsten äußerst zuverlässi-ge und gewissenhafte Anwaltsgehilfin H.

angewiesen worden, die [X.] per Telefax zu versenden. Frau H.

habe sodann auf der Berufungsbegründung den Zusatz "Zur Fristwahrung vorab per Telefax: 089/5597-3560 (2747)" aufgebracht. Diese Nummer habe sie einem in der Handakte befindlichen Schreiben des [X.]s entnommen, sich dabei aber verlesen oder anschließend verschrieben. Die in dem Schreiben genannte richtige Faxnummer laute nämlich am Ende 3570. Eine Überprüfung des [X.] sei durchgeführt worden und habe keine Beanstandungen ergeben.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht den [X.] zurückgewiesen und die Berufung der [X.] als [X.] verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Fristversäu-mung durch die Prozessbevollmächtigten der [X.] schuldhaft erfolgt sei. Nach der Rechtsprechung
des [X.] dürfe sich die Kontrolle des [X.] nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte [X.] mit der zuvor aufgeschriebenen zu vergleichen. Vielmehr müsse ein Abgleich anhand einer zuverlässigen Quelle vorgenommen werden, um auch Fehler bei der vorherigen Ermittlung der Nummer aufdecken zu können. Im Wiedereinsetzungsantrag sei nichts dazu vorgetragen worden, ob der Bürokraft der Prozessbevollmächtigten eine entsprechende allgemeine oder spezielle Weisung erteilt worden
sei. Damit bleibe offen, ob eine diesbezügliche Anwei-sung bestanden habe, so dass die Beklagte ein eigenes Verschulden ihrer [X.]
-
4
-
zessbevollmächtigten aufgrund unzureichender Büroorganisation nicht ausge-räumt habe. Dass Frau H.

eine entsprechende Überprüfung der [X.] auch ohne Anweisung vorgenommen habe, sei ebenfalls nicht vorgetragen worden.
Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der [X.].

II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO i.V.m. §
522 Abs.
1 Satz
4, §
238 Abs.
2 Satz
1 ZPO), aber unzulässig.
Die Voraussetzungen des §
574 Abs.
2 ZPO sind nicht erfüllt. Entgegen der Auffassung der [X.] ist eine Entscheidung des [X.] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§
574 Abs.
2 Nr.
2 ZPO) nicht erforderlich. Es liegt weder eine Divergenz zur Rechtsprechung des [X.] vor noch verletzt die Entscheidung des Berufungsgerichts den Anspruch der [X.] auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art.
2 Abs.
1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip).
2. Das Berufungsgericht hat der [X.] zu Recht die beantragte [X.] in den vorigen Stand versagt und ihre Berufung als unzulässig verworfen. Die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung beruht auf einem Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten, das ihr nach §
85 Abs.
2 ZPO zuzurechnen ist.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] genügt ein Rechtsanwalt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahren-der Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer 3
4
5
6
7
-
5
-
Übermittlung per Telefax anhand des [X.] zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist. Erst danach darf die Frist im [X.] gestrichen werden. Dabei darf sich die Kontrolle des [X.] grundsätzlich nicht darauf beschränken, die auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, etwa in den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen. Vielmehr muss der [X.] anhand einer zuverlässigen Quelle, etwa anhand eines geeigneten [X.], vorgenommen werden, aus der die Faxnummer des Gerichts her-vorgeht, für das die Sendung bestimmt ist. Denn diese Art der Ausgangskontrol-le soll nicht nur Fehler bei
der Eingabe, sondern auch bei der Ermittlung der Faxnummer und ihrer Übertragung in den Schriftsatz ausschließen (vgl. nur [X.], Beschlüsse vom 10.
September 2013

VI
ZB 61/12, NJW-RR 2013, 1467 Rn.
7, vom 24.
Oktober 2013

V
ZB 154/12, NJW 2014, 1390 Rn.
8 und 12, vom 1.
Juni 2016

XII
ZB 382/15, NJW-RR 2016, 1199 Rn.
19
f. und vom 27.
Juni 2017

VI
ZB 32/16, NJW-RR 2017, 1139 Rn.
6). Soweit die Rechtsbe-schwerde dem Beschluss des VI.
Zivilsenats des [X.] vom 13.
Februar 2007 (VI
ZB 70/06,
NJW 2007, 1690 Rn. 7
ff.) etwas anderes ent-nehmen möchte, sind die dortigen Ausführungen überholt (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
September 2013

VI
ZB 61/12, aaO Rn.
7 aE).
Dem Erfordernis, durch organisatorische Anweisungen sicherzustellen, dass Fehler bei der Ermittlung der Faxnummer erfasst werden, kann allerdings auch durch die Anweisung genügt werden, die im Sendebericht ausgedruckte Faxnummer mit der schriftlich niedergelegten zu vergleichen, wenn [X.] ist, dass diese ihrerseits zuvor aus einer zuverlässigen Quelle ermittelt worden ist. Dies setzt aber voraus, dass zusätzlich die generelle Anweisung besteht, die ermittelte Faxnummer vor der Versendung auf eine Zuordnung zu dem vom Rechtsanwalt bezeichneten Empfangsgericht zu überprüfen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 10.
September 2013

VI
ZB 61/12, NJW-RR 2013, 1467 8
-
6
-
Rn.
7, vom 24.
Oktober 2013

V
ZB 154/12, NJW 2014, 1390 Rn.
8 und vom 27.
Juni 2017

VI
ZB 32/16, NJW-RR 2017, 1139 Rn.
7). Der Sendebericht muss dann nicht mehr zusätzlich mit der zuverlässigen [X.] werden. Infolge des vorangegangenen Abgleichs der auf den Schriftsatz übertragenen Faxnummer mit der zuverlässigen Ausgangsquelle ist die Num-mer auf dem Schriftsatz nach diesem Abgleich selbst als ausreichend zuverläs-sige Quelle anzusehen (vgl. [X.], Beschluss vom 27.
Juni 2017

VI
ZB 32/16, aaO Rn.
7 mwN).
b) Die nach dieser Rechtsprechung geforderten Sorgfaltspflichten haben die Prozessbevollmächtigten der [X.] nicht erfüllt. Die von der [X.] vorgetragene und durch die eidesstattlichen Versicherungen ihrer Prozessbe-vollmächtigten und der Büroangestellten H.

glaubhaft gemachte Anwei-sung, die richtige Eingabe der Faxnummer und die vollständige Übertragung des Schriftsatzes an das richtige Gericht
nach der Versendung anhand des [X.] zu überprüfen, genügt nicht, da damit kein Abgleich der im [X.] angegebenen Faxnummer anhand einer zuverlässigen Quelle [X.] wird (vgl. [X.], Beschluss vom 27.
Juni 2017

VI
ZB 32/16, NJW-RR 2017, 1139 Rn.
8 mwN). Einer derartigen Konkretisierung hätte es aber bedurft. Der Rechtsanwalt hat seine organisatorischen Anweisungen klar und unmiss-verständlich zu formulieren, weil nur so die Wichtigkeit der einzuhaltenden Schritte in der gebotenen Deutlichkeit hervorgehoben wird (vgl. [X.], [X.] vom 24.
Oktober 2013

V
ZB 154/12, NJW 2014, 1390 Rn.
15 und vom 27.
Juni 2017

VI
ZB 32/16, aaO).
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde genügt es nicht, dass die Mitarbeiterin H.

"der festen Meinung war, dass (die Berufungsbegrün-dung) bei der gewählten Nummer das [X.] erreicht hat" und sie [X.] die "gegebenenfalls gebotene erneute Überprüfung der gewählten Tele-9
10
-
7
-
faxnummer anhand des vorliegenden Verzeichnisses bzw. Schreibens des Be-rufungsgerichts" unterlassen hat. Dies wahrt die anwaltliche Pflicht zur wirksa-men Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze
nicht, weil diese bei einer Faxübersendung

wie dargelegt

nur durch eine nochmalige Überprüfung der Faxnummer entweder vor der Versendung oder mit dem Sendebericht anhand einer zuverlässigen Quelle erfüllt werden kann. Vor diesem Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Organisationsverschulden der Pro-zessbevollmächtigten der [X.] zumindest mitursächlich für den Fehler der Kanzleikraft geworden ist (vgl. [X.], Beschlüsse vom 27.
Januar 2011

III
ZB 55/10, NJW 2011, 859 Rn.
15 und vom 27.
Juni 2017

VI
ZB 32/16, NJW-RR 2017, 1139 Rn.
11 mwN).

Ellenberger
Grüneberg
[X.]

Menges
Derstadt

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 31.01.2017 -
1 O 22/15 -

[X.], Entscheidung vom 01.06.2017 -
17 U 737/17 -

Meta

XI ZB 16/17

19.12.2017

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2017, Az. XI ZB 16/17 (REWIS RS 2017, 324)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 324

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VI ZB 32/16 (Bundesgerichtshof)


XI ZB 16/17 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Anforderungen an die Ausgangskontrolle bei Übersendung fristwahrender Schriftsätze per Telefax


XI ZB 20/18 (Bundesgerichtshof)

Rechtsanwaltsverschulden bei Berufungsfristversäumung: Anforderungen an die Ausgangskontrolle bei Übermittlung fristwahrender Schriftsätze per Telefax


VI ZB 32/16 (Bundesgerichtshof)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Anforderungen an die Ausgangskontrolle fristwahrender Fax-Schriftsätze, an die Kontrolle des …


VI ZB 2/21 (Bundesgerichtshof)

Rechtsanwaltsverschulden bei Versäumung der Berufungsbegründungsfrist: Anforderungen an eine wirksame Ausgangskontrolle bei Versendung fristwahrender Schriftsätze per …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XI ZB 16/17

1 O 22/15

17 U 737/17

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.