Bundesfinanzhof, Beschluss vom 11.06.2019, Az. XI B 98/18

11. Senat | REWIS RS 2019, 6447

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Gegenstand

Zur Postulationsfähigkeit einer "LLP" englischen Rechts


Leitsatz

NV: Prozesshandlungen von an sich vertretungsberechtigten Personen (z.B. Rechtsanwalt oder Steuerberater) sind nur dann wirksam, wenn sie im eigenen Namen und nicht im Namen einer nicht zur Prozessführung befugten Gesellschaft getätigt werden (Bestätigung der Rechtsprechung) .

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 15.08.2018 - 4 K 1406/17 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Beschwerdeführerin hat sich für ihre Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im klageabweisenden Urteil des [X.] vom 15.08.2018 - 4 K 1406/17 durch die [X.], eine Rechts-, Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft englischen Rechts, vertreten lassen, die eine Postanschrift in den Niederlanden hat und in [X.] (Hauptsitz [X.]) und [X.] registriert ist sowie u.a. eine Eintragung im Partnerschaftsregister am [X.] (PR …) vorweist. Die beiden Personen, die als Partner dieser Gesellschaft die Beschwerde- und die Beschwerdebegründungsschrift unterzeichnet haben, sind mit den Berufsbezeichnungen "Rechtsanwalt" bzw. "[X.] ([X.])" sowie "Advocate (GB)" angeführt.

Entscheidungsgründe

II.

2

Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht durch eine postulationsfähige Person eingelegt wurde.

3

1. Vor dem [X.] ([X.]) müssen sich die Beteiligten nach § 62 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind gemäß § 62 Abs. 4 Satz 3 FGO nur die in § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO bezeichneten Personen und Gesellschaften zugelassen.

4

a) Bei den dort bezeichneten Personen handelt es sich nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO um Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer. Den Rechtsanwälten gleichgestellt sind gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Tätigkeit [X.] Rechtsanwälte in [X.] ([X.]) i.V.m. §§ 1, 3 Abs. 1 und 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung ([X.]) niedergelassene [X.] Rechtsanwälte, die auf Antrag in die für den Ort ihrer Niederlassung zuständige Rechtsanwaltskammer aufgenommen wurden.

5

b) Ferner sind zugelassen nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 FGO Gesellschaften i.S. des § 3 Nr. 2 und 3 des [X.]), die durch die vorbezeichneten Personen handeln. Bei diesen Gesellschaften wiederum handelt es sich um Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich die in § 3 Nr. 1 StBerG genannten Personen (Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene [X.] Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer) sind, sowie Steuerberatungsgesellschaften, [X.], Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften (§ 3 Nr. 3 StBerG). Steuerberatungsgesellschaften bedürfen nach § 32 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 49 ff. StBerG der Anerkennung. Die Anerkennung setzt nach § 32 Abs. 3 Satz 2 StBerG u.a. voraus, dass die [X.] verantwortlich geführt wird. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften benötigen nach § 1 Abs. 3 der Wirtschaftsprüferordnung die Anerkennung, die den Nachweis voraussetzt, dass die [X.] verantwortlich geführt wird. [X.] bedürfen der Zulassung gemäß §§ 59c ff. [X.] (vgl. [X.]-Beschluss vom 21.07.2017 - X B 92/17, [X.]/NV 2017, 1463, Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, s. Beschluss des [X.] vom 13.02.2018 - 1 BvR 2168/17; zu alledem auch [X.]-Urteil vom 18.01.2017 - II R 33/16, [X.]E 256, 206, [X.], 663, unter [X.]). Für eine im [X.]n Ausland ansässige [X.] und 3 StBerG sieht das [X.] keine Gleichstellung mit im Inland ansässigen Gesellschaften  vor (s. Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 62 Rz 26).

6

2. Die als Prozessbevollmächtigte auftretende [X.] ist bereits ihrem eigenen Auftreten zufolge nach keiner der genannten Vorschriften anerkannt bzw. zugelassen und daher nicht zur Vertretung vor dem [X.] befugt (vgl. auch [X.]-Beschluss vom 12.12.2018 - IX B 20/18, nicht veröffentlicht).

7

3. Die Beschwerde ist auch nicht deshalb zulässig, weil die beiden Personen, die für die Prozessbevollmächtigte gezeichnet haben, oder eine Person davon ihrerseits vertretungsbefugt wären bzw. wäre. Prozesshandlungen von an sich vertretungsberechtigten Personen (z.B. Rechtsanwalt oder Steuerberater) sind nur dann wirksam, wenn sie im eigenen Namen und nicht im Namen einer nicht zur Prozessführung befugten Gesellschaft oder eines Verbandes getätigt werden (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 23.11.1978 - I R 56/76, [X.]E 126, 366, [X.] 1979, 173; vom 26.04.1989 - I B 60/88, [X.]E 157,17, [X.] 1989, 701; vom 12.12.2001 - IV B 135/00, [X.]/NV 2002, 530; vom 28.01.2005 - XI K 1/03, juris; s.a. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 62 FGO Rz 124). Aus dem Briefkopf und dem Rubrum der Beschwerdeschrift sowie aus dem Zusatz vor der Unterschrift ergibt sich, dass die [X.] die Beschwerde eingelegt hat, nicht aber die Unterzeichner.

8

4. Von einer weiter gehenden Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.

9

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Meta

XI B 98/18

11.06.2019

Bundesfinanzhof 11. Senat

Beschluss

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 15. August 2018, Az: 4 K 1406/17, Urteil

§ 62 Abs 2 FGO, § 62 Abs 4 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 11.06.2019, Az. XI B 98/18 (REWIS RS 2019, 6447)

Papier­fundstellen: WM2020,173 REWIS RS 2019, 6447

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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