Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.07.2017, Az. X B 92/17

10. Senat | REWIS RS 2017, 7600

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Postulationsfähigkeit beim BFH


Leitsatz

1. NV: Eine Steuerberatungs-, Rechtsanwalts- oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die nicht nach der jeweiligen Berufsordnung anerkannt bzw. zugelassen ist, ist vor dem BFH nicht zur Vertretung befugt.

2. NV: Die Befugnis zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen nach § 3a StBerG vermittelt nur eine Vertretungsbefugnis vor dem FG, nicht dem BFH.

3. NV: Ein europäischer Rechtsanwalt ist nur als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt vertretungsbefugt, wenn er in die für den Ort seiner Niederlassung zuständige Rechtsanwaltskammer aufgenommen wurde.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 26. Januar 2017  7 K 518/12 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat sich für seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch eine Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft Ltd. vertreten lassen, die eine Postanschrift in den Niederlanden hat und nach Angabe "Registered in [X.] and [X.]" ist. Die beiden Personen, die die Beschwerde- und Beschwerdebegründungsschrift unterzeichnet haben, bezeichnen sich selbst als "Belastingadviseur ([X.])" sowie "Advocate (GB)" und als "nach § 3a [X.] gemeldet bei der [X.] ...", in einem Falle zusätzlich als "Staatl. Gepr. Betriebswirt".

2

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) hat u.a. geltend gemacht, dem Kläger fehle es an der Postulationsfähigkeit, da die Prozessbevollmächtigte weder als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt noch als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen sei.

Entscheidungsgründe

3

II. [X.] ist unzulässig, da sie nicht durch eine postulationsfähige Person eingelegt wurde.

4

1. Vor dem [X.] ([X.]) müssen sich die Beteiligten nach § 62 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind gemäß § 62 Abs. 4 Satz 3 [X.]O nur die in § 62 Abs. 2 Satz 1 [X.]O bezeichneten Personen und Gesellschaften zugelassen.

5

a) Bei den dort bezeichneten Personen handelt es sich nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 [X.]O um Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer. Den Rechtsanwälten gleichgestellt sind gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Tätigkeit [X.] Rechtsanwälte in [X.] ([X.]) i.V.m. §§ 1, 3 Abs. 1 und 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung ([X.]) niedergelassene [X.] Rechtsanwälte, die auf Antrag in die für den Ort ihrer Niederlassung zuständige Rechtsanwaltskammer aufgenommen wurden.

6

b) Ferner sind zugelassen nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]O Gesellschaften i.S. des § 3 Nr. 2 und 3 des [X.]), die durch die vorbezeichneten Personen handeln. Bei diesen Gesellschaften wiederum handelt es sich um Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich die in § 3 Nr. 1 StBerG genannten Personen (Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene [X.] Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer) sind, sowie Steuerberatungsgesellschaften, [X.], Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften. Steuerberatungsgesellschaften bedürfen nach § 32 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 49 ff. StBerG der Anerkennung. Die Anerkennung setzt nach § 32 Abs. 3 Satz 2 StBerG u.a. voraus, dass die [X.] verantwortlich geführt wird. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften benötigen nach § 1 Abs. 3 der Wirtschaftsprüferordnung ([X.]) die Anerkennung, die den Nachweis voraussetzt, dass die [X.] verantwortlich geführt wird. [X.] bedürfen der Zulassung gemäß §§ 59c ff. [X.] (zu alledem auch [X.]-Urteil vom 18. Januar 2017 II R 33/16, [X.]E 256, 206, BStBl II  2017, 663, unter [X.]).

7

2. Die als Prozessbevollmächtigte auftretende Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft Ltd. ist bereits ihrem eigenen Auftreten zufolge nach keiner der genannten Vorschriften anerkannt bzw. zugelassen und daher nach Maßgabe von [X.] nicht zur Vertretung vor dem [X.] befugt.

8

3. [X.] kann auch nicht deshalb als zulässig behandelt werden, weil die beiden Personen, die für die Prozessbevollmächtigte gezeichnet haben, ihrerseits nach den in [X.] dargestellten Grundsätzen vertretungsbefugt wären.

9

a) Soweit beide nach eigener Angabe gemäß § 3a StBerG die Befugnis zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im Inland besitzen, sind sie deswegen nicht vertretungsbefugt vor dem [X.] nach § 62 Abs. 4 Satz 3 [X.]O i.V.m. § 62 Abs. 2 Satz 1 [X.]O. § 3a StBerG vermittelt nach § 62 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 [X.]O im Rahmen der dort definierten Befugnisse nur die Vertretungsbefugnis vor dem Finanzgericht ([X.]). Auf die Frage, ob sie tatsächlich über diese Befugnis verfügen, kommt es an dieser Stelle daher nicht an.

b) Soweit beide sich als "Advocate (GB)" und damit als Rechtsanwälte nach [X.] Recht bezeichnen, haben sie jedoch selbst nicht dargelegt, dass sie nach § 2 Abs. 1 [X.] in die für den Ort ihrer Niederlassung zuständige Rechtsanwaltskammer aufgenommen worden und deshalb niedergelassene [X.] Rechtsanwälte wären.

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O ab.

Meta

X B 92/17

21.07.2017

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend FG Köln, 26. Januar 2017, Az: 7 K 518/12, Urteil

§ 62 Abs 2 S 1 FGO, § 62 Abs 2 S 2 Nr 3 FGO, § 62 Abs 4 S 1 FGO, § 62 Abs 4 S 3 FGO, § 2 Abs 1 EuRAG, § 3 StBerG, § 32 Abs 3 S 1 StBerG, §§ 49ff StBerG, §§ 59cff BRAO, § 1 Abs 3 WiPrO, § 49 StBerG, § 59c BRAO, § 1 BRAO, § 3 BRAO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 21.07.2017, Az. X B 92/17 (REWIS RS 2017, 7600)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 7600

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V B 12/17 (Bundesfinanzhof)

Vertretungsbefugnis vor dem BFH; ausländische Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft; Advocates


XI B 98/18 (Bundesfinanzhof)

Zur Postulationsfähigkeit einer "LLP" englischen Rechts


II R 33/16 (Bundesfinanzhof)

Folgen der Zurückweisung eines Bevollmächtigten nach bisherigem Recht - Eigenvertretung einer ausländischen Steuerberatungsgesellschaft beim BFH …


II R 53/13 (Bundesfinanzhof)

Zulassung einer Partnerschaftsgesellschaft als Prozessbevollmächtigte


7 VA 26/19 (Oberlandesgericht Köln)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.