Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2017, Az. VIII ZR 127/17

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 8623

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:040717BVIIIZR127.17.0

BUN[X.]SGERI[X.]HTSHOF

BES[X.]HLUSS
VIII ZR
127/17

vom

4. Juli 2017

in dem Rechtsstreit

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-

Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 4. Juli 2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, die Richter Prof.
Dr.
Achilles
und Dr.
Schneider, die
Richterin [X.] sowie [X.] Bünger

beschlossen:
Die
Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des [X.] vom 14. Dezember 2016
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452 [X.] 23314/15
-
und aus dem Beschluss des [X.] vom 4. Mai 2017 -
14
S 22108/16 -
über den 4. Juli 2017 hinaus wird [X.].

Gründe:
I.
1. Der Kläger
hat von der
Beklagten zu 1 laut Mietvertrag vom 24. De-zember 2005

eine Doppelhaushälfte
in U.

gemietet, die er mit seiner Ehefrau [X.]. Diese (Hausnummer 5) und die zweite Doppelhaushälfte
(Hausnummer
7) gehörten damals einer ungeteilten [X.], die aus der Beklagten zu 1 sowie den Beklagten zu 4 und 5 bestand. Während des laufenden Miet-verhältnisses veräußerte die [X.] die Doppelhaushälfte [X.] an die Beklagten zu 3 und 4.
Der Kläger vertrat in der Folgezeit die Auffassung, Vermieter seien neben der Beklagten zu 1 auch die Beklagten zu 4 und 5 als Mitglieder der [X.]. Außerdem seien durch die Veräußerung der Doppelhaushälfte Nr.
7 an die Beklagten zu 2 und 3 auch diese in analoger 1
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Anwendung des §
566 BGB in das Mietverhältnis eingetreten, denn ein mitver-mietetes Nebengebäude und die Zuwegung befänden
sich auf dem an die [X.]
zu 2 und 3 veräußerten Grundstücksteil.
In einem der zwischen den Parteien geführten Vorprozesse
nahm
der Kläger die Beklagte zu 1 sowie die Beklagten zu 2 und 3 (unter anderem) auf Beseitigung behaupteter Mängel
des Mietobjekts
in
Anspruch. Die Beklagte zu
1 wurde in jenem Prozess als Vermieterin zur Beseitigung bestimmter Män-gel verurteilt. Die gegen die Beklagten zu 2 und 3 (Erwerber der Doppelhaus-hälfte [X.]) gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das insoweit befasste
Amts-gericht wie auch das [X.] als Berufungsinstanz
teilten
die Auffassung des [X.]
nicht, dass die Beklagten zu 2 und 3 in analoger Anwendung des §
566 BGB in den Mietvertrag eingetreten seien. Die gegen das damalige [X.] gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 17. November 2015 ([X.]) zurückgewiesen.
Seit Oktober 2013 zahlte der Kläger keine Miete mehr an die Beklagte zu
1, sondern hinterlegte mit Rücksicht auf die von ihm geltend gemachte Unsi-cherheit über die Person des Gläubigers lediglich bestimmte Beträge beim Amtsgericht.
Die Beklagte zu
1 ist der Auffassung,
dass sie alleinige Vermiete-rin sei
und der Kläger
auch nicht zur
Hinterlegung berechtigt gewesen sei, so dass diese
auch nicht zur Erfüllung ihrer Mietforderungen geführt habe. Wegen der hierdurch aufgelaufenen Rückstände erklärte die Beklagte zu 1 mit
An-waltsschreiben vom 31. August 2015 die fristlose Kündigung des [X.].
Gegen die Ehefrau des [X.] erhoben die hiesigen Beklagten zu 1, 4 und
5 -
parallel zum vorliegenden Rechtsstreit -
beim [X.] eine auf §
985 BGB gestützte Klage auf Herausgabe der streitigen Doppel-haushälfte und machten geltend, ein vom Kläger als Mieter abgeleitetes Besitz-recht sei wegen der Beendigung des Mietverhältnisses durch wirksame fristlose 2
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Kündigung (u.a. vom 31. August 2015)
entfallen. In jenem
Prozess wandte die beklagte Ehefrau unter anderem
ein, die Kündigung sei unwirksam, weil sie nicht gleichzeitig von den Erwerbern der Doppelhaushälfte [X.] und somit nicht von allen Vermietern ausgesprochen
worden sei. Das [X.] hat der [X.] stattgegeben, das [X.] hat die Berufung
der Ehefrau des hie-sigen [X.]
zurückgewiesen. Ihre
hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbe-schwerde hat der
Senat
mit Beschluss vom heutigen Tage zurückgewiesen

([X.]/16).
Im vorliegenden Rechtsstreit hat zunächst der Kläger gegen die Beklagte zu 1 Feststellungsklage dahin erhoben, dass das Mietverhältnis nicht durch die Kündigung vom 31. August
2015 beendet worden sei. Später hat er die Klage auf die Beklagten zu 2 bis 5 erweitert und außerdem die Verurteilung sämtlicher
Beklagten zur Beseitigung bestimmter Mängel
sowie
die Feststellung der Be-rechtigung einer Minderung in Höhe von 20 % und eine Verurteilung der [X.] zur Zahlung weiterer Beträge begehrt. Bei Zahlungsforderungen handelt es sich im Wesentlichen um vom Kläger errechnete "Mietminderungen", die sich nach seiner Auffassung daraus ergeben, dass er ungeminderte Mieten mit Erfüllungswirkung hinterlegt habe und dadurch eine Bereicherung auf [X.] in Höhe der jeweiligen [X.] eingetreten sei.
Die Beklagte zu
1 hat Widerklage auf Räumung und Herausgabe der vom Kläger gemieteten Doppelhaushälfte erhoben.
Das Amtsgericht hat dem [X.] der Beklagten zu 1 durch Teilurteil entsprochen. Das [X.] hat die hiergegen gerichtete Berufung des [X.] mit Beschluss vom 4. Mai 2017 zurückgewiesen. Mit der hiergegen am 8. Juni 2017
eingelegten, noch nicht begründeten
Nichtzulassungsbe-schwerde erstrebt der Kläger die Zulassung der Revision.
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II.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im [X.] ausgeführt:
Die Berufung des [X.] sei unbegründet. Das Teilurteil des Amtsge-richts sei zulässig gewesen, weil eine Gefahr widersprechender Entscheidun-gen nicht bestanden habe. Denn bei [X.] aller vorgetragenen
Mängel könne das Gericht sowohl die Minderungsquote als auch ein Zurückbe-haltungsrecht berücksichtigen; wenn auf diese Weise ein Fehlbetrag verbleibe,
der die fristlose Kündigung auf jeden Fall rechtfertige, könne durch Teilurteil entschieden werden.
Einen solchen Mietrückstand habe der Kläger hier auflaufen lassen, in-dem er -
seit Oktober 2013 -
23 Monatsmieten nicht gezahlt habe. Die Hinterle-gung habe keine schuldbefreiende Wirkung gehabt, weil der Kläger nicht zur Hinterlegung berechtigt gewesen sei; er habe bereits durch das Urteil des Amtsgerichts vom 14. November 2013 im Vorprozess erfahren, dass die [X.] zu 2 und 3 nicht gemäß § 566 BGB in das Mietverhältnis eingetreten seien. Auch sei ausweislich
des [X.] nur die Beklagte zu 1 und nicht die [X.] Vermieter geworden.
Unter Berücksichtigung der [X.] Miete und einer im ersten Prozess ausgeurteilten Minderung von 9 % entstanden. Selbst wenn zugunsten des Kläger die jetzt geltend gemachten Mängel als wahr unterstellt und die von ihm selbst angegebene Minderungs-quote von 20 % zugrunde gelegt würde, beliefe sich der Rückstand immer noch auf 40.825

Wenn dann noch
zusätzlich zugunsten des [X.] mit Rücksicht auf die behaupteten Mängel
ein sowie die erklärten Aufrechnungen
berücksichtigt würden, verbliebe immer noch ein Rückstand von mehr als zwei Monatsmieten.
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Die
durch
Rechtsanwalt v.

S.

erklärte
Kündigung der Beklagten
zu 1 sei auch nicht deshalb gemäß § 174 BGB unwirksam, weil ihr eine Origi-nalvollmacht nicht beigelegen habe und die Kündigung aus diesem Grund zu-rückgewiesen worden sei. Denn der Kläger sei auf andere Weise als durch die Vollmachtsurkunde von der Bevollmächtigung des Generalbevollmächtigten der in [X.] lebenden Beklagten zu
1 in Kenntnis gesetzt worden (§
174 Satz 2 BGB).
Ausweislich des Auftretens des die Kündigung aussprechenden Rechts-anwaltes im vorangegangenen Verfahren habe an dessen Bevollmächtigung kein Zweifel bestanden.

III.
Mit [X.] vom 13. Juni 2016 hat der Kläger
-
im Hinblick auf den für den 21. Juni 2016 angekündigten Termin für die Zwangsräumung -
die einstwei-lige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem amtsgerichtlichen Urteil in Verbindung mit dem Zurückweisungsbeschluss des [X.]s begehrt.
Mit Beschluss vom 14. Juni 2017 hat der Senat die Zwangsvollstreckung aus den vorgenannten Titeln vorläufig bis zum Ablauf des heutigen Tages ein-gestellt, um nach Beiziehung der [X.] die Erfolgsaussichten der Nicht-zulassungsbeschwerde zu prüfen. Nach Beratung auf dieser Grundlage und des Vorbringens des [X.] im [X.] verneint der Senat die für eine Einstellung nach § 719 Abs. 2 ZPO erforderliche
Erfolgsaussicht und lehnt deshalb eine Verlängerung der zunächst verfügten einstweiligen Einstellung über
den heutigen Tag hinaus ab.
1. Nach §
719 Abs. 2 ZPO, der gemäß § 544 Abs. 5 Satz 2 ZPO in dem hier gegebenen Fall der Nichtzulassungsbeschwerde entsprechende Anwen-11
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dung findet, kann das Revisionsgericht die einstweilige Einstellung der Zwangs-vollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärtem Urteil anordnen, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entge-gensteht. Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt jedoch dann nicht in Betracht, wenn das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat
(st. Rspr.; zuletzt Senatsbeschluss vom 7. März 2017 -
VIII ZR 262/16,
WuM 2017, 293
Rn. 2 mwN).
2. So verhält es sich hier. Der Nichtzulassungsbeschwerde
des [X.] fehlt es an der für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung erforderlichen [X.]. Denn der vorliegenden, durch besondere Umstände des Einzel-falls geprägten Sache kommt weder eine grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordert
die Fortbildung des Rechts eine
Zulassung der Revision. Schließlich ist dem Berufungsgericht bei seiner Entscheidung, dass der
Beklagten zu 1
der
geltend gemachte
Räumungs-
und Herausgabeanspruch
(§ 546 BGB) gegen den Kläger zusteht, weil das Mietverhältnis
durch die wirksame Kündigung vom 31. August 2015 beendet worden ist, auch
kein Rechtsfehler unterlaufen, der eine Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer [X.] Rechtsprechung gebieten würde.
a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob § 301 ZPO in der vorliegenden Prozesssituation einer Entscheidung des Amtsgerichts durch Teilurteil entge-genstand; jedenfalls wäre ein dem Berufungsgericht insoweit etwa unterlaufe-ner Verfahrensfehler kein Revisionszulassungsgrund (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 23. März 2006 -
IX ZR 194/03, juris Rn. 2; vom 28. Juni 2007

VII
ZR
107/06, juris), insbesondere kommt insoweit -
entgegen der Auffassung des [X.] -
eine Gehörsverletzung oder ein Verstoß gegen das Willkürverbot oder den Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz nicht in Betracht.
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b) Soweit das Berufungsgericht entschieden
hat, dass nur die Beklagte zu 1 Vermieterin des [X.] war und diese daher das Mietverhältnis allein kündigen konnte, ist diese Beurteilung
aus Rechtsgründen nicht zu beanstan-den. Auch die
tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass
der Kläger über die Bevollmächtigung des
für die Beklagte zu 1 aufgetretenen Rechtsan-walts (Generalbevollmächtigten) aufgrund der vorangegangenen Streitigkeiten beziehungsweise Mietprozesse
informiert war und deshalb die von diesem er-klärte Kündigung nicht mangels Beifügung einer Originalvollmacht nach § 174 BGB wirksam zurückweisen konnte, lässt keinen Rechtsfehler erkennen, dem Bedeutung für eine Zulassung der Revision zukommen könnte.
c) Das Berufungsgericht hat ferner rechtsfehlerfrei einen kündigungsrele-vanten Rückstand von mindestens zwei Monatsmieten
bejaht. In der Beru-fungsbegründung
hatte
der Kläger zwar einen Rückstand in dieser Höhe unter Hinweis auf erfolgte
Hinterlegungen der Mieten für die [X.] von Oktober 2013 bis August 2015 bestritten sowie sich auf
eine mit [X.] vom [X.] 2015 erklärte [X.] mit behaupteten Gegenforderungen in [X.] eines Gesamtbetrages von berufen.

Den Hinterlegungen des [X.] hat das Berufungsgericht rechtsfehler-frei eine Erfüllungswirkung bezüglich der geschuldeten Mieten abgesprochen. Nach Berücksichtigung eines zugunsten des [X.] unterstellten [X.] behaupteten Mietminderungen ist das Be-rufungsgericht von einem im [X.]punkt der Kündigung jedenfalls bestehenden Mietrückstand
von
30.825

ausgegangen, der die fristlose
Kündigung
der [X.]
zu 1 rechtfertigte (§
543 Abs.
2 Satz 1
Nr. 3
Buchst. [X.]). Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die Wirksamkeit der fristlosen
Kündigung der Beklagten zu
1 vom 31. August 2015 nicht durch die vom Kläger erklärten (Hilfs-)Aufrechnungen berührt wurde. Denn 17
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damit konnten
nicht die gesamten zum Gegenstand der fristlosen Kündigung gemachten Rückstände beglichen werden;
zudem dürfte es auch an einer [X.] Aufrechnungserklärung gefehlt haben
(vgl. § 543 Abs. 2 Satz 3 BGB). Davon abgesehen dürfte in
die
Berechnung der angeblichen [X.] sein, dem keine Erfüllungswirkung zukam.

Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab.

Dr. Milger
Dr. Achilles
Ri[X.] [X.] ist

wegen Urlaubs an
der

Unterschrift verhindert.

[X.], 11.07.2017

Dr. Milger

[X.]
Dr. Bünger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.12.2016 -
452 [X.] 23314/15 -

LG [X.], Entscheidung vom 04.05.2017 -
14 S 22108/16 -

20

Meta

VIII ZR 127/17

04.07.2017

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.07.2017, Az. VIII ZR 127/17 (REWIS RS 2017, 8623)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8623

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 127/17

III ZA 12/17

IX ZR 80/15

V ZR 8/10

6 B 47/17

VIII ZR 43/15

VIII ZR 262/16

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