Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.11.2012, Az. 25 W (pat) 531/12

25. Senat | REWIS RS 2012, 1526

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - "Toffee to go" – keine Unterscheidungskraft – hilfsweise Einschränkung des Warenverzeichnisses führt nicht zur Bejahung der Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2011 028 352.8

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 13. November 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters Metternich

beschlossen:

Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Angemeldet als Wortmarke ist die Wortfolge

2

[X.] go

3

für die nachfolgend genannten Waren der [X.]:

4

Kakao, Zucker, Honig und diese Stoffe enthaltende Lebensmittel, feine Backwaren und Konditorwaren; [X.], Schokolade und Schokoladenwaren, Konfekt, Kuchen, Zuckerwaren, Bonbons, Kaubonbons und Kaugummi, nicht für medizinische Zwecke, Geleefrüchte, Süßwaren; vorgenannte Waren mit Zucker oder anderen Süßungsmitteln oder zuckerfrei.

5

Die Markenstelle für [X.] des [X.] hat diese unter der Nummer 30 2011 028 352.8 geführte Anmeldung durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes mit Beschluss vom 4. Januar 2012 unter voller Bezugnahme auf den Beanstandungsbescheid vom 21. September 2011 zurückgewiesen.

6

Die Markenstelle ist der Auffassung, dass der Eintragung der angemeldeten Wortfolge die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 [X.] entgegenstünden. Es handele sich um eine sprachregelgerecht gebildete Wortfolge, die den beteiligten Verkehrskreisen einen unmittelbar beschreibenden Sachhinweis dahingehend verschaffe, dass die so gekennzeichneten Waren entweder selbst [X.]s (Karamellen) bzw. Karamell enthaltende Süßwaren zum Mitnehmen bzw. für unterwegs darstellten oder als Zutaten oder Inhaltsstoffe zur Herstellung oder Zubereitung dieser Waren dienen könnten. Der [X.] „[X.]“ bezeichne im [X.] und [X.] Sprachgebrauch ein (Weich-) Karamell bzw. eine Karamell enthaltende Süßware. „To go“ sei ein feststehender englischsprachiger Ausdruck, der in der [X.] Sprache die Bedeutung „für unterwegs, zum Mitnehmen“ habe. Die angemeldete Wortfolge sei im vorgenannten Sinne für den Verkehr angesichts vergleichbarer, geläufiger Wortkombinationen wie „[X.]“ oder „[X.]“ auch ohne weiteres verständlich.

7

Dagegen richtet sich die von der Anmelderin erhobene Beschwerde.

8

Sie ist der Auffassung, dass der angemeldeten Wortfolge keine Schutzhindernisse entgegenstünden. Slogans dürften keinen gegenüber anderen Markenformen strengeren Anforderungen unterworfen werden. Die angemeldete Wortfolge verfüge über Unterscheidungskraft. Sie finde sich in keinem der üblichen [X.] Lexika, sondern sei eine begriffliche Neuschöpfung. Auch in englischsprachigen Lexika komme diese Wortfolge nicht vor. Von der Markenstelle recherchierte Beispiele wie „[X.]“ oder „Donuts to go“ belegten, dass das Publikum solche Begriffe als besonders und originell wahrnehme, wobei der Begriff „[X.] go“ als Reim auf das sehr bekannte „[X.]“ eine besonders originelle und unerwartete Wirkung habe. „[X.] go“-Produkte würden in Tüten und Schachteln vertrieben, die in Regalen angeboten würden, so dass die angemeldete Wortfolge an einer solchen Stelle überraschend auf das Publikum wirke und beim Publikum ein Schmunzeln hervorrufe, was für die Bejahung der Unterscheidungskraft spreche. Die angemeldete Wortfolge habe auch keinen die beanspruchten Waren beschreibenden Inhalt. Anders als bei „[X.]“ handele es sich bei [X.] stets um Mitnahmeartikel, die in Tüten, Schachteln etc. ausgegeben würden, so dass der Begriff „[X.] go“ letztlich völlig sinnfrei sei (ähnlich „Cola ohne Gräten“). [X.]s würden nie einzeln zum Verzehr angeboten, sondern der Verkehr sei daran gewöhnt, dass eine Vielzahl von [X.]s in Tüten, Schachteln oder ähnlichem vertrieben werde, so dass der Mitnahmecharakter dieser Ware jedermann klar sei. Das Publikum könne der Wortfolge „[X.] go“ keinerlei beschreibende Bedeutung entnehmen, wobei „[X.] go“ eine stilistische Anlehnung an „[X.]“ darstelle und dieser „veralbernde“ Unterschied sofort augenfällig sei.

9

Hilfsweise erklärt die Anmelderin eine Beschränkung des [X.] durch Ergänzung mit den Wörtern „in einer Vielzahl in Tüten oder Schachtel angebotene Waren“.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Entgegen der Auffassung der Anmelderin fehlt der angemeldeten Wortfolge „[X.] go“ in Bezug auf die beanspruchten Waren der [X.] jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 [X.]).

1.

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u.a. [X.] GRUR 2004, 428, [X.]. 30, 31 - [X.]; [X.], 850, [X.]. 17 - [X.]). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.], 850, [X.]. 19 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 674, [X.]. 86 – Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird ([X.] - [X.] a.a.O.).

Bei der Beurteilung der Frage, ob das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] vorliegt, ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen an ([X.]/Hacker, [X.], 10. Aufl., § 8, Rdn. 29, 30). Bei den beanspruchten Waren handelt es sich im Wesentlichen um Schokoladen-, Süß- und Backwaren, also Massenwaren des täglichen Konsums, die sich an breite Verkehrskreise richten.

Ausgehend von den vorgenannten Grundsätzen ist die Wortfolge „[X.] go“ nicht geeignet, in Bezug auf die beanspruchten Waren der [X.] als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen.

Wie sich aus den von der Markenstelle ermittelten Belegen ergibt, die der Anmelderin in Anlage zum Beanstandungsbescheid vom 21. September 2011 übermittelt wurden (siehe dort insbesondere die Auszüge aus [X.]. 8 der [X.], aus [X.], [X.]. 11/12 der Patentamtsakte, und aus dict.leo.org, [X.]. [X.]. 15 der Patentamtsakte), hat die Markenstelle die Bedeutung der Wortfolge „[X.] go“ im Sinne von „[X.]s (Karamellen) bzw. Karamell enthaltenden Süßwaren zum Mitnehmen bzw. für unterwegs“ zutreffend ermittelt. Diese Bedeutung ist den vorgenannten Verkehrskreisen auch in relevantem Umfang bekannt, da insbesondere der englischsprachige Begriff „to go“ – auch im einschlägigen Warenbereich - Eingang in den [X.] Sprachgebrauch gefunden hat (vgl. insoweit die von der Markenstelle ermittelten und der Anmelderin in Anlage zum Beschluss vom 4. Januar 2012 übermittelten Belege zu den Wortkombinationen „[X.]“, [X.]. 22-23 und [X.]. 27-28 der Patentamtsakte und „Torte to go“, [X.]. 25 der Patentamtsakte). Ferner geht die Anmelderin in ihrem Sachvortrag selber davon aus, dass der Verkehr den Ausdruck „[X.]“ kennt und im vorgenannten Sinne zutreffend versteht.

Ausgehend von der vorgenannten Bedeutung wird der Verkehr in der angemeldeten Wortfolge, wenn sie ihm in Verbindung mit den beanspruchten Waren begegnet, nur einen beschreibenden Hinweis dahingehend erkennen, dass es sich entweder um Karamellen selbst oder um (feine) Back-, Konditor-, Süß- und Zuckerwaren einschließlich Bonbons, Konfekt, Kaubonbons, Kaugummi und Schokolade bzw. Schokoladewaren und [X.] handelt, die in Mischungen mit [X.]/[X.] „zum Mitnehmen“ angeboten werden, oder Kuchen, bei denen [X.]s z.B. als Dekoration verwendet werden können, oder – in Bezug auf die weiteren, beanspruchten Waren Kakao, Zucker, Honig und Geleefrüchte - um geschmackgebende oder dekorative Zutaten bzw. Inhaltsstoffe zu Weichkaramellprodukten. Zwar ist der Anmelderin insoweit zuzustimmen, dass [X.] üblicherweise in Tüten oder anderen Verpackungen zum Mitnehmen angeboten werden und der Verkehr dieses Produkt typischerweise als ein Mitbringsel und nicht zum Verzehr vor Ort erwirbt. „[X.] go“ ist aber deswegen keine „sinnfreie“ Wortfolge, sondern bringt damit nichts anderes als eine Selbstverständlichkeit zum Ausdruck, die dieses Produkt geradezu typisierend beschreibt. Dann aber wird der Verkehr in der angemeldeten Wortfolge gerade keinen betrieblichen Herkunftshinweis erblicken. Auch wenn man in der angemeldeten Wortfolge einen Werbeslogan erkennen sollte, für dessen Schutzfähigkeit als Marke keine strengeren, aber auch keine geringeren Anforderungen gelten als für andere Markenformen, so erschöpft sich dieser in einer beschreibenden oder anpreisenden Aussage, ohne dass ersichtlich ist, inwiefern die angemeldete Wortfolge eine betriebliche Herkunftsfunktion erfüllen könnte.

Unerheblich ist, ob es sich bei der angemeldeten Wortfolge um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, die als solche lexikalisch nicht nachweisbar ist. Für die Feststellung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft ist ein lexikalischer Nachweis, dass das angemeldete Zeichen bereits im Verkehr geläufig ist oder verwendet wird, nicht erforderlich (vgl. [X.]/Hacker, [X.], 10. Aufl., § 8, Rdn. 107 m.w.[X.]). Entscheidend ist vielmehr, dass die angemeldete Wortfolge aufgrund des o.g. Verkehrsverständnisses als Sachhinweis und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden wird. Da sich dieses Verständnis dem Verkehr auch ohne weiteres, insbesondere ohne eine analysierende Betrachtungsweise erschließt, sondern geradezu aufdrängt, ändert auch die Anlehnung an den Begriff „[X.]“ an der fehlenden Unterscheidungskraft der angemeldeten Wortfolge nichts, selbst wenn der Verkehr diese auch wegen der vorgenannten Anlehnung an „[X.]“ mit einem gewissen Humor aufnehmen mag.

2.

Soweit die Anmelderin hilfsweise eine Beschränkung des [X.] dahingehend erklärt, dass das [X.] mit den Wörtern „in einer Vielzahl in Tüten oder Schachtel angebotene Waren“ ergänzt werden solle, ändert dies an der vorgenannten Beurteilung der (fehlenden) Unterscheidungskraft ebenfalls nichts. Fraglich erscheint bereits, ob die Beschränkung in dem vorgenannten Wortlaut überhaupt geeignet ist, das [X.] eindeutig und zweifelsfrei zu beschränken. Dies kann aber letztlich dahingestellt bleiben. Denn es ist für die vorliegend beanspruchten Waren typisch, dass sie nicht einzeln, sondern in einer Vielzahl und in Tüten oder Schachteln (verpackt) – und zwar gerade zum Mitnehmen - angeboten und vertrieben werden. Die von der Anmelderin hilfsweise eingereichte Ergänzung des [X.] beseitigt den nach den o.g. Ausführungen beschreibenden Charakter der Wortfolge „[X.] go“ in Bezug auf die beanspruchten Waren damit nicht, sondern verstärkt ihn geradezu. Auch diese hilfsweise erklärte Einschränkung des [X.] kann somit nicht zur Bejahung der markenrechtlichen Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] führen.

3.

Nach den o.g. Ausführungen spricht einiges dafür, dass auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erfüllt ist. Da aber die angemeldete Wortfolge – wie ausgeführt – bereits nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] schutzunfähig ist, kann dies dahingestellt bleiben.

4.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war nicht erforderlich. Die Anmelderin hat einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 69 Nr. 1 [X.] nicht gestellt. Es waren auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Fragen entscheidungserheblich, die der Erörterung in einer mündlichen Verhandlung gemäß § 69 Nr. 3 [X.] bedurft hätten.

Meta

25 W (pat) 531/12

13.11.2012

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.11.2012, Az. 25 W (pat) 531/12 (REWIS RS 2012, 1526)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1526

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