Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2012, Az. AnwZ (Brfg) 11/11

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2012, 9915

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[X.]UNDESGERICHTSHOF

[X.]ESCHLUSS
AnwZ ([X.]) 11/11

vom

23. Januar 2012

in der verwaltungsrechtlichen Anwaltssache

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft-

2

-

Der [X.]undesgerichtshof, [X.], hat durch den
Vorsitzenden Richter Prof. [X.], die Richterin [X.], [X.] sowie die Rechtsanwälte
Dr. [X.] und Prof.
Dr.
Stüer

am
23. Januar 2012
beschlossen:

Der Antrag auf Zulassung der [X.]erufung gegen das Urteil des
ersten Senats des [X.] für das [X.] vom 19. November
2010 wird
abgelehnt.

Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Zulassungsverfahrens

Gründe:

I.

Der Kläger ist seit dem
Jahr
1995 im [X.]ezirk der [X.]eklagten
zur Rechts-anwaltschaft zugelassen. Mit [X.]escheid vom 30.
März 2010
widerrief die [X.] die Zulassung des [X.] wegen [X.]. Die Klage gegen die-sen [X.]escheid ist erfolglos geblieben. Nunmehr beantragt der Kläger die Zulas-sung der [X.]erufung.

1
-

3

-

II.

Der Antrag ist nach
§
112e Satz
2 [X.], §
124a Abs.
4 VwGO
statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch ohne Erfolg.

1. Der Zulassungsgrund der Divergenz

112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
4
VwGO)
ist schon nicht ausreichend dargelegt. Dieser [X.] ist gegeben, wenn die anzufechtende Entscheidung von der Entschei-dung eines höher-
oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Ab-weichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die [X.] Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit ei-nem
in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechts-satz nicht deckt ([X.], [X.]eschluss vom 27.
März 2003 -
V
ZR 291/02, [X.]Z 154, 288, 292
f.; [X.]/Göcken, [X.], §
112e [X.] Rn.
36).
Der
Kläger benennt keinen hinreichend bestimm-ten, die angefochtene Entscheidung tragenden
abstrakten Rechtssatz, der von einem die Senatsentscheidung [X.], [X.]eschluss vom 12.
November 1979 -
AnwZ ([X.]) 16/79, [X.]Z 75, 356 tragenden Rechtssatz abweicht. Der [X.] ist nicht von
der zitierten, zwischenzeitlich überholten (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 29.
Juni 2011 -
AnwZ ([X.]) 11/10, NJW 2011, 3234)
Senats-rechtsprechung abgewichen; er hat vielmehr ausdrücklich geprüft, ob die [X.] im Verlauf des gerichtlichen Verfahrens entfallen sind, und diese Frage verneint. Der Kläger
rügt demgegenüber nur
eine seiner Ansicht nach fehlerhafte Rechtsanwendung. Die
fehlerhafte oder unterbliebene Anwen-dung von Rechtssätzen
stellt keine Divergenz im Sinne des Zulassungsrechts dar
(vgl. [X.]VerwG,
NVwZ 2007, 104 Rn.
6).

2
3
-

4

-

2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche [X.]edeutung (§
112e Satz
2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Eine solche kommt einer Rechtssache zu, wenn diese eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfä-hige Rechtsfrage
aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt ([X.], [X.]e-schluss vom 27.
März 2003 -
V
ZR 291/02, [X.]Z 154, 288, 291; [X.]VerwG,
NVwZ 2007, 104 Rn.
3; [X.]/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht, §
112e [X.] Rn.
35). Der Kläger hält für grundsätzlich, ob und in welchem Umfang die tatsächlichen Grundlagen der von ihm angegriffenen Wi-derrufsverfügung im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Aufklärungsgrund-satzes hätten überprüft werden müssen. Diese Frage ist jedoch nur im konkre-ten Fall von [X.]edeutung; sie ist nicht verallgemeinerungsfähig.

3. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des [X.] (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
1 VwGO)
bestehen
nicht.
Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird ([X.]VerfGE 110, 77, 83; [X.]VerfG, [X.], 1163, 1164; NVwZ-RR 2008, 1; NJW 2009, 3642; vgl. ferner [X.]VerwG, NVwZ-RR 2004, 542
f.; [X.]/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht, §
112e [X.] Rn.
77). Daran fehlt es hier.

a) Der Kläger
beanstandet, dass der [X.] den [X.] (§
14 Abs.
2 Nr.
7
[X.]) unter anderem aus den titulierten Forde-rungen Nr.
7 (in Höhe von 74.394,31

9 (in Höhe von 80.597,06

hergeleitet habe, obwohl er, der Kläger, in beiden Angelegenheiten Vollstre-ckungsgegenklage erhoben und
die Einstellung der Zwangsvollstreckung gegen 4
5
6
-

5

-

Sicherheitsleistung erwirkt habe. Der [X.] hat diesen Umstand jedoch nicht verkannt. Er hat für entscheidend gehalten, dass der Kläger bisher keine Sicherheit geleistet hat, so dass die Gläubiger
weiter die Zwangsvollstre-ckung gegen ihn betreiben können. Dies steht im Einklang mit der [X.] (vgl. [X.], [X.]eschluss
vom
7.
Februar 2011
-
AnwZ ([X.]) 11/10, Rn.
12). Entgegen der Ansicht des [X.] war der [X.] auch im Hinblick auf den Amtsermittlungsgrundsatz des §
86
Abs.
1 VwGO nicht gehalten, nunmehr den [X.]estand der titulierten Forderungen eigen-ständig aufzuklären.

b) Der Kläger verweist weiter auf sein Grundvermögen.
Er habe bereits am 3.
Mai 2010 Antrag auf Teilungsversteigerung des Hausanteils [X.].

stra-ße
25 gestellt. Der vom Amtsgericht beauftragte Gutachter habe einen Ver-kehrswert von 650.000

.

5
K

). Auch dieser Vortrag ist
unerheblich.
Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse gera-ten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außer Stande ist, sei-nen Verpflichtungen nachzukommen. [X.]eweisanzeichen hierfür sind insbeson-dere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. [X.], [X.]eschluss vom 14.
April 2007 -
AnwZ ([X.]) 6/06, [X.] 2007, 619 Rn.
5). Im vorliegenden Fall ist es trotz des (behaupteten) Grundvermö-gens zu Titeln und Vollstreckungsmaßnahmen gekommen. Der Kläger hat nicht einmal Sicherheit zur Abwendung der Zwangsvollstreckung wegen der Forde-rungen Nr.
7 und Nr.
9 geleistet. Der Antrag der Teilungsversteigerung ist erst nach Erlass des Widerrufsbescheids gestellt worden; ob und mit welchem Er-gebnis eine Verwertung des [X.] möglich sein würde, war offen.

7
-

6

-

c) Der Kläger trägt vor, einzelne Forderungen seien durch Zahlung (Nr.
11), durch Zahlung des anderen Gesamtschuldners (Nr.
5) oder durch [X.] (Nr.
10) erloschen. Hinsichtlich der Forderung Nr.
13 hat er vorgetra-gen, insoweit gebe es eine Deckungszusage seiner Haftpflichtversicherung; nach Ablauf der Frist zur [X.]egründung des Antrags auf Zulassung der [X.]erufung hat er ein Schreiben der A.

GmbH vom 9.
Mai 2011 vorgelegt, in dem bestä-tigt wird, dass "alle der drei beteiligten Versicherer"
nunmehr zugesagt hätten, sich mit jeweils einem Drittel an den Gesamtaufwendungen zu beteiligen.

Für die [X.]eurteilung der Rechtsmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist nach der mit Wirkung ab 1.
September 2009 erfolg-ten Änderung des Verfahrensrechts dann, wenn ein Vorverfahren aufgrund lan-desrechtlicher [X.]estimmungen nicht stattfindet, allein auf den Ausspruch der Widerrufsverfügung abzustellen. Die [X.]eurteilung danach eingetretener Entwick-lungen ist einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten ([X.], [X.]eschluss vom 29.
Juni 2011 -
AnwZ ([X.]) 11/10, NJW 2011, 3234).
Aber auch auf der Grundlage der früheren Senatsrechtsprechung, nach welcher ein nachträglicher Wegfall des [X.] grundsätzlich beachtlich war (vgl. [X.], [X.]e-schluss vom 12.
November 1979 -
AnwZ
([X.]) 16/79, [X.]Z 75, 356, 357; vom
17.
Mai 1982 -
AnwZ
([X.]) 5/82, [X.]Z 84, 149, 150), reicht dieser Vortrag nicht aus. Der Anwalt, der sich auf den Wegfall eines einmal eingetretenen [X.]s berief,
musste
dazu im Einzelnen belegen, dass er die gegen ihn gerichteten Forderungen getilgt hatte
oder in einer Weise zu erfüllen vermochte, die seine Einkommens-
und Vermögensverhältnisse wieder als geordnet er-scheinen ließ
(vgl. Senat, [X.]eschluss
vom
6.
November 1998 -
AnwZ
([X.]) 25/98, [X.]RAK-Mitt. 1999, 36). Er hatte
dazu seine Einkommens-
und Vermögensver-hältnisse umfassend darzulegen. Dazu gehörte
insbesondere eine Aufstellung 8
9
-

7

-

sämtlicher gegen ihn erhobenen Forderungen, aus der sich ergab, ob und in welcher Höhe Forderungen erfüllt worden waren
oder in welcher Weise sie er-füllt werden sollten (vgl. Senat, [X.]eschluss
vom
21.
November 1994
-
AnwZ ([X.]) 40/94, [X.]RAK-Mitt. 1995, 126; vom
31.
März 2008 -
AnwZ ([X.]) 8/07, Rn.
9). Keine Forderung
darf
auf unabsehbare Zeit offen bleiben (Senat, [X.]e-schluss
vom
7.
Dezember 2004 -
AnwZ ([X.]) 40/04, NJW 2005, 1271, 1272).
Die Tilgung oder anderweitige Erledigung einzelner, aber nicht aller Forderungen ließ
nicht den hinreichend sicheren Schluss auf geordnete Einkommens-
und Vermögensverhältnisse zu.
Eine Gesamtübersicht hat der Kläger auch [X.] der Frist zur [X.]egründung des Zulassungsantrags nicht dargelegt; die [X.] Nr.
7 und Nr.
9 stehen nach wie vor offen und können -
da keine Si-cherheit zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleistet wurde
-
Grundlage einer Vollstreckung gegen den Kläger sein.

4. Der Kläger hat schließlich nicht dargelegt, dass das Urteil des [X.] auf einem Verfahrensfehler beruht (§
112e Satz
2 [X.], §
124 Abs.
2 Nr.
5 VwGO). Im Antrag auf Zulassung der [X.]erufung wegen eines Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz

86 Abs.
1 VwGO)
muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehalte-nen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in [X.]etracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachver-haltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entwe-der dargelegt werden, dass
bereits im Verfahren vor dem [X.], insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachver-haltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass
sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein [X.] Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen
([X.]VerwG,
NJW 1997, 10
-

8

-

3328; [X.]/Göcken, Anwaltliches [X.]erufsrecht, §
112e [X.] Rn.
82).
Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des [X.] nicht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf
§
112c Abs.
1 Satz
1 [X.], §
154 Abs.
2 VwGO,
die Festsetzung des [X.] auf §
194 Abs.
2 Satz
1 [X.].

Kayser
[X.]
[X.]

[X.]
Stüer

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 19.11.2010 -
1 [X.] 29/10 -

11

Meta

AnwZ (Brfg) 11/11

23.01.2012

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.01.2012, Az. AnwZ (Brfg) 11/11 (REWIS RS 2012, 9915)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9915

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