Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2006, Az. III ZR 35/05

III. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 3981

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[X.] BESCHLUSS [X.]/05 vom 12. April 2006 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja BGB § 839 (A); [X.] §§ 96, 97 Zur haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit der Kassen(zahn)ärztlichen Verei-nigungen für die von ihnen bestellten Mitglieder der Zulassungs- und Beru-fungsausschüsse. [X.], Beschluss vom 12. April 2006 - [X.]/05 - [X.]

LG München [X.] - 2 - Der [X.][X.][X.] Zivilsenat des [X.] hat am 12. April 2006 durch den Vorsitzenden [X.] und [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] beschlossen: Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Re-vision in dem Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 27. Januar 2005 - 1 U 3681/01 - wird [X.]. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus ei-nem Wert von 194.290,91 • zu tragen. Gründe: [X.] Der Kläger, approbierter Arzt und Zahnarzt und seit 1977 Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, war nach verschiedenen Tätigkeiten, auch im Hochschulbereich, seit dem 1. Oktober 1990 in dem zuletzt genannten Fachgebiet in Gemeinschaftspraxis mit einem anderen Arzt vertragsärztlich [X.]. Er nimmt die beklagte [X.] nach [X.] auf Schadensersatz in Anspruch, weil der [X.] und der Berufungsausschuss seinen Antrag vom 15. Januar 1996, ihn auch als Vertragszahnarzt zuzulassen, zurückgewiesen haben. Nachdem 1 - 3 - das [X.] zu verschiedenen Fallgestaltungen einer Doppelzulas-sung als Vertragsarzt und Vertragszahnarzt durch Urteile vom 17. November 1999 entschieden hatte (vgl. etwa das in [X.], 145 abgedruckte Urteil), wurde das vom Kläger eingeleitete sozialgerichtliche Verfahren durch eine [X.] beendet, in der der Berufungsausschuss anerkannte, dass der Klä-ger zur vertragszahnärztlichen Tätigkeit hätte zugelassen werden müssen und dass die ablehnenden Bescheide der Ausschüsse rechtswidrig gewesen seien. Das [X.] hat die Klage abgewiesen, weil es ein Verschulden der Mitglieder des [X.] verneint hat. Das Berufungsgericht hat demgegenüber die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Mit ihrer Beschwerde begehrt die Beklagte die Zulassung der Revision. 2 [X.][X.] Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) liegen nicht vor. Mit der Beschwerde werden keine Fragen aufgeworfen, die in einem Revisionsverfahren geklärt werden müssten. 3 1. Das Berufungsgericht hält die Beklagte für die erhobenen [X.], wenn - wie hier - von keiner Seite die Einstim-migkeit der Entscheidung der Ausschüsse in Frage gestellt werde. Jedenfalls unter diesen Voraussetzungen, deren Vorliegen die Beschwerde nicht in Zweifel zieht, kann sich das Berufungsgericht auf eine seit langem geübte Rechtspraxis beziehen, die keiner weiteren Bestätigung durch ein Revisionsverfahren bedarf. 4 - 4 - a) Nach § 96 Abs. 1, § 97 Abs. 1 [X.] (hier i.d.F. vom 21. Dezember 1992, [X.] [X.]) errichten die [X.] und die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Verbände der Ersatzkassen zur Beschlussfassung und Entscheidung in [X.] einen Zulassungsausschuss und einen Berufungsausschuss. Die [X.] bestehen aus Vertretern der Ärzte und der Kranken-kassen in gleicher Zahl. Die Vertreter der Ärzte werden von den [X.], die der Krankenkassen von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen bestellt. Die Mitglieder führen ihr Amt als Ehrenamt und sind an Weisungen nicht gebunden. Die [X.] beschließen mit einfacher Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt (§ 96 Abs. 2 [X.]). Bei den Berufungsausschüssen, für die grundsätzlich dasselbe gilt, kommt ein Vorsitzender mit der Befähigung zum Richteramt hinzu, über den sich die Beisitzer einigen oder der von der für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde im [X.] mit den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Landesverbänden der Krankenkassen sowie den Verbänden der Ersatzkassen berufen wird (§ 97 Abs. 2 [X.]). Beide Ausschüsse sind damit Einrichtungen der gemeinsamen Selbstverwaltung von Vertragsärzten bzw. Vertragszahnärzten und Kranken-kassen (vgl. [X.]-2005 § 96 Nr. 1 Rn. 17), die - hoheitlich handelnd - ihre Selbstverwaltungsaufgaben mit unmittelbarer Wirkung für die [X.] Körperschaften wahrnehmen. 5 b) Für den Bereich der Amtshaftung entscheidet der [X.] die Frage nach der [X.] Körperschaft in ständiger Rechtsprechung danach, [X.] Körperschaft dem Amtsträger das Amt, bei dessen Ausführung er fehlsam gehandelt hat, anvertraut hat, wer - mit anderen Worten - dem Amtsträger die Aufgabe, bei deren Wahrnehmung die Amtspflichtverletzung vorgekommen ist, 6 - 5 - übertragen hat (vgl. [X.] 99, 326, 330; 150, 172, 179). Versagt die Anknüp-fung an die Anstellung, weil - wie im Streitfall - ein Dienstherr nicht vorhanden ist, ist darauf abzustellen, wer dem Amtsträger die konkrete Aufgabe, bei deren Erfüllung er gefehlt hat, anvertraut hat (vgl. [X.] 99 aaO). Der oben geschilderten Aufgabenwahrnehmung von gemeinsamen Ein-richtungen der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen entspricht es, dass der [X.] und andere Gerichte schon früher eine haftungsrechtliche [X.] der beteiligten Körperschaften angenommen haben (vgl. [X.]surteil vom 28. Februar 1963 - [X.] - VersR 1963, 748, 749, 752; [X.] 1961, 757 f; [X.] 1962, 902; [X.] 1961, 2164 f; OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 475 f zur früheren Regelung in § 368b [X.]). Das ist auch der weitgehend vertretene Standpunkt im Schrifttum (vgl. [X.]/[X.], [X.], [X.], 4. Aufl., Stand Februar 1968, § 368b [X.], [X.] 15b und [X.] 15c; [X.], [X.], 1955, § 368b [X.] [X.] 2; [X.]/[X.], Das gesamte [X.], Stand [X.]X.1955, C [X.][X.] § 368b [X.] [X.]; aus neuerer [X.] zu §§ 96, 97 [X.] Hen-cke, in: [X.], Handbuch der Krankenversicherung Teil [X.][X.] - [X.], 19. Aufl. Stand August 2004, § 96 [X.] Rn. 11; [X.]/[X.], [X.], [X.], 5. Aufl. Stand Mai 1992, § 96 [X.] [X.] 13; [X.]/[X.], [X.] [X.] Sozialrecht, 2. Aufl. 2005, § 18 Rn. 39; Schallen, Zulassungsordnung für Vertragsärzte, Vertragszahn-ärzte, Medizinische Versorgungszentren, Psychotherapeuten, 4. Aufl. 2004 Rn. 903; [X.], Handbuch des [X.]s, 1994, Rn. 926; [X.], in: [X.] [X.], Stand Oktober 1994, § 96 Rn. 6; Zimmerling, in: juris [X.], 2. Aufl. 2004, § 839 Rn. 329; wohl auch [X.], in: [X.]/Gitter/Gurgel u.a., [X.] Sozialversicherung [X.], Stand Juni 1994, § 96 [X.] [X.] 4). Dass insoweit eine andere Haftungsüberleitung angebracht 7 - 6 - wäre, wobei aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltung der §§ 96 ff [X.] ei-gentlich nur an die [X.] zu denken wäre, wird - soweit ersichtlich - nicht in Betracht gezogen und entspräche auch nicht dem der ge-setzlichen Regelung zugrunde liegenden Gedanken der Selbstverwaltung von Vertragsärzten und Krankenkassen. Der [X.] hat ferner angenommen, dass die Haftung für ein amtspflichtwidriges Verhalten von Mitgliedern des [X.] (§ 87 [X.]) auf die entsendenden Körperschaften überzu-leiten ist ([X.] 150, 172, 180). c) Soweit die Beschwerde darauf aufmerksam macht, die Mitglieder der [X.] seien - anders als diejenigen des Bewertungsaus-schusses - nach § 96 Abs. 2 Satz 5 [X.] nicht an Weisungen gebunden, be-rührt dieser Gesichtspunkt die haftungsrechtliche Zuordnung nicht. Zwar mag die haftungsrechtliche Zuordnung des Verhaltens von Ausschussmitgliedern, die - wie beim Bewertungsausschuss - Weisungen unterliegen, zur [X.] Körperschaft augenfälliger sein. Demgegenüber wird dem einzelnen [X.], das von Weisungen unabhängig ist, eine größere sachliche Un-abhängigkeit und - damit einhergehend - eine stärkere Verantwortlichkeit zu-gemessen. Das ändert aber - ebenso wenig wie bei der haftungsrechtlichen Verantwortlichkeit des Staates für seine Gerichte - nichts an der haftungsrecht-lichen Zuordnung: hier ist die Tätigkeit in die Selbstverwaltung der im [X.] errichteten Körperschaften eingebettet, die den Mitgliedern der Ausschüsse diese Aufgabe anvertraut haben (vgl. hierzu [X.]surteil vom 31. Januar 1991 - [X.][X.][X.] ZR 184/89 - NVwZ 1992, 298 f) und darum der Haftung näher stehen als der Staat, der lediglich durch seine Gesetzgebung den äuße-ren Rahmen geschaffen hat. 8 - 7 - 2. Auch im Übrigen lässt die angefochtene Entscheidung keine zulassungs-begründenden Rechtsfehler erkennen. 9 Schlick [X.] [X.]

[X.] Herrmann Vorinstanzen: LG München [X.], Entscheidung vom 09.05.2001 - 9 O 13384/00 - [X.], Entscheidung vom [X.] -

Meta

III ZR 35/05

12.04.2006

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2006, Az. III ZR 35/05 (REWIS RS 2006, 3981)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 3981

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