Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.11.2019, Az. 5 StR 530/19

5. Strafsenat | REWIS RS 2019, 1120

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Gegenstand

Revision im Strafverfahren: Verfahrensfehler wegen Nichtausschlusses der Öffentlichkeit im Rahmen der Schlussvorträge


Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 6. Juni 2019 im Strafausspruch aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Übergriff und mit Sichverschaffen [X.] Schriften, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Übergriff und mit Sichverschaffen [X.] Schriften in sieben Fällen sowie wegen [X.] [X.] Schriften in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt, von der es vier Monate wegen einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung für bereits vollstreckt erklärt hat. Die dagegen gerichtete und auf die Rüge der Verletzung formellen sowie materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten erzielt mit einer Verfahrensrüge den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

Während der Schuldspruch von den [X.] Feststellungen getragen wird, führt die Revision des Angeklagten mit der Rüge einer Verletzung von § 171b Abs. 3 Satz 2 GVG zur Aufhebung des Strafausspruchs.

3

1. In der Hauptverhandlung wurde die Öffentlichkeit während der Vernehmung des Angeklagten zur Sache ausgeschlossen, weil zu erwarten sei, dass hierbei Umstände aus dem Intimbereich des Opfers und des Angeklagten zur Sprache kommen würden, deren öffentliche Erörterung schutzwürdige Interessen sowohl des Opfers als auch des Angeklagten verletzen könnten. Der Angeklagte machte danach Angaben zur Sache. Bei den Schlussanträgen und beim letzten Wort des Angeklagten war die Öffentlichkeit hergestellt.

4

2. Es liegt ein Verstoß gegen § 171b Abs. 3 Satz 2 GVG vor. Nach dieser Vorschrift wäre die Öffentlichkeit während der Schlussanträge zwingend auszuschließen gewesen, nachdem Teile der Hauptverhandlung zuvor unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hatten. Die Regelung des § 171b Abs. 5 GVG i.V.m. § 336 Satz 2 StPO steht der vom Angeklagten erhobenen Rüge dabei nicht entgegen (st. Rspr., vgl. etwa [X.], Beschluss vom 12. November 2015 – 2 [X.], [X.], 180 mit Anmerkung Arnoldi).

5

a) Auf dem dargelegten Verfahrensfehler kann allerdings der Schuldspruch nicht beruhen. Angesichts des vollumfänglichen Geständnisses des Angeklagten sowie der Bildaufnahmen seiner Taten kann der Senat ausschließen, dass der Verteidiger oder der Angeklagte in nichtöffentlichen Schlussvorträgen noch Erhebliches hätten vorbringen können, das den Schuldspruch hätte infrage stellen können.

6

b) Dagegen kann der Strafausspruch auf dem Verfahrensfehler beruhen. Es ist möglich, dass jedenfalls der Angeklagte, wäre ihm das letzte Wort unter Ausschluss der Öffentlichkeit erteilt worden, Ausführungen gemacht hätte, die die Strafzumessung zu seinen Gunsten beeinflusst hätten. Trotz der durch den [X.] zutreffend als überaus maßvoll bezeichneten Strafen kann ein Beruhen des Strafausspruchs auf den Verfahrensfehler nicht völlig ausgeschlossen werden. Die Sache bedarf daher insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung.

7

3. Die rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen werden durch den Verfahrensfehler nicht berührt. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bestehenden nicht widersprechen.

[X.]     

      

[X.]     

      

König 

      

[X.]     

      

Köhler     

      

Meta

5 StR 530/19

27.11.2019

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Leipzig, 6. Juni 2019, Az: 437 Js 32598/15 jug - 2 KLs

§ 171b Abs 3 S 2 GVG, § 171b Abs 5 GVG, § 336 S 2 StPO, § 176a StGB, § 184b StGB, § 184c StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.11.2019, Az. 5 StR 530/19 (REWIS RS 2019, 1120)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 1120

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 86/20

4 StR 72/22

Zitiert

2 StR 311/15

Zitieren mit Quelle:
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