Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2017, Az. 1 StR 188/17

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 9792

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:080617B1STR188.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1 [X.]/17

vom
8. Juni
2017
in der Strafsache
gegen

wegen
Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit

Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführerin am 8. Juni
2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1. Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 22.
November 2016, soweit es die Ange-klagte betrifft,
a)
im Schuldspruch dahingehend geändert, dass die Ange-klagte
in den Fällen [X.] und 4. der Urteilsgründe der Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten Handeltreiben mit [X.] in nicht geringer Menge in zwei tatmehr-heitlichen Fällen sowie
in [X.] der bandenmäßigen uner-laubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum bandenmäßigen un-erlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und
in Fall [X.] 5. der Urteilsgründe der bandenmäßigen uner-laubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit bewaffneter unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatein-heit mit Beihilfe zum bandenmäßigen unerlaubten [X.] mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
schuldig ist;
-
3
-
b)
im gesamten Strafausspruch mit den zugehörigen Fest-stellungen, sowie hinsichtlich der Bestimmung des [X.] aufgehoben.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
3.
Im Umfang
der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des Landge-richts zurückverwiesen.

Gründe:
I.
Das [X.] hat die Angeklagte wegen bewaffneten unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tatmehrheit mit unerlaubtem bandenmäßigen Handeltreiben mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in drei tatmehrheitlichen Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Das [X.] hat die Un-terbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet und be-stimmt, dass vor der Maßregel von der ausgesprochenen Gesamtfreiheitsstrafe zwei Jahre und sechs Monate zu vollziehen sind.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Revision rügt die
Angeklagte die Verlet-zung sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg (§
349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegrün-det (§
349 Abs. 2 StPO).
1
2
-
4
-
[X.]
1. Der Schuldspruch der Angeklagten für die unter [X.] bis 5. der Ur-teilsgründe festgestellten Taten hat keinen Bestand. Der [X.] hat in seiner Antragsschrift vom 20.
April 2017 dazu unter anderem ausgeführt:

1. Die Feststellungen tragen die Verurteilung wegen täterschaftlichen
unerlaubten bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§
30 a BtMG) nicht. Ob die Beteiligung an einem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder als Beihilfe zu werten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsät-zen über diese Beteiligungsformen. Wesentliche Anhaltspunkte für die Beurteilung können sein der Grad des eigenen Interesses am Erfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Beteiligten abhängt (st.Rspr.; vgl. [X.], 482). Dabei deutet eine ganz untergeordnete Tätigkeit schon objektiv darauf hin, dass der Beteiligte nur Gehilfe ist (st.Rspr.; vgl. [X.]R BtMG §
29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 58 m.w.N.).
Bei der Gesamtwürdigung aller Umstände sind die jeweiligen Tatbeiträge der Angeklagten in Bezug auf das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Gehilfentätigkeit zu werten. Sie erschöpften sich darin, die [X.] bei deren Aktionen zu begleiten oder für diese eng umgrenzte Aufträge zu erfüllen. Die von der [X.] zur Begründung der [X.] zitierte Fundstelle ([X.]/[X.]/[X.],
BtMG,
8. Aufl., §
29 Teil 4 Rdnr. 121) bezieht sich demgegenüber auf den selbständig tätigen Kurier. Entgegen der Revision ([X.]) liegt eine Beteiligung am vollen-deten
Handeltreiben vor. Vollendung tritt ein, wenn der Täter mit seinen umsatzfördernden Bemühungen in Worten oder Taten erkennbar be-gonnen hat. Dabei reicht bereits der Eintritt in ernsthafte Verhandlungen mit dem potentiellen Verkäufer bei einem beabsichtigten An-
und [X.] zum gewinnenden Weiterverkauf aus ([X.]/[X.]/[X.]
§
29 Teil 4 Rdnr. 196 f). Dies hat die
[X.] jeweils festgestellt (UA S.
29-31).
Dagegen hat sich die Angeklagte in den Fällen [X.] 3. und 5.
der Urteils-gründe nach den Feststellungen der täterschaftlichen unerlaubten ban-denmäßigen Einfuhr
von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§
30
a Abs. 1 BtMG) schuldig gemacht. Dem steht nicht entgegen, dass die Angeklagte ständig von anderen Bandenmitgliedern überwacht wur-3
-
5
-
de und entsprechend der Absprache mit diesen Anweisungen entgegen-nahm. Denn sie erfüllte dennoch in eigener Person alle Tatbestands-merkmale der Einfuhr mit Wissen und Wollen und ist deshalb Mittäterin ([X.]R BtMG §
30 Abs. 1 Nr. 4

Täter 1; [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], §
29 Teil 5 Rdnr. 169). Anders als im Fall der täterschaftlichen Beteiligung am bandenmäßigen Handeltreiben
(vgl. [X.], 216) kommt der täterschaftlichen Einfuhr neben der bloßen Beihilfe zum Bandenhandel selbständige rechtliche Bedeutung zu, so dass Tateinheit gegeben ist.

2. Entgegen den
Revisionsvorbringen ([X.]) tragen die [X.] die
Verurteilung der Angeklagten jeweils wegen bandenmäßiger
Be-gehungsweise. Die Verbindung zu einer Bande setzt voraus, dass sich mindestens drei Personen mit ausdrücklich oder schlüssig bekundeten
ernsthaften Willen zusammengeschlossen haben, künftig für eine gewis-se Dauer selbständige, im Einzelnen noch ungewisse Straftaten der in den §§
30
a Abs. 1 BtMG genannten Art zu begehen ([X.]R BtMG §
30a

Bande 9 m.w.N.). Erforderlich ist ein Handeln mit gefestigtem Bandenwillen. Für den auf gewisse Dauer angelegten und verbindlichen Gesamtwillen ist kennzeichnend, dass die Mittäter ein gemeinsames übergeordnetes Bandeninteresse verfolgen. Dies ist hier der Fall: Alle Angeklagten waren in eine auf Dauer angelegte deliktische Gruppierung eingebunden, die vom Erwerb und der Einfuhr der Betäubungsmittel aus [X.] bis hin zur Weiterveräußerung im Inland arbeitsteilig [X.] war. Auch die Angeklagte, die zwar erst später in die [X.] eintrat, die aber als Körperschmugglerin in mehreren Fällen nicht nur völlig untergeordnete Beiträge erbrachte, hat zur Verwirklichung des [X.] maßgeblich beigetragen. Auch der Umstand, dass die Aufgaben der Angeklagten in den Fällen [X.] und 4. bei wertender Be-trachtung nur als Gehilfentätigkeit erscheinen, hindert die Beteiligung als Mitglied der Bande nicht ([X.]R BtMG §
30a

Bande 10).
Entgegen der Auffassung der Revision ist gegen die Beweiswürdigung insoweit nichts zu erinnern. Sie beruht auf einer tragfähigen Grundlage, ist nicht in sich widersprüchlich oder unklar oder lückenhaft und verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Soweit die Revision mit teilweise urteilsfremdem Vorbringen ersucht, die Wertung des Tatge-richts durch eigene Schlussfolgerungen zu ersetzen, wie zum Beispiel die Bewertung der Einlassungen der Angeklagten und der Mitangeklag-

-
6
-
Diesen Ausführungen des [X.]s schließt sich der [X.] an.
Indem die Angeklagte in Fall [X.] 5. der Urteilsgründe das Rauschgift von [X.] aus nach [X.] eingeführt und dabei

wie die [X.] Beweiswürdigung festgestellt hat

ein Klappmesser und damit einen sonstigen Gegenstand, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt ist, mit sich geführt hat, ist zugleich tateinheit-lich der [X.] des §
30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG erfüllt (vgl. [X.], Beschlüsse
vom 15.
November 2012

3
StR 378/12
und
vom 11.
Juni 2002

3
StR 140/02, [X.], 277; [X.]/[X.]/[X.], 8. Aufl., BtMG, §
29 Teil 5 Rn. 8 f. sowie §
30a [X.] 3 Rn. 74 ff., 106 ff.
BtMG, jeweils mwN).
Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend ab. Dem steht §
265 StPO nicht entgegen, weil die Angeklagte sich gegen den geänderten Schuld-spruch nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.
2. Die Änderung des Schuldspruchs zieht die Aufhebung des Straf-ausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen nach sich.
4
5
6
7
-
7
-
3. Die Aufhebung im Strafausspruch lässt die Anordnung der Unterbrin-gung in einer Entziehungsanstalt (§
64 StGB) unberührt. Die Bestimmung des [X.] war hingegen ebenfalls aufzuheben.
Raum Jäger Bellay

Cirener Hohoff
8

Meta

1 StR 188/17

08.06.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.06.2017, Az. 1 StR 188/17 (REWIS RS 2017, 9792)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9792

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 188/17 (Bundesgerichtshof)

Bewaffnete unerlaubte Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Erfüllung des Qualifikationstatbestands bei Mitsichführen eines …


3 StR 445/20 (Bundesgerichtshof)

Strafverurteilung wegen bewaffneter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Mitsichführen einer Schusswaffe oder eines …


1 StR 409/17 (Bundesgerichtshof)

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Abgrenzung Täterschaft und Gehilfentätigkeit eines Drogenkuriers


4 StR 247/18 (Bundesgerichtshof)

Betäubungsmitteldelikt: Begriff des Handeltreibens und des eigennützigen Handelns


5 StR 461/16 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 StR 188/17

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.