Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2011, Az. XII ZB 65/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 5342

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 65/11

vom

29.
Juni
2011

in der Betreuungssache

-
2
-

Der X[X.]
Zivilsenat des [X.]s hat am 29. Juni
2011 durch die [X.] Richterin Dr.
Hahne, die Richterin [X.] und [X.]
Klinkhammer, Schilling und Dr.
Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerden
des Beteiligten zu 2
gegen die
Beschlüs-se
der
13.
Zivilkammer des [X.] vom 18.
Januar, 27.
Januar und 24.
Februar 2011 werden
auf seine
Kosten verworfen.
Verfahrenswert: 3.000

Gründe:
I.
Für die Betroffene, die unter einem Down-Syndrom leidet,
ist seit langem eine rechtliche Betreuung eingerichtet. Zum Betreuer war ihr Vater [X.] bestellt, der am 28.
Juni 2010 verstarb.
Durch Beschluss des Betreuungsge-richts vom 1.
September 2010
wurde der Beteiligte zu 2, der bis dahin [X.] war, zum Betreuer bestellt. Gegen diesen Beschluss legte die Schwester der Betroffenen, die Beteiligte zu 1, die zugleich die geschiedene Ehefrau des Beteiligten zu 2
ist, Beschwerde ein
mit dem Ziel, selbst zur
Betreuerin bestellt zu werden. Durch Beschluss vom 8.
November 2010 half das Amtsgericht der Beschwerde teilweise ab, indem es anordnete, dass die Vertretung in materiell-erbrechtlichen Prozessen vor den allgemeinen Zivilgerichten nicht von der [X.] durch den Beteiligten zu 2 erfasst sei. Hintergrund dieser Anordnung war, dass in einem Testament die Betroffene als Vorerbin und der Beteiligte zu 2
als Nacherbe eingesetzt worden sein könnte, was zwischen diesen und weiter
in Betracht kommenden Erben streitig ist. Das Beschwerdegericht
ordnete 1
-
3
-

durch
Beschluss vom 18.
Januar 2011 an, dass als weiterer Betreuer für den Aufgabenkreis Vermögenssorge
der Beteiligte zu 3
-
ein Rechtsanwalt
-
bestellt werde. Am 27.
Januar 2011 ergänzte das Beschwerdegericht seinen vorange-gangenen Beschluss dahin, dass der Beteiligte zu 3 die Betreuung berufsmäßig führe. Durch
weiteren
Beschluss vom 24.
Februar 2011 stellte das Beschwer-degericht klar, dass hinsichtlich des Beteiligten zu 2
der Aufgabenkreis der Vermögenssorge entfalle und dieser Aufgabenkreis durch den Beteiligten zu 3 allein wahrgenommen werde.
Gegen diese Entscheidungen richten
sich die nicht zugelassenen
Rechtsbeschwerden
des Beteiligten zu 2, mit denen
er seine durch Beschluss vom 1.
September 2010
eingeräumte Stellung als alleiniger Betreuer verteidigt.

[X.]
Die Rechtsbeschwerden
sind
unzulässig, da sie gemäß §
70 FamFG un-statthaft sind.
Nach §
70 Abs.
1 FamFG ist die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten statthaft, wenn sie
das Beschwerdegericht oder das [X.] im [X.] Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat. Nach §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 FamFG ist die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des [X.] auch ohne Zulassung u.a. in [X.] zur Bestellung eines [X.] sowie zur Aufhebung einer Betreuung statthaft.
Hier hat das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde weder zugelas-sen noch liegen die Voraussetzungen für eine zulassungsfreie Rechtsbe-schwerde vor.
2
3
4
5
-
4
-

Die Regelung des §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 FamFG, die eine Rechtsbe-schwerde auch ohne Zulassung erlaubt, knüpft an die gleich lautende Definition des Begriffs der [X.] in §
271 Nr.
1 und 2 FamFG an. Die dort genannten [X.] sind von besonderer Bedeutung, weil durch sie regelmäßig in gravierendem Maße in höchstpersönliche Rechte der [X.] eingegriffen wird. Dies wollte der Gesetzgeber mit der Differenzierung in §
271 FamFG deutlich machen. Da er mit der Regelung des §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 FamFG gerade für [X.] mit besonders hoher Eingriffsinten-sität in höchstpersönliche Rechte der Beteiligten einen zulassungsfreien Zu-gang zum [X.] schaffen wollte, folgt aus der Verknüpfung der beiden Vorschriften, dass eine Rechtsbeschwerde ohne Zulassung durch das Beschwerdegericht in allen Verfahren statthaft ist, die von §
271 Nr.
1 und 2 FamFG erfasst werden (Senatsbeschlüsse
vom 9.
Februar 2011 -
XII
ZB 364/10
-
FamRZ
2011, 632 Rn.
7 und vom 15.
September 2010 -
XII
ZB 166/10
-
FamRZ 2010, 1897 Rn.
8
mwN).
[X.] zur Bestellung eines Betreuers im Sinne der §§
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1, 271 Nr.
1 FamFG sind Verfahren nach §
1896 [X.]. Dabei kann es sich sowohl um ein Erstverfahren als auch um ein Verlängerungsver-fahren handeln, für das §
295 Abs.
1 FamFG eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahme, also der §§
1896 ff. [X.], anordnet (vgl. Senatsbeschluss vom 15.
September 2010 -
XII
ZB 166/10
-
FamRZ 2010, 1897 Rn.
9). Die besonders hohe Eingriffsinten-sität ergibt sich bei diesen Verfahren daraus, dass mit der Bestellung des [X.] zugleich die Anordnung der Betreuung selbst einhergeht. Denn §
1896 [X.] unterscheidet nicht zwischen Anordnung der Betreuung und Bestellung eines Betreuers; vielmehr ist eine Einheitsentscheidung zu treffen ([X.] vom 15.
September 2010 -
XII
ZB 166/10
-
FamRZ 2010, 1897 Rn.
10; 6
7
-
5
-

vom 9.
Februar 2011 -
XII
ZB 364/10
-
FamRZ
2011, 632 Rn.
8
und vom 18.
Mai 2011 -
XII
ZB 671/10 Rn.
8).
Demgegenüber bezieht sich die hier in Rede stehende Norm des §
1908
b Abs.
1 [X.], die die Rechtsgrundlage für die (Teil-)Entlassung des Betreuers darstellt, nur auf diejenigen Fälle, in denen bei fortbestehender [X.] eine isolierte Entscheidung über die Beendigung
des Amtes des bishe-rigen Betreuers getroffen werden soll (Senatsbeschluss vom 15.
September 2010 -
XII
ZB 166/10
-
FamRZ 2010, 1897 Rn.
17). Die Entlassung des [X.] berührt also nicht den Fortbestand der Betreuung als solche (Pa-landt/[X.] [X.] 70.
Aufl. §
1908 b
Rn.
1). Dieses Verfahren wird [X.] auch nicht von den §§
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1, 271 Nr.
1 FamFG erfasst; vielmehr fällt es unter die Auffangnorm des §
271 Nr.
3 FamFG
([X.]
vom 9.
Februar 2011 -
XII
ZB 364/10
-
FamRZ
2011, 632 Rn.
9 mwN
und vom 18.
Mai 2011 -
XII
ZB 671/10
-
juris Rn.
9).
8
-
6
-

Da die (Teil-)Entlassung des Betreuers gemäß §
1908
b [X.] nicht die Aufhebung der Betreuung nach sich zieht, kommt auch eine zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nach §
70 Abs.
3 Satz
1 Nr.
1 2.
Alt. FamFG nicht in [X.].

Hahne

[X.]

RiBGH Dr. Klinkhammer

ist urlaubsbedingt ver-

hindert zu unterschreiben

Hahne

Schilling

Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.09.2010 -
705 [X.] 1520/98 -

LG [X.], Entscheidung vom 18.01.2011 -
13 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 27.01.2011 -
13 [X.] -

LG [X.], Entscheidung vom 24.02.2011 -
13 [X.] -

9

Meta

XII ZB 65/11

29.06.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2011, Az. XII ZB 65/11 (REWIS RS 2011, 5342)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5342

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 671/10 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 283/10 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 364/10 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 671/10 (Bundesgerichtshof)

Betreuerentlassung: Statthaftigkeit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde; Beschränkung des Beschwerdegegenstands durch den Verfahrensgegenstand des ersten Rechtszuges


XII ZB 65/11 (Bundesgerichtshof)

Betreuerentlassung: Statthaftigkeit der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 65/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.