Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2003, Az. XII ZR 134/02

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 865

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:5. November 2003Küpferle,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: [X.] §§ 550, 242 CcIst ein Mietvertrag nicht in der für langfristige Mietverträge vorgeschriebenen Schrift-form (§ 550 BGB = § 566 a.F. BGB) abgeschlossen worden, so ist eine darauf ge-stützte vorzeitige Kündigung nicht deshalb treuwidrig, weil der Mietvertrag zuvor jah-relang anstandslos durchgeführt worden ist.[X.], Urteil vom 5. November 2003 - [X.]/02 - OLGRostockLGRostock- 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch die Vorsitzende Richterin [X.], die [X.], [X.], Dr. [X.] und die Richterin [X.] Recht erkannt:Die Revision der Kläger gegen das Urteil des [X.] desOberlandesgerichts Rostock vom 27. Mai 2002 wird auf ihre Ko-sten zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Die Kläger machen rückständige und künftige Mietzinsansprüche gel-tend. Sie sind Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). [X.] von der beklagten [X.] ein Wohn- und Geschäftshaus, das sich ineinem abrißreifen Zustand befand. Mit einem Aufwand von ca. 900.000 [X.] sie dieses Haus unter denkmalpflegerischen Gesichtspunkten um.Mit schriftlichem Mietvertrag vom 19. November 1996 vermieteten sie ei-nen in dem Erdgeschoß des Gebäudes gelegenen Empfangsraum und einen imObergeschoß gelegenen, von dem Empfangsraum aus durch eine [X.] zu erreichenden Büroraum auf zehn Jahre fest an die "[X.]". Dabei handelt es sich um eine Einrichtung der beklagten [X.] oh-ne eigene Rechtspersönlichkeit. Im Kopf des [X.] sind die beiden Klä-ger aufgeführt, verbunden mit einem "&", ohne einen ausdrücklichen Zusatz,- 3 -daß sie in einer GbR verbunden sind. Die monatliche Miete sollte 967,50 DM(zuzüglich Nebenkosten) betragen. Unterschrieben ist der Mietvertrag auf Ver-mieterseite allein von dem Kläger zu 1 ohne Vertreterzusatz, auf [X.] der damaligen Kurdirektorin [X.].Die monatliche Miete wurde ab November 1996 regelmäßig bezahlt, [X.] von der [X.]verwaltung [X.], ab Januar 1999 von dem Amt[X.].Am 3. Dezember 1998 beschloß die [X.]vertretung [X.] die Auf-lösung des Eigenbetriebes "Kurverwaltung" zum 31. Dezember 1998. Seit [X.] Januar 1999 werden die gemieteten Räume nicht mehr genutzt.Mit Schreiben vom 9. November 1999 kündigte das Amt [X.], ver-treten durch den Amtsvorsteher, für die [X.] [X.] den Mietvertrag. Indem [X.] heißt es, der Mietvertrag sei nicht wirksam zustandegekommen, weil die Kurdirektorin [X.] keine Vertretungsmacht für die [X.]B. ehabt habe und weil er auf Vermieterseite nur von dem Kläger zu 1 un-terschrieben worden sei. Ab November 1999 zahlte die Beklagte keine [X.].Die Kläger halten den [X.] für unwirksam. Sie haben - zum Teil auf zukünftige Leistung - Klage er-hoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an sie die vereinbarte Miete(zuzüglich Zinsen für die Mietrückstände) für die [X.] von November 1999 biszum Jahre 2007 zu zahlen.Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hatauf die Berufung der Beklagten hin die erstinstanzliche Entscheidung teilweiseabgeändert und unter Zurückweisung der Berufung im übrigen die Klage [X.] 4 -wiesen, soweit die Kläger für die [X.] ab 1. Juli 2000 Miete geltend machen.Dagegen richtet sich die zugelassene Revision der Kläger, mit der sie ihren ur-sprünglichen Klageantrag, soweit ihm nicht stattgegeben worden ist, [X.].Entscheidungsgründe:Die Revision der Kläger ist aufgrund der Zulassung durch das [X.] statthaft und auch sonst zulässig, hat aber in der Sache [X.] Das Berufungsgericht führt aus, der Mietvertrag sei wirksam zustandegekommen. Mieterin sei von vornherein die [X.] [X.] geworden, nichtdie Kurverwaltung dieser [X.], weil die Kurverwaltung lediglich eine Einrich-tung der [X.] ohne eigene Rechtspersönlichkeit sei. Zwar sei die Kurdirektorin[X.] nicht berechtigt gewesen, die [X.] zu vertreten, ihr Handeln als Vertreterinohne Vertretungsmacht sei aber von den Organen der [X.] später stillschwei-gend genehmigt worden. Daß die Beklagte den Kurbetrieb zum 31. [X.] aufgegeben habe, berechtige sie nicht, den Mietvertrag vorzeitig zu [X.], weil sie das [X.] für die angemieteten Räume trage. [X.] der Beklagten ausgesprochene Kündigung habe das Mietverhältnis aberzum 30. Juni 2000 beendet. Obwohl der Mietvertrag auf zehn Jahre fest abge-schlossen gewesen sei, sei die Beklagte berechtigt gewesen, ihn vorzeitig [X.] zu kündigen, weil die Vertragsurkunde nicht dem [X.] hier anwendbaren § 566 BGB a.F. genüge.- 5 -Gegen diese Ausführungen des Berufungsgerichts wendet sich die Revi-sion jedenfalls im Ergebnis ohne Erfolg.2. In der Revisionsinstanz geht der Streit der [X.]en nur noch darum,ob die Kläger für die [X.] ab 1. Juli 2000 Miete verlangen können. Um [X.] zu beantworten, kann offen bleiben, ob ein Mietvertrag wirksam zustandegekommen ist oder ob sein Zustandekommen daran gescheitert ist, daß eineSeite beim Abschluß des [X.] nicht wirksam vertreten war. Ist keinMietvertrag zustande gekommen, so steht den Klägern kein Anspruch auf [X.] von Miete zu und für die [X.] ab 1. Juli 2000 auch kein Anspruch [X.], weil die Beklagte die Räume zu diesem [X.]punkt un-streitig nicht mehr genutzt hat. Ist ein Mietvertrag wirksam zustande gekommen,so ändert sich im Ergebnis nichts, weil die Beklagte diesen Mietvertrag dann,wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, zum 30. Juni 2000 wirksamgekündigt hat.3. Zwar enthält der schriftliche Mietvertrag die Vereinbarung, das Miet-verhältnis werde auf die Dauer von zehn Jahren fest abgeschlossen. Wäre [X.] Vereinbarung wirksam, so wäre eine ordentliche Kündigung vor Ablauf vonzehn Jahren ausgeschlossen. Die Vereinbarung einer langfristigen Laufzeit des[X.] ist aber unwirksam, weil bei Abschluß des [X.] dieSchriftform nicht eingehalten worden ist (§ 566 BGB a.F. = § 550 BGB n.F.). [X.] offen bleiben, ob die Einhaltung der Schriftform schon daran scheitert, daßin der Vertragsurkunde als Mieterin statt der [X.] [X.] eine nicht rechts-fähige Einrichtung dieser [X.] aufgeführt ist und daß für die [X.] die Kurdi-rektorin dieser Einrichtung unterschrieben hat, ohne einen Zusatz, daß sie [X.] für die [X.] auftritt. Die Schriftform ist jedenfalls deshalb nicht ein-gehalten, weil auf Vermieterseite nur der Kläger zu 1 ohne einen Vertreterzu-satz unterschrieben [X.] -Für die Einhaltung der Schriftform ist es erforderlich, daß alle Vertrags-parteien die Vertragsurkunde unterzeichnen. Unterzeichnet für eine Vertrags-partei ein Vertreter den Mietvertrag, muß dies in der Urkunde durch einen dasVertretungsverhältnis anzeigenden Zusatz hinreichend deutlich zum Ausdruckkommen ([X.]Z 125, 175, 178 f.; Senatsurteile vom 11. September 2002- [X.]/00 - NJW 2002, 3389, 3990 f. m.w.N. und Anm. [X.], [X.], 951; vom 16. Juli 2003 - [X.]/02 - NJW 2003, 3053, 3054). Da in [X.] als Vermieter beide Kläger aufgeführt sind, genügt die [X.] zu 1 nicht. Das gilt unabhängig davon, ob die Kläger [X.] als GbR abgeschlossen haben oder als zwei Vermieter ohne [X.] Verbindung. Die Kläger hätten entweder beide unter-schreiben müssen oder der Kläger zu 1 hätte seiner Unterschrift einen Zusatzbeifügen müssen, der ihn zugleich als Vertreter für den Kläger zu 2 gekenn-zeichnet hätte (vgl. im einzelnen Senatsurteil vom 16. Juli 2003 aaO).Die Revision vertritt die Ansicht, auch ohne einen solchen Vertreterzu-satz sei der Urkunde mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen, daß der Klä-ger zu 1 als allein Vertretungsberechtigter für die GbR unterschrieben habe.Dem kann nicht gefolgt werden. Unterschreibt für eine GbR oder sonst für [X.] nur ein Mitglied ohne einen Vertreterzusatz, so ist [X.] auszuschließen, daß vorgesehen war, auch das andere Mitglied oder dieanderen Mitglieder sollten die Urkunde unterschreiben und daß deren Unter-schrift noch fehlt (ständige Rechtsprechung des [X.], vgl. Se-natsurteil vom 16. Juli 2003 aaO m.w.[X.] die Schriftform nicht eingehalten worden ist, konnte die Beklagte [X.], sollte es wirksam zustande gekommen sein, nach Ablauf einesJahres unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist (hier: § 565 Abs. 1 a- 7 -BGB a.F.) ordentlich kündigen. Die von der Beklagten im November 1999 er-klärte Kündigung hat es dann zum 30. Juni 2000 beendet.4. Entgegen der Annahme der Revision verstößt die Beklagte nicht ge-gen die Grundsätze von Treu und Glauben, wenn sie sich darauf beruft, [X.] sei (jedenfalls) mangels Einhaltung der Schriftform ordentlich künd-bar gewesen. Jede [X.] darf sich grundsätzlich darauf berufen, die für einenVertrag vorgeschriebene Schriftform sei nicht eingehalten. Es ist der [X.] einzuräumen, daß der [X.] eine Ausnahme von diesemGrundsatz zuläßt und es für treuwidrig hält, wenn eine Vertragspartei sich aufdie Formnichtigkeit eines Vertrages beruft, nachdem sie zuvor über einen län-geren [X.]raum besondere Vorteile aus dem nichtigen Vertrag gezogen hat([X.]Z 121, 224, 233 f.; [X.], Urteil vom 20. Mai 2003 - [X.] - [X.], 2255 m.w.N.). Ein solcher Fall liegt hier aber schon deshalb nicht vor,weil der Mangel der Form im vorliegenden Fall nicht zur Nichtigkeit des Vertra-ges geführt, sondern nur die Möglichkeit der vorzeitigen Kündigung eröffnet hat.Bis zu einer Kündigung waren beide [X.]en verpflichtet, den [X.]. Aus dem Umstand, daß sie dieser Verpflichtung über einen längeren [X.]-raum nachgekommen sind, läßt sich nicht herleiten, sie hätten darauf vertrauenkönnen, der Vertragspartner werde nicht von der besonderen Kündigungsmög-lichkeit Gebrauch machen, die das Gesetz vorsieht, wenn die Schriftform nicht- 8 -eingehalten ist. Daß im vorliegenden Fall die Kläger das vermietete Grundstückzuvor von der Beklagten - der Mieterin - erworben und aufwendig saniert hatten,ist kein hinreichender Grund, von diesem Grundsatz abzuweichen.HahneGerber[X.][X.]Vézina

Meta

XII ZR 134/02

05.11.2003

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2003, Az. XII ZR 134/02 (REWIS RS 2003, 865)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 865

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