Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.08.2017, Az. VIII ZR 226/16

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 6363

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[X.]:[X.]:BGH:2017:220817BVIIIZR226.16.0

BUN[X.]S[X.]RICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII ZR 226/16
vom

22. August 2017

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
[X.] § 535; GG Art. 103
a)
Zur Rücksichtnahmepflicht unter Mietern bei ([X.] aus der Nach-barwohnung eines Mehrfamilienhauses.
b)
Bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen durch Lärm bedarf es nicht der Vorlage eines detaillierten Protokolls. Es genügt vielmehr grundsätzlich eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beeinträchtigungen es geht und zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten (Bestätigung der [X.] [X.].: Senats-urteile vom 29. Februar 2012 -
VIII ZR 155/11, [X.], 1647 Rn. 17; vom 20. Juni 2012 -
VIII [X.], NJW-RR 2012, 977 Rn. 18; jeweils
mwN;
Senatsbeschluss vom 21. Februar 2017 -
VIII ZR 1/16, [X.], 1877 Rn.
12).
BGH, Beschluss vom 22. August 2017 -
VIII ZR 226/16 -
[X.]

[X.]

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2
-

Der VIII. Zivilsenat des [X.] hat am
22. August
2017 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, die Richterin Dr.
Hessel sowie [X.]
Dr.
Achilles, Dr.
Schneider und Kosziol
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 5. September 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an eine andere Kammer des [X.] zurückverwiesen.
Der Streitwert für das [X.] wird auf die Wertstufe bis 35.000

Gründe:
I.
Die Klägerin ist seit 2004
Mieterin
einer Dreieinhalbzimmerwohnung
im Erdgeschoss eines
etwa um 1900 erbauten Achtfamilienhauses der Beklagten
in [X.]-Tiergarten. Die Streithelfer
bewohnen mit ihren beiden noch nicht schulpflichtigen Kindern seit Ende 2012 die darüber
liegende Wohnung.
Die Klägerin behauptet
unter Vorlage so genannter [X.] und Antritt von Zeugenbeweis, seit dem Einzug der Streithelfer
komme es aus
deren Wohnung fast täglich, auch an Sonn-
und Feiertagen sowie zu Ruhezeiten, zu massiven [X.] durch heftiges Stampfen, Springen, Poltern
sowie
durch Schreie und sonstige lautstarke
und
aggressive familiäre Auseinander-1
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setzungen. Diese
nicht nur durch die Kinder, sondern
teilweise auch durch die Streithelfer
selbst verursachten Störungen
träten nicht nur punktuell, sondern bisweilen mehrmals am Tag auf und dauerten dabei größtenteils zwischen einer und vier Stunden.
Der Lärm, auf den sie die Beklagte seit August 2013 mehr-fach hingewiesen habe,
sei so heftig, dass er für
sie sogar
bei Verwendung von Ohrstöpseln noch deutlich hör-
und spürbar sei. In der Küche sprängen die Töp-fe durch die damit einher gehenden Erschütterungen in den Regalen und die Türen wackelten in den Angeln. Die Schallübertragung über die Bauteile sei sehr heftig und als andauerndes Wummern
zu hören und zu spüren. Davon sei
die
komplette Wohnung betroffen, so dass sie -
die Klägerin -
sich dem in kei-nem
ihrer Zimmer entziehen könne.
Zeitweise sei sie wegen
der
Intensität der [X.] sogar ausgezogen; auch Besucher übernachten mittlerweile nicht mehr in ihrer Wohnung.
Bezeichnend für die Intensität der Störungen sei zudem, dass der Lärm und die Schallübertragung für die über der Wohnung der Streithelfer
lebende Mieterin trotz Schwerhörigkeit selbst ohne Hörgerät zu hö-ren und zu spüren
sei.

Die auf Verurteilung zur Beseitigung der näher bezeichneten Lärmstö-rungen, auf Feststellung eines Mietminderungsrechts von
fünfzig Prozent bis zur Beseitigung der [X.]
und auf Rückzahlung einer wegen der gel-tend gemachten Minderung
insoweit nur unter Vorbehalt gezahlten Miete in [X.] Klage hat in den
Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt.
Hiergegen wendet sich die Klägerin in vol-lem Umfang mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde.
II.
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Nichtzulassungsbeschwer-de der Klägerin (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 544 ZPO; § 26 Nr. 8 EGZPO) ist begründet.
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1. Das Berufungsgericht ([X.], [X.] 2016, 1388) hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche auf Beseitigung der von ihr behaupteten Lärmbelästigung, auf Feststellung der Mietminderung und auf Rückzahlung vermeintlich zuviel gezahlter Miete setzten sämtlich voraus, dass die von ihr
gemietete Wohnung in einem nicht unerheblichen Maße
in ihrer Tauglichkeit beeinträchtigt sei. Insoweit habe das Amtsgericht aber zutreffend festgestellt, dass die von der Klägerin selbst in ihrer Wohnung wahrnehmbare "Geräusch-
und Erschütterungskulisse"
nicht das normale Maß des in einer
Mietwohnung
sozial Zumutbaren überschreite.
Auch ohne dahingehende Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien [X.] zwar nicht nur die generellen Ruhezeiten des Nachts und in der Mittagszeit zu beachten, sondern müssten die Mieter auch darauf achten, dass Kinder in der Wohnung bei ihren Spielen auf Hausbewohner Rücksicht nehmen.
Ebenso sei [X.] aus [X.] nicht in jeglicher Form, Dauer und In-tensität von [X.] hinzunehmen, nur weil er von Kindern stamme. Grund-sätzlich sei vielmehr bei jeder Art von Lärm
unter Einschluss von [X.] auf die Belange und das Ruhebedürfnis der Nachbarn Rücksicht zu nehmen, wobei
die Erziehungsberechtigten auch verpflichtet seien, Kinder zu einem rücksichts-vollen Verhalten bezüglich ihrer Bewegungen und akustischen Äußerungen an-zuhalten. Das danach von der Klägerin in ihrer Wohnung hinzunehmende Maß an Lebensäußerungen seitens der Streithelfer, ihrer Kinder oder sonstiger Nachbarn sei im Streitfall jedoch noch nicht überschritten.
Der Klägerin habe bereits bei ihrem Einzug in das Haus bekannt sein müssen, dass in die dortigen Wohnungen nach deren Zuschnitt auch Familien [X.]. Im Übrigen handele es sich unstreitig um ein Haus, das mit Hilfe [X.] Mittel errichtet worden sei und so aufgrund geförderter Mieten gerade 5
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auch für Familien mit mehreren Kindern attraktiven Wohnraum
biete, der so auf dem
freien Markt in [X.] Innenstadtlagen kaum zu bezahlbaren Mieten vor-handen sei. Von den Mietern solcher Wohnungen sei aber
ein höheres Maß an "Geräuschtoleranz"
zu erwarten als von Mietern extrem teurer oder als senio-rengerecht angebotener Wohnungen.
Die in den [X.]n der Klägerin notierten Störungen gäben ganz überwiegend im Durchschnitt für etwa jeden zweiten Tag Störungen in den Morgenstunden zwischen 6.00 bis 8.00 Uhr und in den Abendstunden etwa von 17.00 bis 20.00 Uhr wieder, wobei an Wochenenden teilweise noch tagsüber Störungen sowie gelegentliche Störungen an verschiedenen Wochentagen mit-ten in der Nacht vermerkt seien. Soweit die [X.] überwiegend Eintra-gungen wie "[X.] und Her Rennen, Poltern, Stampfen, Herumtrampeln"
oder "Springen auf Boden"
und "laute Sprache", "Vater brüllt, Kind schreit"
ent-hielten, seien
Kinder im Kleinkindalter -
anders als Erwachsene -
aber nicht zu einer differenzierten verbalen Auseinandersetzung und zu einer leisen Art der Fortbewegung fähig. Rennen und festes Auftreten stellten bei Kleinkindern die normalen
Fortbewegungsarten dar, auch wenn dies von der Klägerin als Poltern oder Stampfen empfunden werde. Ebenso entspreche es dem natürlichen Be-wegungsdrang von Kindern, Wege mehrfach "abzulaufen"; durch diese natür-lich angelegten ständigen Wiederholungen schafften Kinder sich überhaupt erst die Voraussetzung zu einer differenzierten Bewegungsfähigkeit. Dies sei von Mietern als ein Schritt der natürlichen Entwicklung von Kindern hinzunehmen und entspreche normaler Wohnnutzung.
Soweit die Klägerin in den [X.]n ein Schreien und Brüllen von Kindern vermerkt habe, sei in diesen akustischen Einwirkungen auf die Räume der Klägerin
ebenfalls
keine (erhebliche) Gebrauchsbeeinträchtigung zu sehen. Kleinkinder seien naturgemäß nicht in der Lage, ihren Unmut und Unbehagen 9
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differenziert auszudrücken und bedienten sich akustischer Äußerungen, die von anderen Personen als Schreien oder Brüllen wahrgenommen würden. Auch diese akustischen Einwirkungen stellten das normale Maß einer Wohnnutzung durch kleine Kinder dar. Soweit in den Protokollen ein Brüllen des Streithelfers zu 2 notiert sei, sei dies in fast allen Fällen darauf gerichtet gewesen, die zuvor wohl als zu laut empfundenen Kinder aufzufordern, ihrerseits Ruhe zu geben und ein Schreien zu unterlassen. Damit zeigten die notierten Äußerungen aber, dass gerade die Nachbarn sich bemühten, ihre Kinder zu einem rücksichtsvol-len Verhalten gegenüber den [X.] zu bewegen. Dass sich die lautstark [X.] Erwachsenen dabei selbst als Störung der Nachbarschaft und als wenig erzieherisch wertvoll erwiesen, sei zwar aus pädagogischer Sicht nicht wünschenswert, als Zeichen der ständigen nervlichen Anspannung der mit der Erziehung von Kleinkindern betrauten Erwachsenen aber in dem geringen von der Klägerin geschilderten Rahmen noch als sozial adäquat zu akzeptieren. Sofern die Klägerin gelegentlich ein nächtliches Schreien von Kindern [X.] habe, stelle auch dies keine erhebliche Beeinträchtigung des Wohn-gebrauchs
dar; es entspreche
vielmehr üblicher Wohnnutzung, dass Kinder bei einer Erkrankung oder nächtlicher
Angst auch einmal weinten oder schrien.
Soweit die
Klägerin in
ihren [X.]n die Eintragung "s.o."
vorge-nommen habe, sei im Übrigen nicht erkennbar, auf welche obigen Eintragungen sie Bezug genommen habe. Bezüglich derjenigen Zeiträume, für die die Kläge-rin zwar eine Minderung der Miete geltend mache, hinsichtlich derer es -
wie für die Zeiträume von Juli 2014 bis Februar 2015 sowie für Juni 2015 und den ge-samten Zeitraum seit August 2015 -
aber an konkretem Vortrag fehle, sei über-haupt keine Beeinträchtigung des Mietgebrauchs zu erkennen. Insoweit
habe das Amtsgericht die Beweisaufnahme zutreffend als unzulässig abgelehnt.

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2.
Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils.
Die ange-fochtene Entscheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs.
1 GG). Dieses Grundrecht gebietet es, dass sich das Gericht mit allen wesentlichen Punkten des Vortrags einer Partei auseinandersetzt. Zwar muss es nicht jede Erwägung in den Urteilsgründen ausdrücklich erörtern. Aus dem [X.] muss aber hervorgehen, dass es die wesentlichen Punkte [X.] und in seine Überlegungen mit einbezogen hat (Senatsbeschlüsse
vom 5. April 2005 -
VIII ZR 160/04, NJW 2005, 1950, unter II
2 b; vom 14. Juli 2009 -
VIII ZR 295/08, [X.], 539 Rn. 5).
Daran mangelt es hier. Denn das Berufungsgericht hat -
wie die Nichtzulassungsbeschwerde mit Recht rügt -
den [X.] des Vorbringens der Klägerin
zu Art, Intensität, Häufigkeit
und Dauer der ihrem Klagebegehren zugrunde liegenden [X.] verkannt und dadurch bereits im Ansatz die entscheidungserhebliche Abwägung der einander gegenüber stehenden Interessen verfehlt. Darüber hinaus hat es
einen wesent-lichen Teil des Klagevorbringens unter grundlegender Missachtung bestehen-der Substantiierungsanforderungen
übergangen.
a)
Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass in einem Mehrfamilien-haus gelegentlich auftretende Lärmbeeinträchtigungen grundsätzlich als sozial adäquat hinzunehmen sind und für die betroffenen Mitmieter deshalb noch nicht ohne Weiteres einen Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 [X.] begrün-den (Senatsurteil vom 29. Februar 2012 -
VIII ZR 155/11, [X.], 1647 Rn.
11). Dazu zählt auch üblicher [X.], den das [X.] (z.B. § 22 Abs. 1a [X.], §
6 Abs. 1 LImSchG
Bln) für seinen Bereich als grundsätzlich sozial adäquat und damit zumutbar behandelt, was -
auch wenn diese Maßstäbe für die mietrechtliche Pflichtenlage keine unmittelbare Wirkung entfalten können ([X.]/[X.], [X.], 12
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Neubearb. 2014, § 535 Rn. 27; [X.], [X.] 2012, 458, 461) -
gewisse Aus-strahlungswirkungen
auf die ohnehin schon längst in diese Richtung tendieren-de Verkehrsanschauung zur Toleranz gegenüber solchen
Geräuschemissionen und darüber auf die mietrechtlichen Abwägungsprozesse hat, die ihrerseits al-lerdings zugleich durch das Gebot zumutbarer gegenseitiger Rücksichtnahme geprägt sind (vgl. Senatsurteil vom 29. April 2015 -
VIII ZR 197/14, [X.], 177 Rn. 26
ff. mwN).
Vor diesem Hintergrund geht die ganz überwiegende Instanzrechtspre-chung deshalb für Fallgestaltungen, die mit dem Streitfall vergleichbar sind (zu einem Sonderfall etwa [X.], NJW 2009, 3730, 3731 [autistisches Kind]), zutreffend davon aus,
dass zwar auf der einen Seite Geräuschemissionen, die ihren Ursprung in einem altersgerecht üblichen
kindlichen Verhalten haben, [X.] auch unter Inkaufnahme erhöhter Grenzwerte für Lärm und ent-sprechender
Begleiterscheinungen kindlichen Verhaltens,
grundsätzlich hinzu-nehmen sind, auf der anderen Seite jedoch die
insoweit zu fordernde erhöhte Toleranz
auch Grenzen hat. Diese sind
hierbei
jeweils im Einzelfall zu bestim-men
unter Berücksichtigung namentlich von
Art, Qualität, Dauer und Zeit der verursachten Geräuschemissionen, des
Alters
und des
Gesundheitszustands
des Kindes sowie der Vermeidbarkeit der Emissionen etwa durch objektiv gebo-tene erzieherische Einwirkungen oder durch zumutbare
oder sogar gebotene bauliche Maßnahmen (z.B. BayObLG, NJW-RR 1994,
598, 599; OLG Düssel-dorf, NJW 2009, 3377 f.
[jeweils WEG-Sachen]; [X.], [X.], 89, 91; [X.] [Zivilkammer 62], WuM
1999, 329; [X.], NJW-RR 2005, 598;
LG [X.], Urteil vom 30. Oktober 2008 -
6 [X.], juris Rn. 6 ff.).
b) Auch das Berufungsgericht ist
von
diesem Ansatz
ausgegangen
und hat ausgeführt, dass [X.] aus [X.] nicht in jeglicher Form, Dauer und Intensität von [X.] hinzunehmen
ist, nur weil er eben 14
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von Kindern stamme, sondern dass grundsätzlich bei jeder Art von Lärm unter Einschluss von [X.] auf die Belange und das Ruhebedürfnis der Nach-barn Rücksicht zu nehmen i[X.]
Das Berufungsgericht hat jedoch
bei Anlegung dieses Maßstabs wesentliches Vorbringen der Klägerin zu Art, Intensität, Fre-quenz und Dauer der auf ihre Wohnung einwirkenden Geräusche und Erschüt-terungen übergangen. Insbesondere
hat es sich durch die lediglich kursorische Auswertung der vorgelegten [X.] den Blick für den [X.] des in jeder
Hinsicht mit Substanz unterlegten Vorbringens der Klägerin verstellt,
der darin besteht, dass
die von den Kindern der Streithelfer
wie auch von den [X.] selbst ausgehenden Geräuschemissionen jedes noch irgendwie hinzu-nehmende Maß überschritten
haben.
Insoweit kann, wie die Nichtzulassungsbeschwerde anhand der unter Beweis gestellten Eintragungen in den [X.]n im Einzelnen
erläutert hat
und wie sich auch aus den übrigen, für das Nichtzulassungsbeschwerdever-fahren als richtig zu unterstellenden Eintragungen in den vorgelegten Lärmpro-tokollen ohne Weiteres erschließt,
schlechthin nicht davon die Rede sein,
dass die protokollierten Geräuschemissionen und Erschütterungen
in ihrer bemer-kenswerten Frequenz und Dauer noch
als Ausdruck
eines natürlichen Bewe-gungsdrangs
von Kindern
darauf abgezielt hätten, durch ihre "natürlich angeleg-Bewegungsfähigkeit"
zu schaffen und
hierüber "als ein Schritt der natürlichen Entwicklung von Kindern"
normaler Wohnnutzung zu entsprechen. Ebenso hat
das, was
in auffälliger Häufigkeit und Wiederkehr
in den [X.]n etwa als familiäre Auseinandersetzung, "Riesentheater"
oder Schreien und Brüllen insbesondere des Streithelfers
zu 2 verzeichnet ist, nur wenig mit dem gemein, was als eine noch im üblichen Rahmen liegende erzieherische Einwirkung ver-standen werden kann, um "die zuvor wohl als zu laut empfundenen Kinder [X.], ihrerseits Ruhe zu geben und ein Schreien zu unterlassen".
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Dass hinsichtlich der als Mangel der Mietsache gerügten Geräusch-emissionen und Erschütterungen ein unauflöslicher Widerspruch zwischen den vorgelegten [X.]n und dem dazu gehaltenen Klagevortrag bestanden hat, der das Berufungsgericht möglicherweise hätte veranlassen können,
nach vorheriger Erörterung
etwaiger Widersprüche
den unmissverständlich auf einen Mangel hinauslaufenden Klagevortrag bei seiner Würdigung in der geschehe-nen Weise außer Betracht zu lassen und stattdessen den
nach seiner
Sicht nicht mangeltauglichen Eintragungen in den Protokollen den Vorzug zu geben, ist nicht erkennbar.
Das gilt umso mehr, als
es einer Vorlage der [X.] noch nicht einmal bedurft
hätte, weil
die [X.], derer die Kläge-rin sich in ihrer Wohnung seit Jahren ausgesetzt sieht, in ihrem dargestellten Klagevorbringen nach Art, Intensität, Dauer und Häufigkeit in einer den [X.] ihres Angriffs kennzeichnenden Weise mit ausreichender Substanz
beschrieben war (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 21. Februar 2017 -
VIII ZR 1/16, [X.], 1877 Rn. 11 f., 14
mwN).
c) Darüber hinaus hat das Berufungsgericht den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) auch dadurch verletzt, dass es -
wie die Nichtzulassungsbeschwerde ebenfalls mit Recht beanstandet -
diejenigen Störungszeiträume als unsubstantiiert dargestellt außer Betracht gelassen hat, hinsichtlich derer kein Lärmprotokoll vorgelegt war;
denn auch dieses Vorgehen findet im Prozessrecht keine Stütze mehr (vgl. Senatsurteil vom 15. Februar 2017 -
VIII ZR 284/15, juris Rn.
16
mwN).
Insoweit hat das Berufungsgericht grundlegend verkannt, dass es nach der ständigen Recht-sprechung des Senats
bei wiederkehrenden Beeinträchtigungen durch Lärm nicht der Vorlage eines detaillierten Protokolls
bedarf. Es genügt vielmehr grundsätzlich eine Beschreibung, aus der sich ergibt, um welche Art von Beein-trächtigungen es geht und zu welchen Tageszeiten, über welche Zeitdauer und in welcher Frequenz diese ungefähr auftreten (Senatsurteile vom 29. Februar 17
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2012 -
VIII ZR 155/11, aaO Rn. 17; vom 20. Juni 2012 -
VIII [X.], NJW-RR 2012, 977 Rn. 18; jeweils mwN; Senatsbeschluss vom 21. Februar 2017
-
VIII ZR 1/16, aaO Rn. 12). Das ist -
wie die Nichtzulassungsbeschwerde an-hand des Vorbringens der Klägerin
in den Tatsacheninstanzen im Einzelnen belegt hat
-
geschehen, so dass
das Berufungsgericht dieses Vorbringen ge-nauso wie dasjenige zu den protokollierten Geschehnissen hätte [X.] und die angetretenen Beweise hätte erheben müssen.
III.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens der Klägerin und Erhebung der angetretenen Beweise zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre, ist das Urteil aufzuheben. Der Rechtsstreit ist zu diesem Zweck gemäß §
544 Abs. 7 ZPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen, wobei der Senat von der Möglichkeit des §
563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch macht. Dabei wird das Berufungsgericht zu erwägen haben, ob es über den angetretenen Zeugenbeweis und eine nach der Sachlage voraussichtlich
gebotene Anhörung der Klägerin (§
141 Abs.
1 Satz 1 ZPO) hinaus nicht auch angebracht erscheint, sich durch Einnahme eines Au-genscheins über die etwa zur
Hellhörigkeit des Hauses vorgetragenen örtlichen Verhältnisse zu vergewissern
sowie sich dazu gegebenenfalls ergänzend sach-

19
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verständig beraten zu lassen

144 Abs. 1 Satz 1 ZPO; vgl. auch Senatsbe-schluss vom 21. Februar 2017 -
VIII ZR 1/16, aaO Rn.
15).
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Achilles

Dr. Schneider
Kosziol
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 22.12.2015 -
5 [X.] -

[X.], Entscheidung vom 05.09.2016 -
67 [X.]/16 -

Meta

VIII ZR 226/16

22.08.2017

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.08.2017, Az. VIII ZR 226/16 (REWIS RS 2017, 6363)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 6363

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VIII ZR 226/16

VIII ZR 155/11

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