Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.10.2010, Az. 9 B 9/10

9. Senat | REWIS RS 2010, 1814

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Gegenstand

Städtebaulicher Vertrag; Folgekosten; unwirksame Vertragsbestimmung und Heilung


Leitsatz

Die Gesetzesbindung der Gemeinde steht einer Heilung von Verstößen einer Folgekostenvereinbarung gegen die Vorgaben des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB auf der Grundlage einer salvatorischen Klausel nicht entgegen, die eine Verpflichtung der Beteiligten zur Ersetzung einer einzelnen unwirksamen Vertragsbestimmung durch eine dem damit verfolgten Zweck am nächsten kommende zulässige Bestimmung vorsieht.

Gründe

1

Die [X.]eschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die [X.]eschwerde beimisst.

2

Als grundsätzlich klärungsbedürftig wirft die [X.]eschwerde die Frage auf, ob eine im Widerspruch zu § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.]auG[X.] getroffene Folgekostenvereinbarung in analoger Anwendung von § 315 Abs. 3 Satz 2 [X.]G[X.] auf Grund einer salvatorischen Vertragsklausel durch eine andere Zahlungsverpflichtung ersetzt werden kann. Wie sich aus den weiteren Ausführungen in der [X.]eschwerdebegründung ergibt, hält die [X.]eschwerde für zweifelhaft, ob eine solche Ersetzung der [X.]indung der Gemeinde an § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.]auG[X.] gerecht wird. Diese Frage lässt sich indes auf der Grundlage des Gesetzes und der Rechtsprechung des [X.] beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedürfte.

3

Schon vor der Normierung der rechtlichen Anforderungen an Folgekostenvereinbarungen in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.]auG[X.] und seinen Vorgängerregelungen war anerkannt, dass [X.] der [X.]indung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) unterliegen (vgl. Urteil vom 6. Juli 1973 - [X.]VerwG 4 C 22.72 - [X.]VerwGE 42, 331 <334>). Zu den einschlägigen rechtlichen [X.]indungen gehört namentlich das Erfordernis der Ursächlichkeit zwischen dem geplanten Vorhaben und den städtebaulichen Maßnahmen, für die Folgekosten anfallen (Urteil vom 6. Juli 1973 a.a.[X.]). § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.]auG[X.] hat das Kausalitätserfordernis ausdrücklich festgeschrieben; der Vorschrift zufolge kann Gegenstand eines [X.] die Übernahme von Kosten oder sonstigen Aufwendungen sein, die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind. Das hat zur Konsequenz, dass die städtebaulichen Maßnahmen, deren Kosten übernommen werden sollen, im Vertrag ausreichend konkretisiert werden müssen. Nur wenn die vereinbarten [X.]eträge durch den [X.] bestimmten Folgemaßnahmen zugeordnet werden, lässt sich gegebenenfalls gerichtlich überprüfen, ob das Kausalitätserfordernis gewahrt ist (Urteil vom 6. Juli 1973 a.a.[X.]; vgl. auch Urteil vom 29. Januar 2009 - [X.]VerwG 4 C 15.07 - [X.]VerwGE 133, 85 Rn. 32).

4

Hiervon ausgehend liegt es auf der Hand, dass die Gesetzesbindung der Gemeinde einer Heilung von Verstößen gegen die erwähnten Vorgaben des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 [X.]auG[X.] durch eine Anpassungsverpflichtung der [X.]eteiligten nicht entgegensteht, wie sie hier das [X.]erufungsgericht der salvatorischen Klausel in § 22 Abs. 1 Satz 2 des Vertrags entnommen hat. Danach war eine unwirksame Vertragsbestimmung durch diejenige zulässige [X.]estimmung zu ersetzen, die dem erstrebten Zweck der unwirksamen [X.]estimmung am nächsten kommt (zur grundsätzlichen Unbedenklichkeit solcher Klauseln in öffentlich-rechtlichen [X.], in: [X.]/[X.]onk/Sachs, [X.], 7. Aufl. 2008, § 55 Rn. 57). Für die Wahrung des Gebots der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung macht es keinen Unterschied, ob bereits die ursprüngliche vertragliche Regelung den gesetzlichen Vorgaben entspricht oder ob eine gesetzeskonforme Regelung in Anwendung einer salvatorischen Klausel nachträglich in den [X.] findet. Ob die konkreten Umstände des Falles die vom [X.]erufungsgericht ersatzweise getroffene Regelung rechtfertigen, ist eine Frage, die keine über die Rechtssache hinausweisende rechtliche [X.]edeutung hat und deshalb die Zulassung der Revision ebenfalls nicht rechtfertigen kann.

5

Warum die Ersetzung der nichtigen Folgekostenregelung im Wege gerichtlicher Anpassung entsprechend § 315 Abs. 3 Satz 2 [X.]G[X.] klärungsbedürftige Fragen aufwerfen sollte, hat die [X.]eschwerde nicht ansatzweise dargelegt, obgleich dazu namentlich mit Rücksicht auf die Verweisungsnorm des § 62 Satz 2 [X.] i.V.m. § 1 Abs. 1 L[X.] [X.]. Anlass bestanden hätte (vgl. zu den [X.] an die Klärungsbedürftigkeit einer Grundsatzfrage [X.]eschluss vom 4. Oktober 2010 - [X.]VerwG 9 [X.] 1.10 - Rn. 21 m.w.N. ). Dem [X.]egründungserfordernis des § 133 Abs. 3 VwGO ist mithin insoweit nicht Genüge getan.

Meta

9 B 9/10

29.10.2010

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, 16. September 2009, Az: 8 A 10279/09, Urteil

§ 11 Abs 1 S 2 Nr 3 BauGB, § 315 Abs 3 S 2 BGB, Art 20 Abs 3 GG, § 62 S 2 VwVfG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.10.2010, Az. 9 B 9/10 (REWIS RS 2010, 1814)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1814

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