Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.08.2012, Az. I ZR 44/10

I. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 3874

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 44/10
Verkündet am:
16. August 2012
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Breitbandkabel
Richtlinie 2001/29/[X.]. 3 Abs. 1
Dem Gerichtshof der [X.] wird zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ([X.] Nr. L 167 vom 22. Juni 2001, [X.]) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Umfasst der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art.
3 Abs. 1 der [X.] 2001/29/[X.] die drahtgebundene Weitersendung eines durch Rundfunk gesendeten Werkes, wenn die ursprüngliche Sendung im Sendegebiet auch drahtlos empfangen werden kann, das Werk an die Besitzer von Empfangsgeräten weitergesendet wird, die die Sendung allein oder im privaten bzw. familiären Kreis empfangen, und die
Weiter-sendung durch ein anderes als das ursprüngliche Sendeunternehmen zu [X.] vorgenommen wird?
[X.], Beschluss vom 16. August 2012 -
I ZR 44/10 -
KG [X.]

LG [X.]
-
2
-
Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 28. Juni
2012 durch [X.] [X.] und [X.], Prof. Dr. Schaffert, [X.] und [X.]

beschlossen:

[X.]
Das Verfahren wird ausgesetzt.

I[X.]
Dem Gerichtshof der [X.] wird zur Ausle-gung von Art. 3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.] des Euro-päischen Parlaments und des Rates vom 22.
Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der [X.] ([X.] Nr. L
167 vom 22.
Juni 2001, S.
10) [X.] Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Umfasst der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art.
3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] die drahtgebun-dene Weitersendung eines durch Rundfunk gesendeten Werkes, wenn die ursprüngliche Sendung im Sendegebiet auch drahtlos empfangen werden kann, das Werk an die Besitzer von Empfangsgeräten weitergesendet wird, die die Sendung allein oder im privaten bzw. familiären Kreis emp-fangen, und die Weitersendung durch ein anderes als das ursprüngliche Sendeunternehmen zu Erwerbszwecken vor-genommen wird?

-
3
-
Gründe:

[X.] Die Klägerin betreibt Breitbandkabelanschlüsse der Netzebenen 3 und
4 zum Empfang von Fernseh-
und Hörfunksignalen im Umkreis von [X.]
bei [X.]. Sie betreut über [X.] auf privatem Grund (Netzebene 4) etwa 9.000 Wohneinheiten. Dazu unterhält sie zwei Kopfstellen (Netzebene 3), an denen 200 bzw. mehr als 8.000 Wohneinheiten angeschlossen sind. Die von der Klägerin über Kabel an Endabnehmer im Umkreis von [X.] weiter-übertragenen Funksignale
können von diesen
dort auch drahtlos empfangen werden.
Die Beklagte ist die [X.] Urheber-
und Leis-tungsschutzrechte von Medienunternehmen mbH ([X.]). Sie nimmt die urheberrechtlichen Leistungsschutzrechte privater
Hörfunk-
und Fernsehsender aus der analogen und digitalen Weiterleitung der terrestrisch oder satellitenge-stützt verbreiteten Programme wahr.
Nachdem die Beklagte angekündigt hatte, ihre Ansprüche notfalls im Rechtswege geltend
zu machen, schlossen die Parteien am 2. November FRK-Gesamtvertrag über die Durchleitung von Fernseh-
und [X.] der Zahlungsverpflichtung der Klägerin. Die Klägerin zahlte der Beklagten für

Die Klägerin hat -
nach Durchführung des in §
14 Abs.
1 Nr. 1a, §
16 Abs.
1 UrhWG vorgesehenen
Verfahrens vor der Schiedsstelle -
beantragt,
1.
festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, mit der Beklagten einen Vertrag zur Abgeltung von Urheberrechtsgebühren für die Kabelweiterleitung abzu-schließen;
1
2
3
4
-
4
-
2.
die Beklagte zu verurteilen, an sie 58 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (KG [X.], [X.], 414 = ZUM 2010, 324).
Mit ihrer
vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die
Klägerin
ihre
Klageanträge weiter.
I[X.] Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des
Art. 3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.] und des Rates vom 22.
Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ([X.]
Nr.
L
167 vom 22.
Juni 2001, S.
10; im Folgenden: Richtlinie
2001/29/[X.]) ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art.
267 Abs.
1 Buchst.
b und Abs.
3 AEUV eine Vorabentschei-dung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.
1. Mit ihrem Feststellungsantrag erstrebt die Klägerin
-
wie sich aus ih-rem zur Auslegung des Antrags heranzuziehenden Klagevorbringen ergibt
-
die Feststellung, dass sie sich von der Beklagten nicht das von dieser
wahrge-nommene Leistungsschutzrecht privater Sendeunternehmen zur Kabelweiter-sendung gegen Zahlung einer Vergütung einräumen lassen muss, um die von diesen Sendeunternehmen ausgestrahlten Rundfunkprogramme durch ihr [X.] an Endverbraucher weiterleiten
zu dürfen. Mit dem [X.] be-gehrt sie die Rückzahlung der für das [X.] unter Vorbehalt
gezahlten Ver-gütung für die -
ihrer Ansicht nach entbehrliche -
Einräumung entsprechender Nutzungsrechte.
2. Das Sendeunternehmen hat nach §
87 Abs.
1 Nr. 1 Fall 1 [X.] das ausschließliche Recht, seine Funksendung weiterzusenden. Das Senderecht
umfasst das Recht zur Kabelweitersendung (vgl. §
20 [X.]), also das Recht, die
Funksendung im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig wei-5
6
7
8
-
5
-
terübertragenen Programms durch [X.] oder Mikrowellensysteme
weiterzusenden (§
20b Abs.
1 Satz 1 [X.]). Das Senderecht ist ein besonderer Fall des Rechts der öffentlichen Wiedergabe
(vgl. §
15 Abs.
2 Satz 2 Nr. 3 [X.]), also des ausschließlichen Rechts des Urhebers, sein Werk in [X.] Form öffentlich wiederzugeben (vgl. §
15 Abs.
2 Satz 1 [X.]).
3. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass die Klägerin die Funksendungen
privater Sendeunternehmen, deren Leistungsschutzrechte die Beklagte wahrnimmt,
im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und voll-ständig weiterübertragenen Programms durch [X.] an Endabnehmer
weiterleitet. Fraglich ist allein, ob es sich dabei um eine öffentliche Wiedergabe im Sinne der
§
15 Abs.
2 Satz 1 und 2 Nr. 3, § 20 [X.] handelt.
4. Die Antwort auf diese
Frage hängt von der Auslegung des Art. 3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.] ab. Die hier in Rede stehenden
Regelungen
der §
15 Abs.
2 Satz 1 und 2 Nr. 3, § 20 [X.], wonach dem Urheber das aus-schließliche Recht zusteht, sein Werk durch [X.] der Öffentlichkeit zu-gänglich zu machen und damit öffentlich wiederzugeben, setzen
einen Teil der Bestimmung des Art. 3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.]
um, nach der die Mit-gliedstaaten vorsehen, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke
ein-schließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise
zu er-lauben oder zu verbieten, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind. Die nationalen
Regelungen
sind
daher richtlinienkonform auszulegen.
a) Im Streitfall stellt sich allerdings nicht die Frage, ob Urhebern das aus-schließliche Recht zusteht, die drahtgebundene öffentliche Wiedergabe ihrer Werke zu erlauben oder zu verbieten; zu entscheiden ist vielmehr, ob Sendeun-ternehmen ein solches Recht hinsichtlich ihrer Sendungen zusteht.
9
10
11
-
6
-
Die
letztgenannte Frage ist weder durch Art. 3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.] noch sonst durch das Unionsrecht geregelt. Nach Art. 3 Abs.
2 Buchst.
d der Richtlinie 2001/29/[X.] sehen die Mitgliedstaaten für Sendeunter-nehmen das ausschließliche Recht vor, zu erlauben oder zu verbieten, dass die Aufzeichnungen ihrer Sendungen öffentlich zugänglich gemacht werden. Ge-mäß
Art. 8 Abs.
3 der Richtlinie 2006/115/[X.] zum Vermietrecht und Verleih-recht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (kodifizierte Fassung; [X.] Nr. L

376 vom 12.12.2006, S.
28; im Folgenden: Richtlinie 2006/115/[X.]) sehen die Mitglied-staaten für Sendeunternehmen ferner das ausschließliche Recht vor, die draht-lose Weitersendung ihrer Sendungen sowie die öffentliche Wiedergabe ihrer Sendungen, wenn die betreffende Wiedergabe an Orten stattfindet, die der [X.] gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten. Nach Art. 8 Abs.
1 der [X.]/[X.] zur Koordinie-rung bestimmter urheber-
und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend
Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung ([X.] Nr. L

248 vom [X.], S. 15; im Folgenden: [X.]/[X.]) sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass die Kabelweiterverbreitung von Rundfunksendungen aus anderen Mit-gliedstaaten in ihrem Staatsgebiet unter Beachtung der anwendbaren [X.]e und verwandten Schutzrechte und auf der Grundlage individueller oder kollektiver Verträge zwischen den [X.], den [X.] und den Kabelunternehmen erfolgt.
Das Unionsrecht stellt es den Mitgliedstaaten allerdings frei, diese Frage in ihrem nationalen Recht zu regeln. Die Richtlinie 2006/115/[X.] gestattet den Mitgliedstaaten, für Inhaber von verwandten Schutzrechten einen weiterrei-chenden Schutz vorzusehen, als er in dieser Richtlinie hinsichtlich der öffentli-chen Sendung
und Wiedergabe vorgeschrieben ist (Erwägungsgrund 16
der Richtlinie 2006/115/[X.]). Die Mitgliedstaaten können daher für [X.] das ausschließliche Recht vorsehen, die drahtgebundene Weitersendung 12
13
-
7
-
ihrer Sendungen sowie
die öffentliche Wiedergabe ihrer Sendungen, auch wenn die betreffende Wiedergabe nicht an Orten stattfindet, die der Öffentlichkeit ge-gen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbie-ten
(vgl. v. [X.] in [X.]/v. [X.], [X.] Copyright Law
[2010], Rn.
6.8.28 und 6.8.31).

b) Eine unionsrechtskonforme Auslegung der
§
15 Abs.
2 Satz 1 und 2 Nr. 3, § 20 [X.] ist jedoch wegen des Gebots der einheitlichen Auslegung des nationalen Rechts erforderlich. Danach kann nach dem innerstaatlichen Recht eine für bestimmte Sachverhalte gebotene richtlinienkonforme
Auslegung auf nicht von der Richtlinie erfasste Konstellationen zu erstrecken sein, wenn der nationale Gesetzgeber die beiden Fallgestaltungen parallel regeln wollte (vgl. [X.], Urteil vom 23. November 2011 -
VIII ZR 203/10, NJW-RR 2012, 674 Rn.
26 mwN). So verhält es sich hier. Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe ist daher im Zusammenhang mit den ausschließlichen Nutzungsrechten der Urheber einerseits und der Leistungsschutzberechtigten
andererseits
überein-stimmend
auszulegen (v.
[X.]/[X.] in [X.]/v. [X.], [X.] Co-pyright Law
[2010], Rn.
11.3.46).
5. Im Streitfall
stellt sich die Frage, ob der Begriff der öffentlichen [X.] im Sinne von Art.
3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/[X.] die drahtgebun-dene Weitersendung eines durch Rundfunk gesendeten Werkes umfasst, wenn die ursprüngliche Sendung im Sendegebiet auch drahtlos empfangen werden kann, das Werk an die Besitzer von Empfangsgeräten weitergesendet wird, die die Sendung allein oder im privaten bzw. familiären Kreis empfangen, und die Weitersendung durch ein anderes als das ursprüngliche Sendeunternehmen zu Erwerbszwecken vorgenommen wird.
Diese Frage erscheint auch unter Be-rücksichtigung der
Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Begriff der öffentli-chen Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.] nicht hinreichend geklärt. Der Senat neigt dazu, diese
Frage zu bejahen.
14
15
-
8
-
a) Der Gerichtshof hat entschieden, dass der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.] die Verbrei-tung einer Sendung über Fernsehapparate
in Hotelzimmern
für Gäste des
Ho-tels ([X.], Urteil vom 7. Dezember 2006 -
C-306/05, [X.]. 2006, [X.] = [X.], 225 Rn.

47
-
SGAE/[X.]; Beschluss vom 18. März 2010 -
C-136/09,
[X.] 2010, 123 Rn.

39 -
OSDD/Divani
Akropolis) und die Übertra-gung durch Rundfunk gesendeter Werke über einen Fernsehbildschirm und Lautsprecher in einer Gastwirtschaft für deren Gäste
([X.], Urteil vom 4. Ok-tober 2011 -
C-403/08 und [X.]/08, [X.], 156 Rn.
207 = [X.], 434
-
Football Association Premier League und [X.])
umfasst.
Dazu hat
der Gerichtshof ausgeführt, solche Tätigkeiten seien kein blo-ßes technisches Mittel zur Gewährleistung oder Verbesserung des Empfangs der ursprünglichen Sendung in ihrem Sendebereich, sondern Handlungen, oh-ne die die Gäste nicht in den Genuss der ausgestrahlten Werke kommen könn-ten, obwohl sie sich im Sendegebiet aufhielten. Er hat
diese Tätigkeiten deshalb als Wiedergabe -
und nicht als Empfang -
der Sendung eingestuft
(vgl. [X.], [X.], 225
Rn.

42 -
SGAE/[X.]; [X.] 2010, 123 Rn.

38 -
OSDD/
[X.]; [X.], 156 Rn.
194
bis 196
-
Football Association Pre-mier League und [X.]; vgl. zum Begriff der öffentlichen Wiedergabe im [X.] von Art. 2 der [X.]/[X.] [X.], Urteil vom 13. Oktober 2011
-
C-431/09 und [X.]/09, GRUR Int.
2011, 1058 Rn. 74 und 79 -
Airfield u.a./Sabam).
Eine
öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.] setzt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs unter [X.],
wie sie den jeweiligen
Ausgangsverfahren zugrunde liegen,
ferner voraus, dass das durch Rundfunk gesendete Werk für ein neues Publikum übertragen wird, also für ein Publikum, das der
Urheber
des
Werkes
nicht berücksichtigte, als er
dessen
Nutzung zur
Wiedergabe zustimmte.
Ein Urheber, der die Sen-16
17
18
-
9
-
dung seines
Werkes
durch Rundfunk erlaubt, zieht nach Ansicht des [X.] grundsätzlich nur die Besitzer von Empfangsgeräten
als Publikum
in Be-tracht, die die Sendung allein oder im privaten bzw. familiären Kreis empfangen. Der Besitzer eines Empfangsgerätes, der -
wie der
Betreiber des Hotels oder der Inhaber der Gastwirtschaft in den dem Gerichtshof vorgelegten Verfahren -
ein zusätzliches Publikum in die Lage versetzt, das Werk anzuhören oder anzu-sehen, gibt das Werk danach für ein neues Publikum wieder (vgl. [X.], [X.], 225 Rn.
41 f.
-
SGAE/[X.]; [X.] 2010, 123 Rn.

37 f.
-
OSDD/[X.]; [X.], 156 Rn.
197
bis 199 -
Football Association Premier League und [X.]; vgl. zu
Art. 2 der [X.]/[X.] [X.], GRUR Int.
2011, 1058 Rn. 72 und 76 -
Airfield u.a./Sabam).

Der Gerichtshof hat es schließlich
als
unerheblich
angesehen, ob eine Wiedergabe -
wie die Übertragung eines durch Rundfunk gesendeten Werkes in Hotelzimmern oder in einer Gastwirtschaft -
Erwerbszwecken dient
(vgl.
[X.], [X.], 225 Rn.

44
-
SGAE/[X.]; [X.], 156 Rn.
204
bis 206
-
Football Association Premier League und [X.]; vgl. zum Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der [X.]/[X.] [jetzt Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115/[X.]] [X.], Urteile
vom 15. März 2012 -
C-135/10, [X.], 593 Rn.
88
bis 91 = [X.], 689 -
SCF/Del Corso
und [X.]/10, [X.], 597 Rn. 36 f. -
PPL/Irland;
ferner
zu
Art. 2 der [X.]/[X.] [X.], GRUR Int.
2011, 1058 Rn. 80 -
Airfield u.a./Sabam).
b) Nach diesen Maßstäben könnte eine Kabelweitersendung
unter Um-ständen, wie sie dem Streitfall zugrunde liegen, als ein bloßes technisches Mit-tel zur Gewährleistung oder Verbesserung des Empfangs der ursprünglichen Sendung in ihrem Sendebereich -
und nicht als Wiedergabe der Sendung -
an-zusehen sein, da die Empfänger sich im Sendegebiet aufhalten und das ausge-strahlte Werk dort auch drahtlos empfangen können.
Soweit
die gesendeten 19
20
-
10
-
Werke an
die Besitzer von Empfangsgeräten übertragen werden, die die [X.] allein oder im privaten bzw. familiären Kreis empfangen, erscheint es [X.] hinaus deshalb fraglich, ob
eine derartige Kabelweitersendung die Vor-aussetzungen einer öffentlichen Wiedergabe
erfüllt, weil die Werke möglicher-weise
nicht
für ein neues Publikum im Sinne der Rechtsprechung des [X.] wiedergegeben werden. Nach einer früher verbreiteten Ansicht greift die Kabelweiterleitung der drahtlos ausgestrahlten Sendung eines Sendeunter-nehmens
innerhalb seines
Versorgungsbereichs nicht in das Senderecht ein (vgl. zum Streitstand v.
[X.] in Schricker/Loewenheim, [X.], 4. Aufl., §
20 [X.] Rn.

32 ff.).
c) Nach Auffassung des Senats ist es für den Tatbestand der öffentlichen Wiedergabe ohne Belang, ob die Kabelweiterübertragung einer Rundfunksen-dung im Versorgungsbereich des ursprünglichen Sendeunternehmens stattfin-det (vgl. [X.], Urteil vom 4.
Juni 1987 -
I [X.], [X.], 206, 209 -
Kabelfernsehen II; Urteil vom 17.
Februar 2000 -
I [X.], [X.], 699, 700 f. -
Kabelweitersendung). Wird
ein
durch Rundfunk gesendetes Werk von einem anderen als dem ursprünglichen Sendeunternehmen zu Erwerbs-zwecken über Kabel weiterübertragen,
liegt darin
nach Ansicht des Senats vielmehr auch dann eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs.
1 der Richtlinie 2001/29/[X.], wenn die ursprüngliche Sendung im Sendegebiet auch drahtlos empfangen werden kann und das Werk an die Besitzer von Empfangs-geräten weiterübertragen wird, die die Sendung allein oder im privaten bzw. familiären Kreis empfangen.
Die Urheber von Werken der Literatur und Kunst genießen nach Art.
11bis
Abs.
1 Nr.
2 [X.] das ausschließliche Recht, jede öffentliche Wiedergabe des durch Rundfunk gesendeten Werks mit oder ohne Draht zu erlauben, wenn [X.] Wiedergabe von einem anderen als dem ursprünglichen Sendeunternehmen vorgenommen wird
(vgl. [X.], [X.], 225 Rn.
40 -
SGAE/[X.]). Der 21
22
-
11
-
Begriff der öffentlichen Wiedergabe soll nach Erwägungsgrund 23 der Richtlinie 2001/29/[X.] in einem weiten Sinne verstanden werden. Ein solches Verständnis ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs unerlässlich, um das Hauptziel der Richtlinie 2001/29/[X.] zu erreichen, das gemäß den Erwägungsgründen
9 und
10 dieser
Richtlinie darin besteht, ein hohes Schutzniveau für die Urheber und die Leistungsschutzberechtigten zu erreichen und diesen damit zu ermögli-chen, unter anderem bei einer öffentlichen Wiedergabe eine angemessene Vergütung für die Nutzung ihrer Werke zu erhalten
(vgl. [X.], [X.], 225 Rn.
36 -
SGAE/[X.]).
Die Voraussetzungen einer öffentlichen Wiederga-be sollten daher bereits dann erfüllt sein, wenn ein durch Rundfunk ausgestrahl-tes
Werk von einem anderen als dem ursprünglichen Sendeunternehmen zu Erwerbszwecken über Kabel weitergesendet
wird.
Bornkamm
Richter am [X.] Pokrant
Schaffert

ist in Urlaub und kann da-

her nicht unterschreiben.

Bornkamm

Kirchhoff
Koch

Vorinstanzen:
LG [X.], Entscheidung vom 07.10.2008 -
16 O 1188/06 -

KG [X.], Entscheidung vom 25.01.2010 -
24 U 16/09 -

Meta

I ZR 44/10

16.08.2012

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.08.2012, Az. I ZR 44/10 (REWIS RS 2012, 3874)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3874

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137 C 498/20 (Amtsgericht Köln)


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I ZR 44/10

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