Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2005, Az. III ZR 37/05

III. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1251

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Entscheidungstext


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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 20. Oktober 2005 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] §§ 145, 611 Abs. 1, § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., § 818 Abs. 3; [X.] § 15 Abs. 1 Satz 1

a) Zum Rückforderungsanspruch eines Telefonanschlussinhabers gegen einen [X.] wegen unter Vorbehalt gezahlten Entgelts für die Herstellung einer Verbindung zu einem Mehr-wertdienst (Fortführung des [X.] vom 28. Juli 2005 - [X.] - [X.], 597 ff).
b) Hat der Bereicherungsgläubiger seine Leistung unter Vorbehalt erbracht, kann sich der [X.] nicht auf den Wegfall der Berei-cherung berufen, wenn er dem Vorbehalt nicht widersprochen hat ([X.], Urteil vom 8. Juni 1988 - [X.] - [X.], 1494, 1496).
[X.], Urteil vom 20. Oktober 2005 - [X.] - [X.] [X.] - 2 -

[X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter [X.] und die Richter [X.], Dr. [X.], [X.] und [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 8. Februar 2005 aufgehoben.

Die Berufung der [X.] gegen das Urteil des Amtsgerichts [X.] vom 26. März 2004 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen. Von Rechts wegen

Tatbestand

Der Kläger ist Inhaber eines Telefonanschlusses der [X.]. Die Beklagte stellt als sogenannter Verbindungsnetzbetreiber Verbin-dungen aus [X.] in andere Telekommunikationsnetze her. Unter anderem leitet sie über eine von ihr betriebene Diensteplattform aus dem Netz der [X.] und anderer Telekommunikationsunternehmen kom-mende Anrufe bzw. Interneteinwahlen an die Betreiber von [X.] weiter. 1 - 3 -

- 4 -

Die [X.] stellte dem Kläger 1.427,21 • nebst anteiliger Umsatzsteuer als Forderung der [X.] für die Inanspruchnahme von [X.] über ihr Netz im Februar 2002 in Rechnung. Nach einer [X.] über die Berechtigung dieser Forderung zahlte der Kläger schließlich im Januar 2003 den strittigen Betrag unter Vorbehalt. Er bestreitet, dass die berechneten Verbindungen von seinem [X.] aus [X.] hergestellt worden seien, und fordert die Rückzahlung des geleisteten Betrages. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat sie auf die Berufung der [X.] abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des [X.].

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision hat auch in der Sache Erfolg.

[X.]

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausge-führt, die Klage sei unbegründet, da der Kläger aufgrund des zwischen den Parteien bestehenden Telefondienstvertrags verpflichtet sei, die in Rechnung gestellten Beträge zu zahlen. Der Kläger sei [X.] dafür geblieben, dass sein [X.] nicht in einem von ihm nicht zu vertretenen Umfang genutzt worden sei. Die Beweislast hierfür trage der Kläger, da die Ordnungsmäßigkeit des Abrechnungssystems und des Verbindungsnetzes feststehe und ein - wenn auch um die letzten drei Zielnummern gekürzter - [X.] 4 - 5 -

nachweis vorliege. Der Kläger habe auch nicht beweisen können, dass die Verbindungen durch ein sich heimlich selbst installierendes automatisches An-wahlprogramm (sogenannter Dialer) hergestellt worden seien.

I[X.]

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. [X.]. Die Beklagte ist um die von dem Kläger geleistete Summe ohne rechtli-chen Grund bereichert, da sie keinen Anspruch auf das geltend gemachte Ver-bindungsentgelt hat.

1. Die Beklagte ist Empfängerin der Leistung des [X.], obgleich der Kläger den strittigen Betrag an die [X.] zahlte. Für die [X.], wer Empfänger einer Leistung im bereicherungsrechtlichen Sinn ist, kommt es entscheidend darauf an, welchen Zweck die Beteiligten nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Danach richtet sich die einer Zuwendung gegebene Zweckbestimmung, die wiederum für das Leistungsver-hältnis maßgebend ist, innerhalb dessen der kondiktionsrechtliche Ausgleich zu vollziehen ist (ständige Rechtsprechung z.B.: [X.] 82, 28, 30 m.w.[X.]).

Danach ist die Beklagte aufgrund des der Zahlung vorangegangenen Geschehensablaufs als Leistungsempfängerin anzusehen. Die [X.] machte das Entgelt für die unter Mitwirkung der [X.] zustande ge-kommenen Verbindungen nicht als eigene Forderung geltend, sondern als In-kassostelle für einen Anspruch der [X.]. Dies ergibt sich daraus, dass die 5 6 7 - 6 -

[X.] den betreffenden Betrag in ihrer Rechnung unter der Rubrik "Beträge anderer Anbieter" aufführte und darauf hinwies, dass "[X.] gegen die Entgelte des Anbieters – direkt" an die Beklagte zu richten seien. Dementsprechend verwies sie den Kläger an die Beklagte, nachdem dieser remonstriert hatte. Auch die Beklagte behandelte die hier strittige Sum-me als ihren eigenen Anspruch. Sie überließ die Einforderung des beanspruch-ten Betrags nicht der [X.] AG. Vielmehr machte sie ihn durch die Beauftragung eines Inkassounternehmens und einer Anwaltskanzlei selbst und in eigenem Namen geltend. Dementsprechend führte der Kläger die schriftliche Auseinandersetzung über die Berechtigung des Anspruchs der [X.] mit dieser selbst beziehungsweise mit den von ihr eingeschalteten Per-sonen. Insbesondere erklärte er seine unter den Vorbehalt der Rückforderung gestellte Zahlungsbereitschaft gegenüber den von der [X.] beauftragten Rechtsanwälten. Bei dieser Sachlage ging der erkennbare Wille des [X.] dahin, eine Forderung der [X.] und nicht der [X.] AG zu begleichen, selbst wenn er an das letztgenannte Unternehmen zahlte. Dieses war bloße Zahlstelle der [X.].

2. Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass zwi-schen den Parteien ein Vertrag über die Erbringung von Telefondienstleistun-gen zustande gekommen ist. Die Beklagte hat nicht vorgetragen, dass ihre Mitwirkung am Zustandekommen der berechneten Verbindungen für den [X.] erkennbar war. Wie der Senat in seinem Urteil vom 28. Juli 2005 - [X.] ([X.], 597 ff) bereits entschieden hat, kommt in diesen Fäl-len zwischen dem Inhaber eines Telefonanschlusses, von dem aus ein Mehr-wertdienst angewählt wird, und dem Verbindungsnetz- sowie dem [X.] - 7 -

betreiber kein Vertrag über die Erbringung von [X.]. Im Einzelnen gilt Folgendes:
- 8 -

a) Der Anwahl einer [X.]ummer ist nicht der objektive Er-klärungswert zu entnehmen, dass der Nutzer nicht nur mit dem [X.], sondern auch mit dem [X.] eine (entgeltliche) vertragliche Beziehung begründen will. Dies scheitert bereits daran, dass dieser aus Sicht eines objektiven [X.] bei vernünftiger Betrachtung der bekannten oder erkennbaren Umstände (vgl. hierzu z.B. [X.] 36, 30, 33; [X.], Urteil vom 12. März 1992 - [X.] - NJW 1992, 1446 f; [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 133 Rn. 27) nicht Adressat einer Willenserklärung ist. Dem durchschnittlich verständigen und informierten [X.] und Internetnutzer ist, wovon auch ein objektiver Dritter auszugehen hat, die Leistungskette zwischen dem Teilnehmernetzbetreiber und dem [X.] nicht bekannt, sofern er nicht - etwa im Wege des sogenannten call-by-call-Verfahrens - gezielt einen bestimmten Verbindungsnetzbetreiber auswählt. Ihm ist deshalb nicht bewusst, dass die Verbindung zu dem Mehr-wertdienst auch durch zwischengeschaltete Leistungserbringer hergestellt wird.

Hieran würde sich selbst dann nichts ändern, wenn der durchschnittliche [X.]benutzer mit der Einbeziehung von [X.] in die [X.] rechnete. Auch dann ließe sich der Anwahl des [X.] nicht die Erklärung des Nutzers entnehmen, mit dem Verbindungsnetz- oder Plattformbetreiber einen Vertrag über die Herstellung einer Telekommunikationsverbindung schließen zu wollen. Für den [X.]-nutzer stellen sich, wie für einen objektiven [X.] erkennbar ist, diese Betrei-ber als bloße Hilfspersonen dar, deren Leistungen zur Erbringung des Mehr-wertdienstes technisch notwendig sind. Offen bleiben kann, ob sich der [X.] dieser Verbindungsleistungen bedient oder ob der Teil-nehmernetzbetreiber zur Erfüllung seiner Pflichten aus dem [X.] 10 - 9 -

stungsvertrag darauf zurückgreift. In beiden Fällen sind der Verbindungsnetz- und der Plattformbetreiber aus Sicht des Nutzers Erfüllungsgehilfen eines [X.]. Hierfür spricht insbesondere, dass in dem Preis für die Inanspruchnahme des [X.] das Entgelt für die Leistungen des [X.] bereits enthalten ist. [X.] der Kunde gegen-über dem Vertragspartner das Entgelt auch für Leistungen eines [X.], liegt am nächsten der Schluss, dass diese Bestandteil der Pflichten des Vertrags-partners sind und der Dritte dessen Erfüllungsgehilfe ist. Stellt sich im Rahmen einer Leistungsbeziehung ein Beteiligter, hier der Verbindungs- und Plattform-betreiber, aus Sicht einer Partei als Erfüllungsgehilfe des Vertragspartners dar, geht ihr erkennbarer Wille im Zweifelsfall nicht dahin, auch mit dem weiteren Beteiligten einen Vertrag zu schließen.

b) Gegen den Vertragsschluss zwischen dem [X.]nutzer und dem [X.] spricht auch die Interessenlage, die bei der Auslegung von Willenserklärungen zu berücksichtigen ist (z.B.: [X.] 21, 319, 328; 109, 19, 22; [X.], Urteil vom 9. Juli 2001 - [X.] - NJW 2002, 747, 748 m.w.[X.]). Es liefe den erkennbaren Interessen des Nutzers zu-wider, neben den vertraglichen Beziehungen zu dem [X.] und dem Teilnehmernetzbetreiber weitere Vertragsverhältnisse mit dem [X.] und dem Plattformbetreiber zu begründen. Der [X.]inha-ber würde auf diese Weise für ein und dieselbe Leistung den [X.] zusätzlicher Gläubiger ausgesetzt werden, obgleich er insoweit bereits den erstgenannten Vertragspartnern verpflichtet ist. Auch wenn er im Ergebnis nur einmal zu zahlen hat, würden die Rechtsverhältnisse durch die Vermeh-rung der Gläubigerzahl unübersichtlich und wären Streitigkeiten über die Til-gungswirkung von Leistungen und über Einwendungen des Kunden [X.] - 10 -

grammiert. Demgegenüber sind [X.] zur Wahrung ihrer Interessen nicht auf Ansprüche gegenüber dem Endkunden an-gewiesen, da sie die von ihnen erbrachten Leistungen je nach Gestaltung der entsprechenden Verträge gegenüber dem [X.] oder dem Teilnehmernetzbetreiber oder gegenüber beiden geltend machen können.

c) Die Beklagte kann auch aus § 15 Abs. 1 [X.] keinen Anspruch herlei-ten. Nach dieser Bestimmung hat der Teilnehmernetzbetreiber dem Kunden, vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung, auch die Entgelte in Rech-nung zu stellen, die durch die Auswahl anderer Anbieter von [X.] entstehen. Diese Bestimmung begründet keinen Anspruch des Anbie-ters. Sie enthält vielmehr eine Regelung für den Fall, dass eine Entgeltforde-rung entstanden ist (vgl. die Begründung zu § 14 des [X.]-Entwurfs = § 15 [X.], [X.]. 551/97 S. 37). Hieran fehlt es mangels Vertragsschlusses zwischen den Parteien.

3. Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, von ihrer Ver-pflichtung zur Rückzahlung gemäß § 818 Abs. 3 [X.] befreit zu sein, soweit sie die erhaltenen Gelder an den Mehrwertdienstebetreiber abgeführt hat. Es kann insoweit auf sich beruhen, ob dies bereits daran scheitert, dass sie mit der Weiterleitung der Zahlung von einer ihr gegenüber dem Mehrwertdienste-betreiber obliegenden Verpflichtung frei geworden ist und sie deshalb weiterhin in Form der Befreiung von einer Verbindlichkeit bereichert ist. Die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung ist jedenfalls in entsprechender Anwendung des 12 13 - 11 -

§ 820 Abs. 1 Satz 1 [X.] ausgeschlossen, weil der Kläger unter Vorbehalt [X.] hat, ohne dass die Beklagte dem widersprochen hätte (vgl. [X.], Urteil vom 8. Juni 1988 - [X.] - [X.], 1494, 1496 m.w.[X.]).
[X.] [X.] [X.]

[X.] Herrmann Vorinstanzen: AG [X.], Entscheidung vom 26.03.2004 - 51 C 270/03 - [X.], Entscheidung vom 08.02.2005 - 1 S 162/04 -

Meta

III ZR 37/05

20.10.2005

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.10.2005, Az. III ZR 37/05 (REWIS RS 2005, 1251)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1251

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