Bundessozialgericht, Urteil vom 12.06.2013, Az. B 14 AS 73/12 R

14. Senat | REWIS RS 2013, 5125

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Einkommensberücksichtigung - Erbschaft - Insolvenzverfahren - Überweisung der Hälfte der Erbschaft an den Insolvenzverwalter zum Erhalt der Restschuldbefreiung - keine bereiten Mittel - verfassungskonforme Auslegung - Ersatzanspruch wegen sozialwidrigem Verhalten


Tenor

Auf die Revisionen der Kläger werden die Urteile des [X.] vom 6. August 2012 und des [X.] vom 26. März 2012 sowie der Bescheid des Beklagten vom 12. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2011 aufgehoben.

Der Beklagte wird verurteilt, als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts monatlich von August bis Dezember 2011 an die Klägerin zu 1) 132,31 [X.] und den Kläger zu 2) 132,30 [X.] und für Januar 2012 an die Klägerin zu 1) 141,41 [X.] und den Kläger zu 2) 141,40 [X.] zu zahlen.

Der Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in allen drei Instanzen zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Gewährung von Leistungen nach dem [X.] ([X.]) für die [X.] bis [X.].

2

Die im Jahr 1970 geborene, erwerbsfähige Klägerin zu 1, ihre Kinder R (geboren am 5.2.2006) und L (geboren am 10.9.2008) sowie der mit ihnen in einer gemeinsamen Wohnung lebende, im Jahr 1966 geborene, erwerbsfähige Kläger zu 2, mit dem sie seit September 2011 verheiratet ist, bezogen seit Mitte des Jahres 2005 laufend Leistungen nach dem [X.]. Durch Beschluss des Amtsgerichts (AG) [X.] vom 18.1.2007 (513 [X.] 4/07) wurde über das Vermögen der Klägerin zu 1 ein Insolvenzverfahren eröffnet und mit Beschluss vom [X.] die Restschuldbefreiung gemäß § 291 Insolvenzordnung ([X.]) angekündigt. Am 18.11.2010 verstarb der Vater der Klägerin zu 1 und diese wurde Erbin (Erbschein AG [X.] - 132 VI 1/11). Die Klägerin zu 1 teilte der Rechtsvorgängerin des Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagter) mit, dass sie die Erbschaft annehmen wolle, diese aber nach Aussage ihres Treuhänders zur Hälfte in die Insolvenzmasse falle. Für die [X.] vom 1.3. bis zum 31.7.2011 bewilligte der Beklagte den Klägern und den Kindern letztlich Leistungen von monatlich 1389 Euro, die zumindest im Juli 2011 im Voraus gezahlt wurden.

3

Am 15.7.2011 wurden die Konten des [X.] aufgelöst und die Klägerin zu 1 erhielt 15 286,35 Euro, von denen sie die Hälfte (7643,17 Euro) unmittelbar auf ein Konto des gerichtlich bestellten Treuhänders überwies. Im Rahmen ihres [X.] gab die Klägerin zu 1 an, monatlich betrage die Grundmiete für die Wohnung 404 Euro, die Heizkostenvorauszahlung 110 Euro, die übrige Nebenkostenvorauszahlung 165 Euro, die Miete für eine Garage 39,25 Euro, das Einkommen des [X.] zu 2 110 Euro, das Kindergeld 368 Euro, die Beiträge für die [X.], die Hausratversicherung 16,36 Euro, die Haftpflichtversicherung 7,20 Euro. Der Beklagte lehnte Leistungen nach dem [X.] für die Klägerin zu 1 und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen, den Kläger zu 2 und die Kinder, ab, weil die Klägerin zu 1 am 15.7.2011 ein Einkommen von 15 286,35 Euro erhalten habe, das auf sechs Monate aufzuteilen sei und zu einer monatlichen Anrechnung von 2547,73 Euro führe (Bescheid vom 12.8.2011, Widerspruchsbescheid vom 9.11.2011). Ab dem 1.2.2012 haben die Kläger wieder Leistungen nach dem [X.] erhalten, zuvor zahlten sie monatliche Beiträge für ihre Krankenversicherung von 150 Euro.

4

Das Sozialgericht ([X.]) hat die der anwaltlich vertretenen, nur von den Klägern, nicht aber den Kindern erhobene und auf die Bewilligung von Leistungen nach dem [X.] unter Anrechnung nur der Hälfte der Erbschaft als Einkommen gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26.3.2012). Das [X.] (L[X.]) hat ihre Berufung zurückgewiesen (Urteil vom [X.]) und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Kläger hätten keinen Anspruch auf Leistungen nach dem [X.] vom 1.8.2011 bis zum [X.] gehabt, weil sie nicht hilfebedürftig gewesen seien. Obwohl der Erbfall am 18.11.2010 eingetreten sei, seien die 15 286,35 Euro bei der Klägerin zu 1 und den mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen erst mit dem Zufluss am 15.7.2011 als bereite Mittel und damit als Einkommen zu berücksichtigen und auf die folgenden sechs Monate zu verteilen. Es sei der gesamte Betrag zu berücksichtigen und nicht nur die Hälfte, auch wenn die Klägerin zu 1 eine Hälfte an den Treuhänder im Rahmen ihres Insolvenzverfahrens überwiesen habe. Die Klägerin zu 1 habe den gesamten Betrag erlangt und dann erst die eine Hälfte an den Treuhänder überwiesen und damit private Schulden getilgt. Aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge folge, dass diese erst eingreife, wenn die hilfebedürftige Person die ihr zur Verfügung stehenden Mittel verbraucht habe. Aus insolvenzrechtlichen Regelungen folge nichts anderes, zumal die Klägerin zu 1 - insofern unschädlich - die Erbschaft auch habe ausschlagen können. Der Verteilzeitraum folge aus § 11 Abs 3 [X.], der monatliche Bedarf der Kläger und der Kinder habe von August bis Dezember 2011 ausgehend von den jeweiligen [X.] zuzüglich der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung unter Einbeziehung der Garagenmiete und des Krankenversicherungsbeitrags maximal 1954,25 Euro und für Januar 2012 aufgrund der Erhöhung der Regelbedarfe 1992,25 Euro betragen. Dem stehe ein zu berücksichtigendes monatliches Einkommen der Bedarfsgemeinschaft von 2880,72 Euro gegenüber.

5

Mit ihren - vom L[X.] zugelassenen - Revisionen rügen die Kläger die Verletzung des § 11 Abs 1 Satz 1 [X.]. Die von der Klägerin zu 1 aufgrund ihrer Obliegenheit nach § 295 Abs 1 [X.] [X.] an den Treuhänder überwiesene eine Hälfte des Erbteils stelle kein Einkommen dar, das als bereite Mittel der Bedarfsgemeinschaft zur Verfügung gestanden habe und deshalb die Hilfebedürftigkeit in der umstrittenen [X.] gänzlich entfallen lasse. Nach § 287 [X.] habe die Klägerin eine Pflicht zur privaten Schuldentilgung, die das L[X.] nicht ausreichend berücksichtigt habe. Sowohl Treuhänder als auch Beklagter hätten auf die Verpflichtung zum - jeweiligen - Einsatz der Erbschaft hingewiesen.

6

Die Kläger beantragen
die Urteile des [X.]s Nordrhein-Westfalen vom 6. August 2012 und des Sozialgerichts [X.] vom 26. März 2012 sowie den Bescheid des Beklagten vom 12. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. November 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihnen für die [X.] vom 1. August 2011 bis zum 31. Januar 2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] unter Berücksichtigung nur der Hälfte des Erbes als Einkommen zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Auf die zulässigen Revisionen der Kläger sind die Urteile des [X.] vom [X.] und des [X.] vom 26.3.2012 sowie der Bescheid des Beklagten vom 12.8.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9.11.2011 aufzuheben und ist der Beklagte zu verurteilen, als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts monatlich von August bis Dezember 2011 an die Klägerin zu 1 132,31 [X.] und den Kläger zu 2 132,30 [X.] und für Januar 2012 an die Klägerin zu 1 141,41 [X.] und den Kläger zu 2 141,40 [X.] zu zahlen.

9

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind neben der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidungen und der Bescheide des Beklagten die Begehren der Klägerin zu 1 und des [X.] zu 2, den Beklagten zur Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] an sie vom 1.8.2011 bis zum [X.] zu verurteilen. Leistungen für die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder R und L sind von Anfang an nicht Gegenstand des Gerichtsverfahrens gewesen, wie bereits die Klage der damals schon anwaltlich vertretenen Kläger zeigt.

2. Rechtsgrundlage für den von den Klägern geltend gemachten und von dem Beklagten sowie von [X.] und L[X.] verneinten Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] sind § 19 Abs 1 iVm § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] in der für die strittige [X.] geltenden Bekanntmachung der Neufassung vom 13.5.2011 ([X.]), denn für Rechtsstreitigkeiten über schon abgeschlossene Bewilligungsabschnitte ist das zum damaligen [X.]punkt geltende Recht anzuwenden.

Die Grundvoraussetzungen bestimmtes Alter, Erwerbsfähigkeit, gewöhnlicher Aufenthalt in [X.], um die genannten Leistungen zu erhalten, nach § 7 Abs 1 Satz 1 [X.] erfüllten die Kläger, es lag auch kein Ausschlusstatbestand vor (vgl § 7 Abs 1 Satz 2, Abs 4, 5 [X.]), wie es sich aus den nicht umstrittenen Feststellungen des L[X.] ergibt. Entgegen der Beurteilung des L[X.] waren die Kläger in der strittigen [X.] auch hilfebedürftig und hatten die oben zugesprochenen Ansprüche gegen den Beklagten.

Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebende Partnerin oder lebenden Partner zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 [X.] außer Betracht 9 Abs 1, 2 Satz 1 bis 3 [X.]).

Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2, die in der strittigen [X.] zunächst als Partner zusammenlebten und dann im September 2011 heirateten, bildeten zusammen mit den Kindern R und L eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs 3 [X.]).

Die monatlichen Ansprüche der Klägerin zu 1 von 132,31 [X.] und des [X.] zu 2 von 132,30 [X.] für die Monate August bis Dezember 2011 folgen aus einem Bedarf der Klägerin zu 1 von 507,57 [X.] und des [X.] zu 2 von 507,56 [X.] (dazu 3.) und einem jeweils auf den Bedarf anzurechnenden Einkommen von (nur) 375,26 [X.] (dazu 4.).

3. Der Bedarf belief sich in den Monaten August bis Dezember 2011 für die Klägerin zu 1 auf 507,57 [X.] und für den Kläger zu 2 auf 507,56 [X.] und setzt sich aus dem Regelbedarf von 328 [X.] (§ 20 Abs 4 [X.]) und den Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung der Klägerin zu 1 von 179,57 [X.] und des [X.] zu 2 von 179,56 [X.] (§ 22 Abs 1 [X.]) zusammen.

Die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung ergeben sich aus den tatsächlichen, nach den von keinem Beteiligten gerügten Feststellungen des L[X.] angemessenen Aufwendungen für die Wohnung der Kläger von monatlich (Grundmiete 404 [X.] + Heizkostenvorauszahlung 110 [X.] + Nebenkostenvorauszahlung 165 [X.] + Garagenmiete 39,25 [X.] =) 718,25 [X.], aufgeteilt auf die vier Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft sind es für drei Personen 179,56 [X.] und für eine 179,57 [X.]. Die Miete für die Garage ist als Teil der Aufwendungen für die Unterkunft zu berücksichtigen, weil nach dem Mietvertrag der Kläger mit der Anmietung der Wohnung die Anmietung der Garage zwingend verbunden ist (vgl B[X.] vom 7.11.2006 - B 7b [X.]/06 R - B[X.]E 97, 231 = [X.]-4200 § 22 [X.], Rd[X.]8).

Die Voraussetzungen für weitere Bedarfe der Kläger, insbesondere nach § 21 [X.], sind vom L[X.] nicht festgestellt und von keinem Beteiligten sind insofern [X.] erhoben worden. Die Beiträge für die Krankenversicherung sind nicht als Bedarf nach § 26 [X.] zu berücksichtigen.

4. Als Einkommen sind auf diesen Bedarf der Kläger in den Monaten August bis Dezember 2011 jeweils nur 375,26 [X.] zu berücksichtigen; zu berücksichtigendes Vermögen (vgl § 12 [X.]) ist keins vorhanden.

Das zu berücksichtigende Einkommen errechnet sich ausgehend von dem Erbe der Klägerin zu 1 (dazu a) und dem Erwerbseinkommen des [X.] zu 2 (dazu b) - unter Berücksichtigung der vorzunehmenden Absetzbeträgen - sowie der Verteilung des Einkommens innerhalb der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs 2 [X.] (dazu c).

a) Von dem Erbe der Klägerin zu 1 sind, da nur von der verbliebenen Hälfte auszugehen ist, insgesamt nur 1053,86 [X.] pro Monat als Einkommen zu berücksichtigen.

(1) Das L[X.] ist ebenso wie die Beteiligten zu Recht davon ausgegangen, dass das Erbe der Klägerin zu 1 aufgrund des Todes ihres [X.] am 18.11.2010 als Einkommen nach § 11 Abs 1 [X.] zu berücksichtigen ist, weil sie seit Mitte des Jahres 2005 bis Ende Juli 2011 und damit auch zu diesem [X.]punkt im Leistungsbezug nach dem [X.] stand (stRspr des Bundessozialgerichts vgl nur Urteil vom [X.] [X.]1/11 R - [X.]-4200 § 11 [X.] RdNr 19 f mwN). Ebenfalls zutreffend ist die Beurteilung des L[X.], dass dieses Erbe erst mit der Auskehrung des Auseinandersetzungsguthabens in Höhe von 15 286,35 [X.] am 15.7.2011 als bereite Mittel zur Verfügung stand und damit erst ab diesem [X.]punkt als Einkommen berücksichtigt werden kann (B[X.] aaO Rd[X.]2 f).

(2) Nicht gefolgt werden kann jedoch den Vorinstanzen und dem Beklagten, soweit das gesamte Erbe von 15 286,35 [X.] als Einkommen berücksichtigt und auf die folgenden sechs Monate von August 2011 bis Januar 2012 verteilt wurde. Vielmehr ist entsprechend dem Begehren der Kläger nur die Hälfte des Erbes zu berücksichtigen.

Ob für eine volle Berücksichtigung des Erbes im Rahmen des [X.] als Einkommen - wie das L[X.] durchaus überzeugend ausgeführt hat - die Subsidiarität der staatlichen Fürsorge gegenüber der Obliegenheit des Schuldners zur Tilgung von privaten Schulden im Rahmen des Insolvenzrechts und zB aus dessen § 295 Abs 1 [X.] [X.] spricht (so auch Urteil des Senats vom 16.10.2012 - [X.] [X.]/11 R), kann dahinstehen.

Entscheidend ist vielmehr, dass der Klägerin zu 1 als bereite Mittel zu Beginn des maßgeblichen Bewilligungsabschnitts am 1.8.2011 nur noch 7643,18 [X.] zur Verfügung standen, weil sie nach den nicht bestrittenen Feststellungen des L[X.] unmittelbar, nachdem sie den Gesamtbetrag von 15 286,35 [X.] erhalten hat, davon 7643,17 [X.] an den Treuhänder aufgrund ihres Insolvenzverfahrens überwiesen hat. Die Berücksichtigung einer Einnahme als Einkommen setzt voraus, dass das zugeflossene Einkommen als "bereites Mittel" geeignet ist, den konkreten Bedarf im jeweiligen Monat zu decken. Dies gilt auch bei Berücksichtigung einer einmaligen Einnahme über einen [X.] hinweg. Zwar muss der Hilfebedürftige sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen (B[X.] Urteil vom 19.9.2008 - [X.]/7b [X.]/07 R - [X.]-4200 § 11 [X.] Rd[X.]5). Dementsprechend ist er bei Zufluss einer einmaligen Einnahme gehalten, das Geld nicht zur Schuldendeckung zu verwenden, sondern über den [X.] hinweg zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen. Wenn die einmalige Einnahme, deren Berücksichtigung als Einkommen in Rede steht, tatsächlich aber nicht (mehr) uneingeschränkt zur Verfügung steht, ist ein Leistungsanspruch nicht ausgeschlossen. Die Verweigerung existenzsichernder Leistungen aufgrund einer unwiderleglichen Annahme, dass die Hilfebedürftigkeit bei bestimmtem wirtschaftlichen Verhalten - hier dem Verbrauch der einmaligen Einnahme in bestimmten monatlichen Teilbeträgen - (teilweise) abzuwenden gewesen wäre, ist mit Art 1 Grundgesetz (GG) iVm Art 20 GG nicht vereinbar (vgl zuletzt nur B[X.] Urteil vom 29.11.2012 - [X.] [X.]/12 R - vorgesehen für B[X.]E und [X.]-4200 § 11 [X.], RdNr 13 f für eine Steuerrückerstattung, die die Kläger zur Schuldentilgung verwandt hatten).

In dieser Entscheidung (B[X.] aaO RdNr 17) wird auch darauf hingewiesen, dass ein solches Verhalten einen Ersatzanspruch nach § 34 [X.] auslösen kann, wobei jedoch die Kenntnisse der leistungsberechtigten Person, das Verhalten des Beklagten usw, vorliegend wohl auch das des Treuhänders, der nach Angaben der Klägerin zu 1 "mit Vehemenz" die Hälfte der Erbschaft verlangte, zu beachten sind.

(3) Die Verteilung dieses, am 15.7.2011 und nach der Zahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für diesen Monat zugeflossenen Einkommens von 7643,18 [X.] auf die folgenden sechs Monate nach § 11 Abs 2 [X.], weil der Leistungsanspruch für zumindest einen Monat entfiele, führt zu einem Monatsbetrag von 1273,86 [X.].

(4) [X.] von diesem zu berücksichtigenden monatlichen Einkommen der Klägerin zu 1 sind noch Beiträge für Versicherungen, die gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind (§ 11b Abs 1 Satz 1 Nr 3 [X.]), insgesamt 220 [X.] aufgrund der [X.] von 30 [X.] (§ 6 Abs 1 [X.]/[X.]), der in ihr nicht enthaltenen Kfz-Haftpflichtversicherung von 40 [X.] sowie der aufgrund des durch die Leistungsablehnung des Beklagten andernfalls fehlenden [X.] notwendigen Krankenversicherungsbeitrag von 150 [X.].

b) Von dem Erwerbseinkommen des [X.] zu 2 von 110 [X.] im Monat sind nach Abzug des [X.] nach § 11b Abs 2 Satz 1 [X.] von 100 [X.] sowie eines weiteren Betrages nach § 11b Abs 3 Satz 1 [X.] von 2 [X.] nur 8 [X.] zu berücksichtigen.

c) Die Verteilung dieses dem Bedarf gegenüberzustellenden Einkommens von (1053,86 + 8 =) 1061,86 [X.] auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nach § 9 Abs 2 [X.] führt zu dem bei den Klägern jeweils pro Monat zu berücksichtigenden Betrag von 375,26 [X.].

Der Bedarf in den Monaten August bis Dezember 2011 beträgt, wie festgestellt, für die Klägerin zu 1 auf 507,57 [X.] und für den Kläger zu 2 auf 507,56 [X.]. Der Bedarf der Kinder R und L errechnet sich ausgehend von einem Regelbedarf von 215 [X.] (§ 23 Nr 1 [X.]) zuzüglich der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung von 179,56 [X.] mit 394,56 [X.]. Davon ist das für sie gezahlte Kindergeld abzuziehen, weil dieses als ihr Einkommen gilt 11 Abs 1 Satz 4, 3 [X.]) und nur das Einkommen der Eltern bzw deren Partner beim Bedarf der Kinder nach § 9 Abs 2 Satz 2, 3 zu berücksichtigen ist und nicht umgekehrt, sodass sich ein verbleibender Bedarf von R und L von jeweils 210,56 [X.] ergibt. Diese Bedarfe sind in Relation zum Gesamtbedarf von 1436,25 [X.] zu setzen, und das innerhalb der Bedarfsgemeinschaft zu verteilende Einkommen ist nach diesen Prozentsätzen den einzelnen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft zuzuordnen (für die Klägerin zu 1 und den Kläger zu 2 ausgehend von 35,43 % jeweils 375, 26 [X.], für R und L ausgehend von 14,66 % jeweils 155,67 [X.].

5. Für Januar 2012 ergibt sich aufgrund der Erhöhung der Regelbedarfe zum 1.1.2012 durch die [X.] vom 17.10.2011 ([X.]) und einer entsprechenden Berechnung für die Klägerin zu 1 ein Anspruch von 141,41 [X.] und für den Kläger zu 2 von 141,40 [X.].

6. [X.] beruht auf §§ 183, 193 [X.]G und berücksichtigt, dass die Kläger von Anfang an mit der Anrechnung der Hälfte des Erbes als Einkommen einverstanden waren.

Meta

B 14 AS 73/12 R

12.06.2013

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Düsseldorf, 26. März 2012, Az: S 29 AS 4510/11, Urteil

§ 11 Abs 1 S 1 SGB 2, § 34 Abs 1 S 1 SGB 2, § 295 Abs 1 Nr 2 InsO, Art 1 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 12.06.2013, Az. B 14 AS 73/12 R (REWIS RS 2013, 5125)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5125

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