Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.02.2003, Az. II ZR 322/00

II. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 4242

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] DES VOLKESURTEILII [X.]/00Verkündet am:24. Februar 2003BoppelJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: jaZPO a.F. §§ 139, 278 Abs. 3Die Aufklärungs- und Hinweispflicht des Gerichts gebietet es, die Parteien [X.] zwischen ihrem schriftsätzlichen Vortrag und den dazu einge-reichten Unterlagen hinzuweisen und ihnen Gelegenheit zu deren [X.] geben.[X.], Urteil vom 24. Februar 2003 - II [X.]/00 -OLG [X.] [X.] [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 24. Februar 2003 durch den Vorsitzenden RichterDr. h.c. Röhricht und [X.], [X.], [X.]. [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 24. Zivilsenatsdes Oberlandesgerichts [X.], Zivilsenate in [X.], [X.] September 2000 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von(noch) 128.900,00 [X.] in Anspruch, weil der Beklagte ihr [X.] für [X.] nicht herausgegeben hat.Die Parteien, die seinerzeit beide Araberpferde züchteten, hatten 1986eine Deckgemeinschaft vereinbart und den Araberhengst [X.] gepachtet. [X.] ließ ihre Stuten von dem bei dem Beklagten untergestellten Hengstdecken. Der Beklagte erstellte die zum Abstammungsnachweis bei Pferden er-forderlichen [X.], händigte sie jedoch der Klägerin nicht aus.Da die Klägerin später in Zahlungsschwierigkeiten geriet, wurden [X.] [X.] und [X.], die von den von [X.] gedeckten Stuten Ra. undRah. abstammten, von einem Gläubiger der Klägerin gepfändet und zur [X.] gebracht. Die Klägerin behauptet, die Pferde hätten nur wegen derfehlenden [X.] lediglich 3.100,00 [X.] ([X.]) und 3.000,00 [X.]([X.]) erbracht. Der tatsächliche Wert der Tiere als Zuchtpferde habe50.000,00 [X.] ([X.]) und 85.000,00 [X.] ([X.]) betragen.Die Klage blieb in beiden Vorinstanzen ohne Erfolg. Mit ihrer [X.] die Klägerin ihr in der Berufung um den erzielten [X.] weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und [X.] an das Berufungsgericht.[X.] 1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Klägerin habe eine Ver-pflichtung des Beklagten zur Herausgabe der [X.] nicht schlüssig [X.]. Selbst wenn eine solche Verpflichtung bestanden hätte, könnte der- ohnehin nicht mehr feststellbare - Schaden der Klägerin nicht auf einen demBeklagten zurechenbaren Verzug der Herausgabe zurückgeführt werden, son-dern beruhe auf einer ihm nicht zuzurechnenden eigenen Unterlassung derKlägerin. Diese habe sich der Bewertung der Pferde [X.] und [X.] durch- 4 -den Gerichtsvollzieher mit 3.100,00 [X.] und 3.000,00 [X.] weder mit einem [X.] auf Verwertungsaufschub noch mit einer Erinnerung nach § 766 ZPO wi-dersetzt. Ihr nach Schluß der mündlichen Berufungsverhandlung eingereichternicht nachgelassener Schriftsatz vom 19. Juli 2000, mit dem sie unter [X.] den schon in erster Instanz vorgelegten Beschluß des Amtsgerichts L.vom 30. August 1990 behaupte, eine Bewertungsrüge erhoben zu haben, gebezu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung keine Veranlassung.Das Amtsgericht habe in jenem Beschluß angeordnet, daß die gepfändetenTiere durch den Sachverständigen Dr. [X.] im Versteigerungstermin [X.] geschätzt werden sollten. Da die Versteigerung der Pferde[X.] und [X.] aber unstreitig schon am 6. Juli 1990 stattgefunden habe,habe sich die der Anordnung des Amtsgerichts zugrundeliegende Bewertungs-rüge der Klägerin vom 29. August 1990 nicht gegen die Bewertung dieser bei-den Tiere richten können. Wäre es der Klägerin bei der Versteigerung vom6. Juli 1990 auf die höhere Taxierung der Tiere anhand der [X.] [X.], so hätte, da Durchschriften der [X.] beim [X.] des [X.] aufbewahrt würden, nichts näher gelegen,als den Gerichtsvollzieher vor dem Versteigerungstermin auf eine höhere Be-wertung und einen möglichen höheren [X.] auf Grund der[X.] hinzuweisen und im Falle der Ablehnung einer [X.] einzulegen. Im übrigen sei mit Rücksicht auf die für Ersteigerermaßgeblichen Unwägbarkeiten der Werteinschätzung nicht feststellbar, ob [X.] bei Vorliegen der [X.] einen höheren Erlös erzielt hätten, zumalder damalige Allgemeinzustand beider Tiere mangels geeigneter Anknüpfungs-tatsachen einer Bewertung durch das Gutachten eines Sachverständigen nachzehn Jahren nicht mehr zugänglich sei.- 5 -2. Das hält revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. Das Berufungsge-richt hat verkannt, daß sich die Verpflichtung des Beklagten zur Herausgabeder [X.] als Nebenpflicht aus der von den Parteien im Rahmen ihrerDeckgemeinschaft vereinbarten Deckung der Stuten der Beklagten durch dengepachteten Hengst [X.] ergab, und ist verfahrensfehlerhaft zu der [X.], ein etwaiger, inzwischen ohnehin nicht mehr feststellbarer Schaden derKlägerin sei durch deren eigenes Verhalten, nicht durch die Vorenthaltung der[X.] verursacht worden.I[X.] 1. Wie zwischen den Parteien nicht streitig ist und sich auch aus [X.] Beklagten zur Akte gereichten [X.] des [X.] [X.] ergibt, hat der Hengsthalter den Deck-schein nach der letzten Bedeckung dem Stutenbesitzer auszuhändigen. Dies istangesichts von Sinn und Zweck des [X.] eine sich aus dem Deckver-trag ohne weiteres ergebende selbstverständliche Nebenpflicht. Der Deck-schein dient dem Nachweis, daß die darin genannte Stute von dem darinebenfalls bezeichneten Zuchthengst gedeckt wurde. Er ist deshalb die [X.] eines aus dem Deckvorgang hervorgegan-genen Fohlens, wie die Abstammungsnachweise für die Pferde [X.] und[X.] (Anlagen [X.], [X.]) zeigen. Da regelmäßig nur der Stutenbesitzer, nichtaber der Hengsthalter ein Interesse daran hat, die reinrassige Herkunft einesFohlens dokumentieren zu können, liegt es auf der Hand, daß der Hengsthalter,nachdem er den Deckvorgang veranlaßt, die Daten der Decksprünge in eineDeckliste eingetragen und den [X.] ausgefüllt hat, letzteren dem [X.] aushändigen muß.Im vorliegenden Fall gilt entgegen der Auffassung des [X.] anderes. Die Klägerin mag zwar gemeinsam mit dem Beklagten Halterin- 6 -des Hengstes [X.] gewesen sein und von daher auch ihrerseits die Berechti-gung zur Ausstellung der [X.] gehabt haben. Tatsächlich war sie [X.] nicht in der Lage. Sie hat unwidersprochen vorgetragen, daß es für [X.] Zuchthengst nur einen Deckblock des [X.] gebe und der für[X.] sich bei dem Beklagten befunden habe, der ihr weder Einblick in die Deckli-ste gewährt noch sonst Kenntnis von den in die [X.] einzutragendenDaten der einzelnen Deckakte gegeben habe. Unter diesen Umständen war [X.], wie die Revision mit Recht geltend macht, der Klägerin in gleicherWeise wie [X.] gegenüber, die ihre Stuten von dem Hengst [X.] decken lie-ßen, zur Aushändigung der [X.] verpflichtet.2. Der Auffassung des Berufungsgerichts, nicht das Fehlen der Deck-scheine, sondern das Verhalten der Klägerin sei ursächlich dafür, daß die Pfer-de [X.] und [X.] möglicherweise unter ihrem - inzwischen gar nicht [X.] - Wert versteigert worden seien, liegen Verfahrensfehler [X.]. Die Revision rügt mit Recht, daß das Berufungsgericht der ihm gemäߧ§ 139, 278 Abs. 3 ZPO a.F. obliegenden Aufklärungs- und Hinweispflicht nichtgenügt und die sich daraus im Zusammenhang mit dem nachgereichten Schrift-satz der Klägerin ergebende Pflicht zur Wiedereröffnung der mündlichen [X.] verletzt hat.a) Auf Grund seiner Aufklärungs- und Hinweispflicht hat das Gericht dieParteien auf Widersprüche in ihrem Vortrag hinzuweisen und ihnen Gelegenheitzu deren Ausräumung zu geben. Dieser Pflicht ist das Berufungsgericht inso-fern nicht nachgekommen, als es ohne weiteres davon ausgegangen ist, [X.] [X.] und [X.] seien am 6. Juli 1990 versteigert [X.] 7 -Die von der Klägerin eingereichte Anlage [X.] stellt keine Bestätigung fürden in ihrem Vortrag genannten Versteigerungstermin 6. Juli 1990 dar, sonderngibt im Gegenteil Anlaß, an der Richtigkeit dieses Datums zu zweifeln. Bei [X.] zwei Seiten bestehenden Anlage handelt es sich entgegen der [X.] Klägerin nämlich nicht um ein Versteigerungsprotokoll vom 6. Juli 1990.Vielmehr ist Seite 1 der Anlage offensichtlich Teil des Vollstreckungsprotokollsvon eben diesem Tage über die bei der Klägerin am 6. Juli 1990 durchgeführtePfändung von Pferden, u.a. der Stute [X.], durch den [X.], während die dazugeheftete Seite 2 zwar aus einem Protokoll über [X.] von Pferden der Klägerin, darunter [X.] und [X.], stammt,aber das Datum der Versteigerung nicht erkennen läßt. Dafür, daß [X.] Versteigerung entgegen dem allgemein üblichen an demselben Tage [X.] haben könnten, fehlt jeder Anhalt. Dem Berufungsvorbringen des [X.] zufolge waren die Pferde lange vor der Versteigerung gepfändet [X.]. Zudem hatte sich die Klägerin mit der Berufungsbegründung für den Zu-stand der Pferde [X.] und [X.] (erneut) ausdrücklich auf das [X.]. [X.] bezogen, der die Tiere auf Grund des Beschlusses des [X.] vom 30. August 1990 vor der Versteigerung vom [X.] begutachtet hatte, was die Behauptung implizierte, sie seien nicht vor [X.] September 1990 versteigert [X.]) [X.] hat eine bereits geschlossene mündliche Verhandlungwiederzueröffnen, wenn sich aus dem neuen Vorbringen einer Partei ergibt,daß die bisherige Verhandlung lückenhaft war und in der letzten mündlichenVerhandlung bei sachgemäßem Vorgehen Veranlassung zur Ausübung desFragerechts bestanden hätte (vgl. [X.].Urt. v. 8. Februar 1999 - [X.]/97,NJW 1999, 2123, 2124 m.w.[X.]; v. 25. Februar 2002 - II ZR 346/00, [X.], 1071). Diese Voraussetzungen lagen vor.- 8 -3. Die Entscheidung erweist sich auch nicht aus anderen Gründen alsrichtig, § 563 ZPO a.F..Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann nicht davon [X.] werden, daß ein Schaden der Klägerin nicht mehr feststellbar ist. [X.] hat das Landgericht über den Zustand der beiden Pferde im Zeitpunktihrer Versteigerung Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H.und M.. Zum anderen steht mit Dr. [X.], der die Tiere nach der [X.] der Klägerin am 1. September 1990 begutachtet hat, ein weiterer - zudemsachverständiger - Zeuge zur Verfügung. Auf der Basis der Zeugenaussagen [X.] mit dem unstreitigen Sachverhalt kann erforderlichenfalls das [X.] eines Sachverständigen zum Verkehrswert der Pferde mit bzw. ohne[X.] im Zeitraum Sommer/Frühherbst 1990 eingeholt werden.Es trifft auch nicht zu, daß ein Schaden selbst dann auf eine dem [X.] nicht zurechenbare Unterlassung der Klägerin zurückzuführen wäre,wie die Revisionserwiderung meint, wenn angenommen wird, daß die Pferdeerst am 1. September 1990 versteigert wurden. Soweit eine [X.] Tiere von Dr. [X.] und dem Gerichtsvollzieher wegen fehlender Deck-scheine abgelehnt worden war, versprach aus der Sicht der Klägerin eine Erin-nerung keine Aussicht auf Erfolg. Sie hatte nämlich angesichts der Haltung [X.], der unstreitig die Herausgabe der [X.] im Hinblick auf an-geblich für Pferde der Klägerin entstandene, allerdings nicht näher [X.] verweigerte, keine Veranlassung zu der Annahme, er habedie [X.] oder jedenfalls deren Durchschriften dem [X.], weil dies den Wert des geltend gemachten Zurückbehaltungsrechtsherabgesetzt hätte.- 9 -II[X.] Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit esnach ergänzender Anhörung der Parteien die noch erforderlichen Feststellun-gen treffen kann, wobei der [X.]at von der Möglichkeit des § 565 Abs. 1 Satz 2ZPO a.F. Gebrauch macht.[X.]

Meta

II ZR 322/00

24.02.2003

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.02.2003, Az. II ZR 322/00 (REWIS RS 2003, 4242)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 4242

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

12 U 87/17 (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht)


VIII ZR 240/18 (Bundesgerichtshof)

Verjährung der Gewährleistungsansprüche des Käufers eines im Rahmen einer Versteigerung verkauften Pferdes: Berücksichtigung der lebensaltersbedingten …


VIII ZR 240/18 (Bundesgerichtshof)


2 U 37/99 (Oberlandesgericht Hamm)


IX ZR 176/15 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.