Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.02.2017, Az. 27 W (pat) 72/14

27. Senat | REWIS RS 2017, 15383

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "art FORUM BERLIN (Wort-Bild-Marke)/art (Werktitel)" – zum Schutz von Werktiteln gegen Verwechslungsgefahr - Warenidentität – zur Kennzeichnungskraft – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr - keine Verwechslungsgefahr durch gedankliche Verbindung – keine Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft des älteren Werktitels


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2012 065 999

hat der 27. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 8. November 2016 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter [X.] und die Richterin Seyfarth

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

wurde am 28. Dezember 2012 angemeldet und am 19. April 2013 unter der Nummer 30 2012 065 999 als Marke in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für die Waren und Dienstleistungen

3

[X.]: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; [X.]; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Drucklettern; Druckstöcke

4

Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten

5

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivität

6

eingetragen. Die Veröffentlichung erfolgte am 24. Mai 2013.

7

Gegen diese Marke hat die Widersprechende am 26. August 2013 aus dem Werktitel „art“ Widerspruch erhoben. Der Widerspruch richtete sich zunächst gegen die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Klassen 16 und 41.

8

Mit Beschluss vom 14. August 2014, zugestellt am 20. August 2014, hat das [X.], Markenstelle für Klasse 41, den Widerspruch zurückgewiesen, da zwischen den Zeichen keine [X.] bestehe (§ 43 Abs. 2 Satz 2, 42 Abs. 2 Nr. 4 [X.]).

9

Zur Begründung wird ausgeführt, es stünden sich teilweise identische, teilweise sehr ähnliche Waren gegenüber, mit denen breite Verkehrskreise angesprochen würden, deren Sorgfalt als gering anzusehen sei. Zugunsten der Widersprechenden sei von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft auszugehen. Den bei dieser Situation erforderlichen deutlichen Abstand halte die angegriffene Marke noch ein. Bei Wort-/Bildmarken messe der Verkehr in der Regel dem Wort eine prägende Bedeutung zu. Die angegriffene Marke werde daher mit „[X.]“ benannt, so dass im Vergleich „[X.]“ und „art“ gegenüber stünden. Aufgrund der unterschiedlichen Wortlänge, Silbenzahl und Betonung seien die Unterschiede sowohl klanglich als auch schriftbildlich auffällig. Es gebe keine Veranlassung, die jüngere Marke auf „art“ zu verkürzen.

Weitere Formen der markenrechtlich relevanten [X.] lägen ebenfalls nicht vor.

Hiergegen richtet sich die am 22. September 2014 (einem Montag) erhobene Beschwerde der Widersprechenden.

Sie beschränkt den Widerspruch zunächst auf die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren/Dienstleistungen „[X.]“ ([X.]) und „Unterhaltung“ (Klasse 41). Im Übrigen nimmt sie den Widerspruch zurück.

Zur Begründung der Beschwerde führt sie aus, es bestehe der Löschungsgrund der [X.] gemäß §§ 5, 12, 15 Abs. 2 [X.] sowie der Löschungsgrund der unlauteren Ausnutzung der Unterscheidungskraft und Wertschätzung eines bekannten [X.] gemäß §§ 5, 12, 15 Abs. 3 [X.].

Sie sei Inhaberin des älteren Werktitelrechts „art“, sowohl für ein Kunstmagazin als auch für ein online-Kunstmagazin. Das Kunstmagazin erscheine unter diesem Titel bereits seit 1979, das [X.] seit 2007. Die Beschwerdeführerin legt Zahlen zu Auflagen, [X.] und Marktanalysen vor.

Die sich gegenüber stehenden Waren und Dienstleistungen seien absolut identisch. „[X.]“ umfassten auch „[X.]“; „Unterhaltung“ umfasse auch „Internetunterhaltung in Form von Kunstportalen“.

Dem Werktitel „art“ komme eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zu. Bei der Unterscheidungskraft von Titeln seien geringere Anforderungen zu stellen als bei Marken. Diese Anforderungen übersteige der Titel „art“ bei weitem. Es handele sich um einen breiten Begriff ohne inhaltliche Präzisierung, um eine griffige fremdsprachige Bezeichnung, die sich von der [X.] Angabe „Kunst“ deutlich abhebe. Daher verfüge „art“ über eine von Haus aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Diese sei durch intensive Benutzung gesteigert worden. Selbst eine originär geringe Kennzeichnungskraft könne zu einer überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft gesteigert werden, wenn aufgrund einer besonders intensiven Benutzung eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit erreicht worden sei.

Die sich gegenüberstehenden Zeichen seien klanglich und visuell hochgradig ähnlich. Die jüngere Marke werde durch „art“ geprägt. Die Worte „art“ und „[X.]“ seien deutlich voneinander abgetrennt, was durch die grafische Ausgestaltung betont werde. „Art“ stehe alleine und hervorgehoben im Fokus, der Verkehr werde daher die Marke mit „art“ wiedergeben. Außerdem erfordere ein Verständnis im Sinne von „[X.]“ mehrere Gedankenschritte, die der Verkehr nicht unternehme. Für eine Verkürzung der jüngeren Marke auf „art“ spreche auch der Umstand, dass der Zusatz „[X.]“ als bloß beschreibender Hinweis wahrgenommen werde. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Verkehr die Zeichen nicht unmittelbar miteinander vergleiche, sondern sich auf sein undeutliches Erinnerungsbild verlassen müsse, wobei Übereinstimmungen stärker ins Gewicht fielen.

Darüber hinaus bestehe auch eine mittelbare [X.] durch gedankliches Inverbindungbringen im Sinne von § 15 Abs. 2 [X.]. Bei Magazinen sei der Verkehr an Varianten oder Zweittitel (sog. Line-Extensions) gewöhnt. Sie, die Widersprechende, sei seit längerer Zeit mit verschiedenen Serienzeichen mit dem Stammbestandteil „art“ auf dem Markt („art kompakt“, „art spezial“, „art Saison“, „art cityguide“). In diese Zeichenserie füge sich die angegriffene Marke ein, so dass der Verkehr davon ausgehen werde, es handele sich um ein weiteres Zeichen der Beschwerdeführerin.

Schließlich werde der bekannte Werktitel „art“ durch die angegriffene Marke ausgenutzt im Sinne von § 15 Abs. 2 [X.]. In der angegriffenen Marke werde „art“ ohne weiteres mit dem älteren Titelrecht der Widersprechenden in Verbindung gebracht. Aufgrund der Bekanntheit von nahezu 100 %, der Benutzung für identische und hochgradig ähnliche Waren und Dienstleistungen sowie der hohen Ähnlichkeit zwischen den Zeichen bestehe kein Zweifel daran, dass sich der Inhaber der angegriffenen Marke in die Sogwirkung des bekannten [X.] begebe. Der Markeninhaber nehme an dem Markterfolg teil, ohne hierfür eine Gegenleistung erbracht zu haben.

Die Beschwerdeführerin hat den Widerspruch in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen, soweit er sich gegen die Dienstleistung der Klasse 41 „Unterhaltung“ richtet und beantragt nunmehr,

den Beschluss des [X.], Markenstelle für Klasse 41, aufzuheben, soweit er sich auf die Ware der Klasse 16: [X.] bezieht, und die Löschung der angegriffenen Marke insoweit anzuordnen.

Der Beschwerdegegner hat sich in dem Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der [X.] des [X.] Bezug genommen.

II.

Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsatz enthält keine neuen Tatsachen, so dass der Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung nicht erforderlich war (§ 156 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der [X.] hat jedoch die Rechtsausführungen der Beschwerdeführerin zur Kenntnis genommen und bei seiner Entscheidung berücksichtigt.

Die nach § 66 [X.] zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg, da zwischen den sich gegenüber stehenden Zeichen weder eine [X.] im Sinne des § 42 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. §§ 12, 5 und 15 Abs. 2 besteht noch ein Fall des 15 Abs. 3 [X.] vorliegt.

Nach § 12 [X.] kann die Eintragung der Marke gelöscht werden, wenn die Beschwerdeführerin aufgrund eines [X.] berechtigt ist, die Benutzung der eingetragenen Marke wegen [X.] zu untersagen (§ 15 Abs. 2 [X.]).

Der Beschwerdeführerin steht an dem Zeitschriftenartikel „art“ ein Werktitelrecht nach § 5 Abs. 3 [X.] zu. Für den Schutz von [X.] gegen [X.] gelten im Grundsatz dieselben Regeln wie für Marken und Unternehmenskennzeichen, wobei an die Stelle der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit die der [X.] tritt ([X.] in [X.]/[X.] [X.], 11. Auflage § 15 [X.]. 72).

Werktitel im Sinne des § 5 Abs. 3 [X.] dienen grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes und damit auf eine bestimmte betriebliche Herkunft zu enthalten. Sie sind daher in der Regel nur gegen die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung im engeren Sinne geschützt ([X.], Urteil vom 28.04.2016, [X.], juris - Kinderstube; [X.], 1265 - Stimmt`s; [X.], 264, 265 f. - Das [X.], m. w. N). Nur im Falle periodisch erscheinender Druckschriften oder Fernsehserien, die über eine hinreichende Bekanntheit verfügen, nimmt die Rechtsprechung an, dass einem Werktitel ein weitergehender Schutz gegen die Gefahr der betrieblichen Herkunftstäuschung zukommt ([X.] a. a. O. – Kinderstube; [X.] a. a. O. - Stimmt`s).

Die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung im Sinne von § 15 Abs. 2 [X.] liegt dann vor, wenn aufgrund der Benutzung des angegriffenen Titels die Gefahr besteht, dass der Verkehr den einen Titel für den anderen hält ([X.], [X.]Z 147, 56, 64 f. - [X.]). Dabei ist die [X.] auf der Grundlage einer Wechselwirkung zwischen [X.] in Betracht kommenden Faktoren zu beurteilen, insbesondere der Kennzeichnungskraft des älteren Titels, der [X.] und der Ähnlichkeit der Titel ([X.] a. a. O. – Stimmt`s). Bei [X.] sind zudem die Marktverhältnisse sowie Charakter, Erscheinungsbild, Gegenstand, Aufmachung, Erscheinungsweise und Vertriebsform der Zeitschrift zu berücksichtigen (vgl. [X.] a. a. O. – Stimmt`s; [X.], 176 = [X.], 89 - Auto Magazin).

Der Widerspruch richtet sich nur noch gegen die von der angegriffenen Marke in [X.] beanspruchten Waren „[X.]“. Gegenstand des [X.], auf den sich der Widerspruch stützt, ist ein Kunstmagazin, sowohl in gedruckter als auch in digitaler Form. Zwischen dem damit bezeichneten Werk und den Waren „[X.]“ besteht Identität.

Mit den [X.] werden Verkehrskreise angesprochen, die sich aus der Allgemeinheit der (kunstinteressierten) Verbraucher und aus Fachkreisen zusammensetzen. Es ist davon auszugehen, dass nicht nur die Fachkreise, sondern auch das mit einem Kunstmagazin der höheren Preisklasse angesprochene allgemeine Publikum den Waren und Dienstleistungen mit leicht erhöhter Aufmerksamkeit begegnet.

Dem Widerspruchszeichen kommt eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.

Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung des Zeichens, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. [X.] [X.] 2010, 228 [X.]. 33 - Vorsprung durch Technik; [X.] [X.] 2017, 75-79 [X.].19 - Wunderbaum). Dabei ist auf die Eigenart der Marke in Klang, Bild und Bedeutung abzustellen ([X.] a. a. O. - Wunderbaum; [X.]/[X.]/[X.], Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 14 [X.] Rn. 250). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von normaler oder - was dem entspricht - durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Juni 2011 - I ZB 52/09, [X.], 64 Rn. 12 = WRP 2012, 83 - Maalox/[X.]; Beschluss vom 9. Juli 2015 - I ZB 16/14, [X.], 283 Rn. = [X.], 210 - [X.]/[X.] DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE).

Wie die Beschwerdeführerin vorträgt, sind an die Unterscheidungskraft von [X.] nach der Rechtsprechung des [X.] nur geringe Anforderungen zu stellen ([X.] a. a. O. – Stimmt`s; [X.], 70, 72 – Szene). Da der Verkehr seit langem an aus rein beschreibenden Gattungsbegriffen und geographischen Angaben gebildete  Zeitungstitel gewöhnt ist, die in ihrer Zusammenstellung eine Unterscheidung ermöglichen, genügen z. B. Titel wie „[X.]“ oder „[X.]“ diesen Anforderungen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass jede beschreibende Angabe als Werktitel unterscheidungskräftig ist. Denn auch bei [X.] gilt der Grundsatz, dass die Unterscheidungskraft fehlt, wenn sich der Titel nach Wortwahl, Gestaltung und vom Verkehr zugemessener Bedeutung in einer werkbezogenen Inhaltsbeschreibung erschöpft ([X.] a. a. O. – Stimmt`s). Dies ist bei Zeitschriften zu bestimmten Themengebieten in der Regel der Fall.

Der Werktitel „art“ weist darauf hin, dass es sich um ein Kunstmagazin handelt. „Art“ bedeutet sowohl im [X.] als auch im [X.] „Kunst“. Diese Bedeutung ist dem kunstinteressierten Verkehr geläufig, zumal sie im Zusammenhang mit Kunst häufig verwendet wird. So werden zum Beispiel Kunstmessen in [X.] „art Cologne“, „Art [X.]“ oder „Art [X.]“ genannt. Der Beurteilung der Beschwerdeführerin, es handele sich bei „art“ um einen „extrem breiten Begriff ohne inhaltliche Präzisierung“ kann sich der [X.] daher nicht anschließen. Das Argument der Beschwerdeführerin, der Titel weise selbst nicht unmittelbar darauf hin, dass es sich bei dem mit ihm gekennzeichnetem Werk überhaupt um ein Magazin handele, geht ins Leere. Denn es kommt gerade darauf an, wie der Verkehr das Zeichen beurteilt, wenn es ihm im Zusammenhang mit der beanspruchten Ware, hier also mit der Druckschrift, begegnet. Wenn man aber davon ausgeht, dass der Verkehr die Bedeutung des Wortes „art“ versteht, dann ist es offensichtlich, dass sich ein mit „art“ bezeichnetes Magazin für ihn unmittelbar und ohne analysierende Betrachtungsweise als Kunstmagazin darstellt, also eine inhaltsbeschreibende Bedeutung hat. Dass es sich um verschiedene Bereiche der Kunst handeln kann, führt von dieser Bedeutung nicht weg. Auch das Argument der Beschwerdeführerin, man dürfe sprechenden Marken nicht ohne weiteres nur eine geschwächte Kennzeichnungskraft zusprechen, ist deshalb nicht einschlägig. Denn dies gilt nur, wenn es sich um Zeichen handelt, die keine beschreibende Angabe darstellen und sich auch nicht an solche unmittelbar anlehnen, bei denen die unterschwellige Sachaussage also nicht ohne nähere Überlegung erkannt werden kann (vgl. [X.] [X.], 1055, 1059 ([X.]) – airdsl). Dies ist, wie oben dargelegt, hier gerade nicht der Fall. Im Hinblick auf seinen beschreibenden Bedeutungsgehalt kommt dem Titel daher von Haus aus nur eine schwache Kennzeichnungskraft zu. Ein Werktitel, der von Haus aus nur eine schwache Unterscheidungskraft aufweist, wird in der Regel durch intensive Benutzung durchschnittliche Kennzeichnungskraft erhalten ([X.], [X.], 1265 – Stimmt`s). Dies ist vorliegend unbestritten der Fall. Dass darüber hinaus sogar von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft auszugehen ist, kann auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Unterlagen zur Bekanntheit des Titels nicht angenommen werden.

Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft hält die angegriffene Marke den erforderlichen Abstand auch im Identitätsbereich der Druckschriften ein, um eine [X.] ausschließen zu können.

Für den Vergleich von [X.] und Marken ist - wie allgemein im Kennzeichenrecht - der Gesamteindruck der [X.] unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente maßgebend ([X.] [X.], 1083, 1084 - 1,2,3 im Sauseschritt; [X.] [X.] 2013, 833 Rn. 30 - Culinaria/[X.]; [X.], 1040 Rn. 25 - [X.]/pure; [X.], 909 Rn. 13 - Pantogast; [X.], 905 Rn. 12 - [X.]). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können ([X.] [X.], 1042 Rn. 28 f. - [X.] LIFE; [X.] [X.], 64 Rn. 14 - Maalox/[X.]; [X.], 487 Rn. 32 - Metrobus; [X.], 60 Rn. 17 - [X.]). Weiterhin ist nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der Marke dominiert oder prägt ([X.] a. a. O. - [X.] LIFE; [X.] [X.] 2004, 865, 866 - [X.]). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist im Klang, im (Schrift)Bild und im Bedeutungs-(Sinn)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer [X.] reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus ([X.] [X.], 1055 Rn. 26 - airdsl; [X.]Z 139, 340, 347 -Lions; [X.] MarkenR 2008, 393, Rn. 21 - HEITEC).

Vergleicht man die sich gegenüberstehenden Zeichen in ihrer Gesamtheit miteinander, unterscheiden sie sich sowohl schriftbildlich als auch klanglich ausreichend durch die Grafik der angegriffenen Marke sowie durch die darin enthaltenen Wortbestandteile „[X.]“. Eine unmittelbare [X.] wäre nur anzunehmen, wenn man von einer Prägung der angegriffenen Marke durch den gemeinsamen Bestandteil „art“ ausgehen könnte. Es kommt für die Zeichenähnlichkeit also insofern auf die Prägung an, als durch sie der Gesamteindruck der angegriffenen Marke bestimmt wird. Eine Prägung des Gesamteindrucks einer mehrgliedrigen Marke durch einen einzelnen Bestandteil kann nur angenommen werden, wenn davon auszugehen ist, dass die übrigen Markenbestandteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können ([X.] [X.], 60 [X.]. 19 - cocoddrillo), was im Einzelfall konkret festzustellen ist ([X.] [X.] 2011, 824,825 - Kappa).

Von einer schriftbildlichen Prägung einer Wort-/Bildmarke durch ein Wortelement ist nur dann auszugehen, wenn es sich bei dem Bildbestandteil um eine nichtssagende oder geläufige und nicht ins Gewicht f[X.]de Verzierung handelt ([X.] [X.], 1055 (Nr. 27) - airdsl; [X.], 903, 905 - [X.]). Die angegriffene Marke verfügt über eine Grafik, die über das werbeübliche hinausgeht und zum Gesamteindruck des Zeichens deutlich beiträgt. Auch wenn die Wortbestandteile „art“ und „[X.]“ nicht direkt nebeneinander stehen, werden sie durch die Grafik in ihrer räumlichen Anordnung zu einem Gesamtzeichen verbunden, innerhalb dessen beide gleichwertig nebeneinander stehen. Die Grafik hält quasi die Wortbestandteile „art“ und „[X.]“ in einer Weise zusammen, dass „art“ sich nicht  verselbständigt.

Aus diesen Gründen ist auch eine klangliche Prägung des angegriffenen Zeichens durch das Wort „art“ nicht ersichtlich. In klanglicher Hinsicht ist zwar von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr sich bei einer Kombination von Wort und Bild regelmäßig an dem Wortbestandteil orientiert, wenn er kennzeichnungskräftig ist, weil der Wortbestandteil einer solchen Marke die einfachste Möglichkeit der Benennung bietet (vgl. [X.] [X.] 2014, 378, 389 (Nr. 30) - [X.]; [X.], 1158, 1160 - Dorf MÜNSTERLAND). Stellt man auf den Wortbestandteil der angegriffenen Marke „[X.]“ ab, so unterscheiden sich diese durch den Zusatz „[X.]“. Auch wenn der Wortbestandteil „[X.]“ einen beschreibenden Anklang in Bezug auf die Waren der [X.], [X.], beinhaltet, weil er auf den Inhalt der [X.] hinweisen könnte, tritt er im Vergleich zu dem Begriff „art“ nicht in den Hintergrund. Dies wird, wie oben dargestellt, durch die grafische Gestaltung verstärkt. Schließlich ist es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, dass der Gesamteindruck auch durch den Bildbestandteil mitbestimmt wird (vgl. [X.] in [X.]/[X.] [X.], 11. Auflage, § 9 [X.]. 434 ff. m. w. N). Die Begriffe „Art“ und „[X.]“ ergeben einen Gesamtbegriff im Sinne von „[X.]“, der von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres so verstanden werden kann. Der Verkehr hat keine Veranlassung, die Worte „[X.]“ außer Betracht lassen oder vernachlässigen.

Eine unmittelbare [X.] scheidet daher aus.

Es besteht auch keine [X.] unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen Inverbindungbringens gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] 2 [X.].

Bei [X.] setzt die Annahme einer mittelbaren [X.] sowie einer [X.] im weiteren Sinne voraus, dass der Verkehr in dem Titel nicht nur ein auf den Werkinhalt bezogenes Individualisierungszeichen sieht, sondern mit ihm ausnahmsweise zugleich eine bestimmte Herkunftsvorstellung verbindet ([X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 15 [X.]. 74). Dies wird für bekannte Titel regelmäßig erscheinender Druckschriften bejaht ([X.] [X.], 70, 72 – Szene; [X.] 1999, 235, 237 – [X.]), so dass eine mittelbare [X.]  grundsätzlich möglich ist.

Eine mittelbare [X.] unter dem Gesichtspunkt des [X.] greift dann ein, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens ansieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet. Das Vorliegen einer Zeichenserie setzt die Benutzung mehrerer Marken mit einem gemeinsamen Stammbestandteil voraus, damit die angesprochenen Verkehrskreise das gemeinsame Element kennen und mit der Zeichenserie in Verbindung bringen (vgl. [X.] [X.] 2008, 343 [X.]. 64 - [X.]/[X.] [[X.]]; [X.] [X.] 2013, 1239 [X.]. 40 - [X.]/Volks.Inspektion). Das ist hier nicht der Fall.

Der den Zeichen der Widersprechenden gemeinsame Bestandteil „art“ wird zum Beispiel folgendermaßen verwendet:

Abbildung

Abbildung

Abbildung

Auch die von der Beschwerdeführerin genannten Zweittitel „art kompakt“, „art spezial“, „art Saison“, „art cityguide“ sind so gebildet. Das Wort „art“ wird also jeweils in der (auch als Marke geschützten) Form

Bei der gegebenen Sachlage besteht auch keine [X.] im weiteren Sinn. Bei dieser Art von [X.] erkennt der Verkehr zwar die Unterschiede zwischen den Zeichen, geht aber wegen ihrer teilweisen Übereinstimmung von organisatorischen oder wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den [X.] aus (vgl. [X.] [X.] 2013, 833 [X.]. 69 - Culinaria/[X.]; [X.], 171, 175 - [X.]). Eine solche [X.] kann nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden. Es fehlt jedoch an einem derart übereinstimmenden Gesamteindruck bei den gegenüberstehenden Zeichen, dass sich für einen Durchschnittsverbraucher der Eindruck aufdrängen könnte, die Zeichen seien zur Kennzeichnung bestehender Unternehmensverbindungen aufeinander bezogen. Einem solchen Eindruck steht schon die unterschiedliche Zeichenbildung entgegen. Dass ein Zeichen geeignet ist, bloße Assoziationen an ein fremdes Kennzeichen hervorzurufen, reicht hierzu nicht ([X.] a. a. O. - airdsl).

Schließlich besteht auch keine [X.] aufgrund einer selbständig kennzeichnenden Stellung des [X.] „art“. Eine solche wird angenommen, wenn ein mit der älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen des Inhabers der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. [X.], [X.], 1042 [X.]. 31 - [X.] LIFE; [X.] 2010, 933 [X.]. 34 - [X.]; [X.] [X.] 2010, 646 [X.]. 15 - [X.]; [X.] [X.] 2006, 859 - Malteserkreuz). Zwar ist es nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] und des [X.] nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (vgl. [X.] [X.] 2005, 1042 [X.]. 30 - [X.] LIFE; [X.] [X.] 2004, 865, 866 - [X.]). Gegen eine solche selbständig kennzeichnende Stellung spricht jedoch, dass der Verkehr die Wörter „art“ und „[X.]“ aufgrund ihrer klaren Bedeutung als beschreibenden Gesamtbegriff („[X.]“) erkennen wird, und der dem übernommenen Bestandteil [X.] (beschreibende) Bestandteil kein Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen der Inhaberin der jüngeren Marke ist (vgl. [X.] [X.] 2010, 646, 648 (Nr. 17) - [X.]).

Auch für eine Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft gemäß § 15 Abs. 3 [X.] gibt es keine durchgreifenden Anhaltspunkte. Der Bekanntheitsschutz von [X.] folgt im Grundsatz den Regeln des § 14 [X.] (vgl. [X.] in [X.]/[X.] a. a. O.).

Voraussetzung für die Anwendung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 [X.] ist, dass das angegriffene Zeichen überhaupt in relevantem Umfang gedanklich mit der bekannten Marke in Verbindung gebracht wird ([X.] [X.] 2004, 779, 783 - Zwilling/[X.]). Dies ist hier jedoch nicht der Fall, weil die beiderseitigen Zeichen nach Schriftbild und Klang einander unähnlich sind.  Aus diesem Grund kann hier weder eine Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der Klagemarke noch eine Beeinträchtigung ihrer Unterscheidungskraft oder Wertschätzung angenommen werden. Dies gilt auch für ein Erschleichen von Aufmerksamkeit (vgl. [X.] a. a. O. - Zwilling/[X.]; [X.], 875, 877 - [X.]; vgl. weiter [X.] in [X.]/[X.] a. a. O. § 14 Rdn. 171). Zur Begründung von Ansprüchen, die auf § 14 Abs. 2 Nr. 3 [X.] gestützt sind, genügt es nicht, dass ein Zeichen geeignet ist, durch bloße Assoziationen an ein fremdes Kennzeichen Aufmerksamkeit zu erwecken (vgl. dazu auch [X.] [X.] 2003, 973, 975 - [X.]). Ebensowenig reicht dafür der Umstand aus, dass die Wahl des angegriffenen Zeichens nicht zufällig erscheint ([X.] a. a. O. - Zwilling/[X.]). vgl. dazu auch [X.]/[X.] a. a. O. § 14 Rdn. 842).

Es gibt auch keine Anhaltspunkte für eine Ausnutzung der Wertschätzung oder eine Rufausbeutung. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat ihr Zeichen, wie oben dargelegt, hinreichend von dem Werktitel abgegrenzt, so dass allein die Verwendung des beschreibenden Wortes „art“ in ihrer Marke nicht als Verletzungstatbestand i. S. d. § 14 Abs. 2 Nr. 3 [X.] eingestuft werden kann.

Meta

27 W (pat) 72/14

20.02.2017

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.02.2017, Az. 27 W (pat) 72/14 (REWIS RS 2017, 15383)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15383

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