Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.01.2017, Az. XII ZB 305/16

12. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 17637

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Gegenstand

Betreuungssache: Aufhebung des Richtervorbehalts für die Bestellung eines Verhinderungs- oder Ergänzungsbetreuers durch landesrechtliche Rechtsverordnung in Rheinland-Pfalz


Leitsatz

Durch eine auf § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RPflG gestützte landesrechtliche Rechtsverordnung kann der Richtervorbehalt für die Bestellung eines Verhinderungs- oder Ergänzungsbetreuers gemäß § 1899 Abs. 4 BGB aufgehoben werden, soweit dadurch lediglich ein Ausschnitt aus dem Aufgabenbereich des Hauptbetreuers auf einen Verhinderungs- oder Ergänzungsbetreuer übertragen wird, ohne den Gesamtumfang des von der Betreuung erfassten Aufgabenkreises zu erweitern oder zu beschränken.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerden der Betroffenen und der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss der 8. Zivilkammer des [X.] vom 18. Mai 2016 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.

[X.]: 5.000 €

Gründe

I.

1

Für die Betroffene besteht seit 1998 eine rechtliche Betreuung. Zum Betreuer ist ihr Bruder, der Beteiligte zu 2, für die [X.] Vermögenssorge, Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmung sowie Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post im Rahmen der übertragenen [X.] bestellt.

2

Die Betroffene und ihr Bruder sind Vorerben nach ihrer 1998 verstorbenen Mutter. Der Bruder ist als Testamentsvollstrecker eingesetzt und als solcher von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus einem bebauten Grundstück.

3

Durch Beschlüsse vom 3. Juni 2011 und vom 13. September 2012 bestellte die Rechtspflegerin des Amtsgerichts den Beteiligten zu 3 zum Ergänzungsbetreuer unter anderem mit dem Aufgabenkreis "Vereinbarung bezüglich der Kostenübernahme des behindertengerechten Umbaus und der Wärmedämmung am Hausgrundstück (…) im Eigentum der Erbengemeinschaft bestehend aus dem Betreuer und der Betreuten".

4

Durch weiteren Beschluss vom 20. Juni 2015 hat der Rechtspfleger des Amtsgerichts den Aufgabenkreis des Ergänzungsbetreuers erweitert um die "Wahrung der Rechte der Betroffenen als Vorerbin der am 17. Februar 1998 verstorbenen [X.] gegenüber dem von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Testamentsvollstrecker in Person des Betreuers und Mitvorerben". Dagegen hat der Beteiligte zu 2 Beschwerde eingelegt, der das Amtsgericht, wiederum durch den Rechtspfleger, nicht abgeholfen hat. Das [X.] hat den Beschluss und das Verfahren aufgehoben und die Sache zur Entscheidung durch den [X.] an das Amtsgericht zurückverwiesen. Hiergegen richten sich die zugelassenen Rechtsbeschwerden der Betroffenen und ihrer Verfahrenspflegerin.

II.

5

1. Die Rechtsbeschwerden sind auf Grund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (vgl. [X.]sbeschluss vom 25. Mai 2011 - [X.] 283/10 - FamRZ 2011, 1219 Rn. 10 ff. [X.]) und auch im Übrigen zulässig. Insbesondere steht auch der Verfahrenspflegerin ein eigenes Beschwerderecht zu (§ 303 Abs. 3 FamFG).

6

2. Die Rechtsbeschwerden haben auch in der Sache Erfolg. Sie führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das [X.].

7

a) Zur Begründung seiner Entscheidung hat das [X.] in seiner in [X.], 2031 veröffentlichten Entscheidung ausgeführt, der angefochtene Beschluss sowie der Nichtabhilfebeschluss seien vom funktionell unzuständigen Rechtspfleger erlassen worden. Das Amtsgericht habe mit seinem Beschluss vom 20. Juni 2015 nicht nur den Aufgabenbereich des Ergänzungsbetreuers erweitert, sondern insoweit vor allem dem Betreuer gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1796 Abs. 1 BGB die Vertretung entzogen. Zwar habe es die Entziehung der Vertretung nicht ausdrücklich ausgesprochen. Insoweit genüge jedoch die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers für den entsprechenden Aufgabenkreis und ihre Bekanntgabe an den Betreuer. Die Begründung des angefochtenen Beschlusses sei ausdrücklich auf §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1796 Abs. 2 BGB gestützt worden, woraus sich mit hinlänglicher Deutlichkeit ergebe, dass für den konkret bestimmten Aufgabenkreis allein der Ergänzungsbetreuer zuständig sein solle. Weiter sei entscheidend, dass die Entziehung der Vertretungsmacht nach §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1796 Abs. 1 BGB durch eine Einschränkung des [X.]s des bisherigen Betreuers gemäß § 1908 d Abs. 1 Satz 2 BGB geschehe. Verrichtungen nach § 1908 d BGB seien aber ausdrücklich dem [X.] vorbehalten, wenn sie - wie hier - nicht nur eine Betreuung für die Geltendmachung von Rechten des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten gemäß § 1896 Abs. 3 BGB beträfen. Dieser [X.]vorbehalt sei auch nicht durch § 1 der [X.] von Aufgaben auf den Rechtspfleger und den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 15. Mai 2008 aufgehoben worden. Die Entscheidung des [X.] sei mithin gemäß § 8 Abs. 4 [X.] unwirksam und deshalb aufzuheben. Es fehle an einer gesetzlichen Grundlage für ein Rechtsmittelverfahren.

8

b) Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

9

aa) Zutreffend ist das [X.] allerdings von der Zulässigkeit der vom Beteiligten zu 2 im eigenen Namen erhobenen Erstbeschwerde ausgegangen. Zwar hat der [X.] entschieden, dass dem Betreuer gegen die Aufhebung der Betreuung keine Beschwerdebefugnis aus eigenem Recht zusteht. Die Aufhebung der Betreuung als solche greift nämlich nicht in die eigene Rechtssphäre des Betreuers ein, weil die Betreuung nicht in seinem Interesse, sondern ausschließlich im Interesse des Betroffenen angeordnet wird ([X.]sbeschluss vom 4. Dezember 2013 - [X.] 333/13 - FamRZ 2014, 470 Rn. 5). Nichts anderes kann gelten, wenn neben dem Betreuer gemäß § 1899 Abs. 4 BGB ein Verhinderungs- oder Ergänzungsbetreuer bestellt wird.

Als Bruder der Betroffenen war der Beteiligte zu 2 jedoch zugleich Angehöriger im Sinne des § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG, so dass ihm das Recht zur Beschwerde gegen eine von Amts wegen ergangene Entscheidung im Interesse der Betroffenen zustand, sofern er im ersten Rechtszug beteiligt worden war. In seiner Eigenschaft als Betreuer war der Bruder [X.] gemäß § 274 Abs. 1 Nr. 2 FamFG (sog. "Muss-Beteiligter"), soweit sein Aufgabenkreis betroffen ist. Entsprechend ist er vom Amtsgericht auch beteiligt worden. Da das Verfahrensrecht eine Doppelbeteiligung derselben Person in gespaltener Funktion nicht vorsieht, wirkt die Verfahrensbeteiligung als Betreuer zugleich im Sinne einer sog. "Kann-Beteiligung" als Angehöriger gemäß § 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG, ohne dass es insoweit einer gesonderten, weiteren Hinzuziehung bedurfte. Dem steht nicht entgegen, dass es nach der Rechtsprechung des [X.]s bei Vertrauenspersonen, die nach § 274 Abs. 4 Nr. 1 FamFG als "Kann-Beteiligte" hinzugezogen werden können, für die Beschwerdebefugnis im eigenen Namen einer gesonderten Prüfung der Vertrauensbeziehung bedarf (vgl. [X.]sbeschluss vom 4. Dezember 2013 - [X.] 333/13 - FamRZ 2014, 470 Rn. 6). Denn die Angehörigeneigenschaft als Bruder der Betroffenen steht unzweifelhaft fest.

bb) Weiter zutreffend ist das [X.] davon ausgegangen, dass für einen Betreuten trotz des in § 1897 Abs. 1 BGB verankerten Grundsatzes der Einzelbetreuung dann mehrere Betreuer bestellt werden können, wenn die Angelegenheiten des Betreuten hierdurch besser besorgt werden können (§ 1899 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dabei können gemäß § 1899 Abs. 4 BGB mehrere Betreuer auch in der Weise bestellt werden, dass der eine die Angelegenheiten des Betreuten nur zu besorgen hat, soweit der andere verhindert ist (sog. Verhinderungs- oder Ergänzungsbetreuer). Die Verhinderung kann auf tatsächlicher Abwesenheit oder rechtlichen Ausschlusstatbeständen beruhen (Jurgeleit/Jurgeleit Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1899 BGB Rn. 17). Eine Verhinderung aus Rechtsgründen ist unter anderem gegeben, wenn der [X.] von der Vertretung des Betreuten kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, etwa aus Gründen des § 181 BGB oder der §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1795 BGB, oder wenn das Gericht ihm die Vertretungsmacht gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1796 BGB entzieht (Jurgeleit/Jurgeleit Betreuungsrecht 3. Aufl. § 1899 BGB Rn. 18).

Die Bestellung eines Verhinderungs- oder Ergänzungsbetreuers erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften des Betreuungsrechts (MünchKommBGB/[X.] 6. Aufl. § 1899 Rn. 9; [X.] Betreuungsrecht [Stand: 1. Juni 2016] § 1899 Rn. 28) und steht ebenso wie die Bestellung des [X.]s unter den Voraussetzungen des § 1896 Abs. 1 BGB. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] ist auch sie dem [X.] vorbehalten ([X.] Betreuungsrecht [Stand: 1. Juni 2016] § 1899 Rn. 56; HK-BUR/[X.]/[X.] [Stand: November 2012] § 1899 BGB Rn. 84; [X.]/Meyer-Stolte/[X.] 8. Aufl. § 15 Rn. 8 (7)). Geht es wie hier nicht um die erstmalige Bestellung des Ergänzungsbetreuers, sondern um die Erweiterung seines [X.]s (§ 1908 d Abs. 3 BGB), ist auch dies gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] dem [X.] vorbehalten.

cc) Von der Bestellung eines Verhinderungs- oder Ergänzungsbetreuers abzugrenzen ist die Bestellung eines Kontrollbetreuers gemäß § 1896 Abs. 3 BGB. Mit einer [X.] kann im Falle einer wirksam erteilten Vorsorgevollmacht für eine Kontrolle des Bevollmächtigten gesorgt werden, wenn der Vollmachtgeber aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung nicht mehr in der Lage ist, den Bevollmächtigten zu überwachen und gegebenenfalls die Vollmacht zu widerrufen ([X.]sbeschlüsse vom 6. Juli 2016 - [X.] 61/16 - [X.], 1671 Rn. 30 und vom 23. September 2015 - [X.] 624/14 - FamRZ 2015, 2163 Rn. 14 [X.]). Für die Bestellung eines Kontrollbetreuers ist der Rechtspfleger gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 [X.] zuständig, wenn sie nicht zugleich eine Ermächtigung zum Vollmachtwiderruf enthält (vgl. [X.]sbeschluss [X.], 321 = FamRZ 2015, 1702 Rn. 10 ff., 22). Ein solcher Fall der [X.] liegt hier jedoch nicht vor, da es nicht um die Geltendmachung von Rechten der Betroffenen gegenüber einem Bevollmächtigten geht, sondern um die ergänzende Betreuung in Angelegenheiten, in denen der [X.] verhindert ist.

dd) Allerdings sind die Landesregierungen durch § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] ermächtigt worden, die [X.]vorbehalte unter anderem nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 ganz oder teilweise aufzuheben, soweit sie nicht die Entscheidung über die Anordnung einer Betreuung und die Festlegung des [X.]s des Betreuers auf Grund der §§ 1896 und 1908 a BGB sowie die Verrichtungen auf Grund der §§ 1903 bis 1905 und 1908 d BGB und von § 278 Abs. 5 und § 283 FamFG betreffen. Hiervon hat das [X.] durch die Landesverordnung zur Übertragung von Aufgaben auf den Rechtspfleger und den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 15. Mai 2008 (GVBl. 2008 S. 81) im Umfang der Ermächtigung Gebrauch gemacht.

ee) Die Bestellung eines Verhinderungs- oder Ergänzungsbetreuers gemäß § 1899 Abs. 4 BGB unterfällt grundsätzlich denjenigen Geschäften, für die der [X.]vorbehalt durch Rechtsverordnung nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] aufgehoben werden kann.

(1) Das ergibt sich zwar noch nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RPfl[X.] Denn von der Ermächtigung zur Aufhebung von [X.]vorbehalten ausgenommen sind Geschäfte nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 [X.], soweit sie - unter anderem - die Entscheidung über die Anordnung einer Betreuung und die Festlegung des [X.]s des Betreuers aufgrund der §§ 1896 und 1908 a BGB sowie die Verrichtungen aufgrund der §§ 1903 bis 1905 und 1908 d BGB betreffen. Dies kann sich dem Wortlaut nach auch auf die Anordnung und Aufhebung einer Verhinderungs- oder Ergänzungsbetreuung sowie die Festlegung deren [X.] beziehen.

(2) Entscheidende Bedeutung kommt hier aber der historischen Auslegung anhand des im Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willens des Gesetzgebers zu. Die Einfügung der Verordnungsermächtigung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] in das Gesetz geht auf eine Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des [X.] zurück, mit der ausdrücklich die Vorstellung verbunden war, aufgrund entsprechender Regelung falle die Bestellung eines Verhinderungs- oder Ergänzungsbetreuers gemäß § 1899 Abs. 4 BGB in die alleinige Zuständigkeit des [X.] (BT-Drucks. 15/4874 S. 27 f.). Dem lag das Gesamtkonzept zugrunde, die Auswahl und Bestellung des Betreuers durch landesrechtliche Rechtsverordnung in die Zuständigkeit des [X.] übergeben zu lassen und dem [X.] nur die Grundentscheidung über die Anordnung der Betreuung einschließlich der Festsetzung und Erweiterung des [X.]s und die Aufhebung der Betreuung vorzubehalten (BT-Drucks. 15/4874 S. 27). Zur Begründung wurde angeführt, es bedürfe bei der [X.] keiner vorherigen Entscheidung des [X.]s mehr, da die Grundentscheidung über die Anordnung der Betreuung und den Zuschnitt des [X.]s nicht berührt werde (BT-Drucks. 15/4874 S. 28). Damit übereinstimmend wird auch im Schrifttum einhellig davon ausgegangen, dass die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers nach § 1899 Abs. 4 BGB dem Rechtspfleger übertragen werden kann ([X.] FamRZ 2005, 941, 945; Bassenge/[X.]/[X.] FamFG 12. Aufl. § 19 [X.] Rn. 2; [X.]/Meyer-Stolte/[X.] 8. Aufl. § 19 Rn. 6; HK-BUR/[X.]/[X.] [Stand: November 2012] § 1899 BGB Rn. 3a; [X.] Betreuungsrecht 2005 Rn. 897). Davon wird auch in anderen Bundesländern Gebrauch gemacht; etwa hat der [X.] den [X.]vorbehalt gezielt für die Bestellung von Ergänzungsbetreuern nach § 1899 Abs. 4 BGB und für die Bestellung eines neuen Betreuers nach § 1908 c BGB aufgehoben (Verordnung vom 15. März 2006, GVBl. S. 170).

ff) Die vom [X.] aufgeworfene Frage, ob die Aufhebung des [X.]vorbehalts durch die auf § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] beruhende Rechtsverordnung auch Fälle umfasst, in denen dem [X.] ein Teil seines bisherigen [X.]s durch die Bestellung des Ergänzungsbetreuers entzogen wird, ist zu bejahen.

Nach der Intention des Gesetzes sollte der [X.]vorbehalt unter anderem für die Auswahl, Bestellung und Entlassung des Betreuers aufgehoben werden können (BT-Drucks. 15/4874 S. 27). Als dessen Unterfall kann die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers verstanden werden, soweit dadurch ein Ausschnitt aus dem Aufgabenbereich des [X.]s auf einen zweiten Betreuer verlagert wird, ohne den von der Betreuung erfassten Aufgabenkreis insgesamt zu erweitern oder zu beschränken. Die Bestellung eines Ergänzungsbetreuers für sich genommen nach den §§ 1899 Abs. 4, 1908 i Abs. 1, 1795 Abs. 1, 1796, 181 BGB lässt dann die angeordnete Betreuung und den zuvor angeordneten Aufgabenkreis in seinem Gesamtumfang unberührt. Eine Änderung ergibt sich allein hinsichtlich der Zuständigkeiten und Verantwortungsbereiche der Betreuer in einzelnen Angelegenheiten. Soweit die Ergänzungsbetreuung reicht, tritt der Ergänzungsbetreuer an die Stelle des [X.]s; in allem Übrigen bleibt dieser für den Aufgabenkreis zuständig (vgl. auch [X.]sbeschluss vom 19. Dezember 2012 - [X.] 241/12 - juris Rn. 3 [X.]). Bei derartiger Zuständigkeitsverlagerung bleibt die Grundentscheidung über die Anordnung der Betreuung einschließlich der Festsetzung des [X.]s in ihrer Gesamtheit unberührt.

So liegt der Fall auch hier, da dem Ergänzungsbetreuer nur solche Aufgaben durch den Rechtspflegerbeschluss übertragen worden sind, welche zuvor vom Aufgabenkreis der Vermögenssorge, der dem [X.] bereits übertragen war, erfasst waren. Dass der [X.] für die Wahrnehmung einzelner Geschäfte aus diesem Aufgabenkreis aus rechtlichen Gründen verhindert war, ändert daran nichts.

gg) Unerheblich ist dabei, dass - worauf sich das [X.] stützt - mit der Aufgabenerweiterung des Ergänzungsbetreuers zugleich eine Teilentziehung der Vertretungsmacht des [X.]s verbunden war, wie es zwar nicht in der Beschlussformel des Amtsgerichts ausgesprochen worden ist, aber als Begründungselement der Entscheidung unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1796 Abs. 1 BGB zum Ausdruck kommt.

Denn auch hierfür wäre der Rechtspfleger funktionell zuständig, da die Entziehung der Vertretungsmacht wegen Interessengegensatzes gemäß § 1796 BGB von vornherein nicht unter diejenigen in § 1908 i Abs. 1 Satz 1 BGB genannten Entscheidungen fällt, für die in § 15 Abs. 1 Nr. 7 [X.] ein [X.]vorbehalt angeordnet ist ([X.]/Meyer-Stolte/[X.] 8. Aufl. § 15 Rn. 37 (10); Dörndorfer [X.] 2. Aufl. § 15 Rn. 133; Bassenge/[X.]/[X.] FamFG 12. Aufl. § 15 [X.] Rn. 17).

Zwar wird in Teilen der Literatur vertreten, dass die Entziehung der Vertretungsmacht wegen Interessengegensatzes gemäß §§ 1908 i Abs. 1 Satz 1, 1796 Abs. 1 BGB gleichzeitig eine teilweise Entlassung des Betreuers oder Beschränkung seines [X.]s bedeute und unter diesem Gesichtspunkt dem [X.] vorbehalten sei (vgl. [X.]/[X.] Betreuungsrecht 4. Aufl. § 15 Rn. 17; Jurgeleit/[X.] Betreuungsrecht 3. Aufl. § 272 FamFG Rn. 10; [X.]/[X.] BGB [2013] § 1908 i Rn. 88; [X.]/[X.] Teil J Rn. 2, 38; HK-BUR/[X.]/[X.] [Stand: November 2012] § 1899 BGB Rn. 2; [X.]/Weinreich/Rausch FamFG 5. Aufl. § 272 Rn. 18; a.A. [X.]/Meyer-Stolte/[X.] 8. Aufl. § 15 Rn. 37 (10); Dörndorfer [X.] 2. Aufl. § 15 Rn. 133; Bassenge/[X.]/[X.] FamFG 12. Aufl. § 15 [X.] Rn. 17).

Diese Erwägungen stehen der Auffassung des [X.]s aber nicht entgegen, soweit der gesetzmäßige [X.]vorbehalt für die teilweise Entlassung des [X.]s unter ausschnittsweiser Verlagerung seines [X.]s auf einen Verhinderungs- oder Ergänzungsbetreuer aufgrund einer nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] ergangenen Rechtsverordnung ohnehin aufgehoben ist (vgl. [X.]/Weinreich/Rausch FamFG 5. Aufl. § 272 Rn. 18), wie dies für das [X.] geschehen ist. Denn jedenfalls wäre eine solche Beschränkung des [X.]s keine Maßnahme nach § 1908 d Abs. 1 Satz 2 BGB, die nicht von der Verordnungsermächtigung nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] erfasst wäre.

hh) Der [X.]vorbehalt kommt somit nur zum Tragen, wenn der Gesamtumfang des [X.]s der [X.] erweitert oder reduziert wird. Das ist hier nicht der Fall, da nur Aufgaben aus dem Aufgabenkreis des [X.]s in den Wirkungskreis des [X.] verlagert worden sind.

3. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Das Verfahren ist an das [X.] zurückzuverweisen, um diesem Gelegenheit zu geben, über die vom Amtsgericht angeordnete Maßnahme in der Sache zu entscheiden.

Dose      

        

[X.]      

        

Günter

        

Nedden-Boeger      

        

Krüger      

        

Meta

XII ZB 305/16

11.01.2017

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Mainz, 18. Mai 2016, Az: 8 T 83/16, Beschluss

§ 1899 Abs 4 BGB, § 1 RPfl/UdGAufgÜV RP, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 RPflG, § 15 Abs 1 S 1 Nr 3 RPflG, § 19 Abs 1 S 1 Nr 1 RPflG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.01.2017, Az. XII ZB 305/16 (REWIS RS 2017, 17637)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 17637

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