Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.08.2011, Az. 2 StR 317/11

2. Strafsenat | REWIS RS 2011, 4223

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 317/11
vom
3.
August 2011
in der Strafsache
gegen

wegen
besonders schweren Raubes u.a.

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 3.
August 2011 gemäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18.
März 2011, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit von einer An-ordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entzie-hungsanstalt abgesehen worden ist.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere,
allgemeine Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
3.
Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schweren [X.] in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Die auf die
Sachrüge gestützte Revision des Angeklag-ten hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet
im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
1
-
3
-
1.
Die Nachprüfung des Urteils zum
Schuld-
und Strafausspruch hat kei-nen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Die [X.] einer Maßregel gemäß §
64 StGB hält hingegen rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a)
Nach den Feststellungen konsumierte der Angeklagte, der über keine legale Einnahmequelle
verfügte und mit Drogen handelte, seit mehreren Jahren regelmäßig Haschisch, Rohypnol und Kokain ([X.]). Vor der [X.] war er zuletzt mit Urteil vom 19. Juli 2008 wegen Trunkenheit im Verkehr infolge berauschender Mittel und mit Urteil vom 13. August 2009 wegen fahrlässigen jeweils kurzen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Die ihm im Rahmen der ge-währten Strafaussetzung zur Bewährung auferlegte ambulante Drogentherapie hatte er nicht absolviert. Durch den abgeurteilten Raubüberfall erbeutete der Angeklagte

wie geplant

Geld, werthaltige Gegenstände und Drogen. Bei der anlässlich seiner späteren Festnahme erfolgten Aufnahmeuntersuchung wurde der [X.] von Kokain, THC und Benzodiazepinen nachgewiesen
und
ein
Diazepam-Entzug diagnostiziert
(UA S.
13).
b)
Angesichts dieser Feststellungen musste die Kammer darlegen, wa-rum sie von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat; der pauschale Hinweis, die gesetzlichen Voraussetzungen des §
64 StGB lägen nicht vor, genügt dem nicht.
Der Annahme eines Hanges steht nicht entgegen, dass die Kammer das Vorliegen der Voraussetzungen
des §
21 StGB zur Tatzeit rechtsfehlerfrei ver-neint hat (vgl. [X.]R StGB §
64 Abs.
1 -
Hang 2; [X.] NStZ-RR 2001,
12), ebenso wenig, dass
die Kammer die vom Angeklagten konsumierten Drogen mengenmäßig nicht bestimmen konnte. Daher kommt es nicht darauf an, dass 2
3
4
5
-
4
-
die Kammer im [X.] an den Sachverständigen die vom Angeklagten für die Wochen vor der Tat bis zu seiner Festnahme angegebenen [X.]men-gen von täglich fünf bis sechs Gramm Haschisch, zwei bis drei Gramm Kokain und vier bis zehn Tabletten Rohypnol sowie am Wochenende zusätzlich zwei bis drei Flaschen Whisky (UA S.
9 f.) als überzogen erachtet hat. Auch ihre in-soweit erfolgte Begründung, der Angeklagte habe diese [X.]mengen
"salopp"
formuliert sowie von seinen Launen abhängig dargestellt, er habe ein damit nicht zu [X.], reges Sexualleben geschildert und keine
erheb-lichen Entzugserscheinungen gezeigt (UA S.
20), schließt das Vorliegen eines Hanges nicht aus. Erforderlich ist keine chronische, auf körperlicher Sucht be-ruhende Abhängigkeit. Es genügt eine eingewurzelte, aufgrund psychischer Disposition bestehende
oder durch Übung erworbene intensive Neigung,
immer wieder Rauschmittel zu sich zu nehmen, wobei auch das Fehlen ausgeprägter Entzugssyndrome sowie Intervalle der Abstinenz dem nicht entgegen stehen ([X.] NStZ-RR 2010, 216; Fischer
StGB 58.
Aufl. §
64 Rn.
9
mwN).

Nach den Feststellungen liegt es nahe, dass es
sich bei der abgeurteilten Tat auch um eine [X.] handelte. Nach ständiger Rechtsprechung ist hierfür nicht Voraussetzung, dass der Hang die alleinige Ursache für die [X.] ist. Ein symptomatischer Zusammenhang ist vielmehr auch dann zu be-jahen, wenn der Hang neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte erhebliche Taten begangen hat, und dies bei unveränder-tem Suchtverhalten auch für die Zukunft zu besorgen ist ([X.] NStZ 2010, 83, 84; NStZ-RR 2004, 78, 79
jeweils mwN). Da der Angeklagte nach den [X.] über keine legale Einnahmequelle verfügte, mit Drogen dealte
und vorliegend sowohl Geld
und
werthaltige [X.] als auch Drogen erbeutete, liegt sowohl die Annahme nahe, dass die Tat ihre Ursache auch in dem Drogenkonsum des Angeklagten hatte, als auch, dass bei unver-ändertem
Drogenkonsum die Begehung entsprechender Taten zu erwarten ist.
6
-
5
-
Dass außer dem Hang weitere Persönlichkeitsmängel eine Disposition für die Begehung von Straftaten begründen, steht dem erforderlichen symptomati-schen Zusammenhang nicht entgegen ([X.]R StGB §
64 Zusammenhang symptomatischer 1;
[X.]R StGB §
64 Abs.
1 -
Hang 5). Auch der Umstand, dass der Angeklagte zuvor vergleichbare Taten noch nicht begangen hat, son-dern die Betäubungsmittel auf andere -
allerdings ebenfalls strafbare
-
Weise finanziert hat, beseitigt den symptomatischen Zusammenhang nicht.
Aus den bisherigen Feststellungen ergibt sich schließlich auch nicht, dass eine stationäre Therapie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§
64 Satz 2 StGB).
2.
Die Frage der [X.] bedarf daher neuer Verhandlung und Entscheidung. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben, da auszuschlie-ßen ist, dass der Tatrichter bei Anordnung der Unterbringung eine niedrigere Strafe verhängt hätte. Da sich das Verfahren nur noch gegen den erwachsenen
7
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-
6
-
Angeklagten richtet, verweist der Senat die Sache gemäß §
354 Abs.
2 Satz
1 StPO
an eine allgemeine Strafkammer des [X.] zurück ([X.]St 35, 267
f.).

Fischer

Appl

Berger

Eschelbach

Ott

Meta

2 StR 317/11

03.08.2011

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 03.08.2011, Az. 2 StR 317/11 (REWIS RS 2011, 4223)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4223

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