Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2012, Az. VII ZB 47/11

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 1960

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 47/11

vom

25. Oktober 2012

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 850c; [X.] § 54 Abs. 4; [X.]I § 19 Abs. 1, Abs. 3, § 22
Ansprüche auf laufende Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ([X.]) sind gemäß §
54 Abs.
4 [X.]
I wie Arbeitseinkommen nach Maßgabe der Vorschriften in §§
850c ff. ZPO pfändbar (im [X.] an [X.], Beschluss vom 25.
November
2010 -
VII
ZB
111/09, NJW-RR 2011, 706).
[X.], Beschluss vom 25. Oktober 2012 -
VII ZB 47/11 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat
am
25. Oktober
2012 durch [X.]
Dr.
[X.], die Richterin [X.], [X.], [X.] und [X.]
Kartzke
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Drittschuldners
gegen den Beschluss der 3.
Zivilkammer des Landgerichts [X.]
vom 27.
Juni
2011
wird zurückgewiesen.

Die Kosten des
Rechtsbeschwerdeverfahrens werden dem Dritt-schuldner
auferlegt.

Gründe:
I.
Der für die Auszahlung von [X.] zuständige Drittschuldner wendet sich mit der Rechtsbeschwerde dagegen, dass der Gläubiger
[X.] des Schuldners auf [X.] hat pfänden lassen.
Der Gläubiger erwirkte
wegen einer titulierten Forderung von 541,09

nebst Zinsen und [X.] einen Beschluss, mit dem vermeintliche, auch zukünftig fällig werdende Ansprüche des Schuldners auf Zahlung von [X.] gegen die "Arbeitsförderung K.
Stadt GmbH"
als Drittschuldnerin ge-pfändet und ihm zur
Einziehung überwiesen wurden. Bei Erlass des Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses war die "Arbeitsförderung K. Stadt GmbH"
mit der Wahrnehmung der ihren Gesellschaftern, der [X.] und der Agentur für 1
2
-
3
-
Arbeit, nach dem [X.]I obliegenden Aufgaben betraut. Sie wurde mit Wirkung zum 20.
Januar 2011 aufgelöst und liquidiert. Seit dem 1.
Januar
2011 nimmt der Drittschuldner
als Rechtsnachfolger der GmbH die in seine örtliche Zustän-digkeit fallenden Aufgaben nach dem [X.]I wahr. Er zahlt an den Schuldner [X.] in Form von monatlichen Leistungen zur Deckung des [X.] für Unterkunft und Heizung.

Das Amtsgericht
hat die von der Rechtsvorgängerin des Drittschuldners eingelegte Erinnerung gegen den Pfändungs-
und Überweisungsbeschluss als unzulässig verworfen. Der hiergegen vom Drittschuldner eingelegten sofortigen Beschwerde hat es nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat
die sofortige Beschwerde mit der [X.] als unbegründet zurückgewiesen, die Pfändung dürfe nur erfolgen, soweit
die angeblichen Ansprüche des
Schuldners
den Betrag von 989,99

i-gen, und zwar in Höhe der nach §
850c ZPO pfändbaren Beträge. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde betreibt der Drittschuld-ner
die Aufhebung des Pfändungs-
und Überweisungsbeschlusses
weiter. Er meint, die gegen ihn gerichteten Ansprüche des Schuldners seien unpfändbar.

II.
Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1
Nr.
2
ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
1.
Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Ansprüche des Schuldners nach
§
19 Abs.
1 [X.]
II auf [X.] seien laufende Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und deshalb gemäß §
54 Abs.
4 Satz
1 [X.]
I wie Arbeitseinkommen pfändbar. Weil demnach die Pfän-3
4
5
-
4
-
dungsfreigrenzen gemäß §
850c ZPO zu beachten seien, sei es, ebenso wie bei der Pfändung von Arbeitseinkommen,
erforderlich aber auch ausreichend, dies durch Bezugnahme auf die Tabelle in §
850c Abs.
3 Satz
2 ZPO im Pfän-dungs-
und Überweisungsbeschluss klarzustellen. Dem Leistungsträger als Drittschuldner
obliege es, die pfandfreien Beträge, gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung unterhaltsberechtigter Angehöriger des Schuldners, zu [X.].
2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Der Bundesgerichtshof
hat, wie auch die Rechtsbeschwerde erkennt, be-reits entschieden, dass Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem [X.] Buch
Sozialgesetzbuch gemäß §
54 Abs.
4 [X.]
I wie Arbeitseinkommen gepfändet werden
können ([X.], Beschluss vom 25.
November
2010

VII
ZB
111/09, NJW-RR 2011, 706
Rn.
7; Beschluss vom 5.
April
2005

VII
ZB
20/05, NJW-RR
2005, 1010). Die Rechtsbeschwerde bringt nichts vor, was zu einer anderen Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage führen könnte.

a)
Zutreffend geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die gepfän-deten Ansprüche des Schuldners gegen den Drittschuldner auf laufende Geld-leistungen nach dem [X.] gerichtet sind.
Der Schuldner bezieht
[X.], §
19 Abs.
1 Satz
1
[X.]
II. Er erhält ge-mäß §
19 Abs.
1 Satz
3, §
22 [X.]I zur Deckung seiner Bedarfe für Unterkunft und Heizung monatliche Leistungen von insgesamt 316,88

Solche [X.] betreffen laufende Geldleistungen im Sinne des §
54 Abs.
4 [X.]. Sie [X.] nach dieser Vorschrift wie Arbeitseinkommen gepfändet werden, soweit sie nicht gemäß §
54 Abs.
3 [X.] unpfändbar sind oder den sich aus §
54 Abs.
5 [X.]
I
ergebenden Pfändungsbeschränkungen unterliegen. Keiner dieser Aus-6
7
8
-
5
-
nahmetatbestände betrifft Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach §
19 Abs.
1 [X.]
II, die
zur Deckung der nach §
22 [X.]I zu bemessenden Bedarfe für Unterkunft und Heizung
gezahlt werden.

b) Der Drittschuldner meint
allerdings, die Bezüge des Schuldners für Unterkunft und Heizung müssten durch eine entsprechende Anwendung des §
54 Abs.
3 Nr.
2a [X.]
I dem Pfändungszugriff seiner Gläubiger entzogen werden, weil andernfalls die zweckentsprechende Verwendung der Leistungen zur Sicherung des [X.] des Schuldners nicht hinreichend sichergestellt sei. Insoweit dürfe nichts anderes gelten als für Ansprüche auf Wohngeld, die der Gesetzgeber durch
Einführung der Vorschrift in §
54 Abs.
3 Nr.
2a [X.]
I von der Pfändung ausgenommen habe, um die Bezahlung der Miete und damit ein angemessenes und familiengerechtes Wohnen (vgl. §
1 Abs.
1 [X.]) zu sichern. Damit dringt der Drittschuldner nicht durch.
aa)
Der Schuldner erhält kein Wohngeld im Sinne des
§
1 Abs.
1 [X.]. Eine entsprechende Anwendung der durch das Vierte Gesetz
für moderne Dienstleitungen am Arbeitsmarkt vom 24.
Dezember
2003 ([X.].
I
2003, 2954
ff.) neu eingefügten Regelung in §
54 Abs.
3 Nr.
2a [X.]
I
auf die ihm stattdessen zur Deckung
seines [X.]
gewährten Leistungen nach §
22 [X.]
II kommt nicht in Betracht. Das Gesetz enthält an dieser Stelle entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keine ausfüllungsbedürftige Regelungs-lücke. Vielmehr ergibt sich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks.
15/1516, S.
68), dass der Gesetzgeber die pfändungsrechtlich unterschiedliche [X.] von Wohngeld und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §
19 Abs.
1 Satz
3, §
22 [X.]
II gesehen und bewusst hingenommen hat.
In der Gesetzesbegründung ist ausgeführt, dass Wohngeld nach dem bis zur Gesetzesänderung geltenden
Recht nicht zu den in §
54 Abs.
3 [X.]
I ge-9
10
11
-
6
-
nannten unpfändbaren Sozialleistungen gehörte und daher nach Absatz 4 der Vorschrift wie Arbeitseinkommen nach den §§
850
ff. ZPO
pfändbar war. Zwar bleibe der [X.] regelmäßig
ohnehin innerhalb der durch §
850c Abs.
1 und 2 vorgegebenen Pfändungsfreigrenzen. Es sei jedoch nicht ausge-schlossen gewesen, dass Gläubiger, die mit dem Wohnraum des [X.] in keinem
unmittelbaren Zusammenhang standen, auf das Wohn-geld im Rahmen einer Pfändung zugreifen konnten. Weil dadurch
der Zweck des Wohngeldes -
die wirtschaftliche Sicherung angemessenen und [X.] Wohnens
-
zumindest teilweise habe vereitelt werden können, solle klarstellend geregelt werden, dass Wohngeld grundsätzlich unpfändbar sei. Hierfür spreche im Übrigen auch die Gleichartigkeit hinsichtlich der wesentli-chen Zielrichtung/Vergleichbarkeit mit den in §
54 Abs.
3 Nr.
1 und 2 [X.]
I
ge-nannten Leistungen (Erziehungsgeld und Mutterschaftsgeld).
Dem kann entnommen werden, dass der Gesetzgeber durch die
Einfüh-rung der Vorschrift in §
54 Abs.
3 Nr.
2a [X.]
I nur Ansprüche auf Wohngeld der Pfändung grundsätzlich und ungeachtet des durch die Pfändungsfreigren-zen des §
850c ZPO ohnehin bestehenden Pfändungsschutzes hat entziehen wollen.
bb) Für eine Erstreckung dieser Regelung auf Leistungen im Rahmen der Arbeitslosenhilfe
II zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft und Heizung besteht kein zwingender sachlicher
Grund. Sie ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde insbesondere nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten.
(1)
[X.] erhält der
erwerbsfähige Leistungsberechtigte zur Sicherung seines Lebensunterhalts, soweit die nach §
19 Abs.
1 Satz
3 [X.]
II hierfür maßgeblichen Bedarfe (§§
20
ff. [X.]
II) nicht durch sein zu berücksich-12
13
14
-
7
-
tigendes Einkommen und Vermögen gedeckt sind, §
19 Abs.
3
[X.]
II. Die Verwendung der danach zu gewährenden laufenden Geldleistungen steht zu seiner
freien Disposition ([X.], Beschluss vom 25.
November
2010

VII
ZB
111/09, NJW-RR 2011, 706 Rn.
19 -
unter Hinweis auf BT-Drucks. 15/1516, [X.], 55
f.). Das gilt unbeschadet der durch §
22 Abs.
7 [X.]
II eröff-neten Möglichkeit, Direktzahlungen an den Vermieter oder sonstigen [X.] vorzunehmen, grundsätzlich auch für Leistungen zur [X.] der Bedarfe für Unterkunft und Heizung nach §
22 [X.]
II. Diese Leis-tungen
ergänzen den gemäß
§§
20, 21 [X.]I nach Maßgabe der Vorschriften des
Zwölften Buches
Sozialgesetzbuch
und der Regelsatzverordnung
pauscha-lierten Regelbedarf
(vgl. BT-Drucks.
15/1516, S.
56)
um die tatsächlich
in an-gemessener Höhe
anfallenden Kosten für die Erhaltung
und Beheizung der Un-terkunft
und fließen in die Berechnung der dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zur Sicherung seines Lebensunterhalts als Arbeitslosengeld
II zu zahlenden Beträge ein ([X.] in: [X.], [X.]
II/[X.]
III, 46.
Ergänzungslieferung 2012, §
22 Rn.
1; [X.] in: BeckOK [X.]I, §
22 Rn.
2; [X.]/[X.] in:
[X.], [X.]
II, 2.
Aufl., §
22 Rn.
5). Sie
ersetzen auf diese Weise ebenso wie die Regelleistungen nach §§
20, 21 [X.]
II fehlendes Arbeitsein-kommen
(vgl. Pflüger
in: jurisPK-[X.], 2.
Aufl. 2011, §
54 Rn.
73).
Die darin liegende Zweckbestimmung der nach
§
22 [X.]
II zu gewäh-renden Leistungen unterscheidet sich von derjenigen, die der Gesetzgeber Wohngeldzahlungen bemisst. Sie ist nicht in gleicher Weise wie beim
Wohngeld von der Vorstellung geprägt,
dass der Hilfebedürftige die Bezüge tatsächlich in der gewährten Höhe für die wirtschaftliche Sicherung
angemessenen und [X.] Wohnens
verwendet, sondern orientiert sich
an einer die
indivi-duellen Wohnbedürfnisse
des Hilfebedürftigen berücksichtigenden Berechnung des für die Bemessung von [X.] maßgeblichen Bedarfs.
Eine Zweckbindung, die es zwingend erforderlich machen könnte, Leistungen nach 15
-
8
-
§
22 [X.]
II den in §
54 Abs.
3 [X.]
I genannten gleichzustellen und dem [X.] gegen den im Wortlaut des §
54 Abs.
3 und 4 [X.]
I manifestierten Willen des Gesetzgebers grundsätzlich zu entziehen, be-steht nach alledem nicht.
(2)
Die Belange des Schuldners erfordern es nicht, seine Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach dem [X.] der Pfän-dung generell zu entziehen. Weil solche Ansprüche gemäß §
54 Abs.
4 [X.]
I wie Arbeitseinkommen gepfändet werden dürfen, unterliegen sie den [X.] der §§
850
ff. ZPO ([X.], Beschluss vom 5. April 2005 -
VII
ZB
20/05, NJW-RR
2005, 1010; Beschluss vom 12.
Dezember
2003
-
IXa
ZB
207/03, Rpfleger 2004, 232; Beschluss vom 10.
Oktober 2003 -
IXa
ZB
180/03, Rpfleger 2004, 111). Sie sind, vorbehaltlich der Sonderregelungen in §§
850d und 850f ZPO, nur in dem durch §
850c ZPO zugelassenen
Umfang pfändbar. Die [X.] zu berücksichtigenden Pfändungsfreigrenzen liegen, wie auch der Ge-setzgeber hervorhebt (BT-Drucks.
15/1516, S.
68), deutlich über den Beträgen, die der erwerbsfähige Schuldner regelmäßig als [X.] erhält. Vor diesem Hintergrund unterliegen seine sozialhilferechtlichen Bezüge zur Siche-rung seines Lebensunterhalts in aller Regel selbst dann nicht der Pfändung, wenn der ihm gemäß § 22 [X.]I nach tatsächlich angemessenen Kosten zu-zubilligende Bedarf für Unterkunft und Heizung im Einzelfall höher sein sollte, als der in die [X.] nach §
850c ZPO hierfür eingerechnete Betrag. Für die Berechnung der pfändungsfreien Beträge bestimmt §
850e Abs.
2a ZPO, dass der pfandfreie Grundbetrag bei der gebotenen Zusammenrechnung laufender
Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch mit etwaigem Arbeitsein-kommen des Schuldners in erster Linie den laufenden Geldleistungen nach dem Sozialgesetzbuch zu entnehmen ist. Dadurch ist gewährleistet, dass dem Schuldner, der beispielsweise nur Leistungen nach §
22
[X.]
II zur Deckung 16
-
9
-
seiner Bedarfe für Unterkunft und Heizung erhält, diese laufenden Geldleistun-gen nicht durch Pfändung entzogen werden.
Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass der sozialhilfebedürftige Schuldner in besonders gelagerten Einzelfällen Geldleistungen nach dem [X.] [X.] erhält, deren Betrag über den nach §
850c
ZPO
zu berücksichtigenden Pfändungsfreigrenzen liegt. Ergibt sich diese Konstellation allerdings nur deshalb, weil solche Leistungen für mehrere Monate in einem Zahlbetrag zusammengefasst werden, sind die [X.] ebenso wie bei den vergleichbaren Fällen der Nachzahlung rückständiger Lohnbeträge für die Berechnung des pfandfreien Betrages dem Leistungszeitraum zuzurechnen, für den sie gezahlt werden
(vgl.:
Zöller/Stöber, ZPO, 29.
Aufl., §
850c Rn.
3).
(3) Für die verbleibenden Fälle, in denen der Schuldner laufende Geld-leistungen nach §
19 Abs.
1 [X.]
II in einer
die Pfändungsfreigrenzen des §
850c ZPO übersteigenden Höhe erhält, besteht entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kein verfassungsrechtliches Gebot, diese überschießenden Beträge über den Regelungsbereich des §
54 Abs.
3 [X.]
I hinaus dem [X.] zu entziehen.
Das Sozialstaatsgebot des Art.
20 Abs.
1 GG erteilt dem Gesetzgeber den Auftrag, jedem ein menschenwürdiges Existenzminimum zu sichern. [X.] umfasst sowohl die physische Existenz des Menschen, also Nahrung, Klei-dung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit, als auch die Si-cherung der Möglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politi-schen Leben, denn der Mensch als Person existiert notwendig in [X.] Be-zügen ([X.], Beschluss vom 25.
November
2010 -
VII
ZB
111/09, NJW-RR 17
18
19
-
10
-
2011, 706 Rn.
14 -
unter Hinweis auf: [X.], NJW 2010, 505
Rn.
133
ff.; [X.] vom 13.
November
2011 -
VII
ZB
7/11, nach juris).
Es unterliegt keinem Zweifel und wird auch von der Rechtsbeschwerde nicht in Frage gestellt, dass
die Pfändungsvorschriften in §
850c ZPO diesem verfassungsrechtlichen Anspruch auf Sicherung des Existenzminimums in an-gemessener Weise Rechnung tragen. Gleiches gilt im Ergebnis für die Fälle, in denen die Vollstreckung
wegen Unterhaltsforderungen (§
850d ZPO) oder we-gen einer Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (§ 850f ZPO) betrieben wird. Hierzu hat der Senat darauf hingewiesen, dass dem Schuldner für seinen notwendigen Unterhalt mindestens so
viel pfandfrei zu belassen ist, wie er zur Deckung seines notwendigen Lebensunterhalts nach Maßgabe der Bestimmungen des 3. und 11.
Kapitels des Zwölften Buches
Sozialgesetzbuch benötigt ([X.], Beschluss vom 25.
November
2010

VII
ZB
111/09, NJW-RR 2011, 706 Rn. 9; Beschluss vom 12.
Dezember
2007 -
VII
ZB
38/07, NJW-RR 2008, 733 Rn.
13; Urteil vom 23.
Februar
2005

XII
ZR
114/03, [X.]Z 162, 234 Rn.
26). Danach sind ihm jedenfalls die Re-gelsätze nach §
28 [X.]
XII zu belassen ([X.], Beschluss vom 25.
No-vember
2010 -
VII
ZB
111/09, NJW-RR 2011, 706 Rn.
9), darüber hinaus Leis-tungen nach §
35 [X.]
XII, die er zur Deckung seiner Bedarfe für die Erhaltung einer angemessenen Unterkunft und Heizung erhält.
Diese für die Pfändung von Arbeitseinkommen maßgeblichen [X.] gewährleisten die verfassungsrechtlich gebotene Sicherung des [X.] in gleicher Weise für die nach §
54 Abs.
4 [X.]
I zulässige Pfändung von Ansprüchen des erwerbsfähigen Schuldners auf Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts nach dem [X.]. Sie [X.] ohne Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art.
3 Abs.
1 GG (vgl. [X.], Beschluss vom 13.
Oktober 2011 -
VII
ZB
7/11, Rn.
12, nach juris) 20
21
-
11
-
Geltung unabhängig von der Art des Einkommens oder des Leistungsbezugs
und erfordern
über die zugunsten des Schuldners in §
54 Abs.
3 und Abs.
5 [X.]
I angeordneten Pfändungsverbote bzw. Pfändungsbeschränkungen hin-aus keine Korrektur der Pfändungsvorschrift in §
54 Abs.
4 [X.]
I.
(4)
Die Ansprüche des Schuldners auf Arbeitslosengeld
II sind nicht ent-sprechend §
17 Abs.
1 Satz
2 [X.] XII unpfändbar. Die Vorschrift betrifft [X.] auf Leistungen der Sozialhilfe, die nach dem [X.] des [X.] erbracht werden. Um solche Leistungen geht es hier nicht. Eine entsprechende Anwendung des §
17 Abs.
1 Satz
2 [X.] XII auf Leistungen nach dem [X.] kommt in Ermangelung einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke nicht in Betracht. Sie ist insbe-sondere nicht deshalb geboten, weil, worauf die Rechtsbeschwerde allerdings mit Recht hinweist, die gemäß §
20 [X.]
II anzuerkennenden Regelbedarfe den Regelsätzen des §
28 [X.] XII entsprechen und nach den dort niedergelegten Grundsätzen ermittelt werden. Ebenso wenig von Belang ist in diesem Zusam-menhang, ob
beide Leistungsarten "Sozialhilfe"
im Sinne des §
9 [X.]
I sind. Aus alledem lässt sich nicht ableiten, dass Ansprüche auf Leistungen nach dem [X.] in gleicher Weise unpfändbar sein müssen wie diejenigen auf Leistungen nach dem Zwölften [X.]. Der [X.] von Arbeitslosengeld
II
gemäß §
19 Abs.
1 [X.]
II ist erwerbsfähigen Leis-tungsberechtigten vorbehalten. Er schließt gemäß §
5 Abs.
2 Satz
1 [X.]
II Leistungen nach dem Zwölften [X.] aus, die nur solche Leis-tungsberechtigte
erhalten, die nicht erwerbsfähig sind. Vor diesem Hintergrund ist es
nicht zu beanstanden
und es bedarf auch aus dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots in Art.
3 Abs.
1 GG keiner Korrektur, dass der Ge-setzgeber in Ansehung der durch das Kriterium der Erwerbsfähigkeit bedingten Trennung beider Leistungssysteme
nur die Pfändung der Ansprüche erwerbs-22
-
12
-
fähiger [X.] nach Maßgabe der für Arbeitseinkommen gelten-den Vollstreckungsvorschriften zulässt.
(5)
Ohne Erfolg rügt der Drittschuldner, das Interesse des Gläubigers an der Pfändung vermeintlicher Ansprüche auf Sozialleistungen sei nicht [X.], weil die Pfändung in aller Regel
an den Pfändungsfreigrenzen des §
850c ZPO scheitere und ihre Zulassung nur unnötigen Verwaltungsaufwand und Kosten produziere. Dieser Einwand, der in der Sache rechtspolitisch ist, mag in zukünftigen Gesetzgebungsverfahren einer Rolle spielen. Er rechtfertigt es jedoch nicht, diese Regelung derzeit nicht anzuwenden.

III.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §
97 Abs.
1 ZPO.
[X.]
[X.]
[X.]

[X.]
Kartzke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.10.2010 -
620 M 5445/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 27.06.2011 -
3 [X.]/11 -

23
24

Meta

VII ZB 47/11

25.10.2012

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.10.2012, Az. VII ZB 47/11 (REWIS RS 2012, 1960)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1960

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