Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2008, Az. I ZR 220/05

I. Zivilsenat | REWIS RS 2008, 1633

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 220/05 Verkündet am: 2. Oktober 2008 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja

[X.] UWG §§ 3, 4 Nr. 11; LFGB § 11 Abs. 1 Satz 1; [X.] § 1 Ein Nährstoffbedarf ist bereits dann medizinisch bedingt, wenn die an bestimm-ten Beschwerden, Krankheiten oder Störungen leidenden Personen einen be-sonderen Nutzen aus der kontrollierten Aufnahme bestimmter Nährstoffe ziehen können. [X.], [X.]. v. 2. Oktober 2008 - I ZR 220/05 - [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 17. Juli 2008 durch [X.] [X.] und [X.], Dr. Bergmann und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das [X.]eil des 29. Zivilsenats des [X.] vom 17. November 2005 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagten das Inverkehrbringen des Mittels "[X.]" als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) untersagt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger, der [X.], dem unter anderem eine Vielzahl von Unternehmen aus der [X.] angehört, macht gegen die Beklagte Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit dem [X.] - trieb von "[X.]" (im Folgenden: [X.]) als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) und der Werbung hierfür sowie einen Anspruch auf Erstattung von [X.] geltend. 2 Die Beklagte bewarb in der Zeitschrift "[X.]", Ausgabe 6/2002, auf Seite 12 (Anlage [X.]) die von ihr vertriebenen [X.] mit den Aussagen "[X.]? Arthrose? Entzündete Gelenke? MobilPlus-Kap-seln mit [X.] + [X.]diät helfen!". Das Mittel wird auf der Umverpackung und in der Gebrauchsanweisung als diätetisches Lebensmittel für besondere medi-zinische Zwecke bezeichnet. Eine Kapsel enthält 0,5 g Omega-3-Fettsäuren, darunter 0,3 g Eicosapentaensäure (im Folgenden: [X.]) und 15 mg Vitamin E. Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 24. Juli 2002 (Anlage [X.]) ab. Die Beklagte lehnte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungser-klärung zunächst ab. 3 Mit Schriftsatz vom 27. Mai 2003 gab die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, in der sie sich verpflichtete, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel [X.] mit folgender [X.] zu werben: "In den ersten vier Wochen täglich drei Kapseln. Anschließend reicht eine Kapsel pro Tag." Ferner teilte sie mit, dass die [X.] künftig laute: "Täglich drei Kapseln im Rahmen einer fleisch-armen Diät mit etwas Flüssigkeit einnehmen." 4 Der Kläger hat beantragt, der Beklagten zu untersagen, 5 im geschäftlichen Verkehr 1. das Mittel "[X.]" als diätetisches Lebensmittel für be- sondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) in den Verkehr zu bringen, 2. für das Mittel "[X.]" zu werben: - 4 - "[X.]? Arthrose? Entzündete Gelenke? [X.] mit [X.] + [X.]diät helfen", sofern dies geschieht wie in der Werbeanzeige im "[X.]", Heft 6/2002, Seite 12. Ferner hat er die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von [X.] in Höhe von 139,20 • nebst Zinsen begehrt. 6 Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. 7 Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben ([X.], 139 = [X.] 2006, 77). Das Berufungsgericht hat den Unterlassungstenor zu I 1 nach Maßgabe des in der Berufungsinstanz geänderten Klagebegehrens des [X.] dahingehend gefasst, dass der [X.] nunmehr untersagt wird, 8 im geschäftlichen Verkehr das Mittel "A.

[X.]" als diäteti- sches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) in den Verkehr zu bringen, sofern dies gemäß den im Tenor des Berufungsurteils wie-dergegebenen A[X.]ildungen der Umverpackung und der Gebrauchsanweisung geschieht, hinsichtlich der Einnahmeempfehlung sowohl auf der Umverpackung als auch auf der Gebrauchsanweisung mit der Maßgabe, dass eine Einnahme im Umfang von täglich drei Kapseln im Rahmen einer fleischarmen Diät emp-fohlen wird. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr auf Abweisung der Klage gerichtetes Begehren weiter. Der Kläger beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen. 9 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe der mit dem Klageantrag zu 1 geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, 10 - 5 - §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB, § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 [X.] zu. Der Unterlassungsanspruch nach dem Klageantrag zu 2 sei aus § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB begründet. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten folge aus § 683 Satz 1, §§ 677, 670 BGB. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Bezeichnung "diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät)" sei für das Mittel "[X.]" irreführend (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB). Denn der Beklagten sei der ihr obliegende Beweis nicht gelungen, dass das genannte Mittel die Voraussetzungen eines diätetischen Lebensmittels für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte [X.]) gemäß § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 [X.] erfülle. Der Sachverständige Prof. Dr. H. habe nachvollziehbar dargelegt, dass Personen, die an [X.] Gelenkerkrankungen wie [X.] und Arthrose litten, keinen ausreichend gesicherten medizinisch bedingten, von den allgemeinen Ernährungsempfeh-lungen abweichenden Bedarf an den Nährstoffen hätten, die in dem Mittel "[X.]" enthalten seien. 11 Die beanstandete Werbung (Anlage [X.]) mit dem Text "[X.]? [X.]? Entzündete Gelenke? [X.] mit [X.] + [X.]diät hel-fen" enthalte krankheitsbezogene Werbeaussagen [X.] von § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Nach § 3 Abs. 1 [X.] gelte abweichend von § 12 Abs. 2 Nr. 2 LFGB (§ 18 Abs. 2 Satz 2 [X.]) das Verbot des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) auch für diätetische [X.]. Die Ausnahmevorschrift des § 3 Abs. 2 [X.], nach der krankheits-bezogene Werbeaussagen für diätetische Lebensmittel in bestimmten, erschöp-fend aufgeführten Fällen zulässig seien, sei im Streitfall nicht einschlägig. So-weit in § 3 Abs. 2 Nr. 4 lit. f [X.] Gicht genannt werde, rechtfertige diese Be-stimmung die beanstandete Werbung schon deshalb nicht, weil die Werbung 12 - 6 - nicht die nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 lit. f [X.] zulässige Formulierung "zur besonde-ren Ernährung bei Gicht im Rahmen eines Diätplanes" verwende. Im Streitfall könne offenbleiben, ob bei bilanzierten Diäten, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 [X.] erfüllten, im Hinblick auf die Kennzeichnungsvor-schrift des § 21 [X.] - unbeschadet des § 3 [X.] - eine krankheitsbezogene Werbung für bilanzierte Diäten zulässig sei, da der Beklagten der ihr obliegende Beweis nicht gelungen sei, dass bei dem Produkt "[X.]" die Vor-aussetzungen für ein diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät) gemäß § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 [X.] vorlägen. I[X.] Die Revision der Beklagten hat teilweise Erfolg. Sie führt hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung des Inverkehrbringens nach dem [X.]eilstenor zu I 1 zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung (dazu unten 1.). Soweit die Beklagte zur Unterlassung der beanstandeten Werbung und zur Zahlung der Abmahnkosten verurteilt worden ist, bleibt die Revision ohne Erfolg (dazu unten 2.). 13 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Bezeichnung "diäteti-sches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diät)" für die "[X.]" der Beklagten sei irreführend [X.] von § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LFGB, weil der Beklagten nicht der ihr obliegende Beweis gelun-gen sei, dass ihr Mittel die Voraussetzungen einer bilanzierten Diät nach § 1 Abs. 4a, § 14b Abs. 1 [X.] erfülle. Die Revision rügt mit Recht, dass die bis-lang getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Annahme einer Irre-führung durch die Bezeichnung des Mittels als bilanzierte Diät nicht tragen. 14 a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1 LFGB, § 1 15 - 7 - UWG a.F. i.V. mit § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 lit. [X.] zusteht, wenn die "[X.]" der Beklagten nicht die Anforderungen an eine bilanzierte Diät nach § 1 Abs. 4a, § 14b [X.] erfüllen. Bei den Vorschriften der § 11 LFGB, § 17 [X.] über irreführende Werbung handelt es sich um Marktverhal-tensregelungen [X.] von § 4 Nr. 11 UWG, § 1 UWG a.F. (vgl. zu § 17 [X.] [X.], [X.]. v. 3.4.2003 - I ZR 203/00, [X.], 631, 632 = [X.], 883 - L-Glutamin). Die Bezeichnung eines Mittels als bilanzierte Diät ist irreführend im Sinne der genannten Vorschriften, wenn dieses Mittel nicht die Vorausset-zungen eines diätetischen Lebensmittels für besondere medizinische Zwecke nach § 1 Abs. 4a, § 14b [X.] erfüllt. b) Nach § 1 Abs. 4a Satz 1 [X.] sind diätetische Lebensmittel für be-sondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten) Erzeugnisse, die auf beson-dere Weise verarbeitet oder formuliert und für die diätetische Behandlung von Patienten bestimmt sind. Sie dienen entweder der Ernährung von Patienten, bei denen die Aufnahme oder Verarbeitung gewöhnlicher Lebensmittel oder [X.] darin enthaltener Nährstoffe aus bestimmten, in § 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 1 [X.] angeführten Gründen beeinträchtigt ist, oder der Ernährung von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, für deren diätetische Behandlung eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere Lebensmittel für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden nicht ausreichen (§ 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 2 [X.]). Ein Nährstoffbedarf ist, wie sich aus § 1 Abs. 4a Satz 3 Nr. 1 und 2 [X.] ergibt, dann medizinisch bedingt, wenn bestimmte Beschwerden, Krankheiten oder Störungen vorliegen, die ei-nen besonderen Ernährungsbedarf zur Folge haben. Der besondere Ernäh-rungsbedarf kann darin bestehen, dass die Patienten aufgrund der [X.], Krankheiten oder Störungen, insbesondere aus den in § 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 1 [X.] genannten Gründen, unterernährt sind. Ein Nährstoffbedarf ist aber auch dann medizinisch bedingt (§ 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 2 [X.]), wenn auf-16 - 8 - grund der Beschwerden, Krankheiten oder Störungen sonstige besondere [X.] bestehen, denen mit einer diesen Erfordernissen ange-passten Nährstoffformulierung entsprochen werden kann (vgl. auch [X.] 1 der Richtlinie 1999/21/[X.] v. 25. März 1999 über diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke, ABl. [X.] Nr. L 091 v. 7.4.1999, [X.]). Das kann, wie § 1 Abs. 2 Nr. 1 lit. b [X.] zu entneh-men ist, bereits dann der Fall sein, wenn die an den bestimmten Beschwerden, Krankheiten oder Störungen leidenden Personen einen besonderen Nutzen aus der kontrollierten Aufnahme bestimmter Nährstoffe ziehen können. Eine bilanzierte Diät dient [X.] von § 1 Abs. 4a Satz 2 [X.] der Ernäh-rung von Patienten mit einem speziellen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf, wenn sie zur Deckung dieses Bedarfs bestimmt ist und sich, wie sich aus § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.] ergibt, auch für diesen [X.] eignet (vgl. [X.]/[X.] in Zipfel/[X.], Lebensmittelrecht, Stand der Kommentierung: 1. März 2007, § 1 [X.] Rdn. 89a). Nach § 14b Abs. 1 Satz 1 [X.] muss die Herstellung von bilanzierten Diäten auf vernünftigen medizinischen und diäteti-schen Grundsätzen beruhen. [X.] Diäten müssen sich gemäß den [X.] des Herstellers sicher und nutzbringend verwenden lassen und wirksam sein in dem Sinne, dass sie den besonderen Ernährungserfordernis-sen der Personen entsprechen, für die sie bestimmt sind (§ 14b Abs. 1 Satz 2 [X.]). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, die Beklagte als Herstellerin und Vertreiberin des als bilanzierte Diät beworbenen Mittels darzulegen und gegebenenfalls zu [X.]. Die Diätverordnung enthält zwar keine ausdrücklichen Regelungen darüber, welchen Anforderungen an den Nachweis der Wirksamkeit [X.] von § 14b Abs. 1 Satz 2 [X.] zu stellen sind und wer den Nachweis zu führen hat. Der nationale Verordnungsgeber hat davon abgesehen, den insoweit in Art. 3 Satz 2 der Richtlinie 1999/21/[X.] enthaltenen Zusatz, dass die Wirksamkeit 17 - 9 - durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Daten zu belegen ist, in die Diät-verordnung zu übernehmen. Diese Klarstellung ist jedoch unter dem Gesichts-punkt der richtlinienkonformen Auslegung von § 14b Abs. 1, § 1 Abs. 4a [X.] ergänzend heranzuziehen (vgl. [X.], Rechtliche Problemstellungen bei ergänzenden bilanzierten Diäten in arzneitypischer Darreichungsform, 2008, [X.] f. m.w.N.). Daraus folgt zum einen, dass an den Nachweis der [X.] einer bilanzierten Diät grundsätzlich keine höheren Anforderungen zu stel-len sind als an die wissenschaftliche Absicherung einer sonstigen gesundheits-bezogenen Wirkungsbehauptung. Zum anderen ist dieser Regelung zu entneh-men, dass derjenige, der die bilanzierte Diät herstellt und vertreibt, grundsätz-lich ihre Wirksamkeit [X.] von Art. 3 Satz 2 der Richtlinie 1999/21/[X.] (§ 14b Abs. 1 Satz 2 [X.]) darzulegen und zu beweisen hat. c) Das Berufungsgericht hat seine Annahme, dass Personen, die an ent-zündlichen Gelenkerkrankungen wie [X.] und Arthrose litten, keinen aus-reichend gesicherten medizinisch bedingten, von den allgemeinen Ernährungs-empfehlungen abweichenden Nährstoffbedarf an den Stoffen hätten, die in dem Mittel "[X.]" enthalten seien, im wesentlichen auf die Ausführun-gen des Sachverständigen Prof. Dr. H.
gestützt. Die Revision beanstandet zu Recht, dass sich weder den Ausführungen des Berufungsgerichts noch den von ihm in Bezug genommenen Darlegungen des Sachverständigen hinrei-chend entnehmen lässt, ob bei Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankun-gen schon kein durch dieses Leiden bedingter besonderer Nährstoffbedarf be-steht oder ob ein solcher Bedarf zwar gegeben ist, das Mittel der Beklagten [X.] nicht der Deckung dieses Bedarfs [X.] des § 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 2 [X.] dient, weil seine Wirksamkeit und Erforderlichkeit zur Erreichung des angege-benen [X.]s nicht hinreichend nachgewiesen ist. 18 - 10 - aa) Die Beklagte hat geltend gemacht, bei [X.]- und Arthrosepatien-ten bestehe ein erhöhter Bedarf an [X.]. Sie hat dies damit begründet, dass mit der üblichen Ernährung in großen Mengen die [X.] aufgenommen werde, die die Bereitschaft des Organismus zur Entwick-lung und Unterhaltung von Entzündungen fördere. Dagegen bestehe in der [X.] ein relativer Mangel an Omega-3-Fettsäuren wie beispielsweise [X.]. Diese besäßen entzündungs- und schmerzhemmende Eigenschaften. [X.] sei in der Lage, die Arachidonsäure im Körper zu "verdrängen", so dass bei einer ausreichenden Aufnahme von [X.] die entzündungs- und schmerzfördernde Wirkung der Arachidonsäure verringert werde. Es bestehe ein Missverhältnis in der Bilanz des Verzehrs entzündungsfördernder und entzündungshemmender Nährstoffe. Daraus entstehe ein erhöhter Verzehrbedarf an entzündungshem-menden Nährstoffen bei gleichzeitiger Verringerung des Verzehrs entzündungs-fördernder Nährstoffe. 19 [X.]) Da das Berufungsgericht zur Aufnahme von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren mit der normalen Ernährung sowie zur entzündungshemmenden bzw. entzündungsfördernden Wirkung dieser Stoffe keine gegenteiligen Fest-stellungen getroffen hat, ist für die rechtliche Beurteilung in der [X.] insoweit von dem tatsächlichen Vorbringen der Beklagten auszugehen. Danach kann ein sonstiger medizinisch bedingter Bedarf an den in dem Mittel der Beklagten enthaltenen Nährstoffen nicht verneint werden. Denn für die An-nahme eines solchen Bedarfs genügt es, dass Patienten mit entzündlichen Ge-lenkerkrankungen aufgrund ihres Leidens einen erhöhten Bedarf an der Zufuhr von Nährstoffen mit entzündungshemmender Wirkung haben. 20 cc) Nach den bislang getroffenen Feststellungen kann die grundsätzliche Eignung der in dem Mittel der Beklagten enthaltenen Nährstoffe, diesen beson-deren Bedarf zu decken, nicht verneint werden. Der Sachverständige Prof. 21 - 11 - Dr. H. , dessen Darlegungen zur Wirkung von Omega-3-Fettsäuren das Berufungsgericht gefolgt ist, hat sich insbesondere auf eine Metaanalyse der anerkannten [X.] [X.] aus dem Jahre 2004 zur Wirkung von Omega-3-Fettsäuren bei Erkrankungen mit rheumatoider Arthritis gestützt. Diese Analyse enthält die Feststellung, dass Omega-3-Fettsäuren bei Patienten mit rheumatoider Arthritis zu einer Senkung des Bedarfs an antientzündlichen Medikamenten führen. Der Sachverständige hat bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsge-richt insoweit eingeräumt, dass gewisse Effekte nachweisbar sein mögen; eine wissenschaftliche Notwendigkeit zur Verabreichung der entsprechenden Stoffe existiere aber nicht. Zu der Studie von Prof. Dr. A. aus dem Jahre 2003, die, wie die Revision geltend macht, eine Einsparung von Medikamenten von ca. 20% bis 25% belegt, hat der Sachverständige Prof. Dr. H. ausgeführt, er habe an dieser Studie keine Zweifel. Bereits in seiner ergänzenden schriftlichen Stellungsnahme vom 2. November 2005 hatte der Sachverständige in seiner zusammenfassenden Bewertung darauf hingewiesen, dass in randomisierten kontrollierten klinischen Studien an kleineren, heterogenen Patientengruppen Omega-3-Fettsäuren in Dosierungen zwischen 0,8 und 4,6 g am Tag die periar-tikulären [X.] signifikant mildern und den Bedarf an Gluko-kortikoiden verringern. Kommt den in dem Mittel der Beklagten enthaltenen Omega-3-Fett-säuren - und demzufolge diesem Mittel insgesamt - gleichfalls die Wirkung zu, dass ihre Aufnahme durch Patienten mit entzündlichen Gelenkerkrankungen eine Verringerung des Bedarfs an antientzündlichen Medikamenten zur Folge hat, dann dienen sie der Deckung eines sonstigen medizinischen Nährstoffbe-darfs [X.] von § 1 Abs. 4a Satz 2 Fall 2 [X.]. Denn in der Verringerung des Bedarfs an antientzündlichen Medikamenten liegt ein besonderer Nutzen (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 1 lit. b [X.]), den an entzündlichen Gelenkerkrankungen [X.] - 12 - de Patienten aus der Aufnahme der genannten Nährstoffe ziehen können. Dies genügt für die Annahme, dass das Mittel der Beklagten für einen medizinisch bedingten [X.] bestimmt und geeignet ist. Da das Berufungsge-richt es hat dahinstehen lassen, ob für die Patienten, für die das Mittel der [X.] bestimmt ist, eine Modifizierung der normalen Ernährung, andere [X.] für eine besondere Ernährung oder eine Kombination aus beiden ausreichen, ist auch insoweit für die rechtliche Beurteilung in der [X.] von dem Vorbringen der Beklagten auszugehen, dass dies nicht der Fall ist. d) Da das Berufungsurteil hinsichtlich der Verurteilung zur Unterlassung des Inverkehrbringens des Mittels der Beklagten als bilanzierte Diät schon aus diesem Grunde keinen Bestand haben kann, kann offenbleiben, ob auch die weiteren [X.] der Revision gegen die Würdigung der übrigen von dem Sach-verständigen Prof. Dr. H. herangezogenen Studien über die Wirkung von Omega-3-Fettsäuren bei entzündlichen Gelenkerkrankungen durch das [X.] durchgreifen. Jedenfalls fehlt der Annahme des Berufungsgerichts, ein ausreichend gesicherter medizinisch bedingter Nährstoffbedarf sei nicht nachvollziehbar dargelegt, auch insoweit die Grundlage, als es zum einen keine hinreichenden Feststellungen zu dem von der Beklagten behaupteten Bedarf getroffen hat (vgl. oben unter II 1 c aa) und zum anderen von einem zu engen Begriff des medizinisch bedingten [X.] ausgegangen ist (vgl. oben unter [X.] und [X.]). 23 2. Die Revision der Beklagten ist dagegen unbegründet, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Unterlassung der beanstandeten konkreten Werbe-aussagen richtet. 24 - 13 - a) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass es sich bei dem Verbot der krankheitsbezogenen Werbung nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, § 18 Abs. 1 Nr. 1 [X.] um eine Marktverhaltensregelung [X.] von § 4 Nr. 11 UWG, § 1 UWG a.F. handelt (vgl. zu § 18 Abs. 1 Nr. 1 [X.] [X.], [X.]. v. 4.12.1997 - I ZR 125/95, [X.], 493, 494 = [X.], 505 - [X.]; [X.]. v. 22.4.1999 - I ZR 159/96, [X.], 1007, 1008 = [X.], 915 - Vitalkost). Die Annahme des Berufungsgerichts, die beanstandete Werbung enthalte krankheitsbezogene Werbeaussagen [X.] von § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, § 18 Abs. 1 Nr. 1 [X.], weil die Linderung der genannten Erkran-kungen durch die Einnahme von [X.] in Aussicht gestellt werde, lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Die Revision erhebt insoweit auch kei-ne [X.]. 25 b) Entgegen der Auffassung der Revision ist ein Verstoß gegen das Ver-bot der krankheitsbezogenen Werbung auch dann nicht zu verneinen, wenn es sich bei dem Mittel der Beklagten - wovon für die rechtliche Beurteilung in der Revisionsinstanz auszugehen ist - um eine bilanzierte Diät [X.] von § 1 Abs. 4a [X.] handelt. Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 LFGB (§ 18 Abs. 2 Satz 2 [X.]), § 3 Abs. 1 [X.] gilt das Verbot des § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) auch für diätetische Lebensmittel. Einer der in § 3 Abs. 2 [X.] genann-ten Ausnahmefälle liegt, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, nicht vor. Auf die Frage, ob über die in § 3 Abs. 2 [X.] genannten Fälle hinaus eine krankheitsbezogene Werbung auch dann zulässig ist, wenn es sich bei den betreffenden Angaben um Pflichtangaben gemäß § 21 Abs. 1 und 2 [X.] oder um nach § 21 Abs. 3 [X.] erlaubte Angaben handelt, kommt es im Streitfall nicht an. Denn die beanstandete Werbung der Beklagten beschränkt sich nicht auf nach diesen Bestimmungen vorgeschriebene oder erlaubte An-gaben. Es werden nicht nur das Mittel der Beklagten sowie die Erkrankungen genannt, für die es bestimmt ist (§ 21 Abs. 2 Nr. 1 [X.]), sondern es wird dar-26 - 14 - über hinaus damit geworben, dass das Mittel der Beklagten bei diesen Erkran-kungen hilft. Wie insbesondere aus § 3 Abs. 2 Nr. 2 und 3 [X.] folgt, ist ein derartiger Hinweis auf eine "helfende" Wirkung des beworbenen Mittels weder nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 [X.] noch nach § 21 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zur Beschrei-bung der Eigenschaften und Merkmale geboten, denen das Lebensmittel seine Zweckbestimmung verdankt. Selbst bei den in § 3 Abs. 2 Nr. 2 und 3 [X.] aus-drücklich genannten Lebensmitteln ist lediglich die Aussage "geeignet zur [X.]" erlaubt. Auf eine heilende Wirkung darf lediglich bei den in § 3 Abs. 2 Nr. 2 [X.] genannten Lebensmitteln hingewiesen werden, wenn diese zur Heilung geeignet sind, und auch dann nur durch die zusätzliche Bezeich-nung "Heilnahrung". 3. Da die Abmahnung mit Schreiben vom 24. Juli 2002 jedenfalls hin-sichtlich der Beanstandung der konkreten Werbeaussagen berechtigt war, hat der Kläger, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, einen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Abmahnkosten in Form einer Kostenpauschale nach § 683 Satz 1, §§ 677, 670 BGB auch der Höhe nach (vgl. [X.] in Hefermehl/[X.]/[X.], UWG, 26. Aufl., § 12 Rdn. 1.99). 27 II[X.] Die Revision ist somit zurückzuweisen, soweit sie sich gegen die [X.] zur Unterlassung der konkreten Werbung und zur Zahlung der [X.] richtet. Im Übrigen ist das Berufungsurteil auf die Revision der [X.] aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist im Umfang der [X.] an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da sie insoweit noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 ZPO). 28 - 15 - Sollte es im wiedereröffneten [X.] darauf ankommen, ob - wie das [X.] angenommen hat - [X.] von § 1 Abs. 4a Satz 2 [X.] eine Modifizierung der normalen Ernährung zur diätetischen Behandlung ausreicht, wird sich das Berufungsgericht mit den dagegen gerichteten Angriffen in der Berufungsbegründung der Beklagten zu befassen haben, mit denen diese gel-tend gemacht hat, dass eine fischölreiche Ernährung mit normalen [X.] zur Aufnahme der erforderlichen Menge an Omega-3-Fettsäuren auf Dauer nicht praktikabel und zudem infolge der erhöhten Fettaufnahme mit schädlichen Folgen für die Gesundheit der Patienten verbunden sei. Unter einer normalen Ernährung [X.] von § 1 Abs. 4a Satz 2 [X.] ist eine solche Ernährung zu [X.], die insbesondere hinsichtlich der Art und Eigenschaften der verzehrten Lebensmittel sowie des Umfangs und der Dauer des Verzehrs im Rahmen der üblichen Ernährungsgewohnheiten des betreffenden Patientenkreises liegt. [X.] Modifizierung der normalen Ernährung reicht zur diätetischen Behandlung nicht aus, wenn sich mit ihr die besonderen medizinischen Zwecke nicht oder nicht sicher erreichen lassen, die Modifizierung nicht praktikabel oder für den 29 - 16 - Patienten unzumutbar ist (vgl. Stellungnahme des [X.] und des [X.], [X.], 236, 238; Kügel, [X.] 2003, 265, 273 f.; [X.] aaO S. 120 m.w.N.). [X.] Pokrant Büscher
Bergmann [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 02.07.2003 - 1 [X.] 21690/02 - [X.], Entscheidung vom 17.11.2005 - 29 U 4024/03 -

Meta

I ZR 220/05

02.10.2008

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.10.2008, Az. I ZR 220/05 (REWIS RS 2008, 1633)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 1633

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