Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.11.2013, Az. XI R 24/11

11. Senat | REWIS RS 2013, 1218

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Gegenstand

Zur umsatzsteuerfreien Kreditgewährung im Rahmen eines "Public-Private-Partnership-Projekts" - Abgrenzung zwischen einer einheitlichen Leistung und mehreren getrennt zu beurteilenden Leistungen - Werklieferung und Finanzierungsleistung


Leitsatz

1. Erbringt ein Unternehmer an ein Studentenwerk im Rahmen eines "Public-Private-Partnership-Projekts" eine Bauleistung (Werklieferung), die mit einer zwanzigjährigen Finanzierung des Bauvorhabens durch ihn verbunden ist, kann neben der Werklieferung eine eigenständige steuerfreie Kreditgewährung an das Studentenwerk vorliegen .

2. Das gilt auch dann, wenn in der zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarung kein Jahreszins angegeben worden ist (entgegen Abschn. 3.11. Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UStAE) .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, betrieb im Streitjahr 2005 ein Bauunternehmen. Sie hatte im August 2004 zusammen mit zwei weiteren Gesellschaftern die Objektgesellschaft ... ([X.]), an der sie 90 % der Gesellschaftsanteile hielt, gegründet. Zwischen der Klägerin (als Organträgerin) und der [X.] (als Organgesellschaft) bestand eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG).

2

Die [X.] wurde in die Sanierung einer Studentenwohnanlage im Rahmen eines sog. "Public-Private-Partnership-Projekts" (PPP-Projekt) --einer vertraglichen Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Ressourcen einbringenden privatrechtlich organisierten Unternehmen zur Verwirklichung eines [X.] eingebunden. Ziel des Projekts war die Sanierung einer aus mehreren Häusern bestehenden Studentenwohnanlage, wobei deren Träger, das [X.] ([X.]), weder rechtlich als Bauauftraggeber auftreten noch selbst einen eigenen Kredit aufnehmen sollte.

3

Zwischen der [X.] und dem [X.] wurde am 8. September 2004 ein Vertragswerk geschlossen, das sowohl einen als "Mietvertrag" als auch einen als "Konzessionsvertrag" bezeichneten Teil umfasste. Danach erhielt die [X.] als Baukonzessionär für die Dauer von 20 Jahren das alleinige Recht auf Nutzung der Wohnheime in Form eines Nießbrauchs gegen Zahlung eines einmaligen Nutzungsentgelts in Höhe von ... €. Sie durfte den Nießbrauch ausschließlich dahingehend ausüben, dass sie die Studentenwohnheime im Rahmen eines alleinigen Mietverhältnisses an das [X.] zur Nutzung überließ. Weiter verpflichtete sich die [X.], die Studentenwohnheime auf Grundlage eines Angebots der Klägerin vom 29. Juni 2004 in der Fassung vom 26. Juli 2004 zu sanieren, die Finanzierung des Projekts sicherzustellen und die Objekte für die gesamte Vertragslaufzeit an das [X.] zu vermieten.

4

Die Höhe des Mietzinses blieb zunächst offen. Nach § 2 Ziff. 2 des vom [X.] ([X.]) in Bezug genommenen "Mietvertrags" war hierzu vorgesehen:

5

"Grundlage für die Mietzinsberechnung sind die Gesamtfinanzierungsleistungen für die Sanierung der Mietobjekte, die sich wie folgt zusammensetzen:

6

I. Anteil Baumaßnahme:

        

a) alle Baukosten inkl. Nebenkosten usw. lt. Angebot vom 29.06.2004 in der Fassung der Präzisierung vom 26.07.2004 netto sowie etwaiger nach Vertragsschluss vereinbarter, mitfinanzierter Zusatzleistungen zuzügl. der am Tag der Fertigstellung gültigen gesetzl. Umsatzsteuer;

7

II. Anteil Finanzierung

        

b) Finanzierungskosten während der Bauzeit;

        

c) Nutzungsentgelt für die Überlassung der Mietobjekte und Bestellung des Nießbrauchrechts
d) der jeweilig geltende Finanzierungszins.

8

Die Finanzierungsanteile sind gemäß § 4 Nr. 8 UStG umsatzsteuerbefreit.

9

Der Mietzins ist so festzulegen, dass innerhalb von 20 Jahren die Gesamtfinanzleistungen vollständig amortisiert werden. Gemäß Zahlungsplan des Angebots setzt sich der jeweilige Mietzins aus einem Zins- und einem Tilgungsanteil zusammen.

Der umsatzsteuerbefreite Finanzierungsanteil wird separat berechnet und ausgewiesen. Einzelheiten sind nach den Bestimmungen der Finanzbehörden (R 29a [der [X.]] [X.]) noch festzulegen."

Nach Fertigstellung der [X.] wurden aufgrund der feststehenden Baukosten und Finanzierungskonditionen die Gesamtfinanzleistungen festgelegt und daraus folgend die monatlich vom [X.] zu zahlende Miete. Die [X.] finanzierte ihrerseits die Maßnahme über eine Finanzierungsvereinbarung mit einer Hypothekenbank.

Eine nachfolgende Außenprüfung bei der Klägerin gelangte zu dem Ergebnis, dass die [X.] durch die Sanierung der Gebäude eine [X.] erbracht habe. Für die beiden im Streitjahr 2005 abgeschlossenen Sanierungen --Haus Y und [X.] seien sowohl die abgerechneten und bereits umsatzversteuerten Baukosten (... €) als auch die darauf entfallenden Finanzierungskosten (... €) sowie das Nutzungsentgelt für den der [X.] eingeräumten Nießbrauch (... €) in die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage der [X.] einzubeziehen. Soweit die [X.] gegenüber dem [X.] die Bauleistungen kreditiert habe, liege keine eigenständige umsatzsteuerrechtliche Leistung vor. Eine eindeutige, klare, offensichtliche und leicht nachprüfbare Trennung zwischen Kreditgeschäft und Liefergeschäft gehe aus dem vorliegenden Vertragswerk nicht hervor. Hiernach ergab sich für das Streitjahr 2005 eine Mehrsteuer in Höhe von ... €.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) setzte die Umsatzsteuer für das Streitjahr mit Umsatzsteuerbescheid vom 6. Mai 2008 dementsprechend auf ... € fest.

Der Einspruch der Klägerin wurde im Streitpunkt mit Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2008 als unbegründet zurückgewiesen.

Während des Klageverfahrens änderte das [X.] die Umsatzsteuerfestsetzung für 2005 mit [X.] vom 1. April 2010. Die Umsatzsteuer für das Streitjahr wurde nunmehr auf ... € festgesetzt. Der Streitpunkt des Verfahrens war hiervon nicht betroffen.

Die Klage hatte Erfolg. Das [X.] setzte unter Änderung des [X.] vom 1. April 2010 die Umsatzsteuer für das Streitjahr um ... € auf ... € herab.

Es führte zur Begründung aus, die [X.] habe gegenüber dem [X.] mehrere umsatzsteuerrechtlich getrennt voneinander zu beurteilende Leistungen erbracht. Die sonstige Leistung, die in der Vorfinanzierung des [X.] liege, sei als eigenständige, steuerfreie Kreditgewährung zu beurteilen, die auch eigenständig abgerechnet worden sei.

Aus den Regelungen in § 2 des "Mietvertrags" sei ersichtlich, dass eine eigenständige Finanzierungsleistung neben die unstreitig vorliegende [X.] getreten sei.

Entgegen Abschn. 29a Abs. 2 [X.] sei es nicht zwingend erforderlich, dass ein zahlenmäßig feststehender Jahreszins angegeben sein müsse.

Mit der vom [X.] zugelassenen Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.

Die [X.] habe eine einheitliche Leistung an das [X.] erbracht. Die einem PPP-Projekt immanente Kreditierung des Entgelts sei nur dann als eigenständige Leistung zu behandeln, wenn [X.] als hier-- die Leistung und die Kreditgewährung gesondert vereinbart worden seien.

Eine gesonderte Kreditgewährung unter Angabe eines [X.] sei nicht daraus zu entnehmen, dass nach § 2 des vorliegenden "Mietvertrags" die Bau- und Finanzierungskosten kalkulatorisch in die Berechnung der monatlich zu entrichtenden Leistungsentgelte eingegangen seien.

Die bloße Willensbekundung in der vertraglichen Abrede, wonach die Finanzierungsanteile gemäß § 4 Nr. 8 UStG umsatzsteuerfrei seien, könne eine einheitliche Leistung nicht in zwei getrennte Leistungen aufspalten.

Es sei eine Rechtsfrage, ob die vorliegende [X.] in Teilleistungen einerseits und die in der Vorfinanzierung des [X.] liegende Finanzierungsleistung andererseits umsatzsteuerrechtlich als zwei eigenständige Leistungen oder als eine einheitliche Leistung zu beurteilen seien.

Hierfür sei es unbeachtlich, dass das [X.] sein Bauvorhaben auch über ein Kreditinstitut hätte finanzieren können.

Es könne revisionsrechtlich nachgeprüft werden, ob --was vorliegend nicht der Fall [X.] das [X.] die für die Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumstände, insbesondere die Interessenlage der Beteiligten erforscht und zutreffend gewürdigt habe.

Das [X.] habe weder rechtlich als Bauauftraggeber auftreten noch selbst einen eigenen Kredit aufnehmen sollen, was dafür spreche, dass die Kreditgewährung für die Beteiligten keine eigenständige Bedeutung gehabt habe, sondern (nur) ein entscheidendes Kriterium gewesen sei, die [X.] überhaupt in Anspruch zu nehmen.

Eine Leistung sei --wie hier die Kreditgewährung-- als Nebenleistung zur Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck habe, sondern nur lediglich das Mittel darstelle, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.

Das [X.] beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuer für das Streitjahr 2005 auf ... € festzusetzen, hilfsweise die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Sie bringt im Wesentlichen vor, der [X.] ([X.]) sei gemäß § 118 Abs. 2 der [X.]sordnung ([X.]O) grundsätzlich an die vom [X.] getroffenen tatsächlichen Feststellungen --wie hier, ob der Unternehmer mehrere eigenständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbracht habe-- gebunden, die nur eingeschränkt überprüfbar seien.

Das [X.] sei ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, dass mit der Sanierung der Studentenwohnanlage einerseits und der Finanzierung dieses Projekts andererseits zwei umsatzsteuerrechtlich gesondert zu beurteilende Leistungen erbracht worden seien.

Die Würdigung des Sachverhalts durch die Vorentscheidung stehe auch im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.] und des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) zur Abgrenzung einer einheitlichen Leistung.

Vorliegend seien [X.] und Finanzierungsleistung trennbar, weil es für das [X.] ohne weiteres möglich gewesen wäre, die [X.] lediglich mit der Durchführung der Sanierung zu beauftragen und die Finanzierung über eine Geschäftsbank vorzunehmen.

Eine zahlenmäßig feststehende Angabe eines [X.] in der getroffenen Vereinbarung über die Kreditgewährung sei zur Annahme mehrerer eigenständiger Leistungen nicht erforderlich. Auf eine solche Angabe komme es angesichts des Umstands, dass in den vorliegenden Verträgen so konkrete Vereinbarungen zur Höhe des [X.] getroffen worden seien, wonach sich dieser im Zeitpunkt des Beginns der Mietzeit ohne weiteres zahlenmäßig habe ermitteln lassen, ersichtlich nicht an.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist unbegründet. Sie war daher nach § 126 Abs. 2 [X.]O zurückzuweisen.

Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass im Streitfall neben einer umsatzsteuerpflichtigen [X.] i.S. des § 3 Abs. 4 UStG eine eigenständige nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG umsatzsteuerfreie Kreditgewährung vorliegt.

1. Entgegen dem Wortlaut der abgeschlossenen Verträge ist das [X.] mit Recht davon ausgegangen, dass die OG gegenüber dem Studentenwerk keine Mietleistungen an Grundstücken, sondern [X.]en erbracht hat.

Das [X.] hat insoweit zutreffend berücksichtigt, dass die tatsächliche Verfügungsmacht an dem jeweiligen Gebäude nach Abschluss der Sanierungsarbeiten auf das Studentenwerk übergegangen ist. Dass das Studentenwerk bereits zuvor bürgerlich-rechtlicher Eigentümer des jeweiligen Grundstücks war, steht nach § 3 Abs. 4 Satz 2 UStG der Annahme einer [X.] nicht entgegen.

Insoweit hat das [X.] die erbrachte Leistung zutreffend als [X.] eingeordnet und ebenso zu Recht entschieden, dass die OG für die im Streitjahr abgenommenen Gebäude die vereinbarte [X.] in Teilleistungen i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 UStG erbracht hat (vgl. dazu auch [X.] Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Juni 2012  7 K 7320/08, Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2012, 1964, Rz 24). Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

2. Wie das [X.] in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise begründet hat, tritt im Streitfall zu dieser [X.] eine umsatzsteuerrechtlich eigenständige --nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG umsatzsteuerfreie-- Kreditgewährung hinzu.

a) Ob im konkreten Fall umsatzsteuerrechtlich eine einheitliche Leistung vorliegt oder ob mehrere, getrennt zu beurteilende Leistungen gegeben sind, haben im Rahmen der mit Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] errichteten Zusammenarbeit die nationalen Gerichte festzustellen, die dazu alle endgültigen Tatsachenbeurteilungen vorzunehmen haben (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 10. März 2011 [X.]/09, [X.]/09, [X.]/09 und [X.]/09 --Bog u.a.--, Slg. 2011, [X.], [X.], 272, Rz 55; vom 17. Januar 2013 [X.]/11 --BGZ [X.], [X.] --HFR-- 2013, 270, [X.] Steuerrecht --DStR-- 2013, 193, Rz 33, jeweils m.w.[X.]; ferner [X.]-Urteil vom 10. Januar 2013 V R 31/10, [X.], 380, [X.], 352, Rz 29).

Die erforderliche Gesamtbetrachtung ist im Wesentlichen das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung durch das [X.], die den [X.] grundsätzlich gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O bindet (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 17. April 2008 V R 39/05, [X.]/NV 2008, 1712, unter [X.]; vom 13. Januar 2011 V R 63/09, [X.]E 233, 64, [X.], 461, Rz 23; in [X.], 380, [X.], 352, Rz 29; ferner [X.]-Beschluss vom 29. September 2011 V B 23/10, [X.]/NV 2012, 75, Rz 9, jeweils m.w.[X.]).

b) Die vom [X.] getroffene Würdigung des Sachverhalts dahingehend, dass --neben der in Übereinstimmung mit den Beteiligten als steuerpflichtige [X.] i.S. des § 3 Abs. 4 UStG eingeordneten Leistung der [X.] in der Vorfinanzierung des [X.] eine eigenständige steuerfreie Kreditgewährung liege, ist weder widersprüchlich noch verstößt sie gegen die Denkgesetze. Der Senat ist daher --worauf die Klägerin zutreffend hinweist-- nach § 118 Abs. 2 [X.]O daran gebunden. Im Übrigen hat das [X.] --entgegen dem [X.] die für die Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumstände, insbesondere die Interessenlage der Beteiligten erforscht und nachvollziehbar gewürdigt ([X.]-Urteil, S. 7).

aa) Das [X.] hat seiner Entscheidung die maßgeblichen Abgrenzungsgrundsätze für die Frage, unter welchen Bedingungen mehrere zusammenhängende Leistungen umsatzsteuerrechtlich als eine Gesamtleistung zu behandeln sind (vgl. dazu z.B. [X.]-Urteil --BGZ [X.] in [X.], 270, [X.], 193, Rz 29 f.; [X.]-Urteile vom 15. Mai 2012 XI R 28/10, [X.]E 237, 537, [X.]/NV 2012, 1744, Rz 39; in [X.], 380, [X.], 352, Rz 17 f., jeweils m.w.[X.]), zugrunde gelegt ([X.]-Urteil, S. 6 f.).

bb) Es hat davon ausgehend in nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass mit dem Vertragswerk eine eigenständige Finanzierungsleistung vereinbart worden ist.

Hierzu führte das [X.] u.a. aus, aus dem "Mietvertrag" sei ersichtlich, dass zu der eigentlichen [X.] eine eigenständige Finanzierungsleistung getreten sei. Aus der eigenständigen Regelung über den Mietzins, der sich aus den Baukosten ableiten lasse, und die eigenständige Mietzinsberechnung dem Grunde nach für die Finanzierungsanteile sei zu schließen, dass die Vereinbarung nicht lediglich als solche zu betrachten sei, die die Höhe des Entgelts regele. Die [X.] hätten mit der ausdrücklichen Regelung zur Umsatzsteuerbefreiung der Finanzierungsanteile klar zum Ausdruck gebracht, dass die Finanzierung als eine eigenständige Leistung angestrebt worden sei. Denn nur bei Eigenständigkeit der Finanzierungsleistung habe überhaupt in Betracht kommen können, dass diese unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 UStG falle.

Nicht zu beanstanden ist auch die Würdigung des [X.], nach der die Vorfinanzierung der Baumaßnahmen für das Studentenwerk den eigenen bedeutsamen Zweck gehabt habe, insoweit eine ansonsten notwendig gewordene Kreditaufnahme umgehen zu können. Aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers komme der Kreditierung des [X.] bis zur letzten Rate nach 20 Jahren eine besondere Bedeutung zu. Dieser könne nicht annehmen, dass ihm der Leistende für die Zahlung des vereinbarten Entgelts derartige Zeitspannen zuerkenne, ohne hierfür einen wie immer gearteten Zins zu verlangen (vgl. dazu auch Urteil des [X.] Berlin-Brandenburg in E[X.] 2012, 1964, Rz 26).

cc) Aus diesen Ausführungen des [X.] folgt, dass die [X.] und die Finanzierungsleistung jeweils als eine eigenständige Leistung zu betrachten sind und weder im Verhältnis von Haupt- zu Nebenleistung stehen noch so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.

(1) In einer getrennten Beurteilung derartiger Leistungen liegt an sich noch keine künstliche Aufspaltung eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs, die die Funktionalität des Mehrwertsteuersystems beeinträchtigen könnte. Denn eine [X.] und die Finanzierung derselben können [X.] wie eine Leasingleistung und die Bereitstellung einer Versicherung für das Leasingobjekt (vgl. dazu [X.]-Urteil --BGZ [X.] in [X.], 270, [X.], 193, Rz 39)-- grundsätzlich nicht als derart eng miteinander verbunden angesehen werden, dass sie einen einheitlichen Umsatz bilden (vgl. dazu auch Urteil des [X.] Berlin-Brandenburg in E[X.] 2012, 1964, Rz 38).

(2) Die Finanzierung hat --entgegen der Ansicht des [X.]-- gegenüber der [X.] ferner nicht den Charakter einer Nebenleistung. Auch wenn --wie hier-- eine mit der [X.] einhergehende langfristige Finanzierung die Realisierung des angestrebten Bauvorhabens erleichtert oder sogar erst ermöglicht haben sollte, ist davon auszugehen, dass sie für das Studentenwerk --wie die Versicherungsleistung, die der Leasingnehmer über den Leasinggeber erlangt (vgl. dazu [X.]-Urteil --BGZ [X.] in [X.], 270, [X.], 193, Rz 42)-- im Wesentlichen einen eigenen Zweck erfüllt und nicht nur das Mittel darstellt, um die [X.] unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.

(3) Gegen die Würdigung des [X.] spricht ebenso wenig, dass es --wie hier-- bei [X.] gerade auf die Verbindung der vom Unternehmer zu erbringenden Leistung mit einer Finanzierungsleistung ankommt. Anders als bei untrennbar miteinander verbundenen Leistungen, die eine komplexe Leistung bilden (vgl. z.B. [X.]-Urteil vom 19. Juli 2012 [X.]/11 --Deutsche Bank--, [X.], 945, [X.], 667 zur Portfolioverwaltung; [X.]-Urteil in [X.], 380, [X.], 352 zur "Dinner-Show"), sind vorliegend [X.] und Finanzierung weder derart aufeinander abgestimmt noch greifen sie so ineinander, dass es die Verflechtung beider Komponenten nicht möglich machen würde, nur die [X.] oder nur die Finanzierungsleistung in Anspruch zu nehmen.

(4) Das [X.] hat bei seiner Würdigung darüber hinaus auch zu Recht darauf abgestellt, dass das Vertragswerk sowohl eigenständige Regelungen über den Mietzins, die Baukosten betreffend, und eine eigenständige Mietzinsberechnung dem Grunde nach für die Finanzierungsanteile umfasste. Denn die Rechnungsstellungs- und Preisbildungsmodalitäten können Hinweise auf die Einheitlichkeit einer Leistung liefern. Dabei sprechen --wie hier-- eine gesonderte Rechnungsstellung und eine eigenständige Bildung des [X.] für das Vorliegen eigenständiger Leistungen (vgl. [X.]-Urteil --BGZ [X.] in [X.], 270, [X.], 193, Rz 44, m.w.[X.]).

(5) Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die vom [X.] vorgenommene Mitberücksichtigung der Vertragsgestaltung grundsätzlich im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.] steht (vgl. dazu Urteil vom 11. Juni 2009 [X.]/07 --RLRE Tellmer Property--, Slg. 2009, [X.], [X.]/NV 2009, 1368, [X.], 1260; ferner Senatsurteil vom 4. Mai 2011 XI R 35/10, [X.]E 233, 379, [X.], 836, Rz 30).

3. Die hiergegen mit der Revision vorgebrachten Einwendungen des [X.] greifen nicht durch.

a) Soweit das [X.] einwendet, die Kreditierung des Entgelts sei nicht gesondert vereinbart worden, steht dem schon entgegen, dass das [X.] das vorliegende Vertragswerk in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise --und daher für den Senat nach § 118 Abs. 2 [X.]O bindend-- dahingehend gewürdigt hat, die Vertragsparteien hätten eine Vereinbarung über eine eigenständige Finanzierungsleistung getroffen. Das [X.] greift insoweit lediglich die nach den Umständen des Streitfalls rechtlich nicht zu beanstandende Würdigung des [X.] an.

b) Das [X.] weist zwar zu Recht darauf hin, dass in einer bloßen Entgeltberechnung keine gesonderte Vereinbarung einer weiteren eigenständigen Kreditgewährung liegt (vgl. Senatsurteil in [X.]E 237, 537, [X.]/NV 2012, 1744, Rz 42). Hiervon geht das [X.] bei seiner Würdigung jedoch nicht aus. Vielmehr schließt es aus der eigenständigen Regelung über den "Mietzins", den Bauaufwand betreffend, einerseits und der eigenständigen "Mietzinsberechnung" über die Finanzierung andererseits auf eine gesonderte Kreditgewährung. Es stellt mithin --entgegen dem [X.] nicht auf die Finanzierungskosten als lediglich kalkulatorischen Bestandteil einer Entgeltberechnung ab.

c) Die bloße Willensbekundung in einer vertraglichen Abrede kann --worauf das [X.] ebenso zu Recht hinweist-- eine einheitliche Leistung nicht in zwei getrennte Leistungen aufspalten. Dem steht die Würdigung des [X.], wonach die [X.] mit der ausdrücklichen Regelung zur Umsatzsteuerbefreiung der Finanzierungsanteile klar zum Ausdruck gebracht hätten, dass die Finanzierung als eine eigenständige Leistung angestrebt worden sei, indes nicht entgegen. Aus der vom [X.] in Bezug genommenen vertraglichen Abrede schließt es vielmehr, dass die Vorfinanzierung des [X.] als eine eigenständige Kreditgewährung vereinbart worden sei. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

d) Es trifft zwar zu, dass es für die Beurteilung des vorliegenden Umsatzes unbeachtlich ist, ob --wie das [X.] vorbringt-- das Studentenwerk die Finanzierung auch von einem Kreditinstitut hätte beziehen können. Denn allein die Möglichkeit, dass grundsätzlich ein Dritter bestimmte Dienstleistungen erbringen kann, ist nicht entscheidend, da die Möglichkeit, dass Teile einer einheitlichen Leistung unter anderen Umständen isoliert erbracht werden, zum Konzept des zusammengesetzten einheitlichen Umsatzes gehört (vgl. dazu [X.]-Urteil vom 27. September 2012 [X.]/11 --Field [X.], [X.], 964, [X.], 1210, Rz 26; ferner [X.]-Urteil in [X.], 380, [X.], 352, Rz 38). Die Würdigung des [X.] bezieht sich dementsprechend --wie [X.] jedoch nicht allein auf den Umstand, dass das Studentenwerk sein Bauvorhaben auch über ein Bankdarlehen hätte finanzieren können.

e) Mit seinem Vorbringen, die Tatsache, dass das Studentenwerk bei der im Rahmen des vorliegenden [X.] geplanten Sanierung der Studentenwohnanlage weder rechtlich als Bauauftraggeber auftreten noch selbst einen eigenen Kredit aufnehmen sollte, spreche dafür, dass die Kreditgewährung keine eigenständige Bedeutung habe, setzt das [X.] lediglich seine Würdigung an die Stelle der vertretbaren Würdigung des [X.].

Gleiches gilt, soweit das [X.] unter Hinweis auf Rz 40 des [X.]-Urteils --BGZ [X.] in [X.], 270, [X.], 193 vorträgt, diese "Eigentümlichkeit" des Streitfalls spreche dafür, "im Ergebnis daran festzuhalten, dass eine einheitliche [X.] vorliegt".

f) [X.] beachtliche Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze hat das [X.] im Übrigen nicht vorgebracht (vgl. dazu [X.]-Urteile vom 24. Januar 2008 V R 12/05, [X.]E 221, 310, BStBl II 2009, 60, unter [X.]; vom 25. Juni 2009 V R 25/07, [X.]E 226, 407, [X.], 239, unter [X.]; Senatsentscheidung in [X.]E 233, 379, [X.], 836, Rz 32).

4. Soweit Abschn. 29a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UStR --nunmehr Abschn. 3.11. Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des [X.] als Voraussetzung, unter der die Finanzverwaltung eine mit einer anderen Leistung einhergehende eigenständige Kreditgewährung des Leistenden annimmt, u.a. verlangt, dass in der Vereinbarung über die Kreditgewährung auch der [X.] angegeben werden muss, folgt der Senat dem jedenfalls hinsichtlich des im Streitfall vorliegenden [X.] nicht.

Denn ist --wie hier-- in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls die Kreditierung des [X.] als eigenständige Leistung zu beurteilen, so kann es --worauf die Vorentscheidung zutreffend hinweist-- nicht darauf ankommen, dass in der geschlossenen Vereinbarung über die Kreditgewährung ein zahlenmäßig feststehender [X.] angegeben sein muss.

Hinzu kommt, dass im Streitfall --worauf das [X.] ebenso zutreffend hinweist-- die Regelung in § 2 Ziff. 3 des von ihm in Bezug genommenen "Mietvertrags" konkret genug bestimmt, wie die Höhe des Zinssatzes zum Zeitpunkt der Erbringung der [X.] zu ermitteln ist, und die abschließende Festlegung des Zinses nach § 2 Ziff. 4 dieses Vertrags spätestens einen Monat nach Beginn der "Mietzeit" vorgesehen war (vgl. dazu auch Urteil des [X.] Berlin-Brandenburg in E[X.] 2012, 1964, Rz 37).

Meta

XI R 24/11

13.11.2013

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 18. August 2011, Az: 16 K 276/08, Urteil

§ 1 Abs 1 Nr 1 S 1 UStG 2005, § 2 Abs 2 UStG 2005, § 3 Abs 4 UStG 2005, § 4 Nr 8 Buchst a UStG 2005, § 13 Abs 1 Nr 1 Buchst a S 2 UStG 2005, § 118 Abs 2 FGO, Art 267 AEUV, Abschn 3.11 Abs 2 S 2 Nr 2 UStAE, UStG VZ 2005, § 3 Abs 9 UStG 2005, § 3 Abs 1 UStG 2005

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.11.2013, Az. XI R 24/11 (REWIS RS 2013, 1218)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1218

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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