Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.01.2023, Az. 5 B 21/22

5. Senat | REWIS RS 2023, 2198

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Gegenstand

Beiordnung eines Notanwalts


Tenor

1. Der Antrag des [X.], ihm für eine gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs [X.] vom 21. September 2022 einzulegende Beschwerde einen Notanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

2. Die Beschwerde des [X.] gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs [X.] vom 21. September 2022 wird verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

1. Der Antrag des [X.] ist abzulehnen. Der Kläger beantragt bei sachgerechter Auslegung vorrangig die [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 78b Abs. 1 ZPO) für die Durchführung des - vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen - [X.]eschwerdeverfahrens gegen dessen Verweisungsbeschluss vom 21. September 2022.

2

Die Voraussetzungen für die [X.]eiordnung eines Notanwalts liegen nicht vor. Nach § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 78b Abs. 1 ZPO hat das Prozessgericht im Fall des [X.]estehens eines Anwaltszwangs einem [X.]eteiligten auf dessen Antrag durch [X.]eschluss für den Rechtszug einen Rechtsanwalt zur Wahrnehmung seiner Rechte beizuordnen, wenn er einen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.

3

Das vorliegende [X.]eschwerdeverfahren nach § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG unterliegt zwar nach § 147 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO dem Anwaltszwang, da es hiervon nicht durch ausdrückliche gesetzliche Regelung ausgenommen ist (vgl. [X.]/[X.], in: [X.]/[X.], [X.] VwGO, 63. Edition, Stand Januar 2022, § 67 Rn. 46 m. w. N.). Auch hat der Kläger hinreichende erfolglose [X.]emühungen um einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt dargelegt. Die [X.]eiordnung eines Rechtsanwalts kommt aber gleichwohl nicht in [X.]etracht, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung sowohl mutwillig als auch aussichtslos erscheint. Diese Einschränkung der [X.]eiordnung zielt, da nicht der Schutz der Staatskasse in Rede steht, hinsichtlich beider Tatbestandsalternativen darauf, den Rechtsanwalt vor der Übernahme eines ihm unzumutbaren Mandats zu schützen (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 29. September 2011 - [X.] - NJW-RR 2012, 84; [X.], in: [X.]/[X.], ZPO, 19. Aufl. 2022, § 78b Rn. 6).

4

a) Dies zugrunde gelegt ist die beabsichtigte Rechtsverfolgung dann als mutwillig anzusehen, wenn von Anfang an zu erwarten ist, dass der beigeordnete Rechtsanwalt seine Entpflichtung aus wichtigem Grund (§ 48 Abs. 2 [X.]) wegen einer unbehebbaren Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Mandant und Rechtsanwalt verlangen kann (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 13. September 2013 - [X.] - [X.], 826). Hiervon muss der Senat im vorliegenden Fall ausgehen. Die [X.]egründung der [X.]eschwerde gegen den - vom Kläger ausdrücklich so bezeichneten - "[X.]eschlussentwurf" des Verwaltungsgerichtshofs zeigt, dass es ihm in diesem Verfahren nicht um die Klärung der Zulässigkeit der darin ausgesprochenen Verweisung geht, sondern darum, eine Entscheidung über seine, dem Senat aus zahlreichen anderen Verfahren bekannten, kaum nachvollziehbaren und auch abwegigen Annahmen zu erzwingen, die Gerichte würden in seiner Sache durchgängig bereits formunwirksame Entscheidungen treffen. Die von dem Kläger unter Ziffer 18 der [X.]eschwerdebegründung formulierten Anforderungen an den zu bestellenden Notanwalt zeigen zudem hinreichend deutlich auf, dass es ihm darum geht, auch den beizuordnenden Notanwalt im [X.]eschwerdeverfahren hierauf festzulegen. Dies würde jedoch der Eigenverantwortung des Rechtsanwalts bei der [X.] (vgl. § 3 Abs. 1 [X.]) zuwiderlaufen (vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 25. November 1997 - [X.] - NJW-RR 1998, 575 und vom 13. September 2013 - [X.] - [X.], 826), da mit [X.]lick auf das bisherige Prozessverhalten des [X.] nicht zu erwarten ist, dass er sich durch einen Anwalt eines [X.]esseren belehren lässt.

5

b) Unzumutbar ist dem Rechtsanwalt auch die Übernahme der Vertretung in einer von vornherein aussichtslosen Sache. Aussichtslosigkeit im Sinne von § 78b Abs. 1 ZPO besteht, wenn ein dem [X.]eteiligten günstigeres Ergebnis auch bei anwaltlicher [X.]eratung offenbar nicht erreicht werden kann ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 12. März 2019 - 6 [X.] 1.19, 6 AV 9.19 - juris Rn. 3 m. w. N.; vgl. auch [X.], [X.]eschluss vom 29. September 2011 - [X.] - NJW-RR 2012, 84). Gemessen daran erscheint das [X.] des [X.] unbeschadet des Umstands, dass der Verwaltungsgerichtshof die [X.]eschwerde wegen grundsätzlicher [X.]edeutung zugelassen hat, aussichtslos i. S. v. § 78b Abs. 1 ZPO.

6

Der Verwaltungsgerichtshof hat zutreffend darauf verwiesen, dass in der höchstrichterlichen Rechtsprechung die entsprechende Anwendung des § 17a Abs. 2 GVG auf das isolierte Prozesskostenhilfeverfahren mittlerweile geklärt ist (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 21. Oktober 2020 - [X.] 276/20 - FamRZ 2021, 113). Weder ist dem [X.]eschluss des Verwaltungsgerichtshofs noch auch nur ansatzweise der [X.]eschwerde zu entnehmen, dass insoweit ein erneuter oder weitergehender Klärungsbedarf besteht. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass die genannte Frage, die gerichtsverfassungsrechtlicher und nicht verwaltungsprozessualer Natur ist, bisher nicht oder zumindest nicht ausdrücklich in diesem Sinne auch durch das [X.] entschieden worden ist (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 21. März 2022 - 9 AV 1.22 - NVwZ 2022, 1062).

7

Desgleichen ist nicht erkennbar, warum die Erwägungen des [X.] nicht auch auf die hier in Rede stehende Verweisung eines isolierten Antrags auf [X.]estellung eines Notanwalts zu übertragen wären. Vielmehr führt der Verwaltungsgerichtshof selbst unter [X.]ezugnahme auf die Entscheidung des [X.] mit durchweg zutreffenden Gründen aus, weshalb eine Übertragbarkeit zu bejahen ist, ohne dass auch nur im Ansatz ersichtlich ist, welche Gründe dem entgegenstehen sollten. Dies gilt insbesondere mit [X.]lick auf die (unter [X.]ezugnahme auf die Rechtsprechung des [X.]) angeführten prozessökonomischen Argumente, die auch Gesichtspunkte des effektiven Rechtsschutzes in den [X.]lick nehmen. Denn auch nach § 78b Abs. 1 ZPO hängt der Erfolg des [X.] in gewisser Hinsicht von den Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung ab, wobei diese wiederum zugleich mit der [X.] verknüpft sind: Ein beabsichtigter (Klage-)Antrag, für den das angerufene Gericht offensichtlich nicht rechtswegzuständig ist, ist schon mangels Zulässigkeit ohne jede Aussicht auf Erfolg (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 21. Oktober 2020 - [X.] 276/20 - FamRZ 2021, 113 Rn. 24). Stünde die [X.] nicht offen, müssten das angerufene Gericht den rechtswegfremden [X.]eiordnungsantrag wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückweisen und der Antragsteller einen neuen Antrag im zuständigen Rechtsweg stellen, was ihn gegebenenfalls sogar dem Risiko aussetzen kann, dass eine Wiedereinsetzung in abgelaufene ([X.] nicht mehr möglich ist. Dass im vorliegenden Fall in der Hauptsache zweifelsfrei die Zuständigkeit des [X.] gegeben wäre, hat der Verwaltungsgerichtshof im Übrigen unter Verweis auf die Rechtsprechung des Senats ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 8. Dezember 2021 - 5 [X.] 1.21 - NVwZ 2022, 412) überzeugend begründet.

8

2. Die [X.]eschwerde des [X.] gegen den [X.]eschluss des Verwaltungsgerichtshofs [X.]aden-Württemberg vom 21. September 2022 ist zu verwerfen, weil sie nicht fristgerecht den Anforderungen des § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO entsprechend eingelegt worden ist. Die Frage, ob die Versäumung der Frist unbeachtlich bzw. eine Wiedereinsetzung in [X.]etracht käme, stellte sich nur im Fall der (hier - siehe oben - abzulehnenden) [X.]eiordnung eines Notanwalts.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 21 Abs. 1 Satz 3 GKG).

Meta

5 B 21/22

18.01.2023

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, 21. September 2022, Az: 6 S 1310/21, Beschluss

§ 67 Abs 4 S 1 VwGO, § 173 Abs 1 VwGO, § 78b Abs 1 ZPO, § 17a Abs 2 GVG, § 17a Abs 4 GVG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 18.01.2023, Az. 5 B 21/22 (REWIS RS 2023, 2198)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2198

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XII ZB 276/20

V ZR 136/13

V ZA 14/11

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